Protocol of the Session on December 13, 2007

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(Beifall bei der SPD und der GAL)

In Ihrem Hause - da können Sie lächeln - ist die Heimaufsicht angesiedelt. Diese Heimaufsicht wurde konfrontiert mit Beschwerden von Jugendlichen über Psychopharmakavergabe. Anstatt dass die Heimaufsicht an dieser Stelle einschritt und die Vergabe überdachte, berichtete uns während unserer Vernehmungen der Leiter der Heimaufsicht, man habe sich schmunzelnderweise mit der Heimleitung über die Vorwürfe der Betreuten unterhalten. Dass sie misshandelt und drangsaliert würden, solche Aussagen hätte man nicht glauben können. Ähnlich haben Sie sich auch geäußert. So stelle ich mir keine fachliche Kontrolle eines so sensiblen Bereiches vor.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Familiengerichte bemerkten nicht, dass Widerspruchsfristen ignoriert wurden. Die Verfahrenspfleger ließen es sich sehr lange gefallen, nur in Anwesenheit von Pädagogen mit ihren Klienten sprechen zu dürfen. Auch das ist ein Rechtsverstoß. Die psychiatrischen Gutachter wunderten sich schließlich nicht, dass sie regelhaft, nicht im Ausnahmefall, sondern regelhaft erst dann gefragt wurden, ob die geschlossene Unterbringung das Richtige für den Jungen sei, wenn die Jugendlichen schon längst in der Einrichtung waren. Sie, Frau Schnieber-Jastram, ließen es zu, dass Gesetze und Rechtsnormen der Bundesre

publik Deutschland nicht eingehalten wurden, denn die Tatsache, dass man vor der geschlossenen Unterbringung ein psychiatrisches Gutachten braucht, steht in jedem Gesetzbuch. Auch das hätten Sie lesen können, wenn Sie es hätten lesen wollen.

Die Professionellen haben all diese eklatanten Verstöße nicht wahrgenommen oder nicht wahrnehmen wollen. Insoweit ist es ein wenig verwunderlich, wenn die ehrenamtliche Aufsichtskommission, deren Bericht Sie vor zwei Tagen vorgestellt haben, so manches Ärgernis, aber keinen großen Skandal festgestellt hat. Von daher muss man an dieser Stelle auch dort einen Blick hineinwerfen. Eine Richterin, die diesem Gremium angehörte, kannten wir aus den Akten. Diese Richterin war nämlich Familienrichterin und hat in die Geschlossene Unterbringung Feuerbergstraße eingewiesen und sie hat damit gelebt, dass die eigens verfassten Widerspruchsfristen überhaupt nicht eingehalten wurden. Diese Richterin hatte sich um diese Frage auch hinterher als Mitglied der Aufsichtskommission nicht gekümmert. Ein Psychiater, ebenfalls Mitglied der Aufsichtskommission, die Sie erwähnt haben, konnte vor dem PUA letztendlich die Zweifel daran nicht ausräumen, dass er in manchen Fällen Psychopharmaka ohne rechtzeitige Einwilligungserklärung der Sorgeberechtigten verschrieben hat. Da hat man dann ein gewisses Geschmäckle.

Grundsätzlich muss man sich die Frage stellen, ob ein Beschwerdegremium Sinn macht, in dem sich Jugendliche bei den einweisenden Richtern oder bei Psychiatern, die diesen Jugendlichen selber Psychopharmaka verabreichen, möglicherweise ohne entsprechende Einwilligung, beschweren können und auch beschweren dürfen. Die mühevollen Besuche von Kommissionsmitgliedern, die außerhalb der Einweisungsverfahren standen, hatten es schwer, das entsprechende Vertrauen der Jugendlichen zu gewinnen. Im Übrigen nehme ich es sehr ernst, dass der Leiter der Aufsichtskommission, Professor Lindenberg, in "Der Welt" die Interpretation seines Berichtes durch Sie, Frau Schnieber-Jastram, scharf kritisierte und darauf hinwies, dass sich aus dem Bericht keineswegs ableiten ließe, es sei in der GUF zu keinen gravierenden oder sich wiederholenden Verletzungen des Jugendrechts gekommen. Auch an dieser Stelle, Frau Schnieber-Jastram, haben Sie versucht, sich die Wirklichkeit schönzubiegen. Das geht so auf Dauer nicht.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir müssen uns klar sein, dass man viele Akten lesen muss, wenn man eine derartige Einrichtung untersucht und beleuchtet. Es braucht den tiefen Einblick in die Beschlüsse, Übergabebücher, Dienstanweisungen und die behördliche Korrespondenz, um die Rechtsverstöße bei Einweisungsverfahren und Dienstvorschriften aufzuarbeiten. Das hat sowohl der Untersuchungsausschuss geleistet, als aber auch das Rechtsgutachten von Professor Bernzen und seinem Team, das es wahrscheinlich nur aufgrund der Tatsache gegeben hat, dass es diesen PUA gab. Sie, Frau Schnieber-Jastram, haben in dieser Frage selbstständig nichts dazu beigetragen. Sie waren auch in dieser Frage von Anfang an eine Getriebene. Das ist für eine Jugend- und Sozialsenatorin der Freien und Hansestadt Hamburg einfach zu wenig.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Herr Hesse hatte zu Beginn des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses gesagt, der sei sinnlos,

zwecklos. Ich glaube, dass wir allesamt feststellen - auch der Vorsitzende, Herr Jäger, der wahrscheinlich nachher endlich die Rede halten muss, es sei alles nicht so schlecht gewesen, einiges sei auch ganz gut -, dass ohne den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss noch heute in dieser Einrichtung Recht gebrochen und mit dem Wohl der Kinder und Jugendlichen nicht ordnungsgemäß umgegangen würde.

(Klaus-Peter Hesse CDU: So ein Unfug!)

Von daher war die Notwendigkeit des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses gegeben und die Arbeit hat sich an dieser Stelle auch gelohnt.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Zur Zufriedenheit gibt es in diesem Punkt allerdings keinen Anlass. Die Erfolgsbilanz - ich habe es am Anfang meiner Ausführungen gesagt - ist mehr als mager, sie ist fragwürdig. Der Hinweis, Familiengerichte würden Einweisungsanträge ablehnen, hat sich als nicht wahr herausgestellt. In diesem Jahr, im Jahre 2007 wurde kein Antrag auf Unterbringung in die geschlossene Unterbringung durch irgendein Hamburger Familiengericht abgelehnt. Wir durften aber durch die Pressesprecherin Ihrer Behörde, Frau Eisenhut, lernen, dass man Anträge auf Unterbringung in die geschlossene Unterbringung auf Eis liegen lassen würde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, entweder glauben Sie an die Geschlossene Unterbringung Feuerbergstraße angesichts der steigenden Jugendkriminalität oder Sie glauben nicht daran. Das müssen Sie uns an dieser Stelle noch einmal deutlich machen,

(Beifall bei der SPD)

denn wenn man sagt, sowohl die geschlossene Unterbringung in der Jugendhilfe als auch das FamilienInterventions-Team sind notwendige Instrumente, dann muss man sie entsprechend ausstatten und auch benutzen. Die Zahl, dass 800 von Ihnen betreute Jugendliche in Hamburg herumlaufen und 4.300 Straftaten und davon 1.200 Gewalttaten begehen, ist mehr als desaströs. Dann kommen wir zu dem, was die Feuerbergstraße im Augenblick ist. Sie ist offensichtlich das neue Experiment von Länderfinanzausgleich. Während wir diese Debatte führen, gibt es einen Hamburger Jugendlichen in der geschlossenen Unterbringung Feuerbergstraße.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Wissen Sie wie viele Bayern in Gauting sitzen?)

Der Rest kommt aus anderen Bundesländern mit dem Ergebnis, dass wir als Hamburger Steuerzahler jeden auswärtigen Jugendlichen mit 500 Euro pro Tag finanzieren und sponsern. Das nenne ich eine Art von Länderfinanzausgleich, den ich mir nicht hätte vorstellen können. Machen Sie endlich das, was notwendig ist, schließen Sie die Feuerbergstraße, aber verhandeln Sie gleichzeitig mit den benachbarten Bundesländern darüber, eine gemeinsame Einrichtung zu errichten. - Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der GAL - Klaus-Peter Hesse CDU: Das hat er immer noch nicht verstan- den!)

Das Wort erhält der Abgeordnete Voet van Vormizeele.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will mich zunächst einmal dem berechtigten Dank an die Mitarbeiter des Arbeitsstabes anschließen. Ich glaube, wir haben quer durch alle Fraktionen hindurch den Mitarbeitern in den letzten Wochen und Monaten, aber gerade in den Wochen der Endphase viel zugemutet. Wir sind uns darüber bewusst, dass die Arbeit, die dort geleistet worden ist, eine vorbildliche war und dafür möchte ich ausdrücklich im Namen meiner Fraktion Danke sagen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich will mich natürlich gerne dem Dank des Kollegen Böwer an den Vorsitzenden anschließen, denn in der Tat war es so, dass dieser Vorsitzende ein guter Vorsitzender war. Das haben wir immer gewusst, aber es ist schön, Herr Böwer, dass auch Sie es gemerkt haben. Auch die Arbeit im Ausschuss hat Spaß gemacht, auch wenn es mich an manchen Freitagabenden viele Stunden gekostet hat und der Streit mit den Kollegen und dem Obmann der anderen großen Fraktion manchmal genervt hat, aber ich will gerne zugeben und bekennen, dass es auch Spaß gemacht hat. Ich werde den PUA bestimmt nicht vermissen, aber manche Streitigkeit hatte durchaus auch ihren Sinn dabei gehabt.

Ich will aber jetzt einmal sehr deutlich sagen, was eigentlich die Essenz dessen ist, was wir uns nach 30 Monaten PUA und über 60 Sitzungen erarbeitet haben. Die wichtigste Erkenntnis des PUAs ist, dass es zur Geschlossenen Unterbringung Feuerbergstraße keine Alternative gibt.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Herr Böwer jetzt die vielen Straftaten aufzählt, die wir bei Jugendlichen im FIT feststellen, dann sollten wir als Erstes feststellen, was denn eigentlich bei den Jugendlichen vorgelegen hat, die wir in dieser Einrichtung zu betreuen hatten. Wir haben in dem Untersuchungszeitraum - und über den reden wir hier - 25 Jugendliche in der geschlossenen Unterbringung gehabt.

(Vizepräsidentin Dr. Verena Lappe übernimmt den Vorsitz.)

Allein diesen 25 Jugendlichen wurden vor dem Zeitraum 571 zum Teil schwere Straftaten zur Last gelegt. Das waren keine Jugendlichen, die mal irgendwo eine Packung Zigaretten mitgenommen haben, das waren keine Jugendlichen, die eine Tüte Chips geklaut haben, sondern das waren Jugendliche mit einer schweren kriminellen Vergangenheit, die übrigens nicht erst ein Jahr vorher begonnen hat. Diese Karrieren haben vor vielen, vielen Jahren begonnen, liebe Kollegen von der SPD und der GAL, und dafür tragen Sie auch mit Verantwortung.

(Beifall bei der CDU - Dr. Willfried Maier GAL: 44 Jahre!) - Nein, Herr Maier, das waren nicht 44 Jahre, aber diese Jugendlichen waren keine fünf oder sechs Jahre alt. Diese Jugendlichen haben ihre Karriere begonnen, weil es an einem vernünftigen System gefehlt hat, diese Jugendlichen frühzeitig anzusprechen und das haben Sie in den letzten vier Jahren mit versäumt. (Beifall bei der CDU - Dr. Willfried Maier GAL: Neuerdings gibt es keine jugendlichen Kriminellen mehr!)

Dieser Parlamentarische Untersuchungsausschuss war natürlich bei dem Untersuchungsauftrag, den er zu erledigen hatte, auch von den sehr ideologischen Streitigkeiten geprägt, die dieser Einrichtung zu eigen gewesen sind. Natürlich war und ist es so, dass die GAL diese Einrichtung weiterhin mit Vehemenz ablehnt. Wenn man Herrn Böwer genau zuhört, dann sagt er zwar, wir haben gelernt, wir sind jetzt für eine geschlossene Unterbringung, wir unterstützen das, aber die Feuerbergstraße wollen wir nicht. Übrigens auch das war entlarvend, Herr Böwer, als Sie davon sprachen, die Feuerbergstraße sei eine populistische Wahlkampfforderung der CDU und dem anderen damaligen Koalitionspartner gewesen. Nein, sie war eine schlichte Notwendigkeit nach Ihrer versäumten Jugendpolitik. Das war es.

(Beifall bei der CDU)

Dass der PUA in der Diskussion der letzten Wochen und Monate leider von Ihnen missbraucht worden ist, dass es hier nicht darum ging, die Schicksale von Jugendlichen aufzuarbeiten, dass es nicht darum ging, Leistung oder Nichtleistung von Mitarbeitern zu bewerten, sondern Ihnen ging es darum, Ihre ideologischen Auseinandersetzungen fortzuführen, letztendlich zulasten der Jugendlichen und - was ich genauso schlimm und fast noch schlimmer finde - großteils zulasten der Mitarbeiter. Sie haben diesen PUA auf dem Rücken der Mitarbeiter dieser Einrichtung ausgetragen. Sie haben die Mitarbeiter als unqualifiziert bezeichnet und ihnen so ziemlich jede Schlechtigkeit angedichtet.

(Uwe Grund SPD: Haben Sie überhaupt zugehört, was Herr Böwer eben gesagt hat?)

Ich sage Ihnen ganz offen: Die Mitarbeiter dort in der Einrichtung leisten eine Arbeit, die wir hier allesamt nicht leisten möchten. Wir sind ihnen als Parlament zu großem Dank verpflichtet.

(Beifall bei der CDU)

Wer die Integrität und die Fachlichkeit dieser Mitarbeiter in Abrede stellt, und zwar nur aus reinem politischen Kalkül, der handelt zutiefst unanständig.

(Beifall bei der CDU - Gesine Dräger SPD: Zum Beispiel die Lehrer, die nicht da waren!)

Das Konzept der geschlossenen Unterbringung war nie ein starres und unabänderliches. Das ist bei allen Diskussionen und Zeugenbefragungen klar geworden. Zur Einrichtung in der geschlossenen Unterbringung im Jahre 2002 gehörte auch der Mut, etwas auszuprobieren, was in Hamburg seit vielen Jahren nicht mehr ausprobiert worden ist und was wir dringend gebraucht haben. Es war klar, dass ein solches Konzept nicht beschlossen wird und dann genauso in Stein gemauert ist. Dieses Konzept war dynamisch, es musste fortentwickelt und ständig den Notwendigkeiten angepasst werden. Das ist die Aufgabe von Politik gewesen. Das war auch die Aufgabe der Leitung der Behörde und sie ist dieser Aufgabe in hervorragender Weise nachgekommen.

(Farid Müller GAL: Das ist aber Geschichtsklitte- rung!)

Dass es zu Beginn Entweichungen gegeben hat, dass es sowohl technische Probleme als auch Probleme beim Finden der Mitarbeiter gab, ist auch der Tatsache geschuldet, dass wir hier nicht über einen Kinderknast, sondern über eine Jugendhilfeeinrichtung reden.

(Beifall bei Klaus-Peter Hesse CDU)