Wenn Sie jetzt in Ihrem Koalitionsvertrag die moderne Stadtbahn ablehnen, zeigt das, dass hier kein Sachverstand dahinter steht, sondern nur ideologische Scheuklappen.
Es wird höchste Zeit, dass Sie sich schon deswegen von diesen ideologischen verkehrspolitischen Scheuklappen verabschieden, weil Sie in Ihrem Koalitionsvertrag gerade den Menschen, die in schlecht angebundenen Stadtteilen leben, vollmundige Versprechungen gemacht haben, die Verkehrsanbindung an den öffentlichen Personennahverkehr zu verbessern. An diesen Versprechungen werden Sie irgendwann einmal gemessen werden, ob Sie da irgendetwas auf den Weg gebracht haben. Die Finanzierung der zukünftigen Anbindung an den öffentlichen Personennah
verkehr von Stadtteilen wie Steilshoop, Rahlstedt, Bramfeld oder Niendorf, aber auch die Anbindung der Arena oder des AOL-Stadions werden Sie nur mit der Stadtbahn erreichen. 1 Kilometer Stadtbahn bedeutet 15 bis 20 Millionen DM Investitionskosten. 1 Kilometer U-Bahn bedeutet aber 100 Millionen DM zusätzliche Investitionskosten. Busse sind nicht so leistungsfähig und zuverlässig und nicht geeignet, das Fahrgastaufkommen wirklich zu steigern. Vor allen Dingen aber sind Busse einer modernen Stadtbahn bei den Betriebskosten weit unterlegen.
Untersuchungen in anderen Städten haben außerdem gezeigt, dass die Stadtbahn auch das Verkehrsmittel ist, auf das Autofahrer in Randgebieten am ehesten umsteigen würden. Ich vermute, dass gerade unter diesen Menschen sehr viele CDU-Wähler sind. Sie sollten sich noch einmal gut überlegen, ob Sie diese CDU-Wähler in Zukunft im Regen stehen lassen wollen.
Wenn Sie – das haben Sie versprochen – den Verkehrsfluss des Autoverkehrs in Hamburg verbessern wollen, dann können Sie das nicht dadurch erreichen, dass mehr Autofahrer gemeinsam im Stau stehen, sondern dass mehr Autofahrer bereit sind, auf ein attraktives Angebot umzusteigen. Ein solches attraktives Angebot wäre für diese Menschen nur eine moderne Stadtbahn.
Die Stadtbahn ist auch deswegen für die Menschen besonders attraktiv – deshalb verstehe ich nicht, warum Sie an das Thema nicht heranwollen –, weil es dem subjektiven Sicherheitsbedürfnis Rechnung trägt. Es gibt keine unterirdischen Tunnel, keine unterirdischen Haltestellen, keine dunklen Gänge.
Ja, Herr Ehlers, ausgerechnet ich, weil ich mich als Gleichstellungssenatorin sehr ausgiebig mit diesem Thema befasst und schon oft darauf hingewiesen habe, dass gerade Frauen sehr viel lieber mit einer oberirdischen Stadtbahn als mit einer unterirdischen teuren U-Bahn fahren würden.
Die Stadtbahn ist auch deswegen für die Stadtentwicklungspolitik in Hamburg unverzichtbar, weil wir nur über die Stadtbahn eine gute Anbindung der neuen HafenCity erreichen werden. Für die neue HafenCity wäre die Anbindung durch ein reines Bussystem zu popelig und der Bau von U- oder S-Bahn wäre so teuer, dass das auch keine Lösung sein kann.
Ihr Nein zur Stadtbahn gefährdet in diesem Zusammenhang aber auch jetzt schon die Bewerbung Hamburgs um die Olympischen Spiele im Jahre 2012. Wir waren in der Tat immer schon dafür und haben das in der Stadtentwicklungsbehörde zukunftsweisend vorangetrieben.
Sie sollten wissen, dass heutzutage gerade bei einer Olympiabewerbung ein tragfähiges Verkehrskonzept das A und O ist. Es muss während der Olympiade ein täglicher Besucherstrom von einer halben Million Menschen bewältigt werden. Das können Sie nicht mit Bussen erreichen, dazu brauchen Sie ein modernes Verkehrssystem. Dazu brauchen Sie den Abschied von Ihren Scheuklappen und Sie brauchen die Stadtbahn.
Die Stadtbahn kann aber auch wichtige Impulse für die Stadtteilentwicklung liefern. Alle Untersuchungen in den Großstädten, die eine Stadtbahn verwirklicht haben, haben gezeigt, dass es für die lokalen Stadtteilzentren an den Achsen, an denen diese Stadtbahn fährt, wichtige Impulse gibt. Das ist auch eine aktive Mittelstandsförderung. Warum gerade eine CDU hier die Absage an ein Verkehrsmittel erteilt, das für eine lokale Mittelstandsförderung gut ist, können Sie niemandem erklären.
Die Stadtbahn kann jetzt schnell realisiert werden, weil die Pläne für die erste Teilstrecke fertig sind. Gerade diese Pläne beweisen, dass hier eine Trassenführung gewählt worden ist, die nicht den Konflikt mit dem motorisierten Individualverkehr sucht. Sie vermeidet gerade diese Konflikte, weil diese Stadtbahn auf fast ausschließlich eigener Trasse oder auf zusätzlichen Fahrspuren geführt wird.
Herr Schulz, jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Wenn Sie das hier bezweifeln, dann haben Sie wenigstens den Anstand, unseren Antrag an den zuständigen Ausschuss zu überweisen. Setzen Sie sich mit uns im Ausschuss über diese Pläne auseinander. Hier unseren Antrag ablehnen und nicht sachgerecht im Ausschuss darüber debattieren zu wollen, zeigt, dass Sie in Wirklichkeit Angst haben, weil Sie wissen, dass genug Leute Ihrer eigenen Partei diese Stadtbahn wollen.
Ich fordere den Senat hier ausdrücklich noch einmal auf, seine Fehlentscheidung in dieser Sache zu revidieren. Ich fordere Sie auf, dafür zu sorgen, dass Hamburg auch in Zukunft den verkehrs- und stadtentwicklungspolitischen Herausforderungen gewachsen ist. Ohne Stadtbahn werden wir es nicht sein. Machen Sie endlich den Weg frei und eröffnen Sie endlich das Planfeststellungsverfahren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn die Wege in Hamburg wirklich endlich einmal frei wären, wäre es schön, und wenn die Straßen frei wären, wäre es noch schöner, Frau Sager. Nur, worauf Ihr Stadtbahnkonzept letzten Endes hinausläuft, ist eine nicht funktionierende Lösung, denn sie wird in Teilbereichen die Verkehrsprobleme, die wir heute schon haben, nur noch verschärfen. Was nützt Ihnen die schönste Stadtbahn auf eigener Trasse, wenn die an den Kreuzungen mit im Stau steht, denn wir kennen viele Kreuzungen in Hamburg, die zugestaut sind. Sie lösen also das Problem nicht, Sie machen es schlimmer. Wenn Sie sagen, sie fährt auf eigener Trasse, dann tut sie das zum großen Teil zu Lasten des Straßenverkehrs.
Tatsache ist, dass in Hamburg der Ausbau des Schienennahverkehrs über lange Jahre hin immer wieder vernachlässigt worden ist und dass wir noch nicht einmal die Vorplanungen und Planungen aus den Siebziger- und Achtzigerjahren abgearbeitet haben. Die SPD-Fraktion hat in der Zeit unsere Straßenbahn so verrotten lassen, dass sie nur noch stillzulegen war.
Jetzt soll die Stadtbahn angeblich als das Allheilmittel kommen, die zudem noch finanzierbar und leistungsfähig ist. Gehen wir auf die beiden Punkte, Frau Sager, etwas näher ein.
Auffällig ist, dass Sie nur gesagt haben, was die Stadtbahn pro Kilometer kostet, aber nicht, woher Sie das Geld für die Stadtbahn nehmen wollen. Dann lassen Sie uns doch ein bisschen genauer gucken. Was haben wir in dem Entwurf des alten Senats für den Haushalt 2002 für die Stadtbahn stehen? Da steht in den Erläuterungen, dass die Gesamtkosten allein für die Strecke Hauptbahnhof–Steilshoop 211 Millionen Euro betragen werden. Weiterhin heißt es, der Bund würde einen Teil mitfinanzieren. Da hat der alte Senator schon vorsichtiger schreiben lassen, wenn er sagt, es werde ein Bundeszuschuss von 52 Millionen Euro erwartet. Mit anderen Worten: Das Geld ist überhaupt nicht sicher.
Es kommt hinzu, dass diese 52 Millionen Euro gerade 25 Prozent der Gesamtsumme sind, die für diesen einen Abschnitt von 12 Kilometern investiert werden sollen. Es steht aber für die U-Bahn-Strecke Steilshoop–Bramfeld nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz ein Betrag von 420 Millionen DM an Bundesmitteln, also rund 210 Millionen Euro, zur Verfügung.
Wenn Sie mit Ihrer Stadtbahn-Idee kommen und zum Bundesverkehrsminister sagen, nehmen sie doch stattdessen die Mittel für die U-Bahn heraus, dann sagt er, das ist eine hervorragende Idee und mit der Stadtbahn stellt ihr euch bitte ganz hinten am Ende der Schlange wieder neu an. Mit anderen Worten: Dann sind wir das Geld los und haben gar nichts.
Herr Präsident, wenn ich den Satz hätte zu Ende sprechen können, hätte ich das spontan gemacht. Jetzt ist der Punkt vorbei. – Vielen Dank.