Protocol of the Session on December 13, 2000

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(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Früher hast du anders gesprochen!)

Was muß man bei einer solchen Gelegenheit tun? Als erstes muß man dafür sorgen, daß Sie mir zuhören. Das findet offenbar schon statt.

Zweitens muß man dafür sorgen, daß auch die Presse zuhört, damit man am nächsten Tag wenigstens mit einem Satz öffentlich erscheint.

(Beifall bei Elisabeth Schilling SPD – Barbara Duden SPD: Ja!)

Vielleicht schaffe ich das auch dieses Mal.

Schließlich wäre es dann auch noch sinnvoll, man würde sich an der Diskussion beteiligen, miteinander reden und versucht das mal.

Worum geht es? Man kann sagen, was steht im Haushaltsplan für 2001. Herr Reinert hat ein paar Sachen daraus zitiert. Ich finde, das ist relevant, aber wichtiger sind eigentlich die größeren Linien, um die es geht.

(Barbara Duden SPD)

Man kann auch darüber reden, was in den letzten drei Jahren an Verkehrspolitik geschehen ist. Zu ein paar Punkten will ich etwas sagen, aber dann muß man natürlich jetzt, da vor kurzem der Verkehrsentwicklungsplan erschienen ist, auch über die Zukunft der Hamburger Verkehrspolitik reden.

Ich will deswegen allgemein etwas zu der Frage sagen, was die Grünen eigentlich in der Verkehrspolitik wollten. Es mag in den vergangenen Jahren gelegentlich der Eindruck entstanden sein, als seien die Grünen prinzipielle Gegner des Autofahrens.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Seit einem Jahr nicht mehr!)

Das war von Anfang an so nicht richtig. Richtig war vielmehr, daß sich die Grünen gegen die negativen Begleiterscheinungen des Autoverkehrs gewandt haben. Das sind im wesentlichen die Unfälle, der Lärm, die Schadstoffe und der Platzverbrauch für die Autos in der Stadt. In all diesen Bereichen haben sich in den letzten 20 Jahren Änderungen vollzogen. Die Zahl der schweren und lebensgefährlichen Unfälle ist seit 30 oder 20 Jahren drastisch zurückgegangen. 1970 hatten wir in Hamburg im Durchschnitt an jedem Werktag einen tödlichen Unfall. Jetzt haben wir im Durchschnitt pro Woche einen tödlichen Unfall. Das sind natürlich große Unterschiede. Deswegen ist es auch deutlich, daß es in der Stadt keine Massenbewegung gegen den Autoverkehr als unfallbringendes Unternehmen gibt.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Keine tödlichen, aber Unfälle gibt es noch genug!)

Die letzte große Massenbewegung gab es 1991, als an der Stresemannstraße ein Kind totgefahren wurde. Das führte damals zur Einführung von Tempo 30 auch in der Stresemannstraße. Hamburg hat bei der Bekämpfung der Unfalltoten, der Schwerverletzten dadurch einen Beitrag geleistet, daß es schon sehr früh – nach einigen heftigen Auseinandersetzungen mit Bürgerinitiativen – Tempo 30 in den sogenannten Wohngebieten eingeführt hat. Das war nicht allein die Ursache, aber ein Teil der Ursache dafür, daß die tödlichen Unfälle in den Großstädten deutlich zurückgegangen sind.

Der nächste Punkt des Widerstandes gegen den Autoverkehr betraf die Schadstoffe. Hier haben wir die folgende Entwicklung: Wenn die europäischen Richtlinien so greifen, wie sie es bisher tun, dann wird es so sein, daß im Jahre 2010 bei fast allen giftigen Schadstoffen Grenzwerte unterboten werden, so daß man nicht mehr davon reden kann, daß durch den Autoverkehr die Luft in den Städten vergiftet wird. Das ist ein außerordentlicher Erfolg der Umweltpolitik der letzten 15 Jahre und der kommenden Jahre, denn die EU-Richtlinien greifen ja zum Teil erst in den nächsten Jahren und werden dafür sorgen, daß die Luft in den Städten tatsächlich viel besser wird.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und der SPD)

Ein Problem, das man durch keine Richtlinie beheben kann, wird allerdings bleiben: Die klimaschädlichen Schadstoffe werden auf dem Niveau bleiben, auf dem sie sind, weil sie ein direktes Äquivalent zum Energieverbrauch des Autoverkehrs sind. Deswegen kann man an dieser Stelle, wenn man hier etwas tun will, nur sagen: Man muß, wenn man die klimaschädlichen Schadstoffe beseitigen will, in Zukunft entweder deutlich verbrauchsärmere Autos benutzen oder weniger Auto fahren oder am besten beides.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL – Bernd Reinert CDU: Oder andere Technologien!)

Ich sagte ja, verbrauchsärmere Autos, und natürlich kann man das auch technisch anders machen.

Der nächste Punkt, der wirklich noch nicht gelöst ist, ist der Verkehrslärm. In dem neuen Verkehrsentwicklungsplan gibt es dazu ein eigenes Kapitel. In dem ist auch deutlich geworden, daß es die Absicht des Senats ist, gegen den Verkehrslärm in Hamburg etwas zu tun. Der Verkehrslärm hat in den letzten Jahren im wesentlichen nicht abgenommen. Er hat in einigen Hauptstraßen in Hamburg abgenommen, wenn – wie in der Veddeler Brückenstraße – der Verkehr rausgenommen wurde oder – wie in der Stresemannstraße – der Verkehr auf Tempo 30 reduziert worden ist und faktisch eine Spur nur noch für den Bus zur Verfügung steht. Dort hat natürlich der Verkehrslärm für die Anwohner kräftig abgenommen. Dennoch bleibt meiner Meinung nach der Kampf gegen den Verkehrslärm der Hauptaspekt der Verkehrspolitik für innerstädtische Bereiche. Das wird eine schwere Auseinandersetzung, weil man ja nicht einfach sagen kann, wir reduzieren den Autoverkehr, um den Verkehrslärm zu verringern. Das kann man bei einigen wenigen Straßen machen, aber bei den meisten Straßen, wo großer Verkehrslärm ist, kann man das nicht machen. Dennoch bleibt dieses eine Aufgabe der nächsten Jahre, und ich hoffe, daß dieses in den nächsten Jahren energisch von allen Behörden, die dafür zuständig sind, angegangen wird.

Ebenso bleibt es ein Dauerproblem, wieviel Platz eine Stadt hat und wieviel Platz davon sie dem Autoverkehr gibt. Das betrifft sowohl den fließenden wie den ruhenden Verkehr. Ich finde es besonders schlimm, wie stark sich in den letzten 20 Jahren das Parken von Autos auf öffentlichem Grund ausgebreitet hat. Die Schönheit der Stadt hat darunter sehr gelitten, und auch dieses muß man ändern. Hier muß man im Grunde in zwei Richtungen arbeiten. Auf der einen Seite muß man versuchen, dort, wo es besonders schlimm ist, dafür zu sorgen, daß es andere Parkmöglichkeiten für die Leute gibt, die Autos nach wie vor benutzen wollen. Auf der anderen Seite muß man aber auch deutlich sagen, daß es Flächen in dieser Stadt gibt, auf denen parkende Autos schlicht nichts verloren haben.

Ich erinnere an eine Heldentat des früheren Bezirksamtsleiters von Altona, der, als die Straßenbahn aus der Palmaille entfernt wurde, am nächsten Tag dafür gesorgt hat, daß durch Gitter am Rande des Rasens unter den Bäumen in der Palmaille diese Strecke niemals für das Parken von Autos zur Verfügung stand. Im Gegensatz dazu haben wir an vielen wunderschönen Alleen den Zustand, daß mitten unter den Alleebäumen das Parken selbstverständlich ist. Ich finde, eine schöne Stadt muß das anders handhaben.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und der SPD)

Soweit zu den Problemen.

Ich habe das deswegen gesagt, um deutlich zu machen, daß es nicht darum geht, Autos zu beseitigen, sondern die negativen Auswirkungen des Autoverkehrs für eine Stadt zu reduzieren. Dann komme ich aber zu dem wirklich äußerst negativen Ergebnis des massenhaften Autoverkehrs. Das ist die Behinderung der Mobilität aller anderen, selbst der Autofahrer. Wer es will, daß man sich in dieser Stadt schnell von einem Fleck zum anderen bewegen kann, der muß dafür sorgen, daß das hauptsächlich ohne Auto möglich ist. Deswegen legt der neue Verkehrsentwicklungsplan großen Wert auf die Zukunft des öffent

(Dr. Martin Schmidt GAL)

lichen Personennahverkehrs und auch auf die des Fahrradverkehrs, damit die Mobilität aller gewährleistet wird und dann natürlich auch noch die Mobilität derjenigen Menschen, die auch in Zukunft Auto fahren wollen.

Man kann es nur damit schaffen, Mobilität in der Stadt aufrechtzuerhalten, indem man den Versuch macht – und mit entsprechenden Maßnahmen auch durchsetzt –, den Autoindividualverkehr zu reduzieren.

Dazu gehört auch – das habe ich seit zehn Jahren in jeder Haushaltsrede immer wieder betont – die Notwendigkeit der Einführung der Straßenbahn in Hamburg. Ich kann nunmehr wirklich sagen: So nahe standen wir der Einführung noch nie; sie steht im Verkehrsentwicklungsplan als erklärtes Ziel des Senats. Im nächsten Jahr wird das Planfeststellungsverfahren für die erste Strecke der neuen Stadtbahn beginnen. Nach dem Ende des Planfeststellungsverfahrens kann mit dem Bau bald begonnen werden. Ich hoffe, wir erleben es alle noch. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort erhält Frau Sudmann.

Es ist fast schon ein wenig tragisch. Wenn ich die Rede richtig verstanden habe, Martin Schmidt, war sie deine Abschiedsrede von der Verkehrspolitik.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke – Dr. Martin Schmidt GAL: Ne, ne!)

Ich weiß nicht, ob du wieder kandidieren willst,

(Dr. Martin Schmidt GAL: Nur keine Sorge!)

aber es klingt so. Ansonsten hätte ich gesagt, daß vor fünf oder sechs Jahren sehr viele Menschen in Hamburg traurig gewesen wären, wenn Martin Schmidt nicht mehr Verkehrspolitik gemacht hätte.

Wenn wir uns einmal deine heutigen Positionen anhören, können wir feststellen: In dieser Stadt wird es kaum Traurigkeit darüber geben, daß ein früher engagierter Verkehrspolitiker jetzt zurücktritt.

Martin, du hast früher ganz anders agiert. Der Rückgang der tödlichen Unfälle – das habe ich von dir gelernt – ist darauf zurückzuführen, daß in den letzten zehn, 20 Jahren die Autos mit wesentlich besseren Sicherheitsvorkehrungen wie zum Beispiel mit Sicherheitsgurten versehen wurden.

(Dietrich Ellger SPD: Das gehört hier doch nicht her!)

Martin

(Walter Zuckerer SPD: Das ist ein Parlament hier und keine Beziehungskiste!)

heißen hier alle Martin? Ich glaube nicht –,

(Beifall und Heiterkeit bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

wir haben gemeinsam dafür gekämpft, daß es in dieser Stadt möglichst flächendeckend Tempo 30 geben soll. Das ist eine richtige Forderung, die auch heute noch gilt.