Protocol of the Session on November 8, 2007

Login to download PDF

Was mich wirklich erschreckt, ist die Doppelmoral, die der Senat im Punkt Lärmschutz erkennen lässt. In Hamburg sind über 100.000 Menschen - das ist die Bilanz, die der Umweltsenator selbst vorgelegt hat - an Hauptverkehrsstraßen einem Lärm ausgesetzt, der sie medizinisch nachweislich krank macht. Der Senat lehnt es ab, über Schallschutzmaßnahmen wie eine Temporeduzierung auch nur nachzudenken. Geschweige denn bekommt irgendeiner dieser Anwohner vom Senat Schallschutzfenster finanziert. Aber wenn sich die Nachbarn einer Kindertagesstätte über den Lärm von Kindern beklagen, dann ist der Senat als Erster da und baut eine Schallschutzmauer. Hier sind die Maßstäbe in Ihrer Lärmschutzpolitik gründlich durcheinander geraten, Herr Senator.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Richtig unredlich finde ich auch das Verhalten des Bürgermeisters in diesem Punkt. Zunächst einmal hat er nicht verhindert, dass dieses Placebo-Gesetz in dieser Bürgerschaft beschlossen wird. Und als dann die Grundsteinlegung zu der neuen Kita anstand und zu dem Zeitpunkt noch nicht so offenbar war, dass das ein politisches Problem werden könnte, witterte er einen guten Wahlkampfauftritt und sagte seine Teilnahme an der Grundsteinlegung zu. Hübsch lächelnde Kinder bei einer Grundsteinlegung, etwas Besseres kann einem im Wahlkampf eigentlich nicht passieren. Als dann das "Hamburger Abendblatt" diesen Skandal der Lärmschutzmauer beschrieben hat und klar wurde, dass ein politisches Problem besteht, das er zu verantworten hat, sagt der Bürgermeister eben diesen Termin kurzfristig wieder ab. Eine vollkommen unerwartete auswärtige Veranstaltung kam ihm in den Weg. Wahrscheinlich war das das Treffen mit dem Verwaltungschef der Region Südjütland, von dem wir am nächsten Tag reden konnten.

(Ingo Egloff SPD: Da hätte er noch etwas über Kindergärten lernen können!)

Wer sich so verhält, der verhält sich einfach nur unredlich. Er benutzt die Kinder, wann es ihm passt. Aber wenn es darauf ankommt, lässt er sie im Stich. Das ist, ehrlich gesagt, nicht in Ordnung.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Frau Strasburger, bitte.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Sehr geehrter Herr Maaß, in dieser Sache, finde ich, blasen Sie sich – aber vor allen Dingen auch die Sache – auf und helfen den Betroffenen

nicht, sondern Sie schaden den Betroffenen und Sie schaden vor allen Dingen den Kindern.

(Gerhard Lein SPD: Wieso das denn?)

Das finde ich in diesem Fall sehr schade.

(Beifall bei der CDU)

Denn es sollte uns nicht darum gehen zu politisieren, sondern es sollte uns in der Sache wirklich nur um die Kinder gehen.

(Beifall bei der CDU)

Erstens haben sich Anwohner und die Kita Marienkäfer einvernehmlich geeinigt und sind alle mit der nun gefundenen Lösung sehr zufrieden.

(Christiane Blömeke GAL: Was bleibt ihnen auch anderes übrig?)

Zweitens handelt es sich hier um einen zugegebenermaßen auch für mich unerfreulichen Einzelfall. Es ist ein Einzelfall, aber unsere Gesetzgebung hat gerade nicht dazu geführt, dass hier eine Lärmschutzmauer entsteht. Ihre Gesetzgebung hingegen hätte wohl dazu geführt. Wie das passiert wäre, werde ich gleich noch ausführen. Unsere Gesetzgebung hat dazu geführt, dass sich hier Anwohner und Kitabetreiber unter der Moderation des Bezirksamts an einen Tisch gesetzt haben. Und sie haben eine Lösung gefunden, mit der alle zufrieden sind.

(Beifall bei der CDU)

Drittens: Diese Lösung ist freiwillig gefunden worden. Bei Einführung Ihrer Gesetzgebung wäre diese Lösung zwanghaft gekommen.

(Dr. Willfried Maier GAL: Wenn der Senat Geld gibt, geht es immer freiwillig!)

Wo stehen wir jetzt? - Herr Maier, hören Sie einfach zu. - Wo stehen wir jetzt? Der Bau der Kita kann unverzüglich vonstatten gehen. Das ist das, was die Kinder beziehungsweise die Betreiber der Kita wollen. Wir wollten keinen Zeitverzug, wir wollten, dass die Kinder sofort in diese Kita einziehen können.

(Beifall bei der CDU)

Es wird - das stimmt - eine 2 Meter hohe Lärmschutzmauer gebaut. Es ist keine Mauer, sondern ein Lärmschutzzaun. Dieser Lärmschutzzaun wird sowohl die Kinder vor der Außenanlage der Garage der Nachbarn schützen als auch die Anwohner vor dem Kinderlärm. Alle Betroffenen sind in diesem Fall zufrieden. Wo ist jetzt eigentlich Ihr Problem? Ich verstehe es letztendlich nicht. Mit Ihrer Gesetzgebung fordern Sie geradezu solche Maßnahmen. Ich zitiere unter Paragraf 3 und 4 Ihres Gesetzentwurfs. Paragraf 3 Absatz 3:

"Anlagen [im Sinne dieser Verordnung] sind so zu errichten und zu betreiben, dass nach dem Stand der Technik zur Lärmminderung unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche auf ein Mindestmaß beschränkt werden."

(Ingo Egloff SPD: Mindestmaß!)

Genau das ist hier der Fall. Paragraf 4 Absatz 1:

"Zur Beschränkung der Immissionen auf ein Mindestmaß sollen Spielplätze und Spielgeräte möglichst emissionsarm ausgerüstet werden, wenn

anderenfalls erhebliche Konflikte mit benachbarter Wohnbevölkerung zu erwarten sind. Darüber hinaus kann der Betreiber Regelungen zur Lärmminderung treffen […] Die zuständige Behörde kann entsprechende Maßnahmen anordnen."

Der Unterschied zwischen Ihnen und uns besteht nun ausdrücklich darin, dass Sie grundsätzlich Lärmschutzmaßnahmen fordern und jeder auf Grundlage Ihres Vorschlags klagen könnte.

(Christian Maaß GAL: Ach, so ein Unsinn!)

Wir hingegen gehen davon aus, dass Lärmschutzmaßnahmen grundsätzlich nicht notwendig sind.

(Christian Maaß GAL: Sie geben das Geld einfach so aus!)

In diesem Fall - ich betone es gerne noch einmal - ist es ein Einzelfall. Sollte der Einzelfall, wie hier geschehen, auftreten, ist all das, was Sie fordern, wie Sie sicherlich wissen, eben in der Baugesetzgebung schon verankert. Herr Maaß, es ist wirklich unverständlich, dass Sie eigentlich Ihren Gesetzentwurf hier kritisieren.

Zum Schluss möchte ich Ihnen noch eins mitgeben: Durch einen Gesetzentwurf werden wir es nie schaffen, die Gesellschaft und die Menschen zu verändern. Hier ist für die Kinder letztendlich das Beste getan worden. Ich wünsche mir auch eine familienfreundlichere Gesellschaft. Ich wünsche mir, dass die Menschen Kinderlärm nicht als Lärm empfinden. Aber hier ist eine Einigung zwischen Anwohnern und der Kita getroffen worden und alle sind mit dieser Einigung zufrieden.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält die Abgeordnete Veit.

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine Damen und Herren! Kinder sind wirklich das Zukunftsthema für unsere Stadt. Schade nur, dass es von Ihnen und Ihrem Senat seit Jahren so beharrlich gegen die Wand gefahren wird.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man natürlich einen Ersten Bürgermeister hat, der sich immer erst dann für soziale Belange interessiert, wenn der öffentliche Druck zu groß wird, sollte einen das vielleicht nicht überraschen. Aber wir sind dann doch immer wieder erschüttert, was dieser Senat so zustande bringt.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Das sieht man Ihnen an!)

Ein richtiges Bollwerk gegen Kinderlärm kauft er sich jetzt. Die Behörde für Soziales und Familie finanziert über eine Extra-Zuwendung eine 60 Meter lange Lärmschutzwand vor dem Neubau eines Kindergartens. So löst man bei Ihnen Konflikte, wenn der öffentliche Druck zu groß wird. Aber man löst sie eben schlecht.

(Beifall bei der SPD - Rolf Harlinghausen CDU: Hoffentlich sprechen Sie nicht mit Ihren Kindern darüber!)

Vielleicht wäre es für die CDU sinnvoller, statt über ein Betreuungsgeld über ein Spießergeld nachzudenken,

damit die angeblich von Ihnen gewünschten Kinder in den Nachbarschaften dann auch angenommen werden.