Protocol of the Session on November 7, 2007

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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Schuldner- und Insolvenzberatung in Hamburg, insbesondere die Übertragung dieses wichtigen sozialpolitischen Themas von den Bezirken auf private Träger, wie zum Beispiel das Rote Kreuz, die Hamburg Arbeit und Beschäftigungsgesellschaft und auch andere, waren in den letzten Jahren immer wieder Thema von politischen Diskussionen.

(Vizepräsidentin Bettina Bliebenich übernimmt den Vorsitz.)

Die Opposition hat das, wenn man es wohlwollend sagen will, kritisch begleitet. Man könnte aber auch sagen, dass manches mit falschen Vorwürfen geschmückt war. Es war die Rede von Skandalen, zu langen Wartezeiten

(Petra Brinkmann SPD: Stimmt doch auch!)

bis hin zu der Behauptung, dass die Zuwendungen gekürzt werden.

Heute ist nun der Zeitpunkt gekommen, um eine Zwischenbilanz zu ziehen. Wir können feststellen, dass für die Schuldner- und Insolvenzberatung nicht nur mehr Geld als vorher ausgegeben wird, sondern dass die Beratung in unseren Augen auch schneller und besser geworden ist.

(Beifall bei der CDU - Uwe Grund SPD: Wer Hilfe braucht, wird sie auch erhalten! - Petra Brink- mann SPD: Sie werden sich noch wundern, Herr von Frankenberg!)

Wer Hilfe braucht, dem wird schneller und effizienter geholfen als es früher der Fall war. Ich will damit auch nicht Kritik üben, dass bei Ihnen alles schlecht war, sondern es ist eine Fortentwicklung und Verbesserung der Lage. Das muss man einfach mal zur Kenntnis nehmen.

(Dirk Kienscherf SPD: Ist es aber nicht!)

Sie können in der Antwort unserer Großen Anfrage auch nachlesen, wie sich das im Einzelnen darstellt. Bei einem etwa gleichbleibenden Zugang an neuen Fällen konnte die Zahl der erfolgreich abgeschlossenen Verbraucherinsolvenzverfahren von 530 auf 2.234 im Zeitraum von 2001 bis 2006 gesteigert werden. Das sind 2.234 Haushalte, oft Familien mit Kindern, denen geholfen werden konnte und die auch eine neue Perspektive hatten. Das ist uns auch ganz wichtig, den Menschen, die in Not geraten sind, eine neue Perspektive zu geben.

Gleichzeitig sank die Zahl der Verfahrensabbrüche - auch das ist durchaus zu erwähnen - von 640 auf 122. Das sind rund 500 enttäuschte Hoffnungen weniger. Das spricht auch für effizientes und zielorientiertes Arbeiten in diesem Bereich.

Auch der Vorwurf, die Wartezeiten seien länger, ist nicht richtig. Es ist eine positive Entwicklung von 7,1 Monaten in 2001 auf nun sechs Monate, Stand 30. Juni. Ich will aber einräumen, dass das noch nicht das Ziel ist, an dem wir gerne angelangt sein möchten, sondern wir sehen da durchaus die Notwendigkeit, kürzere Wartezeiten anzustreben. Wir hoffen, wenn sich die Entwicklung weiterhin so positiv zeigt - es sind ja auch ältere Fälle, die abgearbeitet werden müssen -, dass wir dann auch zu kürzeren Wartezeiten kommen. Das ist auf jeden Fall, das möchte ich betonen, ganz wichtig.

Weiterhin ist sehr positiv zu bewerten, dass die Zahl der Kurz- und Notfallberatung von 141 auf über 5.000 Fälle im Zeitraum von 2001 bis 2006 gestiegen ist. Daher ist der Vorwurf, überschuldete Menschen fänden keine Hilfe mehr, so nicht richtig. Auf der anderen Seite konnten die Ausgaben pro Fall gesenkt werden. Wir hatten für abgeschlossene Fälle 5.219 Euro in 2001 und sind nun bei einer Summe von etwas über 1.500 Euro.

(Uwe Grund SPD: Das ist richtiger Unsinn, was Sie reden!)

- Das können Sie dann in Ihrem Redebeitrag aus Ihrer Sicht schildern.

(Petra Brinkmann SPD: Das wird er Ihnen auch sagen!)

- Das glaube ich. Der gute Mann ist ja auch immer gut vorbereitet.

Aufgrund der steigenden Zahl der abgeschlossenen Verfahren ist es letztendlich so, dass die Gesamtausgaben in dem Bereich gestiegen sind. Der Vorwurf, es wurde dort gekürzt, ist nicht richtig und ich glaube, dass dies ein wichtiger Bereich ist, wo Geld eingesetzt wird, weil wir den Menschen wieder eine Chance geben.

Warum ist es so? Wir haben bei der Beratung im Verbraucherinsolvenzverfahren das Leistungsprinzip eingeführt. Insofern gibt es jetzt erfolgsabhängige Vergütungspauschalen.

(Petra Brinkmann SPD: Denkste!)

Meine Damen und Herren! Das ist ein echter Gewinn für alle Beteiligten. Den überschuldeten Haushalten steht ein sehr gutes Beratungsangebot zur Verfügung. Die Beispiele zeigen eindeutig, dass es sich lohnt, vom Staat übernommene Aufgaben abzugeben und an Private oder Dritte zu geben, die das dann auch besser durchführen können. Das ist solch ein Fall, bei dem dies durchaus gelungen ist. Das ist moderne Sozialpolitik,

(Dirk Kienscherf SPD: Sozialpolitik?)

die auch bei Menschen ankommt, die Hilfe brauchen, und es ist nicht nur Gerede, bei dem letztendlich nichts passiert. Sie hatten von Ihrer Seite angeregt, dass wir das noch einmal im Sozialausschuss beraten können. Die Anregung wollen wir gerne aufnehmen. So haben wir, was die Klärung von Detailfragen angeht, dann die Möglichkeit, dort noch einmal vertieft ins Gespräch zu kommen. Wir würden einer Überweisung an den Sozialausschuss positiv gegenüberstehen.

Ich kann auf jeden Fall feststellen, dass die Schuldnerberatung beim Senat in guten Händen ist. Der Senat konnte auch umfangreiche Erfahrungen sammeln, denn er selber hat im Jahr 2001 einen völlig überschuldeten Haushalt übernommen und ist nun erfreulicherweise bei Null. Die

erste Million wird zurückgezahlt. Das ist vernünftige Haushaltspolitik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Grund.

(Petra Brinkmann SPD: Nun kläre das mal ein bisschen, Uwe!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich wollte die Frage an Sie stellen, ob Sie wissen, was eine JPA ist? Vermutlich nicht.

(Olaf Ohlsen CDU: Wir sind doch hier nicht beim Ratequiz!)

Auch ich habe es gerade erst erfahren. Es gibt eine KSA - das kenne ich -, das ist eine Kleine Schriftliche Anfrage von Abgeordneten. Es gibt auch eine GA, eine Große Anfrage der Fraktion. Und eine JPA, meine Damen und Herren, ist eine "Jubel-Perser-Anfrage" der CDU.

(Beifall bei der SPD - Olaf Ohlsen CDU: Gut, dass Sie das wissen, Herr Grund!)

Ein besonderes Prachtexemplar dieser Spezies haben wir heute auf dem Tisch liegen und sollen darüber beraten. Ich habe mir den Spaß gemacht und würde gerne zwei Fragen aus dieser Anfrage zitieren. Die erste Frage war:

"Wie hat sich die Qualität der Beratungsleistungen beim außergerichtlichen Verbraucherinsolvenzverfahren bis heute entwickelt?"

Die Antwort des Senats:

"Die Qualität hat sich deutlich gesteigert."

(Olaf Ohlsen CDU: Natürlich! - Rolf Harlinghau- sen CDU: Wollten Sie das nicht?)

Noch ein Beispiel:

"Wie hat sich die Effizienz der Beratungsleistungen der Schuldner- und Insolvenzverfahren verändert?"

Antwort des Senats:

"Die Beratungsleistungen sind deutlich effizienter geworden."

(Beifall bei der CDU)

Ist sie nicht niedlich, unsere CDU?

Was hat das, meine Damen und Herren, mit den etwa 80.000 Haushalten in Hamburg zu tun, die überschuldet sind? Weil diese Haushalte nicht nur aus einer, sondern aus mehreren Personen bestehen, sind das vermutlich deutlich über 100.000 Menschen. Ich will auf diese Situation noch eingehen. Bevor ich das aber tue, sage ich Ihnen lieber, weil ich schon ahne, was gleich passieren wird: Ich stelle fest, dass in den Beratungseinrichtungen der Freien und Hansestadt Hamburg durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort gute und immer bessere Arbeit geleistet wird. Das muss man anerkennen. Ich finde, die Anerkennung haben die Menschen dort auch verdient.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Verena Lappe GAL - Olaf Ohlsen CDU: Das wissen wir doch, Herr Grund!)

Ich habe über die 80.000 Menschen gesprochen und wenn wir jetzt, Herr von Frankenberg, tatsächlich 2.500 Neuzugänge im Jahr bearbeiten können - zu dem Thema komme ich abschließend gleich noch -, dann bedeutet das vermutlich, dass wir mit diesen 2.500 Menschen - das sind nicht einmal 3 Prozent aller überschuldeten Haushalte - vermutlich nicht einmal die Zuwachsrate der neu hinzukommenden verschuldeten Haushalte bedienen können, weil das keine statische Größe, sondern eine Größe ist, die sich verändert. Das heißt, dass das Überschuldungsproblem in Hamburg zunimmt und nicht abnimmt. Ich finde, damit muss man sich wirklich seriös und hart auseinandersetzen. Wir wissen, dass viele Tausend Hamburgerinnen und Hamburger alltäglich im Zusammenhang mit Verschuldungsproblemen in ihrer Existenz regelrecht bedroht sind. Sie werden das vielleicht als Übertreibung sehen, aber es gibt Haftandrohungen. Ich habe vor wenigen Tagen mit einer Frau gesprochen, die, weil sie nicht bereit war, einen Offenbarungseid zu leisten, ins Gefängnis eingezogen ist. Und sie ist nicht alleine. Das gibt es öfter in Hamburg. Wenn Überschuldete - aus unterschiedlichen Gründen - nicht bereit sind, solche Offenbarungseide zu leisten, dann wird nicht nur Zwangshaft angedroht, sondern sie wird umgesetzt.