Protocol of the Session on December 13, 2000

Login to download PDF

(Antje Möller GAL: Aber das passiert doch auch!)

Denn eines müßte auch Ihnen klar werden, wenn Sie die Zahlen sehen: Es findet nicht nur eine Stadtflucht in bezug auf den Bau von Eigenheimen statt, sondern auch das Kleingewerbe sucht immer häufiger außerhalb der Stadtgrenzen nach neuen Gewerbeflächen.

Für die Sicherung des Wirtschaftsstandortes Hamburg ist daher insbesondere die Bereitstellung und Sicherung von Gewerbeflächen insbesondere in den innerstädtischen Gebieten von herausragender Bedeutung. Doch gerade hier offenbart sich ein eklatanter Schwachpunkt.

Die Forderung der Handwerkskammer, bei jedem neu erstellten Bebauungsplan 15 Prozent für das produzierende

Gewerbe vorzusehen, bietet hierfür einen brauchbaren Ansatz. Doch was machen Sie? Anstatt mit den Kammern und Verbänden in einen fairen Wettstreit der Argumente zu treten, legen Sie ein Papier vor, das bestenfalls eine ohne Visionen und innovative Konzepte aufgelistete Bestandsaufnahme für eine kleinräumige Wirtschaftsförderung der bestehenden Förderprogramme darstellt, die diesen Namen auch verdient.

Das ist ein schwerwiegender Fehler, denn zum Wohle der Betriebe und der Stadt muß hier ein verbindlicher und verläßlicher Rahmen gefunden werden. Ich schlage folgendes vor:

Bekennen Sie sich zu der Bedeutung des Mittelstandes auch in seiner Funktion als Zulieferer für Großunternehmen, als stabilisierender Arbeitsmarktfaktor, und akzeptieren Sie die Vorschläge von Institutionen, die sich der kleinräumigen Wirtschaftsförderung seit langem verpflichten und einschlägige Erfahrungen gesammelt haben. Schaffen Sie Rahmenbedingungen, die es den mittelständischen Firmen auch in Zukunft ermöglichen, die wichtige wirtschafts- und gesellschaftspolitische Funktion wahrzunehmen, indem Sie Instrumente entwickeln und einsetzen, die den Renditeerwartungen von Grundstückseigentümern und -spekulanten Paroli bieten. Seien Sie fair und unterscheiden Sie die gewerbliche Nutzung des produzierenden Gewerbes einerseits und die der Büronutzung andererseits.

Die Orientierung an zunächst hohen Verkaufserlösen täuscht darüber hinweg, daß eine nachhaltige Nutzung eher durch das produzierende Gewerbe sichergestellt werden kann. Dieses Problem sehe ich auch ganz verstärkt in der HafenCity.

Es sind zwar Flächen für das Handwerk vorgesehen. Doch zu welchem Preis? Aus den Flächenverkäufen der Hafen City sollen möglichst hohe Gewinne erzielt werden, um Altenwerder zu finanzieren. Das ist eine fatale Entscheidung!

(Barbara Ahrons CDU: Richtig!)

Erzwingen diese Vorgaben nicht geradezu das Entstehen einer neuen City Nord oder Süd mit ihren städtebaulichen Problemen? Warum lernen Sie eigentlich nicht aus Ihren Fehlern? Jeder Betreiber eines Einkaufszentrums wird Ihnen bestätigen, daß der Mix aus teuren und billigen Mieten erst ein vielseitiges, lebendiges und attraktives Ladenangebot ermöglicht, wie es der Konsument haben möchte. Nur wenn dieser sich angesprochen fühlt, läuft das Einkaufszentrum.

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Gucken Sie sich mal in den Einkaufszentren um!)

Genau so sollten Sie die Stadtentwicklung auch ausrichten. Mit geeigneten Instrumenten für eine ernstgemeinte Nutzungsmischung vorzugehen, ist gewiß eine große Herausforderung, aber gebaute Zukunft erfordert weitsichtige Planung in genau dieser Richtung.

Wir fordern Sie auf, Ihre Stadtentwicklungspolitik endlich besser zu durchdenken und an den Hauptzielgruppen der Wirtschaft, den kleineren und mittleren Unternehmen, auszurichten, die Haushaltsmittel vernünftig zum Wohle unserer Stadt einzusetzen und so die Flucht der Wirtschaft aus der Stadt zu verhindern. Denn eine zukunftsweisende Gewerbeflächenpolitik wäre ein wesentlicher Hebel, den Mittelstand und das Handwerk an Hamburg zu binden und mit dem Vorhandensein einer kompetenten Zulieferstruktur mit qualifizierten Fachkräften auch Großunternehmen

(Dr. Stefan Schulz CDU)

ohne Subventionen einen Verbleib oder auch eine Neuansiedlung in unserer Stadt zu erleichtern. – Ich bedanke mich bei Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Ich gebe das Wort Herrn Senator Dr. Maier.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Als ich mich auf die heutige Debatte vorbereitete, habe ich natürlich auch sehr gründlich die Anträge gelesen, die insbesondere von der Opposition eingebracht wurden. Zunächst komme ich zu dem Antrag „Hamburger Stadtteilentwicklung zukunftsfähig machen“.

Der Antrag war erstmals im Jahr 1997 gestellt worden und befindet sich somit im fünften Jahr. Im Zentrum dieses Antrages steht, daß ein neuer Flächennutzungsplan erstellt werden soll. Ich habe mir überlegt, das ernst zu nehmen. Ich setze die knapp 200 Mitarbeiter der Stadtentwicklungsbehörde daran, einen neuen Flächennutzungsplan zu erstellen. Das würde einen Stillstand der Rechtspflege in allen großen Projekten wie die HafenCity, die Messe, den Harburg-Campus und die Gewerbeflächenpolitik bedeuten, die Sie so dringlich fordern. Das heißt, Sie halten einen Antrag für zukunftsfähig und gehen mit einer vollständig abstrakten Vorstellung daran, als sei die Stadt in der Situation, in der sie sich in aller Ruhe und Zufriedenheit zurücklehnen kann, um aus methodologischen Gründen ein neues Planwerk zu machen. Das ist richtig daneben.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Zu den Gewerbeflächen selbst. Herr Mehlfeldt, Sie fordern, daß 15 Prozent aus jedem B-Plan für Handwerk und Gewerbe zur Verfügung gestellt werden sollen. Sie wissen selbst, daß Ihre Forderung nicht auf die Größenordnung der Fläche zielt, sondern auf die Niedrigkeit des dafür anschließend zu erzielenden Preises.

(Jürgen Mehlfeldt CDU: Beides!)

Das hängt unmittelbar miteinander zusammen. Sie wollen, daß wir die Flächen so ausweisen, daß sie, weil Gewerbeausweisung enthalten ist, anschließend billig verkauft werden können.

Wenn wir das in jedem B-Plan machen, bedeutete dies, daß wir das dem privaten Käufern gegenüber nicht durchsetzen können, weil er schon eine höherwertige Nutzung hat, so daß die Stadt eine Entschädigung zahlen müßte. Ihre Forderung läuft also in Wirklichkeit nur darauf hinaus, daß die Stadt preiswerten öffentlichen Grund in jedem B-Plan in der Größenordnung von 15 Prozent für das Handwerk bereitstellt. Dann sagen Sie das doch bitte auch so! Dann wird erkennbar, worum es sich handelt. Es läßt sich aber so nicht regulieren, indem Sie eine entsprechende Ausweisung fordern. Tatsächlich bedeutet eine entsprechende Ausweisung für die Stadt eine Subventionierung von Flächen.

(Jürgen Mehlfeldt CDU: Das verkürzen sie! Wir bie- ten doch Gespräche an!)

Wir haben darüber schon einmal gesprochen. Damals versuchte ich, Ihnen zu erklären, daß genau das der Inhalt Ihres Anliegens ist.

Wir können uns darauf nicht einlassen, weil es nicht nur eine Planungsfrage ist, sondern in Wirklichkeit eine Frage von Liegenschafts- und Preispolitik. Das hat im engeren

Sinne mit der Tätigkeit meiner Behörde, nämlich die Ausweisung der Flächen für deren Nutzung, unmittelbar nichts zu tun.

Wenn Sie aber darauf ausgehen, daß wir insgesamt zuwenig Gewerbefläche haben, so darf ich darauf hinweisen, daß wir in der Flächenplanung gegenwärtig weit mehr als die zugesagten 60 Hektar für gewerbliche Nutzungen bereithalten.

(Jürgen Mehlfeldt CDU: Büroflächen!)

Sie sprechen die Frage an, ob sich die Nutzung nicht vielleicht zurückentwickelt. Im Moment haben wir seit Jahren erstmals wieder eine Situation, daß die Wirtschaftstätigkeit gerade in den innerstädtischen Quartieren mit zum Teil neuem Gewerbe wie Neue Medien, unternehmensbezogene Dienstleistungen richtig boomt, ob Sie nach Ottensen, ins Schanzenviertel oder nach St. Georg schauen. Überall in den dichten, gemischten Lagen siedeln sich gerade in Stadtnähe erstmals seit langer Zeit die produktivsten neuen Gewerbe der Stadt an.

Umgekehrt ist es aber sehr häufig so, daß Handwerksbetriebe beispielsweise eine andere Form von verkehrlicher Erschließung wünschen, weil sie die Möglichkeit brauchen, diese mit dem Lkw anzufahren. Das ist aber aufgrund der engen Verhältnisse zum Beispiel in Eppendorf schlecht zu machen! Wie sollen wir das in der Planung hinbekommen? Das geht doch in der Wirklichkeit gar nicht. Das ist das eine Thema.

Das zweite Thema, das ich gern kurz berühren möchte, ist die von Herrn Schulz angesprochene soziale Stadtteilentwicklung.

Auch der Antrag stammt schon aus dem letzten Jahr: Mehr Eigentum in Sanierungsgebieten schaffen. Herr Schulz, es gibt einen bekannten Fall, wo durch den Dachausbau mehr Wohnraum geschaffen und dieser in genossenschaftliches Eigentum überführt wurde. Sie gehören zu den härtesten Gegnern der Schaffung neuen Wohnraums genossenschaftlichen Eigentums. Ich nenne nur die Hafenstraße.

Dort findet genau das statt. Wir haben dazwischen aber sogar noch vermittelnde Formen. Sie können sicher sein, daß hier keine Abwanderung stattfindet.

(Beifall bei der GAL – Karl-Heinz Ehlers CDU: Wer jedes Jahr so viel Geld bekommt, haut nicht ab!)

Ich habe nichts dagegen, daß wir dort auch Eigentumsformen schaffen. Ich möchte Sie nur darauf hinweisen, daß in den Sanierungsfällen der Quartiere, in denen wir mit sozialen Stadtentwicklungsmitteln eingreifen, meistens die Armut der Menschen so groß ist, daß diejenigen, die ausziehen müssen, nicht gleichzeitig die sind, die sich Eigentumswohnungen leisten können.

(Dr. Stefan Schulz CDU: Bieten Sie das doch hier einmal an!)

Das machen wir doch auch, das findet durchaus statt.

Sie sagen, daß unsere Veranschlagungen für die beiden großen Titel Sanierung und Soziale Stadtteilentwicklung nicht differenziert genug seien. Ich bin heilfroh, daß sie gegeneinander noch deckungsfähig sind, denn auf diesen Feldern findet so viel Unterschiedliches statt. Wenn ich vorher festlegen würde, daß nur bestimmte Summen beispielsweise für die Schulhofsanierung, für Pförtnerlogen oder für andere Projekte ausgegeben werden dürfen, dann bekäme ich ein endloses Problem bei der Abwicklung des

(Jürgen Mehlfeldt CDU)

A C

B D

Haushalts. Sie hätten damit nichts erreicht, und der gemeinsam verfolgte Zweck könnte nicht realisiert werden.

(Dr. Stefan Schulz CDU: Ein bißchen genauer kann man es schon machen!)