Wenn gerade Medizin und Jura sich dagegen wehren, die Modernität bei ihnen einziehen zu lassen, weil sie befürchten, dass das natürlich Auswirkungen auf die Qualität ihrer Professorenstellen hat, dann denke ich, dass hier noch eine ganze Menge Überzeugungsarbeit geleistet werden muss.
Wissen Sie, Herr Lein, wer dort in den Entscheidungsgremien sitzt, sind unsere Jahrgänge. Wir haben in einer Zeit studiert, in der Leistung Repression war und berufsorientiertes Lernen war eine ganz schlimme Angelegenheit. Bildung war ein Wert an sich.
Das ist ganz klar, aber wir müssen heute sehen, dass sich Hamburg mit internationalen Anforderungen messen muss.
Wenn wir Juniorprofessorenstellen wirklich so ausstatten, wie wir sie ausgestattet haben wollen, dann sollte man dieser Sogwirkung wohl entgegen gehen, denn wir haben immer zu beklagen, dass bei uns die Begabtesten und Fähigsten in das Ausland abwandern, sei es in die USA oder nach England. Dort fühlen sie sich leichter und ernsthafter in die Forschung eingebettet, als das bei uns der Fall ist. Bei uns ist es immer noch der zu lange Weg, bis sie in ihre eigenverantwortliche und selbständige Forschung hineinkommen.
Im Mai ist jetzt vom CHE die erste Evaluation über die Juniorprofessuren erschienen. Hiermit sollten wir uns im Wissenschaftsausschuss noch einmal ein bisschen näher beschäftigen. Ich glaube, es sind ganz interessante Dinge darin enthalten, denn wir müssen uns davor hüten, dass die Juniorprofessorenstellen praktische oder partikulare Interessen in den Fakultäten abdecken und nicht an der Person beziehungsweise an der Qualität orientiert sind. Das ist eine ganz große Gefahr und wir müssen aufmerksam sein, aber ich glaube, dass unsere Präsidentin auch aufmerksam genug ist, um dagegenwirken zu können.
Ein weiterer Bereich für die jungen Wissenschaftler ist natürlich die Vereinbarkeit von Familie und Studium. Die HAW hat bereits vor fünf Jahren damit angefangen und eine Programmatik vorgelegt, die sich eigentlich die anderen Hochschulen nur abschauen können. Ich glaube, auch dort ist dieser Mentalitätswandel zu vollziehen, denn was wir in der HAW selbst mit einer Notfall-Kita haben, ist wirklich vorbildlich.
Aber wir müssen auch Gnade vor Recht ergehend sagen, dass die Universität dieses Problem erkannt hat. Es soll jetzt ein "Double Career"-Konzept erarbeitet werden, das Hilfen für Studierende mit Kindern bereitstellt.
Aber ich glaube, das Grundproblem ist, dass wir viel häufiger erkennen müssen, dass diese Familienphase bereits in der Ausbildung möglich sein muss. Untersuchungen aus dem Ausland zeigen, dass Studierende, die gleichzeitig auch Familien gründen können, in dem Moment, wenn sie in den Beruf gehen, sehr viel entspannter sind, weil die Kinder dann bereits aus dem Gröbsten heraus sind. Dann hätten wir den Doppeleffekt, dass die Akademiker endlich mal wieder Kinder bekommen. Hier sollten wir dann auch mit dem Märchen aufhören, dass die Akademikerinnen die Bösen sind, sondern es sind die Akademiker, die zu 60 Prozent keine Kinder mehr haben wollen.
Unser Ansatz zum tenure track ist natürlich aus der Anfrage entstanden. Ich denke, dass mit dieser Option künftig auch die Voraussetzungen geschaffen werden. Natürlich haben Sie recht, dass es noch nicht geklärt ist, wie wir weiterkommen. Und hier müssen wir uns davor hüten, dass wir das nicht wieder typisch deutsch zu sehr bürokratisieren, sondern hierbei auch den Wettbewerb erhalten.
Erfreulicherweise sind wir mit unserem Antrag wegweisend, denn wir haben in ganz Deutschland nur 18 Pro
(Beifall bei Wolfgang Beuß CDU - Katja Husen GAL: Da gab es ja mehr Applaus für den feministi- schen Kommentar! - Ingo Egloff SPD: Er ist der einzige, der es verstanden hat!)
Sie haben gemerkt, dass ich, obwohl sie mir sehr am Herzen liegt, die Frauenförderung ein bisschen ausgespart habe. Ich hoffe und ich wünsche mir, dass wir die Große Anfrage, Drs. 18/4914, mit dem gebührenden Platz diskutieren, in der es sich tatsächlich explizit nur um die Frauenförderung, aber natürlich auch an allen Hochschulen, handelt. Vielleicht können wir bis dahin auch den von uns angestrebten interfraktionellen Antrag in trockene Tücher bringen. Ich hoffe, dass wir uns an dieser Stelle noch häufig zum Thema Frauenförderung und Nachwuchswissenschaftler wiedersehen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe gerade mit Interesse eine Debatte verfolgt, eine Große Anfrage und ein Antrag der CDU, eingebracht von der SPD sowie eine Menge schlaue Kommentare, die in der Beratung des Ausschusses nicht gefallen sind und sich daher auch nicht im Protokoll wiederfinden, was ich im Übrigen von beiden Seiten merkwürdig finde, weil beide Fraktionen während der Ausschussberatung anwesend waren.
Ich kann für meine Fraktion nur erklären, dass wir tenure track für eine interessante Möglichkeit halten, Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler zu fördern.
Ich möchte aber zu bedenken geben, dass sowohl im Ausschuss als auch jetzt noch ungeklärt geblieben ist, inwieweit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die ihre Ausbildung in Hamburg begonnen haben, in den Genuss von tenure track kommen sollen, da noch immer kein Konzept vorliegt.
Wir von der GAL sehen das eher negativ, weil wir glauben, dass Mobilität für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sehr wichtig ist und man nicht die ganze Zeit im eigenen Saft schwimmen sollte, auch wenn sich das viele Leute unter Sicherheit in der wissenschaftlichen Karriere vorstellen.
Ich merke schon an der Aufmerksamkeit, die Sie mir gerade nicht zukommen lassen, dass dieser Antrag gar nicht so interessant zur Beratung ist. Viel interessanter wäre es, noch einmal über tenure track zu reden, wenn tatsächlich ein Konzept existiert beziehungsweise erste Erfahrungen vorliegen. Hiermit möchte ich es auch bewenden lassen. - Danke schön.
Zunächst zum Bericht des Wissenschaftsausschusses aus der Drs. 18/6174. Wer möchte der darin enthaltenen Ausschussempfehlung folgen? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das war einstimmig.
Vom Bericht des Wissenschaftsausschusses aus der Drs.18/6178 hat die Bürgerschaft Kenntnis genommen.
Ich rufe auf Punkt 44 der Tagesordnung, Drs. 18/6224, Antrag der GAL-Fraktion: Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe für die Freie und Hansestadt Hamburg, Hamburgisches Jugendstrafvollzugsgesetz.
[Antrag der Fraktion der GAL: Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe für die Freie und Hansestadt Hamburg (Hamburgisches Jugend- strafvollzugsgesetz - HmbJStVollzG) - Drs. 18/6224 -]
Diese Drucksache möchte die SPD–Fraktion an den Rechtsausschuss überweisen und Herr Dr. Steffen wünscht das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Dass wir heute und, in den letzten Monaten und mit Sicherheit auch noch länger über dieses Thema reden, hat einen ganz wichtigen und ernsten Anlass.
Einen Moment, bitte. Mir reden zu viele Leute dort hinten auf dem mittleren Gang. Aber sie haben es bereits bemerkt. Nur Herr Dr. Steffen hat jetzt das Wort und niemand anders.
Am 31. Mai des letzten Jahres hatte sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Zustand mit dem Verfassungsrecht vereinbar ist, dass wir keine spezielle gesetzliche Regelung für den Jugendstrafvollzug haben. Seit Ende der Siebzigerjahre gab es diesen Zustand. Es hat immer wieder Versuche gegeben, mit dieser rechtlichen Frage zum Bundesverfassungsgericht zu kommen. Das ist erst sehr spät geglückt und das Bundesverfassungsgericht hat bei dieser Gelegenheit entschieden, dass es mit dem Verfassungsrecht nicht vereinbar ist, keinerlei gesetzliche Grundlage für den Vollzug der Jugendstrafe zu haben.
Dass wir uns hiermit beschäftigen dürfen, hat mit der Föderalismusreform zu tun, die uns insgesamt die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug übertragen hat. Diese Aufgabe, die das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber gestellt hat, eine gesetzliche Grundlage für den Jugendvollzug zu schaffen, ist auf die Freie und Hansestadt Hamburg übergegangen.
Daher müssen wir als Bürgerschaft bis Ende dieses Jahres eine gesetzliche Regelung schaffen. Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der zunächst einmal eine gesetzliche Regelung schaffen würde. Auch die SPDFraktion hat bereits einen Entwurf vorgebracht. Weiterhin gibt es auch einen Entwurf seitens der Justizbehörde für
ein Strafvollzugsgesetz, das dann auch der Anforderung genügen würde, dass man überhaupt eine gesetzliche Grundlage für den Jugendvollzug hätte.
Das Bundesverfassungsgericht hat sich aber nicht darauf beschränkt, zu erklären, dass es eine gesetzliche Grundlage benötigt, sondern man hat sehr deutlich Anforderungen an eine solche gesetzliche Grundlage formuliert.
Das Bundesverfassungsgericht hat dringend gefordert, dass die gesetzliche Grundlage, die man für den Jugendvollzug schafft, der Lebenssituation dieser jungen Menschen angepasst ist und man hat vor allem in den Mittelpunkt gestellt, dass das Ziel der Resozialisierung verfassungsrechtlich geboten ist.
Ich zitiere das Verfassungsgericht an der entscheidenden Stelle, mit der wir uns wirklich auseinandersetzen müssen:
"Mit dem aus Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz folgenden Gebot, den Menschen nie als bloßes Mittel zu gesellschaftlichen Zwecken, sondern stets auch selbst als Subjekt mit eigenen Rechten und zu berücksichtigenden eigenen Belangen zu behandeln, und mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist die Freiheitsstrafe als besonders tiefgreifender Grundrechtseingriff nur vereinbar, wenn sie unter Berücksichtigung ihrer gesellschaftlichen Schutzfunktion konsequent auf eine straffreie Zukunft des Betroffenen gerichtet ist. Zugleich folgt die Notwendigkeit, den Strafvollzug am Ziel der Resozialisierung auszurichten, auch aus der staatlichen Schutzpflicht für die Sicherheit aller Bürger. Zwischen dem Integrationsziel des Vollzugs und dem Anliegen, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen, besteht insoweit kein Gegensatz."
Das Bundesverfassungsgericht hat sich insoweit ganz eindeutig positiv auf die Ziele bezogen, die das bisherige Strafvollzugsgesetz, das für den Erwachsenenstrafvollzug gilt, formuliert und hat dieses Resozialisierungsziel und diesen herausragenden Rang des Resozialisierungsziels für verfassungsrechtlich geboten gehalten.