Nichtsdestotrotz, lieber Kollege Kienscherf, kann man bestimmt alles verbessern und wir müssen einfach die Situation analysieren. Eine Arbeitsgruppe dazu kann ein zweiter Schritt sein, aber ich möchte mich gerne in Ruhe und vielleicht in einer anderen Atmosphäre mit den Fachleuten aus dem Rathaus im Ausschuss zusammensetzen und darüber sprechen, wo wir noch Verbesserungen vornehmen können; das zum zweiten Antrag.
Auch der GAL-Antrag ist durchaus eine gute Grundlage, um weiter im Ausschuss darüber zu diskutieren. Insbesondere sollten wir den Dialog mit den Hamburger Behindertenverbänden suchen. Wir werden, wie es bisher immer gute Tradition in diesem Haus war, die bestmögliche Lösung in den Ausschüssen suchen und ich lade Sie alle ein, daran teilzunehmen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Mai 2002 wurde das Bundesgleichstellungsgesetz verabschiedet und im Dezember 2004 fand endlich eine Anhörung zum Gleichstellungsgesetz des Hamburger Entwurfs statt. Diese Anhörung ist jetzt drei Jahre her und es gab damals sehr viel Kritik und sehr viel Änderungs- und Ergänzungsbedarfe bei diesem Entwurf. Die Behindertenverbände, die Seniorenverbände und auch wir haben diese Kritik geübt. Heute zeigt sich, dass diese Kritik wirklich berechtigt war.
Paragraf 1 des Hamburgischen Gleichstellungsgesetzes hat das Ziel, die Benachteiligung behinderter Menschen zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Ist das umgesetzt? Ich denke nicht und von daher haben wir unsere Hausaufgaben nicht gemacht. Wenn wir dieses umsetzen wollen, dann hätte es gleich ein Gleichstellungsgesetz sein müssen. Wir haben weder die Barrierefreiheit der Medien mit vereinbart, noch haben wir sie in die Gaststättenverordnung und beim öffentlichen Nahverkehr in die Zielvereinbarungen mit aufgenommen. Heute greifen wir wieder Themen auf, die wir damals haben schleifen lassen und versuchen zwei Monate vor den Neuwahlen, noch einmal mit solchen Themen zu kommen. Leider wurden damals weder unsere Änderungsvorschläge noch die der Menschen mit Behinderungen aufgenommen. Nach der Anhörung wurde überhaupt nichts mehr verändert und der Entwurf wurde so von CDU und SPD abgestimmt. Von daher ärgert es mich schon, es wäre viel möglich gewesen. In der Zwischenzeit gab es einen NDR-Staatsvertrag und auch in diesem Vertrag wurde nichts für Gehörlose oder für eine Barrierefreiheit vereinbart; auch das ärgert mich. Es gab eine Ausschreibung der Stadtmöblierung. Herr Hesse, Sie haben den Antrag an den Stadtentwicklungsausschuss überwiesen, weil Ihnen das Thema Barrierefreiheit vielleicht am Herzen liegt. Berlin weist 160 barrierefreie Toiletten auf, in Hamburg hingegen ist es ein Trauerspiel. Am Jungfernstieg sind einige noch nicht mit Fahrstuhl erreichbar oder ab 20.00 Uhr geschlossen; das ist ein Witz. Wenn wir das Thema ernst nehmen und Gleichstellung wollen, dann sollten wir auch anfangen, wirkliche Gleichstellung zu wollen und das nicht nur vor der Wahl.
Wenn wir jetzt über ein barrierefreies Rathaus sprechen, dann geht es nicht nur um Menschen, die im Rollstuhl sitzen, es geht auch um Gebärdendolmetscher und Menschen, die Hörprobleme haben. Mir ist gerade von älteren Besuchern der Bürgerschaft öfter gesagt worden, sagen Sie doch einmal dem Präsidenten oder den Ratsdienern, dass man gar nicht richtig hört, wenn man an der Seite sitzt. Viele Gäste gehen nach oben, weil sie besser hören. Wenn wir wirklich barrierefrei sein wollen, dann müssen wir für schwerhörige Menschen, für Gehörlose, aber auch für Blinde Angebote erarbeiten. Dann sind wir bei Barrierefreiheit und es geht nicht nur um Menschen im Rollstuhl.
Wir haben uns eben bei den Ratsdienern bedankt. Natürlich ist es toll, aber die Probleme, die es bisher gab, sind mir auch aufgefallen. Es gab Menschen, die standen in der Kälte draußen vor der Tür und warteten lange im Rollstuhl, bis man ihnen öffnete, und es gab Menschen, die haben Veranstaltungen besucht und dann gab es keinen Schlüssel, um sie wieder durch die Lounge
herauszulassen. Dann wurde im ganzen Haus herumtelefoniert und man musste erst jemanden mit Schlüssel finden. Ich habe dem einmal beigewohnt; es hat 20 Minuten gedauert, bis wir den Menschen wieder herauslassen konnten. Also barrierefrei sind wir hier nicht und wir haben gemeinsam eine große Aufgabe.
Da die Barrierefreiheit auch den sozialen Bereich betrifft, würde ich Sie alle bitten, dafür zu sorgen, dass der Sozialausschuss mitberatend dazu eingeladen wird und nicht wie zum Beispiel, als es um die barrierefreie Stadtmöblierung ging, am gleichen Tag tagte und man leider nicht zugegen sein konnte.
Und wenn wir darüber reden, dass die Menschen im Regen stehen oder in der Kälte warten müssen, dann kommen wir auch zu den Bussen. Natürlich müssen wir das bei den Bussen verändern. Jetzt haben wir keine Gleichstellung und keine Barrierefreiheit und es ist eigentlich ein Armutszeugnis.
Wir könnten den Dialog mit den Behinderteneinrichtungen und Behindertenbeiräten führen und ermitteln, wo die Bedarfe sehr groß sind. Der Südring hat den Borgweg, das geht schon einigermaßen, aber wir wissen ganz genau, dass zum Beispiel in Harburg bei der Elfenwiese die Problematik groß ist. Dort fahren mehrere Menschen zur gleichen Zeit und dort müssen die Busse auch mehr aufnehmen können. Wir müssen also Bedarfe ermitteln und dann die Möglichkeit haben, die Busse gezielt einzusetzen. Aber wir müssen auch darauf achten, dass bei Neuanschaffungen mehrere Stellplätze möglich sind. Wir müssen aber auch darüber nachdenken, dass es gefährlich sein kann, im Bus mit dem Rücken an der Platte transportiert zu werden, denn wenn man hinten Gepäck hat - und das kann man, wenn man im Rollstuhl sitzt, meist nur hinten anbringen -, oder wenn man Griffe hat oder ein Elektromotor dort angebracht ist, dann ist eine rückwärtige Stellung des Rollstuhls an die Prellwand, das hat selbst der Vertreter des Verkehrsverbundes bei einer Anhörung gesagt, nicht die sicherste Möglichkeit, dann wäre eine seitliche Stellung besser. Und wenn wir seitlich erlaubten, dann könnten auch mehrere stehen.
Wir müssen wirklich über das Thema reden und es ist schön, dass der Antrag an den Ausschuss überwiesen wird. Es wäre nett, wenn der Sozialausschuss und die Verbände mit eingeladen würden. Ob das nun vor dem Wahlkampf geschieht oder nachher, wollen wir dahingestellt sein lassen. Wichtig ist nur, dass wir agieren, und ich hoffe, das tun wir alle zusammen zum Wohl der Bevölkerung. - Danke schön.
Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen und damit kommen wir zur Abstimmung. Wer stimmt einer Überweisung der Drs. 18/7413, 18/7415 und 8/7569 an den Stadtentwicklungsausschuss zu? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das war einstimmig und damit ist die Überweisung erfolgt.
Hinweis: Die mit * gekennzeichneten Redebeiträge wurden in der von der Rednerin beziehungsweise vom Redner nicht korrigierten Fassung aufgenommen.
In dieser Sitzung waren nicht anwesend: die Abgeordneten Hans-Christoff Dees, Rolf Harlinghausen, Lutz Kretschmann-Johannsen, Dr. Heike Opitz, Präsident Berndt Röder, Rüdiger Schulz und Karin Timmermann.