Protocol of the Session on April 25, 2001

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(Jürgen Klimke CDU: Nicht ein sogenannter; er ist ein Sicherheitsberater! – Barbara Ahrons CDU: Nur weil er die Wahrheit sagt!)

Herr Kusch ist als Zugereister doch sehr bemüht, unsere schöne Stadt schlechtzumachen. Wenn man ihn hört, muß man annehmen, in Hamburg herrschten Zustände wie in Chicago in der wildesten Zeit, an jeder Straßenecke lauert das Verbrechen. Keinem Touristen sollte demnach noch der Besuch unserer schönen Stadt empfohlen werden.

Nun äußert sich in der CDU zum Thema Innere Sicherheit nicht nur Herr Kusch. Wenn Sie, Herr Vahldieck, beispielsweise sagen, es gebe immer wieder erstaunliche Erfolge der Polizei, dann klingt das schon etwas moderater. Wenn man dann Herrn von Beust hört, der immer wieder für ein liberaleres Hamburg eintritt, ist klar, daß es in der CDU nicht nur eine Meinung gibt.

(Ole von Beust CDU: Finden Sie Raub liberal? Ich nicht!)

Man ist fast geneigt, von einer Chaotentruppe zu reden.

(Beifall bei der SPD)

Konstruktive Oppositionsarbeit: Fehlanzeige, und das nicht nur in der Innenpolitik. Nach Aussage Ihrer Fachsprecher soll dieser Senat selbstverständlich in jedem Ressort sparen, aber doch bitte nicht bei der Polizei, auf keinen Fall bei den Schulen und den Krankenhäusern und schon gar nicht bei den Kitas oder den Bücherhallen, und in der Pflege, Frau Blumenthal, doch erst recht nicht.

Ich habe noch nie einen konstruktiven Vorschlag von Ihnen gehört,

(Rolf Kruse und Barbara Ahrons, beide CDU: Weil Sie nie zuhören!)

wo man denn sparen darf, aber den Haushalt sollen und dürfen wir sanieren. Ihrer Meinung nach sparen wir noch gar nicht genug. Herr von Beust, bringen Sie bitte Ihren Laden auf Linie, kommen Sie Ihrem Verfassungsauftrag nach. Schärfen Sie Ihren Parteikolleginnen und -kollegen bitte eins besonders ein: Hamburg darf auf keinen Fall öffentlichen Schaden nehmen. Hamburg ist und bleibt eine lebenswerte Stadt. Ihre Kampagne aber schadet dieser Stadt.

Wenn ich mir die Statistiken anschaue, bin ich die letzte, der die Zahlen Anlaß zur Freude geben.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Aber Sie begreifen sie nicht!)

Dazu kennen Sie mich hoffentlich schon lange genug, Herr Ehlers. Ich bin aber auch so ehrlich und setze die Zahlen in Relation zu anderen Metropolen in dieser Republik

(Zuruf von Antje Blumenthal CDU)

(Heino Vahldieck CDU)

hören Sie zu, Frau Blumenthal – wie auch zu Ihren Erhebungsgrundlagen. Dagegen erscheint Ihre jetzige Schwarzmalerei sogar als übelste Polemik, die nur auf eins abzielt: Angstmache und Verunsicherung ganzer Bevölkerungsschichten.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Schauen wir uns doch die Zahlen mal an, aber nicht nur durch die Brille des Herrn Kusch; oder gucken Sie jetzt doch schon alle durch die „Schill“-Brille?

(Dr. Roland Salchow CDU: Haha! Wie lange haben Sie für diesen Witz gebraucht?)

Erstens: In Hamburg werden seit Jahren

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Was glauben Sie eigent- lich, wie blöd der Wähler ist! – Ole von Beust CDU: Was hat das mit Raub zu tun?)

auf unser Betreiben hin alle Straftaten – ich betone alle –, die angezeigt werden, in der Statistik erfaßt. Ob diese sich dann bei den Ermittlungen als Straftaten erweisen oder nicht, spielt keine Rolle mehr, sie bleiben in der Statistik als Straftaten erfaßt.

Zweitens: In Hamburg werden alle Fälle häuslicher Gewalt seit gut einem Jahr als Straftat aufgeführt, und das ist in den anderen Metropolen nicht so. Außerdem wird in Hamburg gegen den häuslichen Gewalttäter von Amts wegen Strafanzeige gestellt. Auch das wird in anderen Städten nicht gemacht.

(Beifall bei der SPD)

In Hamburg werden auch die Straftaten von strafunmündigen Kindern, das heißt von Kindern unter 14 Jahren, erfaßt, um ein genaues Bild von Kindern bei der Straßenkriminalität zu bekommen.

(Glocke)

Sie müssen zum Schluß kommen, Ihre Redezeit ist um.

Ja. Genau diese Zahlen werden in anderen Metropolen, die Sie gern als Beispiel anführen, nicht erhoben. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort hat Herr Mahr.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die CDU zieht tatsächlich alle Register, um die Bevölkerung für dumm zu verkaufen.

(Lachen bei Ole von Beust CDU)

Wider besseren Wissens wird die Kriminalstatistik dazu mißbraucht,

(Ole von Beust CDU: Die Wahrheit zu sagen!)

ein Bedrohungsszenario zu entwerfen, das mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat. Natürlich gibt es Kriminalität in dieser Stadt, wer wollte das bezweifeln. Die wird es aber unter jeder Regierungsfarbe geben, sei sie nun schwarz oder rotgrün.

Wie beliebig aber die Fakten sind, die für die CDU ausreichen, um Alarm zu schreien oder zu bagatellisieren, mag man an den Äußerungen von Herrn Vahldieck ablesen. Am

24. Mai 2000 prangerte er die mörderische Gewalt an, die der Besucher einer Diskothek durch das Zünden einer Handgranate ausgelöst hatte. Dem Senat wurde Tatenlosigkeit und Hilflosigkeit vorgeworfen. Mord und Totschlag, so versuchte die CDU zu suggerieren, beherrschten den Hamburger Alltag.

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Das ist doch auch so!)

Wenn der Senat jetzt feststellt, daß in Hamburg seit 14 Jahren die niedrigste Zahl von Mord und Totschlagsfällen registriert wurden, macht Herr Vahldieck geltend, daß diese Zahlen für die Bürgerinnen und Bürger nicht entscheidend seien, sondern die Alltagskriminalität. Was gilt denn nun?

Die CDU hat in der Vergangenheit ausdrücklich und wiederholt das Raubkonzept der Innenbehörde begrüßt. Jetzt beklagt sie die gestiegenen Raubzahlen. Ist das Konzept jetzt doch nicht richtig? Oder, wenn es richtig ist, haben Sie, meine Damen und Herren von der CDU, Schwierigkeiten mit der Wahrheit?

Auch wenn Sie und manche Medienvertreter es gern als Schönreden bezeichnen, hat die offensive Politik von Rotgrün zur Aufklärung der Öffentlichkeit und Enttabuisierung der Gewaltdelikte unter Jugendlichen mit Sicherheit dazu beigetragen, daß mehr Delikte ins Hellfeld geraten sind. Das gleiche gilt für die Delikte in häuslichen Bereichen. Und das ist gut so. Daraus läßt sich aber sicherlich nicht der von Ihnen gefolgerte Schluß ziehen, die Gewalt steige, weil wir weniger Polizisten haben. Das ist blanker Unsinn, meine Damen und Herren, und Sie wissen es.

(Beifall bei der GAL, der SPD und bei REGEN- BOGEN – für eine neue Linke)

Ich will gern konzedieren, daß die Belastung der Beamten zugenommen hat – das kann ich selbst bezeugen –, aber Hamburg hat noch immer die dritthöchste Polizeidichte in der gesamten Republik. Wer Hamburg im Bereich der öffentlichen Sicherheit Tatenlosigkeit vorwirft, ist blind oder böswillig. Das Programm „Polizeikommissariate“ – ein Millionenprogramm – wurde weiter vorangetrieben,

(Ulf Lafferenz CDU: Das ist doch Unfug!)

und die Hamburger Polizei ist die am modernsten ausgestattete Polizei der Republik. Im Bereich der Schwerstkriminalität kann die Polizei durchaus gute Erfolge vorweisen.

Ferner leistet sich Hamburg mit der Kriminologischen Forschungsstelle beim Landeskriminalamt eine Einrichtung, die mit Regionalanalysen auf seriöser Grundlage belastbare Zahlen liefert und damit verhindert, daß die Polizei aus der Bauchlage heraus arbeitet.