Protocol of the Session on February 6, 2003

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Sind für die 5 Millionen, die Hamburg dieses Jahr ja auf jeden Fall erhalten wird, schon die Schulformen, die in Ganztagsschulen umgewandelt werden, bei Ihnen in Planung?

Frau Abgeordnete, ich möchte dieses in zwei Teile trennen. Wir lesen möglicherweise dieselben Zeitungen und als Zeitungsleser haben wir auch einen vergleichbaren Informationsstand. Nach meinem Wissen habe ich hier aber für eine Behörde zu sprechen, die in der Regel angeschrieben und formal informiert werden sollte von einem Bundesministerium. Da liegt nichts vor. Das ist das eine.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Frau Ernst hat doch alles erklärt!)

Was das andere betrifft, haben wir natürlich eine größere Zahl von Schulen, Gymnasien und andere, die Kandidaten auf unserer Liste derer sind, die gerne Ganztagsschule werden möchten. Da können wir schnell handeln. Wir stehen da aber im Regen in Bezug auf die Information und das tatsächlich fließende Geld aus Berlin.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Alles wartet auf Schröder! – Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Herr Scholz hat euch reingelegt!)

Meine Damen und Herren, gibt es jetzt weitere Nachfragen zu diesem Thema? – Das ist nicht der Fall, dann sind wir am Ende der Fragestunde angelangt. Es ist 16 Uhr. Wir schließen diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe den nächsten Tagesordnungspunkt auf, Punkt 6, die Drucksache 17/1976, Große Anfrage der GAL-Fraktion: Erhöhung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf Tempo 60.

[Große Anfrage der Fraktion der GAL: Erhöhung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf Tempo 60 – Drucksache 17/1976 –]

Wer möchte das Wort dazu? – Herr Lühmann, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben gestern Abend in einem sehr überraschenden Moment erlebt, wie Senator Rehaag hier erklärte, für welche Zumutung er eigentlich eine Große Anfrage aus diesem Parlament hält. Das ist mindestens sehr bemerkenswert, vor allen Dingen spiegelt es ganz offenkundig die Haltung des Senats gegenüber Großen Anfragen wider, wie auch in diesem Fall, wo der Senat auf unsere Fragen in aller Regel ausweichend geantwortet hat.

Nehmen wir mal ein Beispiel. Wir haben gefragt, auf welchen Straßen demnächst Tempo 60 gelten soll. Der Senat antwortet darauf, es soll auf der Stein-Hardenberg-Straße und Meiendorfer Straße ab März Tempo 60 gelten. Alle weiteren Straßen seien noch in der Prüfung. Welche Straßen das sind, verrät er uns nicht. Das verrät er uns nicht am 14. Januar, obwohl bereits am 9. Januar in der Presse zu lesen war, auf welchen 20 Straßen nun ab dem Sommer Tempo 60 gelten soll. Das heißt, der Senat weicht uns aus und findet es einfach lästig, wenn wir fragen. Das ist ärgerlich für uns, aber noch ärgerlicher ist, dass der Senat den Anwohnern ausweicht und nicht in der Lage ist, den Anwohnern dort zu erklären, inwiefern die Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit auf den Straßen, an denen sie wohnen, der Verbesserung des Wohnstandortes Hamburg auch für sie dienen soll. Es mag sein, dass der Senat ganz genau weiß, dass er dort auf ein gewisses Unverständnis stoßen würde, nämlich deshalb, weil die Menschen dort genau wissen, was zum Beispiel ein höheres Tempo und mehr Lärm bedeuten. Der Senat antwortet auf unsere Große Anfrage, dass dort lediglich 1 Dezibel – A – mehr zu erwarten sei als jetzt schon. Das klingt erst einmal gering. Das klingt auch deshalb gering, weil man in der Betrachtung vergessen hat, dass sich der Lärmbereich wesentlich weiter ausdehnt und damit wesentlich mehr Menschen von Schall betroffen sein werden.

Der Senat stellt als Zweites in der Antwort auf meine Große Anfrage fest, dass er gar nicht sagen kann, wie viele Menschen denn dort wohnen. Beide Antworten sind falsch. Sie sind deshalb falsch, weil seit 2000 in der Umweltbehörde eine Geräuschbelastungsuntersuchung für das Hamburger Hauptverkehrsstraßennetz vorliegt.

(Erster Vizepräsident Berndt Röder übernimmt den Vorsitz.)

Dort ist genau berechnet worden für Tempo 50, wie viele Menschen schon heute unter Tempo 50 tagsüber von mehr als 65 Dezibel – A – belastet werden und wie vielen Menschen nachts mehr als 45 Dezibel – A – zugemutet werden. Das sind allein auf diesem Straßenabschnitt tagsüber 900 und nachts fast 2400 Menschen. Der Senat hat also die Kenntnisse und Mittel, uns zu erklären, wie viel mehr Menschen es bei Tempo 60 sein werden. Da braucht man doch nicht abzuwarten, bis man Tempo 60 eingeführt hat. Man sollte doch jetzt schon in die Prüfungen vorab einbeziehen, welche Ergebnisse das für die Wohnbevölkerung dort haben wird.

(Beifall bei der GAL)

Die zweite Frage, die sich dabei stellt, ist aber auch, warum der Senat das eigentlich unbedingt haben will. Hamburg ist

das geht aus der Antwort des Senats hervor – schon jetzt die Großstadt in Europa, in der am schnellsten gefahren wird. Wir haben eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 28 Stundenkilometern in der Stadt. Das ist deutlich mehr als in Berlin, Brüssel oder Madrid. Es gibt im europäischen Vergleich keine andere Großstadt, in der es schneller ginge. Trotzdem soll es hier unbedingt schneller werden.

(Dr. Wieland Schinnenburg FDP: Sie vergleichen Äpfel mit Bananen!)

Ob das klappt, das dürfen wir getrost infrage stellen, denn wir haben bei der Bundesanstalt für Straßenwesen, im Institut für Straßenverkehr Köln, im Deutschen Verkehrssicherheitsrat, an Universitäten und bei freien Planern nachgefragt. Dort haben alle gesagt: Ja, theoretisch mag das sein, aber genau festlegen kann man sich auf gar nichts, man kann das aber sehr genau untersuchen. Was macht der Senat? Er lässt nicht untersuchen, sondern macht einen Feldversuch in Hamburg und erklärt damit die Anwohner dieser Hauptverkehrsstraßen zu seinen Versuchskaninchen, anstatt nun einfach zu sagen, wir untersuchen es wissenschaftlich.

Tatsächlich ist es aber so, dass auch die Unfallgefahr auf diesen Straßen weiterhin wachsen wird. Es gibt drei gute Gründe, warum das so passieren wird.

Erstens: Der Senat antwortet, dass eine der häufigsten Unfallursachen „Fußgängerfehler beim Überschreiten der Fahrbahn“ und „Fehlverhalten gegenüber Fußgängern“ lautet. Das sind zusammen 30 Prozent aller Verkehrsunfälle in Hamburg.

(Dr. Wieland Schinnenburg FDP: Lesen Sie nicht, was der Senat geantwortet hat?)

Das habe ich genau gelesen. Nun machen Sie sich keine Sorgen, hören Sie mir lieber zu, dann begreifen Sie es auch.

Wenn dieses die häufigsten Unfallursachen überhaupt sind, dann kann mir doch niemand in diesem Hause erklären, dass die Gefahr dieser Unfälle geringer würde, wenn man die Geschwindigkeit heraufsetzt. Das ist doch unlogisch.

Das zweite große Unfallrisiko, das daraus erwächst, ist, dass zwischen schnellen und langsamen Fahrzeugen auf diesen Straßen ein immer größeres Geschwindigkeitsgefälle entsteht. Es gibt Suchverkehre, es gibt Abbiegeverkehre, es gibt Querungen und genau die Unfallursachen, die da heißen: Fehler beim Abbiegen, Fehler beim Einfahren in den fließenden Verkehr, Verstoß gegen Vorfahrtsregelungen und noch einige andere werden durch ein größeres Geschwindigkeitsgefälle zwischen den Fahrzeugen geradezu provoziert.

Aber das Allerschlimmste ist die Gruppe von 16 Prozent aller Unfälle, die auf nicht angepasste Geschwindigkeit und Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zurückzuführen sind. Das sind jetzt schon 16 Prozent. Hier wird zum Halali auf den Hauptverkehrsstraßen geblasen.

(Dr. Wieland Schinnenburg FDP: Jetzt reicht es aber!)

Niemand kann mir erklären, dass diese Selbstüberschätzung von Autofahrern, die wir schon jetzt überall beobachten können, dadurch nicht weiter vorangebracht würde, dass hier gesagt wird, liebe Leute, nun fahrt mal bitte noch schneller auf den Hauptverkehrsstraßen.

(Präsidentin Dr. Dorothee Stapelfeldt)

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Wieso soll ich denn schneller fahren? – Glo- cke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich gestatte jetzt keine Zwischenfrage.

(Dr. Wieland Schinnenburg FDP: Feigling!)

Haben Sie Ihre eigenen Programme nicht gelesen? Sie wollen doch von Tempo 50 auf Tempo 60 erhöhen, also soll schneller gefahren werden. Die Folgen dieser Raserei

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: 60 ist doch keine Raserei!)

beschreiben Sie in Ihrer unappetitlichsten Entgleisung

(Unmutsäußerungen bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

wie folgt:

„Nach physikalischen Gesetzmäßigkeiten bewirkt generell eine höhere Geschwindigkeit bei einem Aufprall eine höhere Energieabgabe.“

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Das ist so!)

Bäh! Das möchte ich einmal hören, wie Sie auf einer Trauerfeier den Leuten erklären, dass dort eine Energieabgabe leider nicht zum gewünschten Erfolg geführt hat.

(Beifall bei der GAL – Karl-Heinz Ehlers CDU: Was war das für ein Spruch!)

Jetzt aber das Problem bei der Unfallgefahr und dem Bremsweg.

(Zuruf von Karl-Heinz Ehlers CDU – Glocke)