Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Köncke, Sie werfen uns natürlich wieder vor, wir seien unsozial und handelten rechtmäßig unangemessen. Darauf kann ich Ihnen nur antworten: Mit dieser Einschätzung liegen Sie gänzlich falsch.
Wir von der CDU sind ebenso wie Sie dafür, dass in Hamburg niemand für seine Krankheit bestraft wird, und wir haben auch alle gemeinsam nicht die Absicht, den
Menschen die Belastungen aufzubürden, die sie nicht mehr bewältigen können. Eine sozial verträgliche und gerechte Lösung, bei der niemand durch das Netz fallen darf, ist unser Ziel. Aber auch das muss klar sein: Leistungen der öffentlichen Hand müssen stets auf den Prüfstand gestellt werden, sowohl rechtlich als auch sachlich und entsprechend dem politischen Auftrag.
Für die CDU geht es in der Sache nicht um eine Kürzung von Transferleistungen zum Schaden bedürftiger Menschen, wie es aus Ihrem Antrag herauszulesen ist, sondern es geht uns um die Entscheidung, wie mit Steuermitteln verantwortungsvoll umgegangen werden soll, denn auch darauf haben die Bürger unserer Stadt ein Anrecht.
Im Kern geht es darum, dass das Krankenhaus Leistungen erbringt, die der Arbeitslose bei einem stationären Aufenthalt nicht mehr selbst leisten muss. Rechtlich gesehen, Frau Köncke, ist dieser Fall keineswegs so eindeutig zu beurteilen, wie Sie das in Ihrem Antrag schildern. Die Kürzungen stehen in einem direkten Zusammenhang zu dem Aufwand von etwa 120 Euro, der entstehen würde, wenn der Arbeitsuchende nicht stationär aufgenommen würde. Solange die zuständigen Gerichte noch keine abschließende Entscheidung getroffen haben, hält es die CDU daher grundsätzlich für sinnvoll, je nach Einzelfall individuell zu prüfen, ob nicht doch Umstände vorliegen, die den Arbeitsuchenden oder seine Bedarfsgemeinschaft über die Maßen belasten.
Wir sind der Meinung, dass eine grundsätzliche Streichung des Betrags weiterhin möglich sein muss. Das schließt natürlich keineswegs einen individuellen Ausgleich bei Vorliegen von außergewöhnlichen Belastungen des Leistungsempfängers aus und so werden wir selbstverständlich die Einzelschicksale berücksichtigen, die im Vergleich erheblich schlechter gestellt sind. Aber wir gehen verantwortungsvoll mit den Steuergeldern um.
Letztendlich, liebe Frau Köncke, sind Sie mit Ihrem Antrag doch nicht mehr so ganz auf der Höhe der Zeit,
denn auch die Behörde für Wirtschaft und Arbeit hat sich schon längst mit dieser Frage beschäftigt und hat die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg auf die derzeitige, zudem noch sehr aufwendige Verwaltungspraxis, aufmerksam gemacht und eine Änderung der rechtlichen Grundlage gefordert, aufgrund derer die derzeitigen Kürzungen vorgenommen werden.
(Dr. Willfried Maier GAL: Dann sagen Sie doch einfach, es war vernünftig, was Frau Köncke gesagt hat!)
Genau hiermit fordert die BWA, für den nicht auf Dauer angelegten Aufenthalt in einem Krankenhaus sollte aus verwaltungsökonomischen und menschlichen Gründen die Ausnahmeregelung des Absatzes 8 Anwendung finden. Durch den Grundsatz ambulant vor stationär verkürzt sich der stationäre Aufenthalt in den Krankenhäusern sowieso und die Verpflegungsleistungen überschreiten schon aufgrund der Dauer der gewöhnlichen Verweildauer nicht mehr den angemessenen Rahmen; damit ist die Behörde für Wirtschaft und Arbeit schon längst tätig geworden.
Nun warten wir natürlich auf eine Antwort des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, dem, wenn ich mich nicht irre, Bundesminister Müntefering von der SPD vorsteht, denn von diesem Ministerium wird nach Aussage der Bundesagentur für Arbeit derzeit eine klarstellende Regelung der Problematik in der Arbeitslosengeld II- und Sozialgeld-Verordnung geprüft. Vielleicht kann die Hamburger SPD die Beschleunigung dieses Vorgangs erreichen und den Minister einmal anschreiben, vielleicht bekommen Sie diesmal eine Antwort.
Frau Köncke, ich habe das untrügliche Gefühl, dass Sie immer wieder versuchen, Regelungen, die in die Zuständigkeit des Bundes fallen, stets beim Bundesland Hamburg und damit beim hiesigen Senat anzubringen. Vielleicht wäre es wirklich hilfreich, beim nächsten Mal vorher einen Blick in das Gesetz zu werfen, um an der richtigen Stelle zu handeln.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ahrons, ich werde Ihnen darlegen, dass diese Maßnahmen nichts mit verantwortungsvollem Umgang mit Steuergeldern zu tun haben und im Einzelnen auch schikanös sind.
Ich möchte aber noch einmal in Erinnerung rufen, was wir eigentlich mit der Hartz IV-Gesetzgebung bewirken wollten, was der verwaltungstechnische Kern ist, was das Ergebnis sein sollte. Wir wollten eine soziale Dienstleistung am Menschen ermöglichen, möglichst mit einem Fallmanagement, mit einer Sachbearbeitung aus einer Hand. Wir wollten dem Menschen helfen, indem wir ihn fördern, und damit zugleich eine Verbindlichkeit der Integration in den Arbeitsmarkt verbinden. Wir wollten weg von dem entwürdigenden Bitten um Hilfen in besonderen Lebenslagen und diesen alten Sozialhilfegedanken beenden. Wir wollten die Menschen zu mehr Eigenverantwortung bringen und haben die Leistungen deswegen aus gutem Grunde pauschaliert.
Die Idee von Hartz IV sollte also in diesem Sinne ein Beitrag zu einem modernen Sozialstaat sein, weg vom bürokratischen Klein-Klein und hin - das zeigen uns unsere Nachbarländer - zu einem vertrauensvollen, intensiven Gespräch, zur Beratung des Fallmanagers mit jedem einzelnen Menschen über die Reintegration in Arbeit. Dies ist ein ganz schwieriger Prozess, weil natürlich auch schwierige persönliche Themen berührt sind, über die man sich vertrauensvoll austauschen muss. Die Menschen sollten bei diesen vertrauensvollen, persönlichen Gesprächen ihre Schwächen überwinden, um eine Arbeit zu finden. Mit Sicherheit war und sollte die Idee nicht sein, dass genau dieser Fallmanager dann als Polizist agiert und mit Leistungsbescheiden hin und her herumrechnet und auch noch den letzten Krankenhaustag, den jemand unglücklicherweise absolvieren musste, anrechnet. Das stellt die eigentliche Idee, die dieser Reform zugrunde lag, auf den Kopf.
Wie absurd diese Fachanweisung der Bundesagentur ist, zeigt sich auch, wenn wir uns einmal die Realität der ARGE Eingliederungsarbeit in Hamburg anschauen. Der letzte Evaluierungsbericht der BWA - das sind alles Tätigkeiten, die genauso zwingend und verpflichtend sind, wie man gegebenenfalls behaupten könnte, dass es ein verwaltungstechnisches Muss wäre, hinter diesen Krankenhausgeldern her zu sein - zur Arbeitsmarktpolitik hat offenbart, dass es mit der Beratung und der Verbindlichkeit, zum Beispiel bei den Ein-Euro-Aktivjobs unter der Federführung von Senator Uldall, zu dem Zeitpunkt noch nicht sehr weit her war.
38.000 Personen wurde ein Aktivjob angeboten und sie haben ihn doch nie angetreten. Es wäre aus Sicht eines vertrauensvollen intensiven Beratungsgesprächs über die Integration und darüber, wie man fördern kann, schon notwendig gewesen, das Gespräch mit jedem Einzelnen zu suchen, warum dieser Aktivjob nicht angetreten wurde und welche individuellen guten oder vielleicht weniger guten Gründe es dafür gegeben haben könnte. Doch das war für die ARGE viel zu aufwendig. Es wurde nie nachgefragt. Bei der Hälfte dieser Aktivjobs sind die Betreffenden zwar angekommen, aber weiter verwiesen oder abgelehnt worden. Auch hier wären intensive Gespräche der Fallmanager, in dem Fall mit den Beschäftigungsträgern, die ja viel Geld dafür von uns bekommen, dass sie diese Arbeit machen sollen, notwendig gewesen, die aber zu aufwendig waren, weil es nicht nachhaltbar war. Mit Handakten all das überhaupt zur Hand zu haben in einem komplizierten IT-Verfahren, das einem dazu überhaupt nicht die Möglichkeit gab.
Die ARGE hatte keine Zeit, sich um solche Dinge zu kümmern. Genau dies ist aber die Kernintention der Zusammenführung von Sozial- und Arbeitsmarktpolitik an dieser Stelle mit Hartz IV gewesen. Jetzt sollen die Sachbearbeiter Zeit haben, mit Leistungsbescheiden Krankenhausverpflegungen auf die Leistungen anzurechnen. Ich finde, das ist für die Einzelnen schikanös, es ist verwaltungstechnisch total unökonomisch und vor dem Hintergrund, damit zu einer besseren Integration und vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen den Betroffenen und den Beratern zu kommen, ist dieses eine völlig absurde Geschichte.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Ahrons, noch drei Punkte, die für mich von grundsätzlicher Bedeutung sind.
Erstens: Sie haben deutlich gemacht, Sie würden auf den Einzelfall eingehen und ihn klären. Ich frage mich, wie Sie das organisieren wollen. Aber das zeigt, dass Sie Ihr Herz öffnen möchten. Ich möchte es einmal grundsätzlich klären. Wir haben mit dem SGB II geregelt, dass es jetzt eine pauschalisierte Summe gibt. Das heißt, es gibt keine Mehrbedarfe mehr. Ob Sie einen Kühlschrank, einen Schulranzen oder irgendetwas anderes kaufen wollen, es gibt keine Sonderleistung. Auch wenn Sie in ein Krankenhaus gehen, bekommen Sie den Bademantel oder die Badelatschen nicht extra, sondern sie sind in dieser Summe enthalten. Vor diesem Hintergrund ist es nach meinem Rechtsverstand völlig unsäglich zu sagen, aber eine andere Summe, zum Beispiel für das Essen, könnte
jetzt auf einmal herausgerechnet werden. Das heißt, entweder habe ich eine pauschalisierte Summe oder ich habe sie nicht. Das bedeutet, dass ich keinen Einzelbetrag herausrechnen kann. Das zu Ihrer ersten Argumentation, wir prüfen doch den Einzelfall hinsichtlich eines Mehrbedarfs oder eben nicht, aber dann können Sie auch keinen Essensbetrag abrechnen.
Der zweite Punkt ist mir ein ganz besonderes Anliegen. Ich kann es wirklich nicht mehr hören, wenn Sie ewig die Hamburger Verantwortung ablehnen. Dann gehen Sie bitte heraus aus der ARGE und übergeben Sie es meinetwegen ganz der Bundesagentur, dann haben wir unsere Ruhe.
- Das ist kein Bundesgesetz - lesen Sie bitte die Kleine Anfrage nach, ich gebe Ihnen gerne noch ein Exemplar -, sondern es geht hier um die fachlichen Hinweise der Bundesagentur. Die gibt fachliche Hinweise, aber das bedeutet doch nicht, dass bei solch einer offensichtlich falschen Rechtsauslegung die Hamburger ARGE, wenn sie denn selbstständig ist, wenn sie denn Verantwortung übernimmt und sagt, ich habe die Umsetzungsverantwortung, dass sie dann auch sagt, nein, das ist eine fachlich falsche Anweisung und die setzen wir aus bis es zumindest auf Bundesebene geregelt ist. Entweder Umsetzungsverantwortung oder nicht. Darum geht es doch und die übernehmen Sie dabei nicht.
Drittens: Was ich auch nicht verstehe: Wir haben immer eine Arbeitsmarktpolitik gehabt, die zwei Seiten hat. Die bedeutet, sozial ist das, was Arbeit schafft. Ich stimme Ihnen da voll zu. Ich möchte auch, dass jeder in Arbeit kommt und das ist sicherlich der höchste Beitrag und die größte Möglichkeit der Beteiligung. Trotzdem bedeutet Arbeitsmarktpolitik immer auch Sozialpolitik. Einige Menschen müssen erst einmal zu dem Punkt hingeführt werden, dass sie Arbeit aufnehmen. Wir haben leider seit der Umsetzung des SGB II in Hamburg, seit es die Arbeitsgemeinschaft gibt, nicht mehr diesen Anteil der Sozialpolitik in Hamburg. Wir haben die BWA, die Arbeitsmarktpolitik rein nach dem Gesichtspunkt, wie mache ich den Sprung in Arbeit, aber nicht mehr sozialpolitisch ausrichtet. Das ist eine ganz große Lücke in der Arbeitsmarktpolitik, die völlig falsch läuft und die wir unbedingt nachsteuern müssen. - Vielen Dank.
(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD - Barbara Ahrons CDU: Sie waren doch bei der Anhörung dabei!)
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist sicherlich so, dass sich jeder fragt, ob es sinnvoll ist, aus den Bezügen des Hartz IV-Empfängers einzelne Bestandteile wieder herauszurechnen, wenn er ins Krankenhaus geht.
Die GAL hat jetzt zwei Dinge beantragt. Zunächst einmal, dass die Stadt in der Trägerversammlung der ARGE Hamburg beantragt, dass der Regelsatz während der stationären Krankenhausaufenthalte und RehaMaßnahmen nicht gekürzt wird. Hier muss ich Sie auf die Rechtslage aufmerksam machen. Frau Möller hatte dieses Thema eben schon durch Ihren gekonnten Zwischenruf angesprochen, ob das denn geht. Es geht nicht, und zwar deswegen nicht, weil durch das Bundesministerium, von Herrn Bundesminister Müntefering festgelegt ist, dass die Bundesagentur für Arbeit keine Vorgabe für die Gewährung der kommunalen Leistungen für Unterkunft und Heizung erlässt. Das darf die Bundesagentur nicht. Auf der anderen Seite ist aber durch das Bundesarbeitsministerium festgelegt, dass der kommunale Träger, also die Stadt Hamburg, keine Vorgaben über die Auslegung der Rechtsvorschriften zu den im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit zu erbringenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts machen darf. Wer das nachlesen will, der möge bitte in dem sogenannten Rollenpapier vom 12. Januar 2007 nachblättern. Dort ist dieses auf Seite 6 Ziffer 2 a letzter Absatz beschrieben. Also, die rechtliche Grundlage für das, wofür Sie sich eingesetzt haben, ist nicht da.