„dass man aufpassen muss, dass nur das Kreuz Zeichen der herrschenden Leitkultur sei und das zu legitimieren wäre“.
Frau Koop, Sie haben selbst gesagt, das Kreuz ist nicht ein Zeichen, was historisch alles andere als immer das Recht vor sich her trug, sondern eher das Unrecht. Das heißt, man muss sehr sensibel mit diesen ganz schnellen Antworten umgehen.
Wir haben hier in Deutschland eine große Errungenschaft. Wir haben eine liberale Verfassung und wir haben Grundrechte, die in diesem Land als sehr schützenswert gehandhabt werden, also eine Verfassung, die unter Artikel 4 die Religionsfreiheit und unter Artikel 7 Absatz 3 den Religionsunterricht festlegt. Genau diese Verfassung, dieses Grundrecht hochzuhalten, denke ich, ist wichtig und daran sollten wir nicht rütteln.
Der Laizismus in der Türkei und in Frankreich ist in der Tradition ein ganz anderer und ist nicht eins zu eins übertragbar. Wenn der TGB, also der Bund der türkischen Einwanderer, sich ganz stark gegen das Kopftuch ausspricht, dann ist er sehr stark auf die Türkei fixiert. Ich muss ehrlich sagen, diese Errungenschaft in der Türkei möchte ich hier in Deutschland nicht haben,
Herr Ehlers, hören Sie doch erst einmal zu. Es ist interessant, dass Sie so unruhig werden. Das scheint Sie ziemlich anzufassen. Da kommt irgendetwas hoch bei Ihnen, weil Sie es gar nicht aushalten können.
Ich habe eben schon gesagt, dass nichts schöngeredet wird, und es geht auch nicht um irgendein Multikulti, sondern es geht um eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema. Nur Kopftuch, Schleier und Burkha der Fundamentalisten, das ist klar, sind Instrumente der Unterdrückung und sind politische Symbole. Das heißt, das Tuch auf dem Kopf einer Frau kann ein politisches Symbol sein. Wenn wir aber ohne Prüfung individuelle Motive ausklammern und einen Generalverdacht aussprechen, dass jede Muslima, die ein Kopftuch trägt, den Fundamentalisten angehört, dann kommt es einem Berufsverbot gleich. Das wollen und werden wir als Grüne nicht mittragen.
Emanzipatorische Bestrebungen von muslimischen Frauen mit Kopftuch da einzuschränken, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen, wäre verheerend. Insofern darf es keinen Generalverdacht geben, sondern das Disziplinarrecht, was wir haben, muss eingesetzt werden. In Hamburg haben wir sowieso keinen Handlungsbedarf, wenn Sie sich das einmal überlegen. Wir haben eine einzige Muslima mit Kopftuch, die unterrichtet. Was meinen Sie, mit welchen Argusaugen diese junge Frau, die seit fünf Jahren in der Grundschule in Eimsbüttel unterrichtet, von einer sehr kritischen Elternschaft beobachtet wird. Ich glaube, dass das Disziplinarrecht und die Kontrolle der Elterngemeinde ein sehr viel wirksameres Instrument ist, als desintegrierend mit diesem Kopftuchverbot ganze Gruppen von jungen Muslima auszuschließen, wodurch die Gefahr besteht, dass islamische Schulen gegründet werden.
Das möchte ich nicht, denn das fördert die Desintegration und dadurch auch den Unfrieden in unserer Stadt. Wenn Sie verbieten, werden Sie genau die Parallelgesellschaften hervorbringen, die Sie bekämpfen wollen. Insofern geht es um die Debatte mit und nicht über sie.
Ich plädiere und appelliere noch einmal ausdrücklich an diesen Dialog. Wir werden auf keinen Fall diesem Gesetz zustimmen, sondern wir wollen weiterhin gerade in diese Auseinandersetzung treten.
Herr Müller, wir haben uns in einem Forum im Rathaus mit den muslimischen Organisationen und mit den jungen Frauen mit Kopftuch hingesetzt. Da hätten Sie mal dabei sein sollen. Selbstbewusste Frauen, die im Studium sind und die nun alles andere als den Fundamentalisten angehören. Ich finde, die individuelle Begutachtung, das Disziplinarrecht muss ausreichen. Insofern lehnen wir als GAL dieses Gesetz ab, weil es nur Ressentiments schürt und nicht dazu beiträgt, Integration in unserer Stadt zu schaffen. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Keine Frage, Indoktrination an der Schule können wir nicht dulden. Wir können keine linke, keine rechte und auch keine religiöse Indoktrination dulden.
Aber Religionen und religiöse Überzeugungen dürfen an der Schule kein Tabu sein. Das ist nicht nur eine Floskel. Schüler sollen sich mit anderen Überzeugungen an der Schule auseinander setzen können.
Das trägt zu ihrer persönlichen Reife bei, Frau Koop, wenn sie sich zum Beispiel mit christlichen Symbolen und Ideen auseinander setzen, aber genauso auch mit muslimischen Symbolen und Ideen. Das fördert die Toleranz der Schüler und – das ist der wichtigste Punkt – sie macht die Schüler später wesentlich unempfindlicher gegen Verführer. Wer zum ersten Mal nach der Schule mit dem Islamismus konfrontiert wird, ist wesentlich gefährdeter, auf die falsche Bahn zu geraten, als wenn sich damit bereits in der Schule im überschaubaren Rahmen unter Kontrolle der Lehrer auseinander gesetzt wurde. Im Übrigen gibt es noch Artikel 4 des Grundgesetzes, die Religionsfreiheit.
(Stephan Müller Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Das ist eine sehr eingeschränkte Betrach- tungsweise!)
Unüberlegte Radikalmaßnahmen sind sachlich falsch und verfassungsrechtlich fragwürdig. Ich verweise nur auf das Gutachten von Professor Battis für die Landtagsfraktion der SPD in Nordrhein-Westfalen in der gestrigen Frankfurter Allgemeinen Zeitung, das ausdrücklich festgestellt hat, pauschales Kopftuchverbot ist verfassungsrechtlich bedenklich. Im Übrigen muss man, abgesehen von der rechtlichen Problematik, mal untersuchen, ob ein Kopftuchverbot in Hamburg überhaupt sinnvoll ist. Wir sind der Meinung, dass ein Kopftuchverbot in Hamburg derzeit, unabhängig von juristischen Fragen, nicht sinnvoll ist.
Es gibt bisher keinerlei Berichte über negative Einflussnahmen durch Kopftuch tragende Lehrerinnen. Es gibt eine große Gefahr, dass der Staat an dieser Stelle vorgeführt wird. Was machen Sie denn, wenn Sie ein Kopftuchverbot einführen und diese Lehrerin kommt dann mit einem großen Schal, den sie kräftig am Hinterkopf hochzieht. Wie wollen Sie sich da vorführen lassen? Wo ist die Grenze zum Kopftuch? Was machen Sie mit derselben Lehrerin, die einen Zopf trägt und an diesem Zopf ein Tuch befestigt? Ist das für Sie auch schon ein Kopftuch? Müssen wir da einschreiten oder wird hier der Staat vorgeführt?
Im Übrigen frage ich mich auch, ob ein solches Verbot dem angestrebten Zweck überhaupt förderlich ist. Schauen wir in die Türkei. Sie haben seit vielen Jahren ein Kopftuchverbot, dennoch werden dort die Islamisten immer stärker.
Sollte es in Zukunft Berichte über Indoktrination durch ein Kopftuch geben, werden wir die Frage gern erneut prüfen. In jedem Falle – und da schließe ich mich voll Frau Goetsch an – ist zunächst eine sehr sorgfältige Untersuchung erforderlich, bevor ein solches Gesetz gemacht wird. Dazu gehört maßgeblich die Anhörung der Betroffenen. Dazu gehören die Lehrer, die christlichen Kirchen, seriöse Muslime, die Eltern und auch Verfassungsrechtler. Ein solcher Schnellschuss wie der vorliegende wird von der FDP nicht unterstützt. Wir unterstützen den Antrag auf Überweisung an den Ausschuss. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident, meine Damen und Herren! Schon wieder müssen wir uns mit dem Thema Islam und Islamismus beschäftigen. Die noch Abgeordneten meiner alten Fraktion haben eine Gesetzesänderung eingebracht, die sich im Kern mit dem Thema „Kopftuch in Schulen“ beschäftigt.
Wie Sie aus den Medien wissen, ist dieses Thema nicht nur in Deutschland hochaktuell. Frankreich wurde bereits angesprochen. Hier werden seit Monaten heftigste Debatten geführt. Unzählige Demonstrationen von Muslimen erschüttern die französische Republik. Als traditionell laizistischer Staat will die französische Regierung mit einem Totalverbot religiöser Symbole das Problem der Islamisierung in den Schulen unter Kontrolle bringen.
Wie sieht es dagegen bei uns in Deutschland aus? 35 Jahre nach der Kulturrevolution der Achtundsechziger können sich die Altachtundsechziger freuen. Die Zerstörung der bisher in unseren Breitengraden abendländischen Gesellschaftsformen ist nunmehr kurz vor der Vollendung. Die Achtundsechziger mit den Grünen als parlamentarische Speerspitze wollten mit allem, was bisher war, brechen.
Sie wollten die bestehenden Traditionen über Bord werfen sowie unsere Kultur und Weltanschauung radikal verändern. Als Mittel dienten die Armen und Verfolgten aus aller Welt. Am besten solche, die aus Kulturkreisen stammen, die mit den unserigen nichts zu tun haben.
An Hamburger Grundschulen gibt es Klassen, in denen es fast keine deutschen Kinder mehr gibt. In Moscheen und islamistischen Kulturzentren wird unverhohlen gegen die westliche Lebensart und die Gleichberechtigung von Mann und Frau gepredigt. Der Obergrufti der Altachtundsechziger, Günter Grass, plädiert in Lübeck dafür, eine Kirche in eine Moschee umzuwandeln. Und Johannes Rau setzt das islamische Kopftuch mit dem christlichen Kreuz oder der jüdischen Kippa gleich. Wo leben wir eigentlich? Welche kulturelle und geistige Deformation hat in unserem schönen Land nur stattgefunden? Ich kann nur ausrufen: Kehret um! Ich und meine Fraktion stemmen uns mit aller Macht dagegen, diesen Weg des kulturellen und gesellschaftlichen Niedergangs Deutschlands fortzusetzen. Wer jetzt nicht ein klares Stoppschild aufstellt und bekennt, dass es so nicht weitergeht, der versündigt sich an Deutschland und unserer abendländischen Kultur.
Unser Wertverständnis gebietet uns, uns gegen jede Form religiöser Fanatisierung zu stellen, und das von Anfang an. Es ist doch offensichtlich, dass es bei der Forderung, das Kopftuch in Schulen tragen zu dürfen, nicht um die Persönlichkeitsrechte von Mädchen oder Frauen geht. Mit dem Kopftuch haben die Taliban bei uns einen Fuß in der Tür.