Meine Damen und Herren! Der Konvent arbeitet an einer europäischen Verfassung, die nicht zwangsläufig zu einem undurchsichtigen Mehr an Europa führen muss, sondern die große Chance bietet, das, was bereits europäisiert ist, so zu regeln, dass demokratische Aspekte auch in einem erweiterten Europa für alle beteiligten Staaten stärker zum Tragen kommen. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Bürgermeister, Sie können mit Ihrer heutigen Rede nicht darüber hinwegtäuschen, dass Hamburg erstmalig – und man muss wirklich sagen erstmalig – von einem Senat regiert wird, der in einer der wirklich großen Zukunfts- und Schicksalsfragen dieser Stadt, nämlich in der Europapolitik, in der Frage der Osterweiterung tatsächlich tief gespalten ist.
Gerade weil Hamburg die Stadt ist, die großes Interesse an der Osterweiterung hat, die von der Osterweiterung am stärksten profitieren wird, kann sie sich eine Regierung, die in dieser Frage tief gespalten ist, nicht leisten.
Mit einem Senat, der in dieser entscheidenden Frage der Osterweiterung und der Kooperation mit unseren polnischen und baltischen Partnern nicht mit einer Zunge spricht, sondern mit zweien, wobei die eine Zunge die des antieuropäischen Rechtspopulismus ist, mit einem solchen Senat ist Hamburg für die Zukunft falsch aufgestellt.
Herr von Beust, Sie haben hier keine neue Europapolitik dargestellt, sondern eine Regierungserklärung auf die Tagesordnung gehievt, um mühsam zu versuchen, das europapolitische Porzellan, das Schill im Bundestag zerschlagen hat, in der Hamburger Bürgerschaft wieder zu kitten.
Sie sind in Wahrheit in der Situation, glaubhaft machen zu müssen, dass Sie überhaupt in der Lage sind, die Osterweiterung in Ihrem Senat durchzusetzen.
Herr Bürgermeister, Sie stehen in der Situation, nachweisen zu müssen, dass Sie in der Lage sind, in der Frage der Osterweiterung in Ihrem Senat überhaupt erst einmal durchzusetzen, was bisher Kontinuität in der Hamburger Politik gewesen ist, und zwar fraktionsübergreifend und über viele Jahre hinweg. Das hat nichts mit neuer Politik zu tun, sondern das hat etwas mit Verlust von Glaubwürdigkeit zu tun.
Diese Kontinuität in der Europapolitik ist von einem Mitglied Ihres Senats – und nicht von irgendeinem, sondern von Ihrem Stellvertreter – vor den Augen nicht nur der bundesweiten Öffentlichkeit, sondern auch vor internationalen Beobachtern aufgekündigt worden. Das ist die Wahrheit über die Rede von Schill im Deutschen Bundestag.
Sie haben nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen, als entschiedenes Handeln notwendig gewesen wäre. Sie haben Schill nur mit großer Mühe davon abhalten können, noch weitere Verrücktheiten zu begehen. Und Sie haben sich in diesem Parlament in provinzielle Piffeligkeiten über die SPD-Mitgliedsbeiträge Ihrer Staatsräte geflüchtet. Nun verbreiten Sie hier europäische Weihestunden und tun so, als sei plötzlich alles wieder in Ordnung und als sei nichts gewesen. Nichts ist in Ordnung,
Meine Damen und Herren! Hamburg hat einen guten Ruf gerade auch bei seinen östlichen und nördlichen Nachbarn.
Hamburg hat einen guten Ruf als internationale, als weltoffene, als liberale Metropole. Einen guten Ruf kann auch eine schlechte Regierung wie die Ihre nicht über Nacht ruinieren. Wir können von Glück sagen, dass unsere osteuropäischen Partner und gerade auch unsere polnischen Partner großes Vertrauen in die Hamburgerinnen und Hamburger und ihre positive Einstellung zu einem erweiterten Europa und in deren Bereitschaft, die daraus erwachsenden neuen Herausforderungen anzunehmen und sie gemeinsam zu gestalten, haben.
Aber machen wir uns nichts vor. Wir stehen unter Beobachtung, wir stehen unter verschärfter Beobachtung seit der unsäglichen Entgleisung von Schill im Deutschen Bundestag.
Das wissen wir und das wissen Sie auch. Und, Herr von Beust, genau weil Sie das wissen, haben Sie Ihre heutige Rede auch so gehalten, wie Sie sie gehalten haben. Sie haben gesagt, der Senat stehe eindeutig zur Osterweiterung, und wir wissen, dass das nicht wahr ist. Dieser Senat steht nicht eindeutig zur Osterweiterung. Sie haben über
die Notwendigkeit, die Finanzflüsse bei einem erweiterten Europa in Zukunft gerecht und anders zu gestalten, gesprochen. Aber in Wahrheit vergeht nicht ein Tag, ohne dass Ihr Stellvertreter Herr Schill durchs Land fährt und davon spricht, hier würde mit dem Kelch der Barmherzigkeit durch die Welt gezogen
Herr von Beust, Sie beherrschen das Jekyll-and-HydeSpiel mit Herrn Schill relativ perfekt und haben bisher von diesem Spiel profitiert. Aber ich sage Ihnen eines: Die Europapolitik ist für dieses Spiel nicht das richtige Feld, das ist brandgefährlich.
Was Sie heute vorgetragen haben, war nicht vorrangig eine Rede für die Bürgerschaft, sondern es war vor allen Dingen eine Rede mit Blick auf die kritischen Blicke aus dem konsularischen Korps und es war natürlich auch der Versuch, Porzellan vor Ihrer Polenreise im nächsten Jahr zu kitten. Aber eine der Fragen, die in diesem Zusammenhang von unseren polnischen Partnern und auch international besonders kritisch betrachtet wird, ist auch, wie denn nun eigentlich die Machtverhältnisse in diesem neuen Hamburger Senat sind, wo plötzlich so neue Töne angeschlagen werden. Wie sind denn die Machtverhältnisse in diesem Senat einzuschätzen, wenn der Vertreter einer 26-Prozent-Partei Pro-Europa-Reden hält und der Vertreter einer fast 20-Prozent-Partei gegen die Osterweiterung polemisiert?
(Rolf Gerhard Rutter Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Das sind Prozente, was? – Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Jetzt noch die 18-Prozent- Partei nennen!)
Unter dem Gesichtspunkt der Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit von Politik, auch gerade auf dem europäischen Feld, haben Sie gestern eine Entscheidung getroffen, die allen Grund gibt, die Frage der Machtverhältnisse für die Zukunft äußerst kritisch zu betrachten. Sie haben es zugelassen, dass Ihr eigener Justizsenator wie jemand dasteht, der nicht in der Lage ist, ein Disziplinarverfahren angemessen zu beurteilen, und dass sich die Schill-Partei politisch über die Ursprungsempfehlung der zuständigen Behörde hinwegsetzen konnte.
Sie haben damit erneut die Machtstellung von Schill und Ihre eigene Abhängigkeit deutlich gemacht; das ist gestern wieder unterstrichen worden. Und diese offenkundige Abhängigkeit wird die Hamburger Regierung auch in Zukunft gerade in der Europapolitik zu einem kritisch beäugten unsicheren Kandidaten machen.