Drei Jahre lang gab es eine Einrichtung, in der sehr unverantwortlich auch mit Psychopharmaka umgegangen worden ist. Aus den Beratungen des PUA Feuerbergstraße wissen wir, dass nicht nur Pädagogen derartige Psychopillen verabreicht haben, sondern auch Männer des Wachdienstes Securitas; ein nicht hinnehmbarer Zustand, der von vornherein gar nicht hätte passieren dürfen.
Drittens nur eine Anekdote am Rande und dann möchte ich mich den eigentlich weiterführenden Überlegungen der CDU-Fraktion widmen. Letzten Freitag fragte der Vorsitzende im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, Dr. Manfred Jäger, den Leiter der Einrichtung, wie das denn gewesen sei mit den Sprachproblemen in der Einrichtung Feuerbergstraße. Die Antwort des Leiters: Das sei schwierig gewesen, man habe erst später festgestellt, dass der Lehrer kein Deutsch spreche. Wir alle hatten in dem Zusammenhang eigentlich die Kinder und Jugendlichen in der Feuerbergstraße gemeint, dem Heimleiter fiel als erstes ein polnischer Lehrer ein, der versuchte, diesen schwierigen Jugendlichen Unterricht zu geben. Auch in Sachen Beschulung funktionierte das in der Feuerbergstraße wirklich lange Zeit nicht und auch dafür trägt Frau Schnieber-Jastram die Verantwortung.
Soweit, so gut beziehungsweise so schlecht zur Frage der Politik von Frau Schnieber-Jastram. Aber ich will nicht verhehlen, dass es seitens der CDU-Fraktion und der Jugendpolitiker Ansätze gibt, die wir zu großen Teilen mittragen und deswegen unser heutiger Antrag.
Die Autoren des CDU-Positionspapiers werden unschwer feststellen, dass sich unser Antrag im Grunde genommen, bis auf eine kleine Ausnahme, an ihrem Positionspapier, das wohl unter der Federführung von Klaus-Peter Hesse geschrieben worden ist, orientiert. Ich erkläre für unsere Fraktion:
Erstens: Auch wir brauchen und wollen eine geschlossene Unterbringung, wir halten sie für notwendig.
Zweitens: Es ist gut – und da stimmen wir auch mit den Kollegen von der CDU überein –, dass die bezirklichen Jugendämter endlich Anträge auf Unterbringung stellen dürfen, weil sich die Indikationen für die Unterbringung nicht an der bürokratischen Anbindung und Einbettung orientieren sollten, sondern an der Lebensrealität der Jugendlichen. Jawohl, CDU, an dieser Stelle sind wir uns einig.
Drittens: Wir finden es klasse, dass die Sozialbehörde sich nun auch verstärkt Jugendlichen annehmen möchte, die in der Schule scheitern, die im Drogen- und Prostitutionsmilieu stecken. Wir haben im Bereich der Jugendhilfe in Hamburg gute Ansätze. Ich finde es gut, wenn CDU und SPD die Senatorin auffordern, diese Ansätze auszu
Viertens: Auch wir stimmen konstruktiv fachpolitisch mit der CDU überein, dass wir Jugendliche mit schweren psychischen Problemen nicht weiter in der geschlossenen Einrichtung Feuerbergstraße unterbringen sollten, sondern sehr gut mit der Diakonie zusammenarbeiten sollten und zu adäquaten fachpolitischen Lösungen kommen müssen. Auch an dieser Stelle sind wir d'accord.
Fünftens ein Punkt, der bis vor Kurzem noch umstritten war: Wir begrüßen es, dass die CDU ihre Senatorin in diesem Vermerk auffordert – und wir tun es heute in der Bürgerschaft –, dass eine geschlossene Einrichtung der Jugendhilfe nur dann Sinn und Zweck macht, wenn sie auch mit einem Angebot einer sogenannten offenen Abteilung gekoppelt ist mit Plätzen, die sich nicht an der Belegung beziehungsweise der Festlegung durch ein Familiengericht orientieren, wie lange der Jugendliche drin ist, sondern an der Lebenswirklichkeit. Noch im April 2004 hat die Behörde einen derartigen Vorschlag, der vom Landesbetrieb Erziehung kam, mit dem Hinweis abgelehnt, das sei fachpolitisch nicht erwünscht. Ich finde es gut, wenn sich an dieser Stelle Frau Senatorin und Zweite Bürgermeisterin Schnieber-Jastram lernfähig zeigt und sich damit auf dem Weg der Besserung befindet.
Sechster Punkt: An dieser Stelle setze ich ein vorsichtiges Fragezeichen. Sie sehen, bei Punkt eins bis fünf haben wir überall Haken gemacht, bei Punkt sechs setze ich ein fachpolitisches Fragezeichen. Es ist in der Tat eine Binsenweisheit in der Jugendhilfe, dass die Hilfe dann umso erfolgreicher ist, je früher sie greift. Aber die Frage, ob die geschlossene Unterbringung insbesondere für jüngere Kinder geeignet ist, ist ein Punkt, über den wir fachpolitisch zu reden haben. Die bisherigen Erfahrungen im Umgang etwa mit Zwölfjährigen in der Feuerbergstraße – ich erinnere nur an den Fall eines Zwölfjährigen, der auf der Autobahn hätte ausgesetzt werden sollen, um fotografiert zu werden – haben mich an dieser Stelle nicht ermutigt, hier einen Haken zu machen, sondern über diesen Punkt muss sehr sorgsam, sehr sensibel und sehr ernsthaft nachgedacht werden.
Ein Haken auch bei Punkt sieben. Wir halten eine geschlossene Unterbringung in der Jugendhilfe für Hamburg mit etwa zwölf Plätzen für völlig ausreichend. Die Zeiten sind lange vorbei, als politische Popanze mit 90 bis 200 Plätzen aufgebaut worden sind. Im Augenblick befinden sich sechs Jugendliche in der Einrichtung Feuerbergstraße, im Durchschnitt 3,7. Ich glaube, dass wir mit zwölf völlig d'accord sind.
Wir finden übrigens genauso wie die CDU-Fraktion, dass die Belegung der Feuerbergstraße oder einer geschlossenen Einrichtung mit Schulverweigerern und Kindern und Jugendlichen aus dem Drogen- und Prostitutionsmilieu nur sehr bedingt verantwortbar ist. Im Grunde genommen muss auch dieser Punkt sehr stark untersucht werden. Im Augenblick habe ich dort eine hohe fachliche Skepsis, aber ich sehe sie auch im Positionspapier der CDU. Ich sehe aber an dieser Stelle einen klaren Dissens zur aktuellen Politik des Senats, von Staatsrat Wersich und seiner Senatorin, die sagen, diese Schulverweigerer
gehören in die geschlossene Unterbringung. Eine Anfrage hat ergeben, dass man den ersten Jugendlichen entsprechend aufgenommen hat. Aber diesen Dissens zwischen CDU-Fraktion und noch amtierender Behördenleitung müssen Sie, Herr Hesse, dann selber austragen; wir gucken uns das gerne an.
Bei Punkt neun Ihres Positionspapiers haben wir einen Dissens und den darf man bei aller Konstruktivität, die wir heute versuchen, an den Tag zu legen, nicht unter den Tisch fallen lassen. Wir wollen, dass die geschlossene Unterbringung in der Feuerbergstraße geschlossen wird. Dieses Experiment ist gescheitert, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir plädieren bei der Frage – da hätten Sie uns dann auf Ihrer Seite – geschlossene Unterbringung für einen politischen Neuanfang. Wir würden gerne die Idee des Bürgermeisters aus dem Jahre 1999 aufgreifen, eine gemeinsame Einrichtung mit den norddeutschen Nachbarländern zu errichten. Die Kostenfrage beantwortete übrigens seinerzeit der Oppositionsführer von Beust unter anderem damit, dass eine Gemeinschaftseinrichtung kostengünstiger sei und da hat er recht. Wir brauchen eine neue Einrichtung der Jugendhilfe, die den hohen Ansprüchen an Architektur, aber auch Pädagogik gerecht wird. Auch da hätten Sie uns auf Ihrer Seite.
In dem Zusammenhang zwei, drei Dinge, die immer gerne angesprochen werden, auch von Frau SchnieberJastram, nach dem Motto: Wir wollen unsere Jugendlichen nicht in andere Bundesländer abschieben. Deswegen plädiert sie auch für eine Hamburger Lösung. Das ist alles faktisch falsch. Fast jeder Jugendliche aus der Feuerbergstraße seit Einsetzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses hat – das hängt nicht ursächlich miteinander zusammen, nur diesen Zeitraum können wir genau überprüfen –, nachdem er die Einrichtung verlassen hat, auch die Stadt verlassen und wird heutzutage in anderen Bundesländern oder im Ausland betreut. Keiner ist mehr in Hamburg, das ist ein Fakt.
Der zweite Fakt ist der, dass mehr als die Hälfte aller Hamburger Kinder und Jugendlichen heutzutage schon stationär im Bereich der Hilfen zur Erziehung außerhalb von Hamburg betreut und erzogen werden. Auch an dieser Stelle greift das Argument nicht.
Der dritte Fakt ist – vielleicht berichten Sie davon, Frau Senatorin –, dass das Pendant zur Feuerbergstraße, nämlich der von der Ballinstiftung betriebene Hubertushof, sich auch im Allgäu befindet und das liegt bekanntlicherweise nicht in Hamburg.
Daher gibt es an dieser Stelle keine fachlichen Gründe, mit den übrigen Bundesländern in dieser wichtigen und sensiblen Frage nicht zu kooperieren.
Last, but not least, in der Tat sagen wir, dass es gerade bei Freiheit entziehenden Maßnahmen für Kinder und Jugendliche eines sehr ernsthaften und sensiblen sowie behutsamen Umgangs bedarf, auch was die Materie betrifft. Hierzu gehört Transparenz und rechtmäßiges Handeln. Von daher unterstützen wir ausdrücklich auch die zehnte Forderung der CDU-Fraktion, endlich eine pädagogische Evaluation der Geschlossenen Einrichtung vorzunehmen. Diese wurde uns zwar schon im Jahre
2003 versprochen. Sie wurde dann auch noch einmal für 150 000 Euro plus Mehrwertsteuer von Professor Christian Bernzen angemahnt. Es war ein konstruktiver Beitrag. Sie können uns an Ihrer Seite wissen, Herr Hesse, wenn es darum geht, Frau Schnieber-Jastram auf den Weg der Besserung zu führen. – Danke.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Böwer, es war ein netter Versuch, den Sie hier soeben vorgenommen haben,
aber Ihr Beitrag – anders, als Sie ihn versucht haben, darzustellen – war jedenfalls nicht sehr konstruktiv. Ihr Beitrag war nicht nur in der Form, sondern auch inhaltlich inakzeptabel und kann von mir nur als bodenlose Frechheit bezeichnet werden.
Sie stellen sich hier hin, lieber Kollege Böwer, und meinen, mit einem zu 90 Prozent von der CDU abgeschriebenen Antrag Politik machen zu können und Glaubwürdigkeit in einem Feld zu erhalten, in dem gerade Sie, lieber Kollege Böwer, bisher nur durch Populismus aufgefallen sind.
Die CDU-Bürgerschaftsfraktion braucht keine SPD-Oppositionsoberlehrer und Ihre hier vorgetäuschte Unterstützung schon gar nicht.
Die Abgeordneten aus dem Jugendausschuss und dem PUA – Sie haben das angesprochen, lieber Kollege Böwer, – haben sich tatsächlich Ende September mit einem Positionspapier zur Situation und zur Weiterentwicklung der Geschlossenen Unterbringung geäußert. Hierbei gab es – aber anders, als von Ihnen dargestellt –, keinen Dissens mit der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz.