Und nun stellen Sie sich einmal vor, wer für die Koalitionsfraktionen auf dem Podium saß: Frau Ahrons. Herr Müller-Sönksen, Herr Schinnenburg und Herr Frühauf waren auch da, das will ich gar nicht unterdrücken. Sie haben damals auch dagegen gestimmt. Nun scheint es
so zu sein, dass Sie zumindest in Teilen einen Sinneswandel durchgemacht haben, denn ansonsten würde diese Äußerung in der Handwerkskammer ja wohl nicht gefallen sein.
(Dr. Wieland Schinnenburg FDP: Sie waren offen- bar nicht da, Sie mussten es ja in der Zeitung nachlesen!)
Es ist ja auch richtig, was da gesagt worden ist, dass wir in Hamburg zum Beispiel ein Gesetz nach niedersächsischem Muster verabschieden sollten. Deswegen haben wir das am 27. November 2002 hier schon einmal beantragt.
Die Situation im Bauhandwerk und in der Bauwirtschaft in Hamburg hat sich doch nicht verändert, die hat sich doch nicht zum Besseren verkehrt. Über ein Drittel der Bauhandwerker in dieser Stadt sind arbeitslos und da verwundert es natürlich nicht, wenn die Baugewerkschaft sagt, sie möchte so ein Gesetz haben, weil es nämlich darauf ankommt, dass die Hamburger Baufirmen vor unlauterer Konkurrenz geschützt werden, vor Unternehmen aus anderen Teilen, die sich nicht an die Tarifverträge halten.
Wenn wir in diesem Jahr die Osterweiterung der EU bekommen, dann wird die Situation noch prekärer und deswegen ist es erforderlich, jetzt eine Regelung zu beschließen, die das Hamburger Bauhandwerk und die Hamburger Baufirmen schützt.
(Beifall bei der SPD und bei Gunnar Butenschön und Frank-Michael Bauer, beide Partei Rechts- staatlicher Offensive)
Warum sollen denn Firmen in Hamburg bestraft werden, wenn sie sich tariftreu verhalten? Warum wollen wir nicht Gesetz werden lassen, was in Nordrhein-Westfalen, in Bayern, im Saarland, in Niedersachsen und in SchleswigHolstein längst Gesetz ist? Ich weiß nicht, ob die Aufzählung vollständig ist, es kann auch sein, dass es noch mehr Bundesländer gibt, in denen diese Gesetze inzwischen existieren.
Und nicht nur die Baugewerkschaft ist der Auffassung, dass das eine sinnvolle Maßnahme ist, auch die Handwerkskammer, der wir diesen Gesetzentwurf noch einmal übermittelt haben, schreibt in einem Brief, unterschrieben vom Präses der Handwerkskammer und vom damaligen Hauptgeschäftsführer – ich zitiere –:
„Für die Übersendung des Gesetzentwurfs Ihrer Fraktion für ein Hamburger Vergabegesetz danken wir Ihnen. In Niedersachsen und Schleswig-Holstein erprobte Rechtsnormen könnten so nach Hamburg übertragen werden.“
Insbesondere an die Kollegen von der CDU gerichtet: Belassen Sie es nicht bei Ihren Ankündigungen in Diskussionsveranstaltungen zum Beispiel in der Handwerkskammer, sondern lassen Sie endlich Taten folgen. Sichern Sie die Arbeitsplätze im Hamburger Baugewerbe, helfen Sie den Hamburger Bauhandwerkern, helfen Sie den Hamburger Handwerksbetrieben, stimmen Sie diesem Gesetz zu, damit wir hier die gleichen Situationen und die gleichen Bedingungen haben, die in anderen Bundesländern schon lange Gesetz sind. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Aufgabe des Staates ist es, für einen fairen Wettbewerb im Wirtschaftsleben zu sorgen.
und erst recht, wenn der Staat als Auftraggeber auftritt. Daher steht natürlich die CDU-Fraktion einer Verabschiedung eines Vergabegesetzes auch offen gegenüber.
Doch Voraussetzung ist, dass ein fundierter und hinlänglich geprüfter Antrag zur Debatte steht, und genau das ist in diesem Antrag nicht der Fall. Ich habe nach wie vor den Verdacht, dass Sie hier nicht an der Sache orientiert sind, Herr Egloff,
sondern diesen Antrag einzig und allein zu Wahlkampfzwecken schnell noch einmal wieder eingebracht haben.
Ansonsten hätten Sie sich vielleicht die Mühe gemacht, den Antrag zumindest auf den aktuellen Stand zu bringen, denn Sie haben erst heute Morgen gemerkt, dass als Termin für das In-Kraft-Treten noch der 1. Januar 2003 drin stand. Davon abgesehen gibt es aber noch zwei weitere zentrale Punkte,
die gegen eine Verabschiedung des vorliegenden Antrags am heutigen Tage sprechen. Zum einen ist es fraglich, ob dieses Gesetz tatsächlich mit dem Wettbewerbsrecht der Europäischen Gemeinschaft und der Bundesrepublik Deutschland vereinbar ist; genau dieses habe ich letztes Mal auch angeführt.
Unumstritten ist die Tatsache, dass eine TariftreueVerpflichtung die europarechtlich garantierte Dienstleistungsfreiheit einschränken würde. Die Anwendung der
Tariftreueerklärung ist daher nur auf nationale Ausschreibungen beschränkt; das ist viel zu wenig. Außerdem haben verfassungsrechtliche Bedenken des Bundesgerichtshofs dazu geführt, dass dieser ein Verfahren zur Zulässigkeit der Tariftreueverpflichtung im Straßenbau an das Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung verwiesen hat, und diese Entscheidung steht immer noch aus.
Zum anderen ist im Vorwege zu klären, wie und mit welchem personellen, aber auch finanziellen Aufwand sowohl von Behörden- als auch von Unternehmerseite die Einhaltung des Vergabegesetzes kontrolliert beziehungsweise sichergestellt werden kann.
Ein Vergabegesetz, wie Sie es uns heute vorschlagen, würde im Ergebnis nur zu mehr Bürokratie und mehr Kosten, sowohl aufseiten Hamburgs als auch auf der Unternehmerseite führen. Sachlich falsch ist vor diesem Hintergrund die Darstellung in Ihrem Antrag unter „III. Finanzielle Auswirkungen“. Sehr wohl führt die Prüfung von Nachweisen in Paragraph 6 und die Durchführung von Kontrollen in Paragraph 7 zu Mehrkosten auf Behörden- und Unternehmerseite.
Sie sollten einmal ein Beispiel in der Praxis nachvollziehen und durchspielen und nicht immer nur theoretisch auf dem Papier, dann wüssten Sie nämlich, wo es längs geht.
Wir können diesen Antrag heute nicht abschließend im Rahmen dieser Parlamentsdebatte beraten, sondern müssen die entscheidenden Einzelfragen in den Ausschüssen beraten. Daher haben wir auch die Überweisung federführend an den Wirtschaftsausschuss und zusätzlich an den Rechtsausschuss beantragt. Außerdem besteht keinerlei Eilbedürftigkeit bei der Verabschiedung dieses Gesetzes. Bereits heute sind die öffentlichen Auftraggeber durch Verwaltungs- und Vergabevorschriften zur Einhaltung der Tarifverträge durch die Auftraggeber und auch für die Nachunternehmer verpflichtet.