Uwe Grund
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Frau Präsidentin! Jetzt wollte ich eigentlich gern Herrn Reinert antworten, aber ich sehe ihn nicht. Ach, da hinten ist er, ich habe ihn gefunden.
Herr Reinert, wenn die CDU in der letzten Legislaturperiode die gleiche Mehrheit gehabt hätte wie in dieser, dann gäbe es das Vergabegesetz gar nicht. Sie waren immer dagegen.
Hätten sich neben der Opposition nicht die Gewerkschaftsbewegung und vor allen Dingen die Kammern - vor allen Dingen die Handwerkskammer - für ein Vergabegesetz und für Tariftreue eingesetzt, dann hätte dies gar nicht stattgefunden. Nun hat der Senat berichtet - man höre und staune -, dass das Gesetz, das die CDU eigentlich gar nicht wollte, ein gutes Gesetz ist, weil die Bauwirtschaft und andere das bestätigt haben. Das Ergebnis der Arbeit der letzten Jahre, die der Senat, die Bürgerschaft, die Bauwirtschaft, die Gewerkschaft BAU betrieben haben, liegt uns als Bericht kurz vor Ende der Legislaturperiode vor.
Ja.
Herr Reinert, selbst die CDU kommt gelegentlich nicht drumherum, etwas zu lernen; manchmal passiert es.
Der Bericht ist kurz vor Ende dieser Legislaturperiode eingetroffen. Wir haben im Ausschuss vorgeschlagen, gemeinsam zu erklären, wir machen uns bis zum Jahresende auf, ein Gesetz zur Entfristung einzubringen. Da hat die CDU gesagt, das ginge gar nicht, das sei nur eine Kenntnisnahme, man könne keine Beschlüsse fassen. Wir haben also einen Antrag gestellt und gesagt, dann ist es Aufgabe dieses Parlaments, noch vor Ende der Legislatur zu sagen, wir haben das evaluiert, wir haben das geprüft, der Senat ist der gleichen Meinung, bringt ein Gesetz auf den Weg, das die Entfristung dieses Gesetzes beinhaltet. Das halte ich für einen anständigen parlamentarischen Abschluss dieses wichtigen Vorganges. Mehr ist es gar nicht.
Jetzt haben wir das noch korrigiert und den Senat aufgefordert, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzubereiten. Damit sind die letzten formalen Hürden beseitigt und Sie können diesem Antrag jetzt getrost zustimmen.
Das zweite Thema: Faire Löhne für Dienstleister der Bürgerschaft. Es geht nicht um irgendjemand, sondern wir reden über Damen und Herren, die - beispielsweise heute, wenn wir hier tagen - in der Eingangshalle für Sicherheitsfragen zuständig sind, die dafür sorgen, dass es unseren Gästen gut geht, dass sie freundlich empfangen werden und dass ihre Garderobe bewacht wird. Das ist die Arbeit, die dort geleistet wird. Nun haben wir festgestellt, dass sie für diese Tätigkeit einen Stundenlohn von 6,62 Euro erhalten. Wir würden ihn als "Hungerlohn" bezeichnen, denn das ist keine angemessene Bezahlung für vollwertige Arbeit.
Wir haben gesagt, wir bitten, dafür Sorge zu tragen - unser Fraktionsvorsitzender hat das bestätigt -, dass Dienstleistungen, die für diese Bürgerschaft erbracht werden, nicht unterhalb 7,50 Euro liegen sollten. Das ist ein leicht verständlicher Antrag.
Sie dürfen gern unsere Gäste fragen, ob sie nicht auch der Meinung sind, dass diese Dienstleistungen, die für sie und uns erbracht werden, angemessen sind, und die Damen und Herren, die auf unsere Mäntel aufpassen, nicht hinterher zum Sozialamt gehen und aus der Sozialkasse Lohnaufstockung verlangen müssen. Das gehört sich einfach nicht für ein Parlament.
Ich bin zu einem anderen Schluss gekommen als Sie, Herr Reinert. Die Bürgerschaftskanzlei hat geprüft und immer, wenn sich Juristen mit so etwas befassen, werden mehrere Seiten gefüllt, die ganz interessant zu lesen sind. Kennen Sie das Fazit der Spezialisten der Bürgerschaftskanzlei? Nach den geltenden Regeln in dieser Stadt dürfen wir bei dem Ausschreibungsverfahren überhaupt keinen Einfluss darauf nehmen, ob Menschen, die für uns arbeiten, angemessen bezahlt werden. Das heißt, wenn jemand seine Dienste für 3,30 Euro anbietet, wären wir am Ende auch gezwungen, ein solches Angebot anzunehmen.
Es gibt kein Beispiel, das deutlicher macht, dass wir einen gesetzlichen Mindestlohn brauchen.
Wenn uns unsere eigene Verwaltung sagt, das Parlament sei nicht in der Lage, in einem Ausschreibungsverfahren festzulegen, dass die Beschäftigten einen Lohn von 7,50 Euro erhalten, dann brauchen wir einen gesetzlichen Mindestlohn. Es gibt keine bessere Antwort darauf.
Ich gehe sogar noch weiter. Wenn sich das bis dahin nicht realisieren lässt, würde ich die CDU in jeder Sitzung neu vor die Frage stellen, notfalls ein Gesetz einzubringen, das sicherstellt, dass unsere Dienstleister angemessen bezahlt werden. Und Sie stimmen darüber ab und wenn es sein muss namentlich.
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Der letzte Punkt, die Ratsdiener. Das ist wirklich der Gipfel am Ende der Legislaturperiode. Als der neue Landesbetrieb Rathausservice gegründet worden ist und klar war, dass es die Ratsdiener in ihrer bisherigen Gestalt auf absehbare Zeit wahrscheinlich nicht mehr lange geben wird - viele Dienstleistungen wurden fremd vergeben, wie wir inzwischen wissen, mit unseren Steuergeldern zu Dumpinglöhnen -, da ist den Ratsdienern versprochen worden, ihre persönlichen Dienstvereinbarungen seien von dieser Entscheidung nicht berührt. Dann gingen Bürokraten, die offensichtlich "Tinte im Knie" haben, über die Probleme her. Das Ergebnis ist, dass ernsthaft erklärt wird, es sei notwendig und gerecht, vom Gehalt der Ratsdiener, die für unseren Service zuständig sind, möglichst noch 300 oder 400 Euro zu streichen. Es wird nicht berücksichtigt, zu welcher Zeit die Menschen ihre Arbeit erbringen, dass sie uns immer zur Verfügung stehen müssen, wann immer wir "verrückterweise" bis in die Nachtstunden tagen wollen, weil die Aktuelle Stunde ein bisschen länger dauert. Das alles spielt gar keine Rolle, die Ratsdiener stehen zur Verfügung. Sie bedienen die Gäste der Stadt, beispielsweise im Großen Festsaal, höflich, freundlich und professionell.
Sie bekommen aber nicht wie in der privaten Wirtschaft für solche Dienstleistungen wenigstens ein Trinkgeld. Das wird dort nicht erwartet. Selbstverständlich wird diese Dienstleistung freundlich erbracht, es gibt keinen "müden" Cent bei solchen Veranstaltungen. Aber was meint die CDU? Wir müssen denen noch 300 Euro nehmen. Meine Damen und Herren, dafür habe ich nur drei Worte: kleinkariert, schäbig und unwürdig.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn wir heute Abend über Obdachlosigkeit sprechen, dann meinen wir nicht die Menschen, die wohnungslos sind, sondern die Obdachlosen, die auf der Straße leben. Das ist ein wichtiger Unterschied, weil gelegentlich Verwirrung in die Fakten kommt.
Was unterscheidet uns von Obdachlosen in diesem Sinne? Wir haben eine Wohnung, wir haben eine feste Adresse, wir sind selbstverständlich beim Einwohnermeldeamt gemeldet, wir gehen einem Beruf nach, haben regelmäßige Einkommen, gerade hier haben etliche von uns mehr als ein Einkommen, wir besitzen eine Versicherungskarte, weil wir selbstverständlich bei der Krankenversicherung angemeldet sind, wir haben ein stabiles soziales Umfeld, wir haben eine Familie, wir haben Freunde, wir haben einen Hausarzt. Viele von uns haben nicht nur einen Hausarzt, sondern mehrere Fachärzte, die sie regelmäßig besuchen und dort auch gerne gesehen sind. Wir zahlen unsere 10 Euro Praxisgebühr, manchmal nicht gerne, aber wir tun und können es. Wenn einige von uns - was ich unterstelle - suchtkrank sind, sind sie nicht sehr auffällig.
Wir duschen regelmäßig, wir haben anständige Kleidung. Wenn wir sagen, der stinkt mir, dann meinen wir das in der Regel eher politisch.
Unsere durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei etwa 80 Lebensjahren. Wie sieht es nun im Gegensatz dazu bei auf der Straße lebenden Obdachlosen aus? Natürlich haben sie keine feste Adresse, sie haben keine Wohnung, sie sind nicht gemeldet, sie haben keinen Beruf, sie haben kein regelmäßiges Einkommen. 60 Prozent davon sind nicht bei der Krankenversicherung angemeldet und verfügen auch über keine Krankenversicherungskarte. Sie haben kein stabiles soziales Umfeld, keine Familie. Manchmal werden sie von ihrer Familie, von ihren Freunden oder von der Polizei verfolgt. Sie sind oft nicht in der Lage, die 10 Euro Praxisgebühr aufzubringen, wenn sie denn einen Arzt besuchen können und dort auch behandelt werden.
Sie haben keinen Hausarzt, sie sind oft suchtkrank, und zwar auffällig suchtkrank und ihre durchschnittliche Lebenserwartung liegt in Hamburg bei 46 Lebensjahren. Ich finde, das sind fundamentale Unterschiede.
Nun will ich auf diesen Unterschieden nicht spazieren gehen und Ihnen das alles lang und breit erklären, sondern ich will sagen, dass die Senatorin, die uns Ende August gesagt hatte, wir hätten in Hamburg ein umfassendes Unterstützungssystem, auch in Bezug auf die gesundheitliche Versorgung für wohnungs- und obdachlose Menschen, das zwar so darstellen kann, dass das
aber mit der Lebensrealität wenig zu tun hat. Die Senatorin selber kam in ihrer Presseerklärung noch zu der Erkenntnis, dass leider viele Betroffene nicht oder erst nach langer Zeit in der Lage sind, dieses Unterstützungssystem überhaupt in Anspruch zu nehmen. Diese Erkenntnis ist immerhin schon erfreulich, dass man sie hat, aber darin klafft ja das eigentliche Problem, nämlich zwischen dem, was theoretisch geleistet werden kann und dem, was bei den Betroffenen wirklich ankommt oder was die Betroffenen selber auch in Anspruch nehmen können. Wir diskutieren heute nicht über polemische Fragen, sondern wir wollen mit Ihnen darüber reden, ob es nicht sinnvoll wäre, dass wir uns über die Frage des Zugangs zu dem Gesundheitssystem noch einmal neu verständigen. Die Mutmaßung der Senatorin, alles sei gut, kennen wir ja, weil Senatoren in Hamburg prinzipiell sagen, alles sei in Ordnung. Auch in diesem Falle sagen die Fachleute vor Ort, zum Beispiel die Betroffenen von "Hinz & Kunzt", alle, die eine Ahnung haben von "Cafée mit Herz", von anderen Einrichtungen, vom Diakonischen Werk, mitnichten sei alles in Ordnung, weil trotz des Krankenmobils und der Krankenstube, die es gibt, und trotz mancher angestrengter Initiativen von Ärzten es keineswegs so ist, dass die Krankenversorgung der hier unter offenem Himmel lebenden Obdachlosen wirklich gewährleistet ist. Leider ist das nicht so.
Etwa 60 Menschen in Hamburg starben auf der Straße, in der Regel an Infektionskrankheiten, die leicht zu behandeln wären. Das heißt, sie sterben, obwohl sie es nicht müssten. Ich finde, darüber nachzudenken, ob man das nicht doch besser vermeiden kann, ist der Schweiß der Edlen wert.
Es ist schlimm genug, dass Menschen an Krankheiten sterben müssen. Wenn sie aber sinnlos sterben, weil sie eigentlich vor dem Tod hätten bewahrt werden können, wenn wir nur mit unseren Angeboten an sie herankämen oder sie in die Lage versetzen würden, diese Angebote auch wahrzunehmen, dann müssen wir wirklich noch mehr unternehmen als wir das gegenwärtig tun und dazu haben wir in diesem Antrag Vorschläge gemacht. Wir bitten Sie darum, diesen Antrag im Ausschuss zu beraten. Wenn es in dieser Legislaturperiode nicht mehr klappen sollte, dann wird es auch in der nächsten Legislaturperiode intelligente Abgeordnete geben, die in der Lage sind, sich dieses Antrags anzunehmen. Insoweit gibt es keinen vernünftigen Grund, diesen Antrag nicht an den Sozialausschuss zu überweisen und deshalb bitten wir, das zu tun.
Was haben wir an innovativen Modellen eingebracht? In Nordrhein-Westfalen, ausgehend von Köln, gibt es inzwischen ein System von ambulanter Versorgung für Obdachlose, das ich, jedenfalls so, wie es bisher beschrieben wird, für herausragend halte. Es gibt nämlich dort eine Verständigung zwischen den Krankenversicherungen und der öffentlichen Hand, wie man, nach Pauschalen organisiert, die Versorgung von obdachlosen Menschen besser bewerkstelligen kann und das, was von den Fachleuten berichtet wird, ist eher ermutigend. Deshalb möchten wir den Senat gerne auffordern, sich den Erfahrungen Nordrhein-Westfalens einmal anzunähern und zu prüfen, was wir davon in Hamburg, denn es sind auch dort die Großstädte, die das System umsetzen, übernehmen können. Wir glauben auch, dass es notwen
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dig ist, dass wir die Ärzte und Krankenhäuser besser in die Lage versetzen müssen als das bisher der Fall ist, Obdachlosen zu helfen und Systeme zu finden, die sie dabei unterstützen.
Meine Damen und Herren, es fällt mir nicht leicht, aber es ist eine Realität, dass es auch in Hamburg Ärzte gibt, und zwar nicht wenige, leider auch Krankenhäuser, die obdachlose Menschen mit akuten Verletzungen abweisen. Das darf nicht die Zukunft in dieser Stadt sein.
Man mag darüber streiten, ob sich manche dieser Menschen ihre Verletzungen und Erkrankungen vielleicht fahrlässig selbst zugezogen und selber dazu beigetragen haben, das darf aber nicht in einer Stadt wie Hamburg dazu führen, dass sie am Ende von der Versorgung verwiesen werden und mit ihren Verletzungen und Erkrankungen auf der Straße bleiben. Das darf nicht die Zukunft sein. Also müssen wir die Ärzte, vor allem aber auch die Krankenhäuser unterstützen, dass das besser funktioniert. Ich persönlich glaube, so banal es klingt, dass die 10 Euro Praxisgebühr eine wesentliche Ursache dafür sind, dass sich sehr viele Obdachlose ärztlich nicht versorgen lassen, obwohl sie es dringend nötig hätten. Deshalb müssten wir eine Lösung suchen - das ist die Anregung -, wir schreiben auch nicht vor, welche, sondern wollen mit Ihnen darüber diskutieren, welche Lösung es gibt, um diese Praxisgebühr für solche Fälle abzuschaffen, darauf verzichten zu können, weil es den betroffenen Menschen dient, wo Not ist. Also, ein sachliches Thema. Es geht um die Menschen, die davon betroffen sind. Sie leben in dieser Stadt unter uns und sie haben unsere Unterstützung verdient. - Schönen Dank für das Zuhören.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Fünf Blitzpunkte.
Erstens: Wenn Politik Einfluss auf Wirtschaft hat, dann will ich feststellen, dass die Erfolgsgeschichte der Luftfahrtindustrie in Hamburg mehr mit SPD als mit CDU zu tun hat.
Zweitens: Im Regierungsprogramm dieser Regierung aus dem Jahre 2004 steht der Satz:
"Eine Beteiligung an der Realisierung des von Airbus geplanten 'Aviation Center Hamburg' soll durch Bereitstellung geeigneter Flächen erfolgen."
Die Legislaturperiode ist fast rum. Sie haben noch 100 Tage.
Drittens: Lese ich den Antrag der CDU, steht dort nichts mehr von der Bereitstellung von Flächen, sondern:
"… eine Lösung zu finden für die Finanzierung und den Betrieb …"
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Das macht mich sehr hellhörig. Ich habe irgendwie den Eindruck, dass es gar nicht mehr um Flächen, sondern um Durchfinanzierung geht. Das finde ich richtig schwierig.
Viertens: Wer sehen will, wie es geht, muss - im Moment noch - am besten nach Seattle fahren. Da kann man die vor zwei Jahren eingeweihte Luftfahrtpräsentation angucken. Ein PPP-Projekt.
Fünftens: Außerdem haben Sie gesagt, man möge suchen. Es wird Zeit, dass der Senat sucht. - Schönen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich wollte die Frage an Sie stellen, ob Sie wissen, was eine JPA ist? Vermutlich nicht.
Auch ich habe es gerade erst erfahren. Es gibt eine KSA - das kenne ich -, das ist eine Kleine Schriftliche Anfrage von Abgeordneten. Es gibt auch eine GA, eine Große Anfrage der Fraktion. Und eine JPA, meine Damen und Herren, ist eine "Jubel-Perser-Anfrage" der CDU.
Ein besonderes Prachtexemplar dieser Spezies haben wir heute auf dem Tisch liegen und sollen darüber beraten. Ich habe mir den Spaß gemacht und würde gerne zwei Fragen aus dieser Anfrage zitieren. Die erste Frage war:
"Wie hat sich die Qualität der Beratungsleistungen beim außergerichtlichen Verbraucherinsolvenzverfahren bis heute entwickelt?"
Die Antwort des Senats:
"Die Qualität hat sich deutlich gesteigert."
Noch ein Beispiel:
"Wie hat sich die Effizienz der Beratungsleistungen der Schuldner- und Insolvenzverfahren verändert?"
Antwort des Senats:
"Die Beratungsleistungen sind deutlich effizienter geworden."
Ist sie nicht niedlich, unsere CDU?
Was hat das, meine Damen und Herren, mit den etwa 80.000 Haushalten in Hamburg zu tun, die überschuldet sind? Weil diese Haushalte nicht nur aus einer, sondern aus mehreren Personen bestehen, sind das vermutlich deutlich über 100.000 Menschen. Ich will auf diese Situation noch eingehen. Bevor ich das aber tue, sage ich Ihnen lieber, weil ich schon ahne, was gleich passieren wird: Ich stelle fest, dass in den Beratungseinrichtungen der Freien und Hansestadt Hamburg durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort gute und immer bessere Arbeit geleistet wird. Das muss man anerkennen. Ich finde, die Anerkennung haben die Menschen dort auch verdient.
Ich habe über die 80.000 Menschen gesprochen und wenn wir jetzt, Herr von Frankenberg, tatsächlich 2.500 Neuzugänge im Jahr bearbeiten können - zu dem Thema komme ich abschließend gleich noch -, dann bedeutet das vermutlich, dass wir mit diesen 2.500 Menschen - das sind nicht einmal 3 Prozent aller überschuldeten Haushalte - vermutlich nicht einmal die Zuwachsrate der neu hinzukommenden verschuldeten Haushalte bedienen können, weil das keine statische Größe, sondern eine Größe ist, die sich verändert. Das heißt, dass das Überschuldungsproblem in Hamburg zunimmt und nicht abnimmt. Ich finde, damit muss man sich wirklich seriös und hart auseinandersetzen. Wir wissen, dass viele Tausend Hamburgerinnen und Hamburger alltäglich im Zusammenhang mit Verschuldungsproblemen in ihrer Existenz regelrecht bedroht sind. Sie werden das vielleicht als Übertreibung sehen, aber es gibt Haftandrohungen. Ich habe vor wenigen Tagen mit einer Frau gesprochen, die, weil sie nicht bereit war, einen Offenbarungseid zu leisten, ins Gefängnis eingezogen ist. Und sie ist nicht alleine. Das gibt es öfter in Hamburg. Wenn Überschuldete - aus unterschiedlichen Gründen - nicht bereit sind, solche Offenbarungseide zu leisten, dann wird nicht nur Zwangshaft angedroht, sondern sie wird umgesetzt.
In dem konkreten Fall ging es um eine Schuld in Höhe von 812 Euro, die die Frau gegenüber der Freien und Hansestadt Hamburg hatte. Das ist die Realität, auch in dieser Stadt.
Meine Damen und Herren! Ich finde es gut und richtig und begrüße es sehr, dass der Senat nun an der Erhebung teilnimmt, die bundesweit angesteuert worden ist, und Daten darüber sammelt, wie es zu Verschuldungsproblemen kommt und welche Probleme die Menschen haben und wie man an sie herankommt.
Ein paar Fakten, die wichtig sind: Über 50 Prozent der überschuldeten Menschen sind arbeitslos. 36 Prozent aller Haushalte, die davon betroffen sind, haben Kinder. Also sind erneut Kinder von diesem Problem zumindest erheblich mitbetroffen. Man muss wissen, dass insbesondere alleinerziehende Mütter, also Frauen, von diesem Problem überproportional betroffen sind. Jeder siebte Fall in der Erhebung, die bundesweit gemacht worden ist, betraf eine alleinerziehende Mutter. Ein Problem, bei dem ich finde, dass der Staat und wir eine besondere Verantwortung haben.
57 Prozent der Menschen, die Überschuldungsprobleme haben, verdienen netto unter 900 Euro im Monat. Ein weiteres Viertel verdient nur zwischen 900 und 1.300 Euro netto. Man kann also erkennen, woher diese Probleme kommen. Die kommen nicht dadurch, dass die Menschen, wie man so schön sagt, über ihre Verhältnisse leben, sondern viele leben am Existenzminimum. An diesem Punkt werden sie dann natürlich täglich überhäuft - Sie kennen das -: easyCredit und keine Probleme mehr. Dann aber haben Sie die Schwierigkeiten und das fängt schon bei den jungen Menschen an. Ich frage mich, warum die CDU - und die Frage halte ich für wichtig - es nicht für nötig gehalten hat, wenigstens einmal nach den jungen Menschen zu fragen. Seit 20 Monaten sind wir
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hinter diesem Senat her und befragen ihn, wie die Verschuldungslage der jungen Menschen in Hamburg ist. Wir wissen von Bundeserhebungen, dass etwa 12 Prozent der jungen Menschen erhebliche Schulden haben. Das Thema Handyfalle ist da ein besonderes Thema. Wir fragen den Senat und der Senat erklärt regelmäßig, dass er sich damit nicht befasst hat. Er tut aber auch nichts zu dem Thema. Das halten wir für schwierig. Jetzt wissen wir - und das ist eine Bitte an die Senatorin und an die Regierungsmehrheit in diesem Hause -, dass es in Nordrhein-Westfalen - und der Ministerpräsident steht Ihnen ja politisch nahe - Projekte an 16 Ganztagsgrundschulen gibt, in denen mit einem ausgefeilten pädagogischen Konzept das Thema Umgang mit Geld und Verhinderung von Schulden und Sparen überprüft wird. Vielleicht können wir aus solchen Konzepten anderer lernen und ich bitte Sie dringend, das doch einmal zu prüfen. Es lohnt sich, für die jungen Menschen in dieser Stadt, solche Anstrengungen zu machen.
Meine Damen und Herren! Es wird in dieser Großen Anfrage von Ihnen gesagt, dass die Insolvenzverfahren in den Beratungseinrichtungen abgeschlossen seien. Herr von Frankenberg, das ist eine falsche Information. Ich bedauere, dass der Senat das nicht korrigiert hat. Die Insolvenzverfahren sind keineswegs abgeschlossen, sondern es findet in den Einrichtungen Beratung statt und im Einzelfall werden Bescheinigungen ausgehändigt. In den Bescheinigungen steht, dass der Versuch gemacht wurde, mit den Verschuldeten und ihren Gläubigern zu einer Lösung zu kommen.
In aller Regel, nämlich in über 90 Prozent der Fälle, kommen die Einigungen nicht zustande, aber für das Verfahren muss nachgewiesen werden, dass der Versuch stattgefunden hat. Darum bemühen sich die Schuldnerberatungseinrichtungen. Dann endet aber die Tätigkeit der Beratungseinrichtungen und die meisten wissen überhaupt nicht, was die Betroffenen anschließend mit diesen Bescheinigungen und der Beratung machen. Es gibt nämlich keine Informationen darüber, was denn bei den Gerichten mit welchen Ergebnissen landet. Oder noch besser, noch schwieriger: Was passiert denn während der Wohlverhaltensphase? Nachdem die Insolvenzvorgänge wirklich abgeschlossen sind, gibt es einen Zeitraum, in dem die Überschuldeten Wohlverhalten nachweisen müssen, damit sie eine Restschuldbefreiung bekommen. Darüber gibt es keine Erkenntnisse. Das ist schlecht, wie ich finde, denn wenn wir über Qualität reden, dann muss es doch darum gehen, dass wir nicht nur Beratung durchführen, sondern am Ende soll das Ganze doch zu einem Ergebnis für die Beteiligten führen. Den Menschen soll ja am Ende wirklich geholfen werden, indem sie ein neues Leben beginnen können, ohne Schulden. Da muss nachgearbeitet werden. Wir brauchen Qualitätskriterien im Rahmen der Schuldnerberatung und wir brauchen vor allem Untersuchungen darüber, was aus den Betroffenen wird.
Meine Damen und Herren! Es gibt ein akutes Problem und damit will ich dann auch meinen Vortrag beenden, der aber wichtig ist. Gerade haben wir erfahren, dass das Ausschreibungsverfahren des Senats im Zusammenhang mit dem Beratungsangebot der Schuldnerberatung vor Gerichten beklagt wird. Bereits vor der Vergabekammer ist der Senat unterlegen, als es um die Frage Überprüfung des Ausschreibungsverfahrens ging. Jetzt haben wir
keine Entscheidung, sondern ein laufendes Verfahren vom Oberlandesgericht in Hamburg und dort sieht es so aus, meine Damen und Herren, Frau Senatorin, dass das Oberlandesgericht in der Verhandlung - so sind wir jedenfalls informiert - durchblicken ließ, dass das gegenwärtige Ausschreibungsverfahren nicht rechtens ist. Das ist schwierig, weil am Jahresende die Verträge zwischen den Beratungseinrichtungen und dem Senat enden werden. Es gibt eine Verlängerungsoption, die wird aber wahrscheinlich nicht gezogen werden können, weil das Gericht davorsteht. Ich stelle deshalb die Frage an Sie, Frau Senatorin, und an die CDU natürlich im Besonderen auch: Was geschieht, um zu verhindern, dass am 5. Januar die Beratungseinrichtungen vor dem Aus stehen oder womöglich die betroffenen Hamburgerinnen und Hamburger, die die Unterstützung brauchen, diese gar nicht mehr bekommen. Hier muss schleunigst eine Lösung her. Frau Senatorin, einigen Sie sich mit den Klägern in dieser Frage, sorgen Sie für reguläre Verhältnisse, damit wir auch weiter sagen können: Hamburg investiert in Schuldnerberatung und will mehr tun. Das wäre wirklich nötig. - Schönen Dank.
Am besten wäre es, Frau Senatorin, wenn wir nicht das Urteil abwarten würden, weil die Zeit sehr knapp wird, sondern wenn sich der Senat im Vorwege mit den Klägern einigt. Es geht in Wahrheit darum, dass mehr Einrichtungen in die Beratungsleistungen hineingehen wollen. Eigentlich brauchen wir mehr Beratungsleistungen. Von daher muss es Möglichkeiten geben, dass das zu schaffen ist. Ich würde mir sehr wünschen, es nicht auf ein Urteil ankommen zu lassen, das vermutlich negativ für die Stadt ausgeht und hinterher ein ziemliches Chaos entsteht. Das ist die eine Bemerkung.
Eine weitere Bemerkung noch einmal zu den Kosten. Herr von Frankenberg, das habe ich vorhin nicht beantwortet. Sie haben vorhin gesagt, die Kosten seien viel günstiger geworden. Der Senat hat geantwortet, dass die Kosten der abgeschlossenen Schuldnerinsolvenzberatungen ohne die Notfälle und Kurzfälle nicht wesentlich teurer oder günstiger sind als sie in der Vergangenheit waren. Es geht um 80 Euro je Fall. Es wird ein Fall zitiert, bei dem es um die Insolvenzberatung geht. Da wird gesagt, dass die Insolvenzberatung im Jahre 2001 5.200 Euro teuer gewesen sei und jetzt bei circa 1.500 Euro läge. Das ist richtig unredlich und so etwas ärgert mich, weil der Senat natürlich genau weiß - er deutet das ja auch zwischen den Zeilen an -, dass das Insolvenzrecht im Jahre 2001 ein völlig anderes gewesen ist. Es gab überhaupt keine Stundung der Verfahrenskosten. Das Ergebnis war, dass Insolvenzberatungen so gut wie gar nicht durchgeführt werden konnten. Das ist einfach unseriös, solche Zahlen hier vorzustellen, weil das Verfahren vom Prinzip her grundlegend geändert worden ist. Wir haben den Senat aufgefordert - Herr von Frankenberg, hören Sie zu -, er möge doch die Daten des Großstadtvergleiches Hamburg mit den anderen Großstädten in Deutschland liefern. Da sagt der Senat, er habe jetzt zwar die Zahlen, aber er will sie nicht veröffentlichen, weil sie nicht vergleichbar seien. Das finde ich sehr interessant vor diesem Hintergrund, den wir gerade gehört haben. Wo man sonst Äpfel mit Birnen vergleicht, ist man dann, wenn es einem unangenehm wird, nicht bereit dazu. Dieser Vergleich mit den Großstädten muss auf den Tisch und dann können wir im Ausschuss gerne gemeinsam prüfen, warum bestimmte Daten nicht vergleichbar sind. Das mag ja angehen, aber darüber kann man reden. In der Summe, meine Damen und Herren, sind wir ein Stück vorangekommen. Das ist wahr, aber die Kuh ist im Bereich der Schuldnerberatung noch lange nicht vom Eis.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! 65.000 Kinder in dieser Stadt wachsen in Armutsverhältnissen auf. Ich finde, das ist eine unglaubliche Zahl.
Die Zahl liegt um 9.000 Kinder höher als noch vor zwei Jahren. 65.000 Kinder bedeuten, dass statistisch inzwischen fast jedes vierte Kind in Hamburg unter Armutsverhältnissen aufwächst. Damit liegt die Marke der Kinder in Armut in Hamburg etwa doppelt so hoch wie im westlichen Teil dieser Bundesrepublik. Ich finde, vor diesen Zahlen dürfen wir nicht die Augen verschließen, sondern müssen mehr hinschauen. So viel Armut, meine Damen und Herren - das ist die Überzeugung der SPDFraktion -, ist eine Schande für diese reiche Stadt.
Ich möchte sagen, dass es fast eine zynische Entwicklung gibt. Auf der einen Seite - wir haben es gerade heute Mittag von Senator Uldall und anderen gehört, die Stellung genommen haben - haben wir eine prosperierende, sich dynamisch entwickelnde Wirtschaft, gleichzei
tig werden die Reichen in dieser Stadt immer reicher und parallel dazu wächst die Armut in der Stadt dramatisch an.
Der Senat sagt uns nun in seiner Antwort, dass das zu einem Teil statistische Effekte seien, zu einem anderen Teil gebe es neue Anspruchsberechtigungen und zu einem dritten Teil würde Armut jetzt erst offenkundig, weil Menschen Ansprüche anmelden, die sie früher nicht angemeldet hätten. Das sind zum Teil Erklärungen, die nachvollziehbar sind, aber, meine Damen und Herren, es sind Erklärungen, die für die ganze Republik gelten und nicht nur für Hamburg und deshalb ändert das nichts an der Lage.
Ich finde, Kinderarmut kann sich diese Stadt nicht leisten und deshalb geht es darum, wie wir mit dem Thema anders umgehen können als dies bisher geschehen ist. Seit vielen Jahren fordern wir von diesem Senat, dass er den Hintergründen der Armutsentwicklungen nachgeht, definiert, wie Armut entsteht, wo sie sich ausbildet und wie dagegen strategisch mit den richtigen Maßnahmen an der richtigen Stelle angegangen wird. Diese Antwort wird uns immer noch verweigert. Wir haben keinen präzisen Blick auf die Quartiere in der Stadt. Wir wissen inzwischen, dass jedes vierte Kind in Armutsverhältnissen aufwächst, wir wissen aber auch, dass es zum Beispiel im Bezirk Harburg und sogar in Eimsbüttel, in Wilhelmsburg und auch im Bezirk Mitte durchaus Verhältnisse gibt, wo vier von zehn Kindern, also fast 40 Prozent der Kinder in solchen Verhältnissen aufwachsen. Das sind doch Hinweise, über die wir uns unterhalten müssen, und wir fordern vom Senat, dass dies anders gemacht wird. Es wurde uns schon vor zwei Jahren versprochen, dass wir in kurzer Zeit all diese Daten in der Internet-Information des Senats nachlesen können. Davon ist heute keine Rede mehr. Man kann dies unverändert nicht nachlesen. Dabei wäre es nötig, wenn man gezielt und gut handeln will. Wir sagen, dass die Politik des Senats die Lage nicht verbessert, sondern schwieriger gemacht hat.
Ich will sechs Punkte aufzählen: Das fängt bei den Ausstattungen der Kinderbetreuungseinrichtungen an. Wir haben heute bereits über das Thema gesprochen. Es geht zweitens weiter mit den Fragen nach dem Stand der gebührenfreien Lernmittelsituation in den Schulen und der kostenlosen, niedrig schwelligen Zugänge in Freizeiteinrichtungen, wird es den Gebührenzwang an Hochschulen weiter geben, wird es ein Sozialticket geben und wie wird die finanzielle Unterstützung der kinderreichen Familien in dieser Stadt aussehen. Das sind Beispiele dafür, ob den Kindern eine Chance gegeben wird, diesen Teufelskreis aus Armut endlich zu verlassen oder nicht.
Tatsache ist, dass der Senat durch seine politischen Maßnahmen - ich habe sie aufgezählt - den Familien, die davon betroffen sind, eher Steine in den Weg rollt, anstatt Hürden zu beseitigen. Die Bürgermeisterin hat gesagt, durch SGB II und Sozialhilfe würde Armut vermieden. Das ist meiner Ansicht nach eine völlig falsche Einstellung. Natürlich bedeutet die staatliche Leistung, die bezahlt wird, nichts anderes, als dass man zur Kenntnis nimmt, dass die Familien nicht in der Lage wären, ihren eigenen Überlebensunterhalt zu finanzieren. Dass man aber von solchen Leistungen gleichberechtigt als freier Bürger in dieser Stadt leben könnte, bestreiten wir energisch. Wer daran nicht glaubt, sollte nachlesen, was ges
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tern in der "Hamburger Morgenpost", aber auch in anderen Zeitungen gestanden hat. Durch die Evangelische Kirche in Wilhelmsburg wurde untersucht, wie sich die Situation bei den Armen in dieser Stadt darstellt. Ich fand sehr bemerkenswert, dass hierbei festgestellt wurde, dass es keinen Protest, aber viel Resignation und Rückzug gibt, dass die Betroffenen sich versorgt und entsorgt fühlen - vor allem abgefunden - und dass sich viel Resignation breit macht. Einen Satz will ich zitieren, der mir sehr wichtig ist, weil wir über Jugend reden. Ein junger Mensch ist dort zitiert worden, der erlebt, dass seine Eltern, obwohl sie arbeiten, so wenig verdienen, dass sie Zuschüsse vom Staat brauchen. Diese Junge sagt:
"Warum sollte man sich die Mühe der Ausbildung machen, wenn das Gehalt später nicht reicht?"
Die tiefe Resignation, die aus einer solchen Situation junger Menschen spricht, muss eine Herausforderung an uns sein, solche Resignation zu überwinden. Das jedenfalls ist die Zielsetzung, die wir als Sozialdemokraten verfolgen.
So viel Kinderarmut in der Stadt können wir uns nicht leisten, war die Ausgangsthese. Wir fordern den Senat auf, andere Wege zu beschreiten. Andere Wege haben vor allem mit Chancen zu tun. Ein letztes Zitat - der Vorsitzende des Hamburger Kinderschutzbundes, Professor Wulf Rauer, hat gesagt:
"Kinder von Eltern mit einem Haushaltseinkommen von über 60.000 Euro […] haben eine zwölffach höhere Chance in Hamburg ein Gymnasium zu besuchen als Kinder aus Haushalten mit weniger als 20.000 Euro."
Wir wissen inzwischen, dass auch die Gesundheitslage der Kinder in solchen Haushalten dramatisch schlechter ist, als die, die wir sonst in der Stadt kennen. Wir wissen auch, dass die Beteiligung am gesellschaftlichen Leben für viele dieser Kinder weitgehend ausgeschlossen ist - Anlass für uns gegenzusteuern. Wir fordern den Senat auf, endlich tätig zu werden, mit den Informationen herüberzukommen und Maßnahmen gemeinsam zu entwickeln, weil ich nicht mehr daran glaube, dass es nur eine Schlamperei ist. Sondern wir sagen: Hier wird mit Absicht nicht gegengesteuert.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren von der CDU, ich muss Ihnen ganz offen gestehen, ich habe nicht damit gerechnet, dass diese angemeldete Debatte auch tatsächlich stattfindet. Ich bin etwas überrascht, weil ich mir nicht vorstellen konnte,
was das eigentlich bedeutet. Aber die Debatte findet statt und dann wollen wir uns auch damit befassen.
Dieses Parlament hat im April 2006 eine Senatsvorlage bekommen, in der stand, wir wollen etwas für Spartenkanäle tun. Das Parlament hat im April 2006 auch tatsächlich beschlossen, dafür Geld auszugeben, 550.000 Euro Kassenmittel und 1,95 Millionen Euro Verpflichtungsermächtigungen - also immerhin in der Summe 2,5 Millionen Euro - wollen wir dafür investieren.
Im Mai 2007 hat meine geschätzte Kollegin Dräger in einer Anfrage nachgefragt, was nun damit sei. Dabei kam Folgendes heraus: Erstens habe die Wirtschaft Interesse und man müsse mehr tun. Zweitens wurde gefragt, ob es mittlerweile einen Träger für das Gründerzentrum gebe, über das gerade wortreich gesprochen wurde. Dazu teilte der Senat sehr wortkarg mit, es gebe keine Entwicklung. Das war im Mai dieses Jahres, also 13 Monate nachdem wir diese Drucksache beschlossen hatten.
Jetzt schreiben wir fast Oktober, also eineinhalb Jahre nachdem der Antrag gestellt wurde.
- Und nachdem das Geld zur Verfügung steht.
Was schreibt die CDU in ihrem Antrag? Man müsse mehr tun und der Senat möge sagen, was man mehr tun solle. Mehr blamieren kann man sich wirklich nicht in diesem Hause.
Wer sich Mühe gibt, verehrter Kollege Heintze, und bei der KEK nachfragt, wie es bei den Spartenkanälen aussieht, der bekommt die Antwort, dass die Zulassungen in den Spartenkanälen im Wesentlichen in NordrheinWestfalen und Bayern stattgefunden haben, nicht in Hamburg und auch nicht in Schleswig-Holstein. Anders formuliert, um es ganz kurz zu machen: Hier hat der Senat etwas verpennt.
Ich verstehe den Antrag der CDU so: Es ist die dezente Form der CDU, dem Senat in Mors zu treten, damit er endlich in die Puschen kommt. Der Meinung sind wir auch. Hoffentlich nützt es etwas.
Meine Damen und Herren! Das Thema Niedriglöhne und Mindestlöhne hat nach meiner Ansicht drei Dimensionen. Es geht erstens um die sozialen Auswirkungen, zweitens um die wirtschaftlichen Folgen und drittens um die ethische Dimension. Ich will mich in aller Kürze, aufbauend auf der Beratung in den Ausschüssen, diesen drei Dimensionen des Themas noch einmal nähern.
Das erste Thema: Die soziale Dimension. Wir haben uns in den letzten Tagen mehrfach mit Niedriglöhnen befasst. In Deutschland sind 20 Prozent aller Vollzeitbeschäftigten - also jede fünfte Vollzeitbeschäftigte und jeder fünfte Vollzeitbeschäftigte, Männer wie Frauen - im Niedriglohnbereich gelandet. Das soll heißen, sie verdienen weniger als Zweidrittel des Durchschnittlohns in diesem Lande. Jede achte Person - man kann fast von einem
Frauenthema sprechen, weil es überwiegend Frauen sind - verdient nur die Hälfte dessen, was ein Durchschnittseinkommen in diesem Lande beträgt. Da sprechen wir in Europa von Armutslöhnen.
Es ist unglaublich, aber es ist wahr, inzwischen ist es so, dass die Zahl der Niedriglöhne in Deutschland über dem EU-Schnitt liegt. Wir haben also eine dramatische Entwicklung. Es geht nicht um bedauernswerte Einzelfälle, über die wir auch schon gesprochen haben - Sie erinnern sich an die Diskussion über Beschäftigte im Hotelgewerbe und im Friseurhandwerk -, sondern wir haben eine dramatische Lohndrift nach unten. Für die Schwächsten in dieser Gesellschaft, vor allem also für die nicht Tarifgebundenen fallen die Löhne über viele Jahre hinweg schon ins Bodenlose. Das ist die reale wirtschaftliche Lage.
Das zweite Thema: Die wirtschaftliche Dimension. Die Reallöhne - Sie erinnern sich an die Debatte, die in den letzten Tagen durch die "Bild"-Zeitung stattgefunden hat - sind seit 1991 für die Beschäftigten in dieser Republik gefallen. Die Einkommen aus Gewinnen und aus Kapitalerträgen sind dagegen seit dem Jahre 2000 allein um 25 Prozent angestiegen. Hier klafft eine Schere auseinander und diese Schere kommt auch in Hamburg an.
Ich will noch einmal sagen, was die Niedriglohnentwicklung bedeutet. Wenn es jeder Fünfte ist, dann bedeutet das in Hamburg, dass wir 150.000 Hamburgerinnen und Hamburger haben, die Niedriglöhne beziehen, und dass wir 90.000 Menschen in dieser Stadt haben, die, obwohl sie Vollzeit beschäftigt sind, Armutslöhne haben.
Inzwischen ist es allgemein anerkannt, dass die schwere wirtschaftliche Krise, in der wir in den letzten Jahren standen, vor allem mit dem Thema zu tun hat, wie sich der Arbeitsmarkt entwickelt hat, dass die schwache Binnennachfrage eine Rolle gespielt hat. Exportweltmeister waren und sind wir schon seit vielen Jahren. An der Binnennachfrage hat es gefehlt und dieses Problem schlägt durch.
Sicher ist, dass die wirtschaftlich Schwachen in diesem Lande - also die mit Niedriglöhnen oder mit Armutslöhnen - jeden Cent, den sie mehr bekommen, ausgeben und investieren. Das führt zu der Nachfrage, die gefehlt hat und die jetzt erst langsam wieder Belebung ins Geschäft bringt.
Es ist wirtschaftlich vernünftig, wenn ehrliche und solide Unternehmen davor geschützt werden, dass sie unfairen Wettbewerb nicht durchstehen.
Wenn Sie daran Zweifel haben, gehen Sie in die hamburgische Bauwirtschaft. Vor wenigen Tagen hatte ich Gelegenheit, die Damen und Herren zu besuchen. Dort ist noch einmal betont worden, wie wichtig die Tariftreueerklärung ist, die wir neuerdings oder seit einiger Zeit durch einen Beschluss dieses Hauses herbeigeführt haben, wo nach dem hamburgischen Vergabegesetz verlangt wird, dass bei öffentlichen Auftragsvergaben Tariftreue erklärt wird. Daran kann man erkennen, dass solche Sicherungen in der Praxis wirken.
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Wer stattdessen im Wettbewerb versucht, mit Dumpinglöhnen Vorteile zu erwirtschaften, der verdient nicht unsere Anerkennung als vermeintlich erfolgreicher Unternehmer, sondern unsere Verachtung. Es findet nämlich eine menschenverachtende Ausbeutung statt.
Auch für die öffentliche Hand sind Mindestlöhne eine sinnvolle Entscheidung. Warum? Weil es inzwischen über 650.000 Menschen gibt, die, obwohl sie in dieser Republik vollzeitbeschäftigt sind, zusätzlich ergänzende Sozialhilfeleistungen beziehen müssen. Für Hamburg bedeutet das, dass etliche tausend Menschen aus den Sozialaufkommen zusätzlich unterstützt werden müssen, weil Vollzeitbeschäftigung Frau und Mann nicht ernähren.
Der Senat allerdings verweigert jede Aussage darüber, obwohl wir mehrfach nachgefasst haben, wie viele Hamburgerinnen und Hamburger zusätzliche Leistungen erhalten müssen. Wir bekommen diese Antwort nicht. Meine Vermutung ist, der Senat will es gar nicht so genau wissen, weil sonst öffentlich würde, wie drängend dieses Problem ist und wie günstig für die Stadt eine Mindestlohnentwicklung wäre.
Es wird immer wieder behauptet - wir sind ja beim Thema wirtschaftliche Dimension -, Mindestlöhne würden Arbeitsplätze kosten. Ich möchte dazu folgende Bemerkung machen. Die Low Pay Commission - das ist in Großbritannien eine Kommission, die aus Arbeitgebervertretern, Gewerkschaftlern und Wissenschaftlern zusammengesetzt ist - hat in ihrem 5. Bericht im Jahre 2003 über die Frage der Folgen der Mindestlohnentwicklung in Großbritannien Aussagen getroffen. Ich zitiere:
"Der nationale gesetzliche Mindestlohn hat Vorteile für über ein Million Niedriglohnbezieher gebracht. Seine Wirkung ist ohne einen spürbaren negativen Einfluss auf die Wirtschaft und die Beschäftigung geblieben. Der Mindestlohn wurde angewandt und ohne größere Probleme, (…) obwohl er für einige Wirtschaftsbereiche eine Herausforderung war. Er ist deshalb keine Quelle von öffentlichen Auseinandersetzungen mehr, sondern ein akzeptierter Teil des Arbeitslebens geworden."
Soweit die Erfahrungen in Großbritannien. Wer diese Erfahrungen ignoriert, dem geht es in Wahrheit nicht darum, sich politisch auseinanderzusetzen, sondern der will sich drücken. Die CDU und der Senat in Hamburg wollen sich drücken.
Noch eine Bemerkung zum Thema Tarifautonomie. Es wird immer gesagt, wir wollen nicht in die Tarifautonomie eingreifen. Dieses ist ein Scheinargument, weil es in sehr vielen der angedeuteten Branchen, um die es geht, keineswegs Tarifautonomie gibt. Es gibt in sehr vielen dieser Branchen keine Tarifbindung, es gibt keine Tarifverträge, es gibt keine gewerkschaftlichen Grundlagen, es gibt keine Tarifmacht. Wer dann auf die Autonomie verweist, der täuscht die Öffentlichkeit.
Außerdem sind drei Punkte relevant.
Erstens: Die Tarifparteien behalten den Vorrang auch in dieser Debatte über den Mindestlohn.
Zweitens: Die Tarifparteien werden am Mindestlohnverfahren unmittelbar, und zwar sehr maßgeblich beteiligt.
Drittens: Alle internationalen Erfahrungen belegen, dass es jenseits des Mindestlohns eine sehr gut funktionierende lebendige Tarifgestaltung gibt.
Es ist also keineswegs so, dass ein Eingriff in die Tarifautonomie stattfindet, die unerträglich wäre.
Das letzte Thema: Die ethische Dimension.
Erstens: Wenn in einem reichen Land, speziell in einer so wohlhabenden Stadt wie Hamburg, das Einkommen, das man aus Vollzeitarbeit bezieht, nicht mehr zum Überleben ausreicht, dann ist dieses keine x-beliebige Frage, über die man zur Tagesordnung übergehen darf. Deshalb sagen wir, wenn wir das zulassen, dann wird das Gerechtigkeitsempfinden der Menschen - nicht nur der Betroffenen, sondern der Menschen im ganzen Lande - zutiefst verletzt.
Zweitens: Es droht, die soziale Balance in diesem Lande zu zerbrechen und auseinanderzudriften.
Drittens: Die Würde des Menschen - das ist ein Verfassungsgrundsatz - wird mit Füßen getreten. Das dürfen wir nicht zulassen.
Gestatten Sie, dass ich an die richtigen Worte von Gräfin Dönhoff, Ehrenbürgerin unserer Stadt, erinnere. Sie hat bei anderer Gelegenheit öffentlich gesagt, sie sei der Auffassung, dass eine Marktwirtschaft, ein reiner Kapitalismus, ethische Regeln benötige. Wenn die nicht vorliegen, dann führt der knallharte Kapitalismus zu Kannibalismus.
Nur das gewählte Parlament, also wir, sind in der Lage, das Geschacher um Hungerlöhne endlich zu beenden. Es ist überfällig, meine Damen und Herren.
Es ließe sich noch sehr viel zu dem Thema sagen. Man kann es aber auch in zwei Sätzen ausdrücken.
Wir schulden den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Lande ein Versprechen. Das Versprechen heißt: Wer ehrlich und hart arbeitet, der muss von dem Lohn leben können. Deshalb muss der Mindestlohn her, und zwar so schnell wie irgend möglich.
Verfahren Sie deshalb nicht nach dem Prinzip "ttv", tarnen, täuschen und verpieseln, und verweisen auf andere Zuständigkeiten. Es geht um Hamburgerinnen und Hamburger, die hier leben und unter solchen Bedingungen leiden. Deshalb haben Sie die Verantwortung.
Unterstützen Sie die Gesetzesinitiative beim Bundesrat von Rheinland-Pfalz. Es ist aller Ehren wert.
Wissen Sie, meine Damen und Herren von der Opposition,
- Ja, ja, meine Damen und Herren von der CDU -, es ist schon sehr zermürbend für mich, mit anzuschauen, wie über Jahrzehnte hinweg der Flächentarifvertrag von Ihnen öffentlich desavouiert, kritisiert und in Teufels Küche geredet wurde und jetzt, wo der Flächentarifvertrag schwächer geworden ist, sagen Sie zu den Gewerkschaften, dass sie das regeln sollen. Das ist scheinheilig und unverschämt.
Sie wissen doch genauso wie wir, dass im Osten Deutschlands mittlerweile nur noch 40 Prozent der Beschäftigungsverhältnisse von Tarifverträgen erreicht werden. In Westdeutschland sind es gerade einmal 60 Prozent. In den wachsenden Dienstleistungsbereichen gibt es keine Tarifverträge. Wenn Sie einen guten Friseur haben, dann fragen Sie ihn einmal, wie es ihm geht, wenn in der ganzen Stadt die Buden aufgemacht und pro Haarschnitt für Männer zehn Euro verlangt werden. Dort gibt es überhaupt keinen Tarifvertrag.
Das ist doch die Grundlage, worüber wir reden.
Ich will Ihnen auch sagen, was die Konsequenzen sind. Es ist für mich und vielleicht auch für Sie völlig in Ordnung, wenn künftig in diesen Geschäften wieder anständige Wettbewerbsregeln eingeführt werden, dass der Friseurmeister oder auch der Handwerker überleben kann. Dann sollen sie zwölf Euro für das Haarschneiden verlangen, was immer noch okay ist. Das ist meine Meinung hierzu.
Nächstes Argument: Irland hat 8,65 Euro Mindestlohn, Frankreich 8,44 Euro, Großbritannien ab 1. Oktober 8,20, Belgien 8,08 Euro und in Deutschland wären es dann 7,50 Euro, wenn es Realität wird. Über Italien, Schweden, Norwegen oder Finnland haben wir gar nicht gesprochen. Das brauchen wir nicht. Dort gibt es eine Erfassung der Tarifbereiche von 90 Prozent und darüber. Das ist die Realität in diesem Land und Sie drücken sich davor. Was Sie machen, ist "ttv", tarnen, täuschen und verpieseln. Sie wollen sich vor diesem Problem drücken und das dürfen Sie den 80.000 Menschen in Hamburg gegenüber, die Armutslöhne haben, nicht zugeben. Stehen Sie gerade in Ihrer Verantwortung. Wenn Sie das nicht tun, werden Sie verantwortlich gemacht.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich wollte ebenfalls mit dem Reeperbahn-Festival einsteigen. Das ist nun zweimal dargestellt worden und deshalb erspare ich mir das.
Nach meinen Informationen sind es übrigens 200 Bands, die an 20 Bühnen auftreten, also sehr bemerkenswert. Schauen Sie sich das an, dann können Sie sehen, dass in Hamburg tatsächlich Rock und Pop noch eine bedeutende Rolle spielt. Trotzdem, Herr Rusche, geht es nicht um Schlechtreden, sondern um die Realität und die Realität ist, dass wir den Spitzenplatz im Bereich der Musikwirtschaft und des Musikstandorts verloren haben. MTV und die Bertelsmann-Tochter BMG sind weg, Ariola ist weg, der Tonträgerverband ist nach Berlin gegangen. Es gibt eine Untersuchung des Bezirks Hamburg-Mitte, die sich mit der Frage, wie es denn auf St. Pauli mit dem Musikstandort aussieht, beschäftigt. Dort werden sehr bedenkenswerte Hinweise gegeben, dass es inzwischen so etwas wie ein Sterben der Club-Szene in HamburgMitte gibt, auch auf St. Pauli, und dass es Verlagerungen gibt, die der Struktur der Reeperbahn sehr schaden. Wenn die Musikclubs dort weggehen, verlagert werden oder aus Hamburg ganz verschwinden, wenn insbesondere die Live-Clubs verloren gehen, ist das wirtschaftlich problematisch, vor allem aber für die Standorte und deren Struktur wirklich bedauerlich. Wenn die Reeperbahn am Ende nicht mehr der kulturell lebendige und interessante Standort bleibt, sondern wieder auf Porno und Sex reduziert wird, dann ist das schade. Diese Gefahren wurden zu Recht deutlich gemacht und die muss man ernst nehmen, wenn einem das von Fachleuten gesagt wird und man für Politik verantwortlich ist. Da geht es nicht um Schlechtreden, sondern wir müssen Hinweise, die uns von Wissenschaftlern und Verantwortlichen vor Ort gegeben werden, wirklich ernst nehmen.
Dann noch eine Frage an die GAL. Den Antrag hat es mit Datum vom 15. August unter der Drucksachen-Nummer 18/6776, also vor 200 Drucksachen, schon einmal gegeben. Irgendwie ist er zurückgezogen worden und mich würde schon interessieren, warum das geschehen ist und der wortgleiche Antrag erneut eingereicht worden ist. Meine Vermutung ist, dass Herr Rusche nicht ganz Unrecht hat, dass es nämlich an der Finanzierungsdeckungsseite dieses schönen Antrags etwas mangelt. Aber, Herr Rusche, dann ist es falsch zu sagen, das lehnen wir ab, sondern lasst uns doch über dieses wichtige Thema für die Stadt wenigstens diskutieren; mehr wollen wir gar nicht.
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Lasst uns darüber reden und es nicht einfach ignorant ablehnen und sagen, weg damit, alles ist gut, wunderbar. Die Betroffenen sehen es nämlich ganz anders, Herr Rusche.
Meine Damen und Herren! Vor wenigen Tagen hat eine schöne Veranstaltung im Kaisersaal stattgefunden. Herr Senator Uldall empfing eine illustre Gesellschaft. Es war die HanseLog, lauter arrivierte Manager und Unternehmer. Ich freue mich, dass ich darauf Bezug nehmen kann. Herr Uldall hat die These vertreten, Deutschland sei Globalisierungsgewinner und die Zentrale der Gewinner sei Hamburg - so in etwa verkürzt.
Seine These bezog sich darauf, wenn man sich die Exportüberschüsse anschaue und die daraus erwachsenden Transportvolumina - es waren nämlich Unternehmer aus der Logistikbranche -, dann sei das alles gut nachvollziehbar; er hat recht.
Herr von Frankenberg hat gerade gefragt, was das Thema Armut und die Folgen, Hartz IV und Ähnliches mit Hamburg zu tun habe, das sei ein Bundesthema. Es hat mit Hamburg zu tun, weil es neben den Globalisierungsgewinnern auch Globalisierungsverlierer in dieser Stadt gibt. Man kann sie wirklich finden, wenn man hinschaut. Die Frage ist, ob der Senat bereit ist, hinzuschauen,
und da haben wir den Eindruck, dass der Senat lieber wegschaut als hinschaut.
Inzwischen haben wir in diesem Lande etwa acht bis neun Millionen Menschen, die man als Niedriglohnbezieher und -bezieherinnen bezeichnet, obwohl sie Arbeit haben. Wir haben 2,5 Millionen Menschen, die sogar von Armutslöhnen leben müssen. Die Europäische Kommission stellt fest - ich bitte Sie, sich das einmal auf der Zunge zergehen zu lassen -, dass in Deutschland die Zahl der Niedriglohnbezieher größer ist als im Durchschnitt in Europa. Die Lohnspreizung nimmt weiter zu und wir haben inzwischen das Problem, dass eine Million Deutsche, und darunter viele Hamburgerinnen und Hamburger, obwohl sie arbeiten, Zusatzbezüge aus dem Arbeitslosengeld II beziehen müssen. Da ihr Arbeitslohn nicht ausreicht, um ihre Armutsmindeststandards zu erfül
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len, müssen zusätzliche Leistungen von der Stadt erbracht werden, auch in Hamburg. So viel, Herr von Frankenberg, zum Thema, was das mit Hamburg zu tun habe.
Es hat mit unserer Stadt zu tun und ich finde es richtig und konsequent, wenn wir uns um diese Menschen und deren Familien kümmern. Sie haben gesagt, das habe nichts mit Hamburg zu tun. In Hamburg ist die Zahl der Kinder, die in Armut leben - dies ist gerade schon erwähnt worden - sehr groß. In vielen Stadtteilen wächst jedes dritte Kind in Armutsverhältnissen auf. Die Zahl der Kinder, die in armen Familien leben, ist in Hamburg größer als in Brandenburg; das ist schon bemerkenswert. Natürlich hat eine Metropole andere Probleme als ein Flächenland, aber Brandenburg ist kein reiches Land. Brandenburg ist ein Land, das nach und nach erst an neuer Vitalität gewinnt und Hamburg ist eine lebendige, wachsende, reiche Metropole. Wir leisten uns Armut in weiten Teilen für Kinder und Familien und das dürfen wir uns in Zukunft nicht weiter leisten.
Die Globalisierungsgewinner müssen auch für die Schattenseiten des Lebens in der Stadt Zeit und ein Auge haben. Der Senat hat dieses Auge nicht.
Ich möchte nicht wiederholen, was meine geschätzte Kollegin, Frau Gregersen, schon zu den realen Verhältnissen gesagt hat, wenn man Hartz IV-Bezüge hat und damit die Lebenshaltungskosten bestreiten muss: 4,30 Euro für die tägliche Ernährung bei Erwachsenen, bei Kindern sehr viel weniger. Für die Fahrkarte im Monat bleibt bei Erwachsenen 20 Euro übrig. Wir zwingen die Menschen zum Schwarzfahren, das ist die Realität in dieser Stadt,
und der Senat tut nichts dafür, dass es ein Sozialticket gibt; das ist ein Skandal.
Meine Damen und Herren! Die Forderungen der SPD, anders mit der Armutsbemessung umzugehen, genauer hinzuschauen, Frau Gregersen, was Hamburg von anderen Städten unterscheidet, was die Großstädte bei den Lebensverhältnissen von anderen Bereichen in diesem Lande unterscheidet, ist richtig. Wir fordern Sie auf, diesem Antrag zuzustimmen und die notwendigen Prüfungen und Anpassungen regelmäßig durchzuführen, damit in Hamburg auch arme Menschen menschenwürdig leben können.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Diese Stadt ist berühmt und bekannt dafür, dass sie erfolgreiche Kaufleute hat. Man sollte annehmen, dass dieses Image der Stadt auch beim Senat einen Niederschlag findet. Wer sich aber die Vergangenheit anschaut - und ich habe mir das noch einmal vergegenwärtigt und ich werde die Situation auch nie vergessen, die unmittelbar vor dem Verkauf des LBK da war -, der zweifelt allerdings an diesem Talent des Senats.
Ich habe noch keinen Unternehmer, einen Verkäufer erlebt, der das Unternehmen, das er verkaufen will, öffentlich so schlechtredet wie der Senat das unmittelbar vor dem Verkauf gemacht hat. Stundenlang haben die CDU und die Regierung den LBK in der Öffentlichkeit schlechtgeredet, obwohl sie ihn verkaufen wollten. Ein Unding, meine Damen und Herren.
Dann haben Sie das Unternehmen gegen die Shareholder verkauft, weil die eigentlichen Shareholder dieses Unternehmens - das gehört ja nicht dem Senat, das gehört den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt - dem Senat gesagt haben, wir wollen, dass das nicht verkauft wird. Der Senat hat sich darüber hinweggesetzt und hat seine Verkaufsgeschäfte weiter betrieben.
Er hat Weiteres getan. Er hat alle Altlasten behalten. Er hat die Risiken aus der Altersversorgung behalten. Er organisiert die Finanzierung für den Käufer. Er verspricht ihm, die Zukunftsrisiken abzunehmen. Der Senat versaut sich seine eigenen Immobilienwerte in diesem Vertrag, den er Kaufvertrag nennt.
Ich sage, dieser Vertrag war immer ein Dokument zur Täuschung der Öffentlichkeit und ist kein Kaufvertrag, wie er unter anständigen Kaufleuten abgeschlossen wird.
Alle Risiken und alle Verluste bleiben bei der Stadt. Die Erträge werden zu 75 Prozent beim privaten Eigentümer und nur zu 25 Prozent bei der Stadt bleiben. So sieht die Realität aus.
Was ist nun geschehen? Wir haben den Senat gewarnt, und zwar an dieser Stelle mehrfach öffentlich. Wir haben erklärt, dass sich bei Asklepios der Druck auf die Beschäftigten und die Versorgungsqualität verschlechtern wird. Genau das ist eingetreten.
Jetzt stellen Sie sich hierhin und erklären, dass, wenn die Menschen enttäuscht sind, die dort arbeiten, und die Kranken sowie Besucher sich im LBK über den Mangel an Qualität beschweren, der durch die Personalverdichtung und die höhere Produktivität zustande kommt, daran die Betriebsräte und die Gewerkschaften schuld sind. Das ist wohl die letzte Lachnummer.
Wenn Sie seinerzeit den LBK so entschuldet hätten, wie Sie ihn für Asklepios entschuldet haben, wenn Sie die Zukunftsrisiken vom LBK genommen hätten, wie Sie das für Asklepios getan haben, dann hätten Sie den LBK nicht verkaufen müssen. Dann hätten Sie ihn belassen können, wie er gegenwärtig ist und die Beschäftigten wären heute noch da.
Sie hätten heute keine 1.000 Leute, die in den öffentlichen Dienst zurück wollen. Darüber hinaus ist es verdächtig, Herr Krüger, wie Sie die Rückkehrwilligen und diejenigen, die erklären, dass sie zurück zur Stadt möchten, einteilen wollen. Wie Sie das schönreden nach dem Motto: die schlechten ins Kröpfchen und die guten ins Töpfchen. Dann wird zwischen denjenigen unterteilt, die wichtig und die unwichtig sind.
Über 1.000 Menschen haben erklärt, dass sie ihr persönliches berufliches Schicksal offen lassen und in ein neues Risiko gehen werden.
- Ja, das werden wir dann sehen. Wir werden sehen, wie der Senat in diesem Zusammenhang seine Verantwortung wahrnehmen wird.
Wir hören jetzt schon von den heimlichen Drohungen, die hier ausgesprochen worden sind, nach dem Motto: Die Arbeitsbedingungen werden zukünftig für die Betroffenen schlechter sein als beim LBK. Das ist doch gerade gesagt worden.
Diese Risiken werden die Menschen eingehen und das tut niemand leichtfertig. Wenn Sie sich darüber hinwegsetzen, ist das schäbig und unwürdig für einen Senat, von dem angeblich die Meinung herrschen soll, dass er aus guten Kaufleuten besteht.
Das spreche ich Ihnen ab. Es sind keine guten Kaufleute, die auf dieser Regierungsbank sitzen.
Wenn ich Ihnen noch etwas sagen darf: Zahlen, Daten, Fakten, also ZDF, ist der Spruch von unserem Finanzsenator. Diesem Finanzsenator glaube ich die zurechtgebogenen Zahlen schon lange nicht mehr.
Nun haben wir ja Einiges über die juristischen Schwierigkeiten erfahren. Ich frage Sie vor dem Hintergrund, dass dieses Haus wollte, dass den Bürgern Informationen von öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden: Was hindert eigentlich die ARGE und den Senat im Rahmen seiner Einflussmöglichkeiten daran, den Bürgern die gewünschte Information schlicht zur Verfügung zu stellen? Als Dienstleistung ist es doch nicht verboten, den Bürgern diese Informationen zur Verfügung zu stellen. Die ARGE ist eine Dienstleistungseinrichtung.
Was hindert Sie? Das war die Frage.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir hatten in den vergangenen Jahren immer wieder den Senat zu dem Thema befragt, was der Senat über das Schicksal der Menschen in dieser Stadt weiß, die ihre Wohnung durch Zwangsräumung verlieren. Der Senat war in den vergangenen Jahren dazu nie auskunftsfähig. Auf Drängen und Wunsch der SPD-Fraktion, gemeinsam mit anderen Initiativen im Bereich der Obdachlosigkeit in der Stadt, hat sich die Universität in Hamburg, konkret das Ethnologische Institut, dazu entschlossen, näher zu untersuchen, was mit Zwangsräumungen in dieser Stadt passiert.
Diese qualitative Untersuchung - es handelt sich natürlich nicht um eine Massenuntersuchung - war Anlass für uns, noch einmal konkreter nachzufragen. Immerhin, meine Damen und Herren, handelt es sich nicht um eine Bagatelle, sondern in Hamburg werden an jedem Arbeitstag, also auch heute, etwa acht Wohnungen zwangsweise geräumt. Über 2.000 im Jahre 2006, im Jahre 2005 waren es übrigens noch 300 Zwangsräumungen mehr, also eine gegenwärtig sinkende Tendenz. Wir kommen nachher noch einmal darauf.
Wir haben uns nun etwas intensiver mit den Problemen auseinandergesetzt und fragen den Senat, was geschehen kann, um Zwangsräumungen zu vermeiden. Zwangsräumungen haben viele negative Auswirkungen. Im Detail wird dazu etliches in dieser Großen Anfrage nachgearbeitet.
Ich will an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich betonen, bevor nachher wieder das Gegenteil gesagt wird: Die Sozialdemokraten haben, wenn ich es richtig sehe, gemeinsam mit der GAL die Einrichtung des sogenannten Fachstellenkonzepts gegen Wohnungsverlust einhellig begrüßt. Das Konzept wird schon seit vielen Jahren bearbeitet. Wir haben es damals auf den Weg gebracht und der Senat hat nach einigen Jahren begonnen, es auch inhaltlich umzusetzen. Dieses Konzept wird inhaltlich prinzipiell von uns begrüßt. Wir drängen seit geraumer Zeit, dass wir im Sozialausschuss und auch im Parlament dazu kommen, die Ergebnisse dieser bisherigen neuen Regelung der Wohnungssicherungskonzeption in der Stadt zu überprüfen und zu diskutieren. Dazu sind wir bislang nicht gekommen. Ich hoffe, es gelingt mit der Überweisung dieser Großen Anfrage, dem Thema ein Stück näherzukommen.
Auf folgende Aspekte will ich eingehen, weil ich meine, dass sie besonders wichtig sind.
Warum verlieren Menschen ihre Wohnung? Die Ursachen sind vielschichtig. Sie sind an verschiedener Stelle genannt worden. Das hat mit dem Thema Verschuldung, mit dem Thema Erkrankung, mit den Suchtproblemen, mit Arbeitslosigkeit, vor allem auch mit Zerstörung von Familienstrukturen zu tun. Oft sind es mehrere Wirkungsursachen zusammen, die dazu führen, dass Menschen ihre Wohnung verlieren und obdachlos werden. Die Frage ist natürlich, wie man durch politisches Handeln, Intervention und Zusammenarbeit der richtigen Stellen Zwangsräumungen, die per Gerichtsvollzieher durchgeführt werden, in dieser Stadt vermeiden kann? Der entscheidende Punkt ist die Frage, ob die Betroffenen selbst dem drohenden Wohnungsverlust erfolgreich begegnen können, also ob sie in der Lage sind, selbst sehr maßgeblich Handlungsspielräume für sich zu eröffnen und Möglichkeiten zu nutzen, um dem zu begegnen, zum Beispiel, ob sie überhaupt über die Fähigkeit verfügen, sich selbst zu helfen oder helfen zu lassen.
Die Untersuchung, die die Universität durchgeführt hat, hat belegt, dass sehr viele objektiv gar nicht in der Lage sind, sich selbst zu helfen. Viele sind schon nicht mehr in der Lage, sich von Fremden helfen zu lassen. Das bedeutet - so ist die erklärende Position -, dass man an diese Menschen herantreten muss, bevor das Schlimmste, nämlich der Wohnungsverlust, eintritt.
Nun haben wir nachgefragt, wie es mit dieser aufsuchenden Arbeit der Einrichtungen im Bereich der Wohnungsfachstellen aussieht. Da ist das Ergebnis, wie ich finde, doch eher traurig. Herausgekommen ist, dass in Gesamt-Hamburg durchschnittlich je Bezirk jede Woche drei Besuche vor Ort stattfinden. Das ergeben die Zahlen. In den entsprechenden Fachstellen ist eine beachtliche Anzahl von Mitarbeitern beschäftigt. Wie wir aber wissen, sind es viel zu wenige, die in der Lage wären, eine solche aufsuchende Arbeit vor Ort qualitativ zu leisten. Vor dem Hintergrund der Problemlage, wie ich sie gerade dargestellt habe, führt natürlich diese aufsuchende Arbeit in dieser Größenordnung dazu, dass nur in den seltenen Fällen wirklich erfolgreich in letzter Minute, also vor der Zwangsräumung, interveniert werden kann.
Ich sage ausdrücklich, dass wir nicht die Arbeit der Beschäftigten in den Fachstellen kritisieren, sondern wir sagen, dass der Senat hier zu wenig tut, um am Ende Zwangsräumungen zu verhindern. Nun werden der Senat und wahrscheinlich auch die CDU-Fraktion gleich antworten: Aber die Zahl der Zwangsräumungen sind vom Jahr 2005 auf das Jahr 2006 gesunken. Das ist richtig und auch erfreulich, dass das so ist. Nur, wenn man genauer hinschaut, dann sieht man, dass die Zahl der Menschen, die wegen Wohnungslosigkeit in öffentlichen Unterbringungen sind, nicht wegen Flüchtlingsproblematik, exakt dieselbe ist wie im Jahre 2005, nämlich 2766. Das heißt, wenn es nicht gelingt, Zwangsräumungen rechtzeitig zu verhindern, dann geschieht ein sehr merkwürdiger Kreislauf. Die Stadt gibt sich viel Mühe, mit viel Geld und Aufwand, Menschen aus öffentlichen Unterbringungen herauszubekommen und in reguläre Wohnungen zu bekommen. Gleichzeitig füllt sich die Stadt ihre Einrichtungen wieder auf, weil ein nicht kleiner Teil der Menschen, die durch Zwangsräumung obdachlos geworden sind, am Ende doch wieder in öffentlichen Unterbringungen landen. Dieser Kreislauf, meine Damen und Herren, muss dringend unterbrochen werden. Das muss die Zielsetzung dieser Debatte sein.
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Weil es uns besonders wichtig ist, möchte ich darauf eingehen, welches der hauptsächliche Ansatzpunkt ist und das ist, meine Damen und Herren, wen darf es wundern: Wir haben in Hamburg entschieden zu wenig günstigen und bezahlbaren Wohnraum für solche Fälle.
Um das Segment des günstigen und bezahlbaren Wohnraums gibt es einen regelrechten Wettbewerb auf hohen Touren in der ganzen Stadt. Viele tausend Menschen in der Stadt werden, weil sie zur Gruppe der Niedrigverdiener oder zur Gruppe der Studenten, die inzwischen ihre Studiengebühren bezahlen müssen, oder der Arbeitslosen gehören, vor allem natürlich sehr viele Arbeitslosengeld-II-Empfänger, die über Hartz-IV-Regelungen in solche Unterkünfte und billigen Wohnraum hineingedrängt werden. Es entsteht ein richtiger Wettbewerb und das Ergebnis ist verheerend. Es ist auch deshalb verheerend, weil entsprechender Wohnraum kaum geschaffen wird, jedenfalls nicht ausreichend.
Ein Schlüssel der Problematik liegt also darin - so sehen wir das nach dieser Großen Anfrage -, dass es uns gelingen muss, erstens Zwangsräumungen dadurch zu vermeiden, dass man rechtzeitig an die Betroffenen herantritt, nicht aufgibt, wenn man nicht sofort Kontakt bekommt oder Kontakte auch abgebrochen werden, weil das am Ende die Stadt und die Betroffenen viel günstiger kommt, wenn man da Lösungen sucht. Zweitens, dass endlich wieder bezahlbarer Wohnraum, gerade auch für sozial benachteiligte Menschen in dieser Stadt gefunden wird. Das sind die wichtigsten Punkte und Ergebnisse für diese Untersuchung. Ich bitte Sie sehr herzlich darum, dass wir in der Lage sind, das fachlich vertieft im Sozialausschuss debattieren zu können. - Vielen Dank.
Frau Senatorin, vielleicht haben Sie bemerkt, dass ich mich bei meiner Rede sehr bemüht habe, keine polemischen Ausfälle zu fahren, sondern zur Sache zu sprechen. Das war jedenfalls meine Bemühung. Ich will das auch jetzt fortsetzen, obwohl ich der Meinung war, dass Ihre Antwort nicht adäquat gewesen ist.
Ich möchte es anders formulieren. Ich will an einem Beispiel sagen, was ärgerlich ist an dem, was Sie darstellen. Sie sagen, Sie hätten über 2.000 Obdachlosen Wohnraum vermittelt. Frau Senatorin, das ist irreführend. Es waren wohnungslose Menschen, die eine Wohnung bekommen haben. Unter Obdachlosen verstehen wir alle, die hier sitzen, und die Menschen, die darüber berichten, nicht Menschen, die in Unterbringungen sind, sondern Menschen, die auf der Straße leben. Wenn man fragt, wie viele Menschen, die auf der Straße lebten, in Wohnraum vermittelt worden sind, dann kommt dabei so gut wie nichts heraus. Man muss in der Sache sehr sorgfältig sein, wenn man die Realität abbilden will. Obdachlose in Wohnungen zu vermitteln, ist ein schweres Geschäft, das räume ich ausdrücklich ein. Da ist bisher wenig geschehen.
Richtig ist, Frau Senatorin, dass das Fachstellenkonzept fertig in den Schubladen der Sozialbehörde lag, als Sie die Regierung übernommen haben. Dann haben Sie vier Jahre gebraucht, um es umzusetzen. Jetzt sind wir knapp zwei Jahre dabei es zu prüfen und schauen uns an, wie die Ergebnisse sind, und dann wird, was gut ist, nicht schlechtgeredet, sondern gutgeredet. Was schlecht ist, muss überprüft werden. Ich finde, das ist in Ordnung. Das ist unsere Aufgabe.