Ich rufe den Tagesordnungspunkt 55 auf, Drucksache 17/2029, Antrag der Koalitionsfraktionen: Hamburger KMU für Europa gewinnen.
[Antrag der Fraktionen der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP: Hamburger KMU für Europa gewinnen – Drucksache 17/2029 –]
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag möchte meine Fraktion die Voraussetzungen für ein stärkeres Engagement kleinerer und mittlerer Unternehmen, vor allem Hamburger Firmen, im europäischen Binnenmarkt, gerade auch im Hinblick auf die EU-Erweiterung, optimieren.
Der europäische Binnenmarkt ist ein überaus erfolgreiches Projekt, das wesentlich zum Wachstum in Europa beige
tragen hat. Von den Vorteilen profitieren bisher jedoch vor allem große Firmen. Kleinere und mittlere Unternehmen nutzen die Chancen, die der gemeinsame Markt mit derzeit 370 Millionen Verbrauchern bietet, nur begrenzt. Von den 109 618 Mitgliedsunternehmen der Handelskammer Hamburg mit bis zu 199 Beschäftigten haben nur 2417 Unternehmen Auslandsverbindungen mit einem EU-Partnerland angegeben. Eine verschwindend geringe Zahl. Die Gründe, warum die Resonanz so gering ist, sind sicherlich sehr vielfältig. Nicht alle KMUs haben die Strukturen, um transnational tätig zu werden. Viele möchten es vielleicht auch gar nicht. Die Politik kann grundsätzliche Einstellungen auch nicht verändern. Sie kann jedoch dafür werben, dass Chancen gesehen und genutzt werden. Sie kann Hilfestellungen geben und Problemlösungen vorantreiben. Genau dieses Ziel verfolgt meine Fraktion mit dem Antrag. So möchten wir ein Europa-Forum speziell für Hamburg initiieren. An diesem Gesprächskreis sollen Repräsentanten von Behörden, Banken, Unternehmen, Kammern und Verbänden teilnehmen und Konzepte erarbeiten, wie Hamburger Unternehmen die Chancen der europäischen Integration besser nutzen könnten. Das Forum könnte der Ausgangspunkt für einen jährlichen Aktionstag werden, der beispielsweise im Rahmen der Europa-Woche oder im Rahmen einer Veranstaltungsreihe der Handelskammer Hamburg stattfindet. Ziel dieses Aktionstages ist es, Hamburger Unternehmen die Vorteile des europäischen Marktes näher zu bringen und die Unterstützungsangebote bekannter zu machen. Ferner halten wir ein Online-Hilfsinstrument für sinnvoll, über das Hamburger Unternehmen gezielt Informationen und Kontakte zu anderen Unternehmen abrufen können. Es bietet sich an, dieses OnlineHilfsinstrument an bestehende Online-Auftritte, beispielsweise hamburg.de, im Rahmen der möglichen Ressourcen anzubinden. Kritiker werden sagen, das gebe es alles schon. Man könne sich auf den Seiten der Europäischen Kommission informieren. Das ist nur bedingt zutreffend. Zwar hat die Europäische Kommission vielfältige Aktivitäten zugunsten der KMU ins Leben gerufen und hält auch allgemeine Informationen bereit, aber diese Angebote sind zu wenig bekannt und geben den Unternehmen nur eine sehr grobe Orientierung. Welcher Hamburger Unternehmer weiß schon, dass es einen europäischen KMU-Beauftragten gibt, nämlich den Finnen Timo Summa, oder dass die Europäische Kommission eine Gründerzentrendatenbank unterhält? Wenn wir für Europa werben wollen, muss dies vor Ort geschehen, in Hamburg. Ich weiß aus Gesprächen, dass die Handelskammer Hamburg diesbezüglich schon aktiv ist. So zum Beispiel hat sie als einzige deutsche Handelskammer schon seit Jahren ein Büro in Brüssel. Wir möchten diese Aktivitäten, die es heute gibt, bündeln und gemeinsam mit einer Reihe von Akteuren ausweiten.
Meine Damen und Herren! Die Osterweiterung steht unmittelbar bevor. Viele kleinere und mittlere Unternehmen sehen dieser Entwicklung eher pessimistisch entgegen. Daher ist es aus meiner Sicht jetzt wichtig, gerade KMUs mit auf den Weg nach Europa zu nehmen. Dafür setzt sich meine Fraktion auch ein. Die europäische Einigung muss ein Erfolgsprojekt für alle werden und auch alle beteiligen, nicht nur die großen Firmen.
Meine Damen und Herren! Das Thema KMU und Europa ist vielfältig und sicher nicht mit einem Antrag erschöpfend zu behandeln. Unser Antrag stellt nur den ersten Schritt dar. Wir werden das Thema weiter verfolgen und sehen, wie sich unsere Vorschläge in der Praxis bewähren. Mittelstandspolitik hat immer auch eine europäische Perspek
Herr Präsident, meine Damen und Herren! KMU, um das auch dem hohen Hause hier bekannt zu machen – ich bin nämlich mehrfach darauf angesprochen worden –, bedeutet kleine und mittelständische Unternehmungen. Das ist eine schon gebräuchliche Abkürzung. Genau diese kleinen und mittelständischen Betriebe sind, wie wir alle wissen, das Rückgrat in der Wirtschaft, nicht nur hier in Hamburg, sondern auch in Deutschland und auch in ganz Europa. Hamburg als Tor zur Welt hat seinen Schwerpunkt bei Handel und Dienstleistungen schon immer auf die Außenwirtschaft gelegt. Insofern geht der hier vorliegende Antrag in die richtige Richtung, denn er greift einen Zusammenhang auf, den wir auch so sehen.
Nun ist es aber nicht so, als gebe es in Hamburg oder für Hamburger keinerlei Förderung oder Beratung für den Mittelstand oder auch für Kleinunternehmen, wenn sich jemand am EU-Binnenmarkt orientieren will. Es gibt den Info-Point am Adolphsplatz, also genau vor unserer Tür, der individuell Informationen vermittelt und in europäischen Fragen persönlich berät. Es gibt die Handelskammer, die vielseitige Unterstützungsangebote vorhält. Es gibt die Außenhandelskammer und – nicht zu vergessen – die Kooperationsbörse des deutschen Handelskammernetzwerkes. Sie alle stehen als Ansprechpartner bereit.
Aber welcher Kleinunternehmer oder Mittelständler kennt diese Angebote? Wie transparent sind sie für ihn? Wie schnell kann er sie erschließen? Wie gut sind sie auf das Thema Europa und Europäische Union zugeschnitten? Hier sind sicherlich noch Verbesserungen der bestehenden Angebote denkbar. So könnte in der Tat die Einrichtung eines solchen Forums, die Veranstaltung eines jährlichen Aktionstages oder eine Internetplattform Europa helfen, vorhandene Lücken zu schließen. Aber ich will darauf hinweisen, dass weitere Beratungsmöglichkeiten angeboten werden könnten. So wäre gerade vor dem Hintergrund der Fusion beider Landesbanken eine Zusammenarbeit zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein zugunsten der Unternehmen denkbar. Damit wäre dann auch der finanzielle Bereich, jeweils die Beratungsangebote mit abgedeckt.
In der Sache sind wir also weitgehend einig, was die Förderung der Außenwirtschaftsorientierung des Hamburger Mittelstandes und der Kleinunternehmer betrifft. Diese Position der SPD wird Sie sicherlich dann nicht überraschen, wenn Sie sich noch an die Haushaltsberatungen vor gut sechs Wochen erinnern, denn wir haben zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Hamburg einen Antrag, Drucksache 17/1861, vorgelegt, der in der Tendenz genau das aufzeigt, was die Koalition heute vorlegt. Wir haben nämlich in unserem Antrag eine Reihe von konkreten Vorschlägen unterbreitet: Stärkung der außenwirtschaftlichen Beziehung Hamburgs, Stärkung des Handwerks und des Mittelstandes, explizit zur verstärkten Exportförderung und Exportberatung für kleinere und mittlere Unternehmen, weltweit, also nicht nur in die Europäische Union, und damit auch besonders auf den Ostseeraum bezogen,
soweit er nicht oder noch nicht der EU angehört und – als letzten Punkt dazu – auch zur Nutzung des Internets für die Erschließung von Auslandsmärkten.
Allerdings haben die Koalitionsfraktionen unsere Initiative komplett abgelehnt. Um so mehr erfreut es uns, dass Sie bereits heute, keine sechs Wochen später, mit den gleichen Ideen, auf den EU-Binnenmarkt zugeschnitten, kommen. Soviel Einsicht und schnelles Lernvermögen haben wir Ihnen gar nicht zugetraut.
Vielleicht macht es ja Sinn, die eine oder andere unserer Überlegungen noch einmal aufzugreifen. Deshalb sollten wir den Antrag auch noch einmal im Ausschuss beraten. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Mittelstand ist das Rückgrat der Wirtschaft. Das gilt für Deutschland ebenso wie für Europa. Von den 16 Millionen europäischen Unternehmen sind über 98 Prozent kleinere und mittlere Betriebe mit weniger als 500 Beschäftigten. Auf sie entfallen 72 Prozent der Arbeitsplätze, 70 Prozent der Umsätze und 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Vor diesem Hintergrund muss die Politik den mittleren und kleineren Unternehmen besondere Aufmerksamkeit schenken.
Aus Berlin können wir diesbezüglich mit nicht sehr viel Unterstützung rechnen. Im Gegenteil. Die Pleitegeier ziehen ungestört ihre Kreise. 37000 Unternehmenszusammenbrüche allein im vergangenen Jahr. Das ist die bittere Bilanz nach vier Jahren rotgrüner Politik, meine Damen und Herren.
Trotz Gegenwind hat Hamburg schon sehr früh das Ruder selbst in die Hand genommen. Der Lohn für die konsequente Wirtschaftspolitik von Gunnar Uldall: Mit 1,5 Prozent gesamtwirtschaftlicher Performance steht Hamburg weitaus besser da als das übrige Bundesgebiet.
Ein boomender Hafen, glänzende Ergebnisse im Außenhandel und im Logistikgewerbe, die Erweiterung der Airbus-Produktion und der Aufwind in der Tourismusbranche durch den Boom in der Musical-Szene. Davon profitieren auch die kleineren und mittleren Betriebe, genauso wie von der Bewerbung um die Ausrichtung der Olympischen Spiele und dem Konzept der wachsenden Stadt.
Selbst die Bundesregierung hat inzwischen die Förderung des Mittelstands für sich entdeckt. „Pro Mittelstand“ heißt die Offensive, die dort aus dem Hut gezaubert wurde. Ein Schelm, wer in diesem Zusammenhang einen Zusammenhang zu den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen sieht. „Pro Mittelstand“, da liegt die Vermutung nahe, dass die Wirtschaftspolitik von Rotgrün bisher unter der
Prämisse „Kontra Mittelstand“ gelaufen sei. Hört man sich in Unternehmenskreisen um, so wird das ohne weiteres bestätigt. 95,5 Prozent der Firmen äußern sich unzufrieden über die Bundesregierung. 93,8 Prozent meinen, die Mittelstandspolitik sei nicht ausreichend. Auch die heutige Demonstration Hamburger Unternehmen ist ein deutliches Zeichen dafür.
Ohne Frage, die Konjunktur lahmt. Gleichzeitig aber haben wir mit der Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes die größte Deregulierungsmaßnahme der letzten Jahrzehnte erlebt. Mit der Einführung des Euro wurde die Wettbewerbsposition des Standortes Deutschland entscheidend verbessert. Gerade für mittlere und kleinere Unternehmen eröffnet dies neue Marktchancen. Hinzu kommt die bevorstehende Erweiterung der Union, von der zusätzlich äußerst günstige Impulse ausgehen werden. Hamburg kann das Ruder zwar nicht auf Bundesebene herumreißen, aber es kann im Rahmen seiner Ordnungspolitik günstige Rahmenbedingungen für mittlere und kleinere Unternehmen schaffen. Auf diesem Gebiet arbeitet der Senat von Anbeginn nach Kräften.
Es würde zu weit führen, die vielen kleinen und großen Schritte, die seit dem Regierungsantritt von Ole von Beust getan worden sind, aufzuzählen.
Ich beschränke mich deshalb an dieser Stelle darauf, auf den konsequenten Ausbau der Beziehungen zum Ostseeraum in Richtung Skandinavien, aber auch in Richtung Baltikum, Polen und Russland hinzuweisen.
Mit dem vorliegenden Antrag kommt eine weitere Initiative zugunsten Hamburger KMU hinzu. Dabei geht es im Wesentlichen darum, kleinere und mittlere Unternehmen für Europa fit zu machen. Wir glauben, dass von den über 100 000 in Hamburg ansässigen kleineren und mittleren Betrieben mehr Unternehmen den Schritt nach Europa wagen können. Was fehlt, sind häufig nur der Anstoß und die Begleitung durch kompetente Gesprächspartner. Ein solches Forum, das als Netzwerk zu verstehen ist, wollen wir in Hamburg in Kooperation mit kompetenten Institutionen und Organisationen unter Nutzung bereits vorhandener Strukturen aus der Taufe heben. Von ihm können sowohl die Wirtschaft als auch die Politik gleichermaßen profitieren. Während Unternehmer erfahren, was alles machbar ist und, vor allem, wie man ein solches Vorhaben auch in schwierigen Zeiten zum Erfolg führt, lernt die Politik, die Probleme aus der Perspektive der Wirtschaft zu sehen, und kann so mögliche Hindernisse früher beseitigen.
Meine Damen und Herren! Kleine und mittlere Unternehmen sollen wissen, dass sie trotz schwieriger Zeiten vom neuen Bürgersenat und den ihn tragenden Koalitionsfraktionen nicht allein gelassen werden. Die hervorragende Bilanz des Hamburger Hafens hat gezeigt, dass eine ungünstige Großwetterlage keineswegs zwangsläufig zu Einbrüchen führen muss. Wenn auch der Bundespleitegeier seine rotgrünen Federn spreizt, werden wir uns trotz leerer Kassen von ihm nicht paralysieren lassen. Der Koalitionsvorschlag zeigt, dass leere Kassen nicht gleichbedeutend mit leeren Köpfen sind. Der Sachverstand ist da, wir holen ihn an einen Tisch und machen ihn zum Wohle der Hamburger Wirtschaft nutzbar. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.