Protokoll der Sitzung vom 11.12.2006

(Christian Maaß GAL: Terrornetz hätte Herr Schill gesagt!)

Hamburg ist eine Weltstadt mit allen Vorteilen und natürlich auch mit allen Risiken. Aber Hamburg ist überwiegend eine sichere Stadt, auf die die Menschen stolz sein können, ja stolz sind.

(Beifall bei der CDU)

Gerade wegen der jüngsten Entwicklung ist mir eine Botschaft sehr wichtig. Nach menschlichem Ermessen und auch nach Ansicht aller Experten gibt es für die Bürgerinnen und Bürger in Hamburg keine gesundheitlichen Risiken. Es besteht keine Gefahr. Das möchte ich jetzt ganz deutlich betonen – gerade hinsichtlich der jüngsten Erkenntnisse –, nachdem vermutlich doch mehrere Personen aus dem näheren Umfeld des Geschäftsmannes Kowtun stärker mit radioaktiver Substanz in Berührung gekommen sind, als ursprünglich vermutet wurde.

Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Die notwendigen Maßnahmen sind eingeleitet, aber ich kann bereits zum jetzigen Zeitpunkt feststellen, dass man den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hamburger Polizei

(Vizepräsidentin Bliebenich übernimmt den Vor- sitz.)

und den anderen Behörden – ich hoffe, im Namen des ganzen Hauses – danken muss, mit welcher Umsicht und mit welchem Verantwortungsbewusstsein diese Krise bisher gemeistert wurde. Ein Dank den Angestellten und Beamten.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich jetzt zur Haushaltsdebatte kommen. Frau Goetsch, aus Ihrer Rede muss ich leider folgern: Es hilft nichts, Sie wählen uns doch nicht. Wir werden das überleben. Ich habe gemerkt, wir können machen, was wir wollen. Alles, was am Anfang noch ganz schön war, soll jetzt plötzlich alles falsch gewesen sein. Und wenn einmal ausnahmsweise etwas gut gewesen ist, war das nur aus Image-Gründen. Das ist doch sehr oberflächlich betrachtet, liebe Frau Goetsch, und Ihrer eigentlich nicht würdig.

(Beifall bei der CDU)

Verehrter Herr Neumann, Ihre Rede war aus meiner Sicht gut erarbeitet. Sie war überwiegend fair, aber auch ausgesprochen langweilig. Ich will Ihnen auch erklären, warum Ihre Rede aus meiner Sicht langweilig gewesen ist.

(Zurufe von der GAL)

Ich habe das Vergnügen, diesem Haus schon sehr lange anzugehören, wenn ich mich recht erinnere seit 1978. Ich habe viele Jahre als Hinter- und Mittelbänkler meiner Fraktion Haushaltsdebatten erlebt und habe heute erstaunliche Parallelen zu Debatten der Achtzigerjahre der damaligen Opposition feststellen können, Herr Neumann.

Sie haben inhaltlich Ähnliches gesagt wie wir vor 20 Jahren, damals allerdings ohne großen Erfolg – da wird es Ihnen nicht anders gehen. Wir haben zum Beispiel damals gesagt, vieles müsse größer und billiger werden. Wie wir dies finanzieren wollten, können Sie nachlesen: indem die Wasserköpfe in der Verwaltung abgebaut werden, überwiegend in der Schulverwaltung. Genau das Gleiche sagen Sie jetzt 20 Jahre später, ohne irgendeine Originalität, Herr Neumann.

(Michael Neumann SPD: Sie haben es ausge- baut!)

Nichts Neues ist bei Ihnen gekommen.

(Beifall bei der CDU)

Dann schlagen Sie einen etwas eigenartigen Kurs ein, was wichtige städtebauliche Projekte angeht, bis hin zur Elbphilharmonie. Auf der einen Seite sagen Sie, diese seien irgendwie wichtig für die Stadt, aber sie gingen zulasten der Menschen und der Sozialpolitik. Das dürfe nicht sein. Die menschliche Stadt, das große Herz – Ihnen quillt ja die Menschlichkeit aus den Knopflöchern, Herr Neumann, wenn man Sie so anschaut. So ein menschlicher Mensch!

(Frank-Thorsten Schira CDU: Das nimmt ihm kei- ner ab!)

Sie haben auch in Ihrer Rede gesagt, Projekte wie der Jungfernstieg, der Neue Wall bis hin zur Elbphilharmonie seien Stein gewordene Projekte, die dem Anspruch einer menschlichen Stadt nicht gerecht würden. Das ist hochinteressant: Wenn Sie sich die Debatten um den Neubau des Rathausmarktes Anfang der Achtzigerjahre im Wortlaut ansehen, stellen Sie fest, dass die damalige Opposition genauso argumentiert hat. Sie sagte, es gebe 50 000 Leute, die Wohnungen suchen, die Situation in den Pflegeheimen sei katastrophal und wo denn der Einsatz für die sozial Schwachen und die Nöte der Mitbürger bleibe. Der Bürgermeister, sagte damals Ihr Vorgänger, der verstorbene Jürgen Echternach, wolle sich geradezu nach Art Ludwig XIV. oder seines bayrischen Namensvetters ein Denkmal setzen.

(Michael Neumann SPD: Das habe ich nicht ge- sagt!)

Genauso haben Sie in den letzten Wochen hier bei diesen Großprojekten argumentiert, eine Argumentation, die alt ist, langweilig und nicht sachorientiert.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie zur Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik reden, gibt es viele Dinge, die ich unterstütze. Einige sehe ich völlig anders. In verschiedener Hinsicht haben Sie allerdings eine – wie soll ich es ausdrücken – doppelte Moral. Sie werfen uns vor, dass wir jetzt mit Brachialgewalt über einen Verkauf von Minderheitsanteilen der HHLA diskutierten. Das diskutieren wir, aber es ist noch nichts entschieden. Das werfen Sie uns vor. Gleichzeitig vergessen Sie aber, dass in den letzten zehn Jahren sozialdemokratischer Regierung für 10 Milliarden Mark in Hamburg privatisiert und verkauft wurde.

(Dr. Mathias Petersen SPD: Stimmt doch gar nicht!)

Sie sind es gewesen, die damals auf Teufel-komm-Raus privatisiert haben, nicht wir. Das ist einfach nicht die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU)

Es sind, nebenbei bemerkt, bis heute zum Großteil sozialdemokratisch regierte Städte gewesen, die ihren Bestand an öffentlichen Wohnungen verkauft haben, während wir ihn nicht verkaufen wollen. Ich könnte Ihnen eine Liste von SPD-Städten vorlegen, wo verkauft wurde. Das ist sozialdemokratische Kommunalpolitik und Sie wollen sich hier einen weißen Fuß machen. Das glaubt Ihnen niemand.

(Beifall bei der CDU)

A C

B D

Ich bin überzeugt – Herr Reinert hat darauf hingewie- sen –, dass diese fünf Jahre christdemokratisch dominierter Regierungsarbeit Jahre gewesen sind – das zeigen alle Statistiken –, die Hamburg wirtschaftlich vorangebracht und gesichert und die wirtschaftliche Situation zum Wohle der Menschen weiterentwickelt und ausgebaut haben. Nur eine solide wirtschaftliche Grundlage und gute Steuereinnahmen geben uns die Kraft, im sozialpolitischen Bereich zu investieren und etwas zu tun. Genau das tun wir. Zu diesem Wort stehe ich.

(Beifall bei der CDU)

Die Hamburger Wirtschaft ist auf Erfolgskurs. Allein vom Jahr 2005 zum Jahr 2006 sind über 17 000 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstanden. Damit sind wir Spitzenreiter in der Bundesrepublik. Darauf können wir in dieser Stadt stolz sein.

(Beifall bei der CDU – Ingo Egloff SPD: Vorher sind 35 000 abgebaut worden. Das müssen Sie auch einmal sagen!)

Der Hafen ist der Wachstumshafen in Europa. In den letzten fünf Jahren hatten wir Wachstumssteigerungen im Containerverkehr von 87 Prozent. Weil dieses Wachstum so stark ist, bin ich dem Wirtschaftssenator dankbar dafür, dass er eben nicht die Hände in den Schoß legt, sondern jetzt mit großer Kraft, aber auch gemeinsam mit den Hafenbetrieben versucht, neue Liegeplätze zu erschließen, damit der Hafen auch in Zukunft diese Steigerungsraten erwirtschaften kann. Das ist gut für die ganze Stadt. Es ist nicht falsch, sondern verantwortungsvoll und genau richtig, dies zu tun.

(Beifall bei der CDU)

In diesem Zusammenhang auch ein Wort zur HHLA: Sie sind in Ihrer Position ja etwas wankelmütig.

(Gesine Dräger SPD: Sie erst!)

Als wir vor einem halben oder Dreivierteljahr hier die Diskussion hatten, wurde gesagt, auf keinen Fall dürfe die Mehrheit verkauft werden. Darauf habe ich gesagt, dass wir dies nicht wollten, höchstens 49 Prozent. Jetzt sagen Sie, es dürfe vorläufig nicht verkauft werden. Was heißt eigentlich vorläufig? In einer Woche? In drei? In drei Jahren? Sie haben in dieser entscheidenden Frage überhaupt keine Position. Sie sind ein Wackelpudding in der Hafenpolitik und nicht mehr.

(Beifall bei der CDU)

Ich sage es noch einmal ganz deutlich: Erstens wird, wenn überhaupt, nicht die Mehrheit verkauft, sondern eventuell bis zu 49 Prozent. Es wird jetzt gesichtet, welche Angebote eingehen. Es gibt drei Möglichkeiten. Ich will sie gleich nennen: entweder einen Finanzinvestor, wenn er sehr viel bietet, oder einen strategischen Investor – dazu sage ich gleich noch etwas – oder einen Börsengang. Diese drei Möglichkeiten werden in aller Ruhe geprüft werden, ohne Hektik oder Zeitdruck.

Ein Grund kann für einen strategischen Investor ausschlaggebend sein: Das Problem ist, dass überall auf der Welt bei Hafenpolitik Logistikketten entstehen. Es gibt kaum noch Häfen, die sozusagen Singles sind, die nur für sich allein da sind, sondern es gibt immer mehr Logistikketten und Hafenverbünde in der Welt. In diesem Zusammenhang muss man sehen – das ist noch nicht abschließend entschieden –, ob es einen strategischen

Investor gibt, mit dem es gemeinsam gelingt, unter der nach wie vor bestehenden Prämisse, dass die Stadt im Hamburger Hafen weiter das Sagen hat, im internationalen Auftritt strategische Allianzen einzugehen; entweder mit einem Logistikunternehmen oder mit jemandem, der in Logistik und Hafenbau und -entwicklung so viel Erfahrung hat, dass man sagt, er sei als strategischer Partner interessant und biete auch genug, sodass das Finanzielle stimme, um notwendige Investitionen bei der HHLA vornehmen zu können. Oder Sie haben einen Finanzinvestor, der vielleicht nicht die strategische Ausrichtung hat, aber vielleicht ein so verlockendes Angebot macht, dass man sagt, damit könne man neben den Arbeiten im Hamburger Hafen – die ja notwendig sind – auch im internationalen logistischen und strategischen Konzept mithalten und mitarbeiten. Die dritte Möglichkeit ist ein Börsengang. Diese drei Möglichkeiten werden in aller Ruhe geprüft. Wir haben noch keine Entscheidung getroffen.

Ich habe den Eindruck, meine Damen und Herren von der SPD, da Sie sich inhaltlich gar nicht festlegen, dass es Ihnen nicht um die Beantwortung dieser Frage geht, sondern dass Sie versuchen, weil Sie Erfahrungen in anderen Regionen haben, sich auf kaltem Wege ein Wahlkampfthema zu erschaffen, nach dem Motto "Die SPD rettet den Hamburger Hafen". Tatsächlich tun Sie das genaue Gegenteil. Sie machen strategische Entwicklung kaputt, die wir dringend bräuchten.

(Beifall bei der CDU)

Andere wirtschaftliche Rahmenbedingungen in Hamburg sind ebenfalls positiv, von der Zahl der Fluggäste, die unsere Stadt besuchen, bis hin zu internationalen Touristen steigen die Zahlen stärker als in allen anderen deutschen Städten. Wir sind in dieser Stadt Meistertitelanwärter bei neuen Existenzgründungen. Das heißt, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich in den letzten fünf Jahren erheblich verbessert.

Nun sage ich: nicht nur aufgrund dieses Senats. Natürlich ist die wirtschaftliche Situation etwas, wo man Glück haben kann. Vermutlich ist Hamburg die Stadt in Deutschland, die am meisten von der Globalisierung profitiert, da internationale Arbeitsteilung Verkehr schafft, Verkehr schafft Logistik und Logistik schafft neue Arbeitsplätze. Auf der anderen Seite gehört dazu natürlich auch eine Wirtschaftspolitik, die dem Wachstum die Möglichkeiten gibt: neue Flächen im Hafen auszuweisen, Industrie und Gewerbe am Standort zu halten, wie mit aller Kraft zum Beispiel die Aluminiumwerke gerettet wurden. Dazu gehört, dass man darauf sieht, dass Existenzgründer über das Mittelstandsförderungsinstitut ihre Chance haben, dass man eine starke Vernetzung und Verzahnung von Mittelstand, Wissenschaft und Wirtschaft schafft. Diese vielen Dinge haben wir alle getan, sodass es auch ein hervorragendes Ergebnis der Arbeit dieses Senats ist, dass wir in den letzten fünf Jahren ein Wachstum und eine Entwicklung haben, auf die fast ganz Deutschland mit Respekt und Neid schaut. Es ist auch unser Erfolg.

(Beifall bei der CDU)

Dazu kommt eine Haushaltspolitik, die den Haushalt Stück für Stück konsolidiert hat, nicht mit Brachialgewalt, sondern Stück für Stück. Das Herunterfahren der jährlichen Neuverschuldung von 823 Millionen Euro 2001 auf jetzt – wenn denn alles so beschlossen wird wie geplant – 600 Millionen Euro hat dazu geführt, dass wir beim Län

derfinanzausgleich inzwischen zu dem Land geworden sind, das in den letzten Jahren leider Gottes pro Kopf das Meiste oder Zweitmeiste einzahlen musste. 630 Millionen Euro zahlt Hamburg 2006 in den Länderfinanzausgleich ein. Diese Summe ist fast identisch mit der Neuverschuldung. Wenn wir nicht für andere, arme Länder zahlen müssten, hätten wir jetzt bereits einen ausgeglichenen Haushalt. Das zeigt, wie stark diese Finanzkraft ist. Ich bekenne mich dazu, dass wir mit anderen Ländern solidarisch sind und einzahlen, aber man muss eben auch einmal deutlich machen, dass, hätten wir nicht den Länderfinanzausgleich, wir bereits jetzt einen ausgeglichenen Haushalt hätten. Auch das ist das Ergebnis der hervorragenden Politik meines Kollegen und Freundes, Dr. Peiner. Ihm noch einmal ganz herzlichen Dank.