Protocol of the Session on September 18, 2002

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U-Bahn-Pläne des Senats: Mini-Strecke zu Maxi-Preisen

Wird das Wort gewünscht? – Der Abgeordnete Wohlers hat es.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Bei dieser ganzen Aufregung ist das ein Thema, das uns sicherlich vereinen wird. Im Rahmen dieser Aktuellen Stunde möchte ich Ihnen deshalb das derzeit wohl wichtigste Thema im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs näher bringen, die Anbindung von HafenCity und Steilshoop/Bramfeld. Der Präses der Behörde für Bau und Verkehr hat in der letzten Woche das Ergebnis der internen Prüfung über die bestmögliche Anbindung der HafenCity und Steilshoop/Bramfeld vorgelegt. In nur acht Monaten wurden verschiedene Systeme geprüft und begutachtet. Für Hamburg ist hierbei eine hervorragende Lösung herausgearbeitet worden. Wir unterstützen die von ihm vorgeschlagene Lösung mit der Linie U4 von Bramfeld über Steilshoop, Barmbek, Berliner Tor und Rathaus. Hier erfolgt die Ausfädelung bis in die HafenCity. Als zukunftsweisendes Verkehrskonzept löst diese Streckenführung viele längst bekannte Probleme:

Erstens die lang diskutierte und immer wieder verschobene Frage der Anbindung von Bramfeld und Steilshoop.

Zweitens: Sie ermöglicht eine leistungsfähige, attraktive und verkehrspolitisch intelligente Anbindung der HafenCity. Dort wird es keine laut ratternden Züge vor Wohnun

(Ekkehard Rumpf FDP)

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gen und Büros geben wie zurzeit im Bereich Hammerbrook.

Drittens: Mit der Umgestaltung der Linienführung von U2 und U3 verbessern wir endlich die Ausgestaltung des öffentlichen Personnahverkehrs in Hamburgs so lange vergessenem Osten. Es werden die neuen, sicheren und leistungsfähigen Züge auch nach Billstedt und Mümmelmannsberg fahren. Ein schöneres Geschenk kann ich mir zum 75. Geburtstag Billstedts kaum vorstellen.

Einen für die Verflüssigung des Verkehrs besonderen Vorteil möchte ich ausdrücklich hervorheben. Die U-Bahn beansprucht keinen Platz auf der Ebene Null. Angesichts des Hamburger Flächenproblems ist dies ein Umstand, auf den man gar nicht genug hinweisen kann. Wie sonst lässt sich Verkehr entzerren, wenn wir nicht ständig verstopfte Straßen, miteinander auf gleicher Ebene konkurrierende Transportarten und lärmende Bahnen auf Wohnungsebene haben wollen und außerdem noch hunderttausenden Olympia-Gästen Mobilität garantieren möchten.

Mit der vormals geplanten Stadtbahn geht es genau nicht. Darum wird es sie auch nicht geben. Die Kosten für die U4-Lösung sind mit circa 550 Millionen Euro relativ hoch, aber machbar und unbedingt notwendig. Aus diesem Kostenblock werden nicht nur Steilshoop, Bramfeld und die HafenCity an ein komplexes Verkehrssystem angeschlossen, sondern zusätzlich werden auch die Linien U2 und U3 zukunftsfähig ausgestaltet. Die Aussage, Mini-Strecke zum Maxi-Preis, stößt vor diesem Hintergrund ins Leere, weil man Äpfel mit Birnen vergleicht.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das vorgeschlagene Konzept entspricht den Anforderungen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes

(Barbara Duden SPD: Glauben Sie!)

und wir erwarten die Beteiligung des Bundes an den Kosten. Dennoch wollen wir vorsichtig agieren und den vorgenannten Kostenblock voll in den Haushalt einstellen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das Wort erhält die Abgeordnete Duden.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Wohlers, zum 75. Geburtstag Billstedts kann man sich natürlich eine Menge wünschen und auch für den vergessenen Osten. Sie sollten vielleicht einmal mit der U3 fahren, die fährt nämlich schon über Billstedt nach Mümmelmannsberg. Vielleicht sollten Sie die Tour einmal wagen

(Bernd Reinert CDU: Die ist immer so voll, dass er da nicht reinkommt!)

und auch alle anderen, die eben zur Legienstraße gesprochen haben.

550 Millionen Euro für acht neue U-Bahn-Kilometer, davon 2,5 Kilometer in die HafenCity mit 250 Millionen Euro und 5,3 Kilometer für 260 Millionen Euro nach Steilshoop. Deshalb bleibt unsere Aussage weiterhin: Der Bausenator Mettbach versenkt hier Investitionen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Hier hat man sich ohne Not für eine der teuersten Lösungen bei der Anbindung der HafenCity entschieden. Für die Stadtbahn liegen Pläne in der Schublade und die Verwirklichung wäre für ein Drittel der Kosten zu haben gewesen. Aber für die Rechtskoalition ist der Begriff Stadtbahn so ideologisch befrachtet, dass man sich ohne Rücksicht auf entstehende Kosten für eine U-Bahn-Lösung entscheidet. Der Senator hat uns in der Bürgerschaft versprochen, das Wort Stadtbahn nie wieder in den Mund nehmen zu wollen. Darauf sind wir weiterhin gespannt.

550 Millionen Euro an Investitionskosten bedeuten eine Festlegung auf eine viel zu teure Idee, bedeuten aber nicht nur eine Festlegung für diesen Senat, sondern auch für kommende Senate. Das Geld wird Hamburg bei der Finanzierung anderer wichtiger Verkehrsprojekte fehlen. Das hat man bereits in der gestrigen Sitzung des Bau- und Verkehrsausschusses erfahren. Die Pläne für den Ausbau der S4 sind von jetzt an unter „ferner liefen“ zu sehen.

(Ingo Egloff SPD: Das ist auch Hamburger Osten!)

Ohne eine Zusage des Finanzsenators oder geschweige denn anderer Kollegen, von denen man auch hört, dass sie die eine oder andere finanzschwangere Idee an Investitionen geradezu vor sich hertragen, nährt sich das Prestigeprojekt des Senators im Augenblick vom Prinzip Hoffnung.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Es bleibt zurzeit festzustellen, dass es weder eine Zusage des Finanzsenators noch eine Zusage des Bundes gibt. Die Bundesfinanzierung wird vermutlich ohnehin, Herr Wohlers, allein durch den Umbau des Verkehrsknotenpunktes Berliner Tor überhaupt finanzierbar sein. Hamburgs Investitionsvorhaben werden auf viele Jahre im Bereich der Verkehrsprojekte gebunden sein. Der Senator hat eine Reihe von Themen zur Chefsache erklärt. Dadurch hat er den armen Staatsrat ganz aus dem Rennen geworfen, aber das nur nebenbei.

(Michael Neumann SPD: Er wird schon wissen, warum!)

Wir fragen uns, welche der Chefsachen von heute an auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Die Ortsumgehung Finkenwerder etwa? Die S4 – haben wir gehört – hat es schon getroffen. Die U-Bahn-Anbindung produziert nicht nur hohe Investitionskosten, auch der Zeitfaktor bei der Planung einer neuen U-Bahn-Linie spricht eindeutig dagegen. Ganz außer Acht lässt diese Lösung auch die städtebauliche oder auch die touristische Komponente. Für Besucher dieser Stadt – auch zu Olympia – ist eine oberirdische Verbindung durch die städtebaulich interessante HafenCity von unschätzbarem Vorteil. Stattdessen gibt es eine Bahnhofslösung unter der HafenCity, die ungefähr mit der Qualität der Station Messehallen zu vergleichen ist. Die kennt ja der eine oder andere von uns, da gibt es immer Verfolgungsszenen auf diesem riesigen U-Bahnhof.

(Dr. Wieland Schinnenburg FDP: Wer hat denn Messehallen gebaut?)

So tief müsste dort die U-Bahn-Verbindung verlaufen.

Ein paar Bemerkungen zur Stadtbahn. Stadtbahnen sind viel rentabler, auch in ihren Betriebskosten. Wie in diesem Zusammenhang die Einlassung des Senators von gestern zu verstehen ist, der im Bauausschuss gesagt hat, man

(Reiner Wohlers Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

darf keine Entscheidung über ein Zukunftssystem fällen, wenn man sich nicht darüber im Klaren ist, wie die anfallenden Betriebskosten zu finanzieren sind.

(Krista Sager GAL: Sehr richtig!)

Über die Finanzierung würde ich in dem Zusammenhang gerne noch einmal etwas hören.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Aus Fußballersicht müsste man spätestens hier sagen, jetzt steht es eindeutig 3:0 zugunsten der Stadtbahn.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Leistungsfähige Stadtbahnen können überall in Deutschland, wenn man weiter reisen will, auch in Europa, vielleicht auch in Australien, angeguckt werden. Was insbesondere das Argument der FDP betrifft, hier handele es sich um eine Wiedereinführung einer Stadtbahn, der kann nach Paris fahren. Dort gibt es die Wiedereinführung der Stadtbahn und es ist ein gelungenes System,

(Ekkehard Rumpf FDP: Aber doch nur außen!)

das sicher kein Pariser wieder missen will. Aber man kann sich auch, wenn man nicht so weit reisen will, gerne in Straßburg oder auch in Köln umgucken. Für uns bleibt: Bausenator Mettbach versenkt aus ideologischen Gründen das Geld der Steuerzahler in die Elbe. – Danke.