Die Sitzung ist eröffnet. Abweichend von der Empfehlung des Ältestenrates hat dieser in seiner gestrigen Sitzung beschlossen, die heutige Tagesordnung um einen Punkt zu ergänzen. Es handelt sich um die Drucksache 18/923, ein Antrag nach Artikel 65 Absatz 3 Nummer 2 der Hamburger Verfassung. Diese Drucksache wird als Tagesordnungspunkt 0 nachträglich in die Tagesordnung aufgenommen und soll im Anschluss an die Fragestunde debattiert werden. Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, dass hierfür jeder Fraktion zehn Minuten Redezeit zusätzlich zur Verfügung stehen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Frühjahr 2002 wurde die Fischauktionshalle von der Liegenschaftsverwaltung zur Verpachtung ausgeschrieben. Am 11. Oktober 2002 erhielt ein Bewerber den Zuschlag. Am 26. November 2003 schickte die Stadt dem Bewerber den endverhandelten Vertrag und am 8. April 2004 erhielt der Bewerber von der Stadt die Mitteilung, dass das Verfahren ohne Zuschlag beendet worden sei.
Erstens: Aus welchem Grund wurde das Verfahren kurz vor seinem Abschluss abgebrochen, obwohl der Bewerber alle von der Stadt geforderten Voraussetzungen erfüllt hatte?
Herr Präsident, Herr Abgeordneter Egloff! Der von Ihnen mündlich vorgetragene Vorspann entspricht nicht der schriftlich vorgelegten Fassung, sodass ich mich zunächst auf die schriftlich vorgelegte Fassung beziehe. Dort sind die einzeln von Ihnen eben genannten Daten, insbesondere, dass ein Zuschlag an einem bestimmten Tag erteilt worden sei, nicht enthalten. Ich bemühe mich aber, in der Richtigstellung den Sachverhalt entsprechend darzustellen.
Der Senat war mit dieser Sache nicht befasst, sodass ich für die zuständige Behörde die Fragen wie folgt beantworte:
Zu erstens: Zur Klarstellung auch gegenüber der von Ihnen mit Drucksache 18/671 beantworteten Frage noch einmal die wesentlichen Daten des Verfahrens.
Der Pachtvertrag mit dem jetzigen Pächter läuft noch bis zum 30. September 2005. Er wurde nicht verlängert. Vielmehr entschied sich die Stadt im Jahr 2002, die Vergabe der Fischauktionshalle öffentlich auszuschreiben.
Noch einmal die vier Schritte, in denen ein solches Verfahren abläuft, weil das offenbar nicht so bekannt ist. Im ersten Schritt erfolgt die Ausschreibung, die Auswahl der
Bewerber und die Wahl der Vertragsform. Der zweite Schritt ist, dass mit einem Bieter Verhandlungen über die Bestellung eines Erbbaurechts aufgenommen wurden und die übrigen Mitbewerber darüber entsprechend informiert werden. Im dritten Schritt erfolgt die Vertragsausgestaltung, die Vorlage und die Entscheidung der Kommission für Bodenordnung, die in diesem Fall am 18. Dezember 2003 zur Erbbaurechtsbestellung erfolgt ist. Im vierten Schritt erfolgt die Vertragsausgestaltung dann auf Basis des KfB-Beschlusses. Dieser vierte Schritt ist nicht abgeschlossen worden.
Nach der Befassung der Kommission für Bodenordnung führten neue Erkenntnisse dazu, das Ergebnis der Verhandlungen mit dem bis dahin favorisierten Bieter zu überprüfen. Zum einen wurde ein Gutachten über die bis dahin nicht bekannten hohen Kosten zur Beseitigung von Bauschäden vorgelegt. Dadurch war infrage gestellt, ob die Vergabe zu den der Kommission für Bodenordnung vorgelegten Bedingungen überhaupt noch möglich gewesen wäre. Zum anderen äußerten anwaltlich vertretene Mitbewerber substanziierte Kritik am Vergabeverfahren.
Diese Erkenntnisse veranlassten die Leitung der Finanzbehörde am 11. Februar 2004, den gesamten Vergabevorgang durch die Innenrevision der Finanzbehörde überprüfen zu lassen. Die Innenrevision kam am 9. März 2004 zu dem Ergebnis, dass bei Abschluss des Verfahrens ohne Berücksichtigung dieser neuen Erkenntnisse große Nachteile für den Haushalt der Freien und Hansestadt Hamburg und ein hohes Risiko der Anfechtbarkeit der Vergabeentscheidung bestehe und empfahl daher, das Verfahren neu zu beginnen. Daraufhin hat die zuständige Behörde die Aufhebung des Verfahrens und die Neuausschreibung verfügt. Damit hat die Finanzbehörde als zuständige Behörde von dem in der Ausschreibung ausdrücklich vorbehaltenen Recht, das Verfahren ohne Zuschlag – betone ich – einzustellen, Gebrauch gemacht. Über die Aufhebung wurden in Folge alle Mitbewerber schriftlich informiert. Nochmals zur Klarstellung wegen des von Ihnen auch eingangs zitierten Sachverhalts: Das Verfahren war zum Zeitpunkt der Aufhebung beziehungsweise Einstellung noch nicht abgeschlossen.
Darüber hinaus gibt die zuständige Behörde zu Vergabeverfahren keine Auskunft über Mitbewerber oder interne Entscheidungsvorbereitungen. Maßgeblich sind allein die Ausschreibungstexte.
Zu Ihrer zweiten Frage. Mit der Veröffentlichung der Vergabeanzeigen in Tageszeitungen am 30. und 31. Juli und am 1. August dieses Jahres begann die öffentliche Phase des Vergabeverfahrens. Die Ausschreibungsfrist endet am 30. September 2004. Soweit Bewerbungen vorliegen, können anschließend die Verhandlungen beginnen.
Wollen Sie mir bitte die Frage beantworten, wie oft es zu vergleichbaren Abbrüchen in dem von Ihnen gerade skizzierten vierstufigen Ausschreibungsverfahren in der Vergangenheit gekommen ist?
Dies betrifft nicht die Frage, die gestellt wurde. In diesem Fall betraf der Abbruch nur einen, nämlich in dem vierten Schritt.
Das ist nicht nur dokumentiert, sondern durch die bewährte Innenrevision der Finanzbehörde intensiv geprüft und überprüft worden. Im Übrigen kann das, was ich heute gesagt habe, im Protokoll entsprechend nachgelesen werden. Im Übrigen hat der Senat auf die Frage von Herrn Abgeordneten Egloff am 10. August 2004 in der Drucksache 18/671 geantwortet.
Herr Staatsrat, ist es denn üblich, dass die Finanzbehörde zunächst mit einem Bewerber bis zur Unterschriftsreife verhandelt, diesen zum Abschluss eines Vertrages über eine Besitzgesellschaft mit einer Brauerei veranlasst und dann das Verfahren ohne Angabe von Gründen gegenüber diesem Bewerber beendet?
Herr Präsident, Herr Abgeordneter Egloff! Es ist mit den Mitbewerbern gesprochen worden. Wenn die Erkenntnisse, die ich eben skizziert habe, vorliegen, ist es üblich, solche Verfahren neu auszuschreiben, denn ohne diese Erkenntnisse hätten wir das Verfahren selbstverständlich beenden können. Aber in diesem Fall war das rechtlich nicht möglich. Wenn wir es getan hätten, hätten wir uns eines Rechtsverstoßes schuldig gemacht.
Herr Staatsrat, Sie haben ausgeführt, dass Mitbewerber Kritik am Auswahlverfahren geäußert haben. Könnten Sie uns bitte die einzelnen Punkte, die dort an Kritik geschildert wurden, darstellen?
Ich wiederhole meinen Satz, den ich auf die erste Frage genannt habe. Darüber hinaus gibt die zuständige Behörde zu Vergabeverfahren keine Auskünfte über Mitbewerber oder interne Entscheidungsvorbereitungen. Auch das sage ich ganz bewusst, weil ich mich sonst eines Rechtsverstoßes schuldig machen könnte.
Waren denn diese geäußerten Kritikpunkte ausschlaggebend, das Verfahren einzustellen, oder die von Ihnen geschilderten wirtschaftlichen Nachteile?
Ich wiederhole noch einmal: Ich habe nicht "irgendwelche geäußerten Kritikpunkte" gesagt, sondern ich habe zunächst an erster Stelle auf ein Gutachten hingewiesen, welches bis zu dem Zeitpunkt der Befassung der Kommission für Bodenordnung Kosten, und zwar hohe Kosten zur Beseitigung von Bauschäden prognostiziert hat, die – und das ist der Unterschied, der vielleicht auch in diesem Verfahren eine Rolle spielte – von dem Erbbauberechtigten zu tragen sind, denn bis zum Ende nächsten Jahres läuft es noch als Pachtvertrag, wird aber danach als Erbbaupacht ausgeschrieben und bei der Erbbaupacht muss der jeweilige Erbbauberechtigte diese Schäden beseitigen. Das ist einfach der rechtliche Unterschied. Die Kosten in dieser Höhe waren keinem Mitbewerber vorher bekannt. Das war also für alle Mitbewerber ein völlig neuer Sachverhalt. Da die Gebote relativ dicht beieinander lagen, war die Höhe der Bauschäden allein der Grund, dass wir das Verfahren noch einmal neu ausschreiben mussten. Dazu kamen auch noch substanziierte Kritikpunkte, die auch zur Überprüfung durch die Innenrevision geführt haben.
Herr Staatsrat, Sie haben erwähnt, dass nachträglich Erkenntnisse über Schäden an der Bausubstanz aufgetreten sind. Welche Schäden sind das und welche Kosten werden vermutlich ihre Beseitigung verursachen?
Auch hierüber werde ich keine Auskünfte erteilen können, denn das Bewerbungsverfahren ist neu ausgeschrieben und die Neuausschreibung nimmt selbstverständlich auf das Gutachten über die Schäden und auch die Höhe der Schäden Bezug und die sind im neuen Verfahren – deswegen haben wir es ja gerade neu gemacht – entsprechend zu berücksichtigen. Da die Bewerbungsfrist noch läuft und die Verhandlungen nicht abgeschlossen sind, würde ich jetzt in ein laufendes Vergabeverfahren eingreifen. Das darf ich leider nicht.
Hätte die Fachbehörde nicht erst das von Ihnen angeführte Gutachten einholen müssen, bevor sie in ein Ausschreibungsverfahren geht?
Im Laufe der Verhandlungen werden immer wieder Punkte problematisiert. Nachher sind wir immer schlauer. Aber hier ist der Behörde kein Verfahrensfehler vorzuwerfen. Wir haben das durch die Innenrevision prüfen lassen. Es ist eben so wie im wirklichen Leben, dass manche Bauschäden erst dann zutage treten, wenn man sich einmal im Rahmen der Verhandlungen intensiv mit dem in Rede stehenden Objekt befasst hat.