Protocol of the Session on January 23, 2008

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(Beifall bei der CDU)

Damit komme ich zum Kraftwerk Moorburg. Eine Sicherung der Existenzgrundlage dieses Industrielandes - und unsere Stadt ist ebenfalls eine wichtige Industriestadt - hängt davon ab, ob wir einigermaßen vernünftige Energiemengen parat haben, die natürlich auch noch verhältnismäßig preisgünstig sind; dies ist die entscheidende Gretchenfrage. Ich habe vorhin mit Interesse die Debatten verfolgt, wie sehr Sie die Menschen dieser Stadt, insbesondere auch in den ärmeren Stadtteilen, unterstützen wollen, aber dazu braucht es Geld. Wenn Sie die finanzielle Grundlage dieses Landes zerstören wollen, dann können Sie diese ganzen großartigen Sozialversprechungen in den Papierkorb werfen, das funktioniert nicht.

(Beifall bei der CDU)

Hier sind wir dann beim Punkt. Auch Hamburg ist neben seinem Hafen ein wichtiger Industriestandort und zusammen mit seiner gesamten Bevölkerung darauf angewiesen, erstens ausreichend, zweitens sicher und drittens preisgünstig mit Energie versorgt zu werden. Im Sinne des Parteitagsbeschlusses, der auch noch Hamburger Parteitagsbeschluss war, verhalten wir uns genau so. Als Brückentechnologie müssen wir Moorburg bauen, weil Hamburg als Überseehafen ein ungemein günstiger Standort für die Lieferung von Kohle hierher ist. Dies bedeutet eine sichere, eine relativ preisgünstige Versorgung.

Jetzt kommen wir zum Thema, das wir morgen auch im Ausschuss haben werden. Es ist nicht zu bestreiten, dass Kohlekraftwerke als fossile Brennstoffe genauso wie im Übrigen Gas, wenn auch nicht in der gleichen Größenordnung, den CO2-Faktor ausmachen. Sie wissen, dass wir gerade mit Moorburg - da bin ich dem Senat für seine Verhandlungsergebnisse sehr dankbar - ein CO2Minderungsprogramm durchgesetzt haben, das im Übrigen eine Vorbildfunktion für die zahlreichen weiteren Kohlekraftwerke, die auf dieser Welt schon gebaut sind und weiterhin stehen werden, aus den genannten Gründen hat. Es ist insbesondere, was den Schadstoffausstoß in Bezug auf Feinstaub angeht, durch die Verhandlungen gelungen, deutlich unter die Hälfte von 800 Tonnen - also auf 400 Tonnen Feinstaubbelastung - durch dieses Kraftwerk zu kommen. Es ist zum Beispiel durch die Technik Nassfilter wahrscheinlich möglich, dies sogar auf 200 Tonnen zu begrenzen.

Die Belastung der Menschen ist selbstverständlich da und wird auch von uns ernst genommen. Aber so zu tun,

als würde ein Nichtbau in Hamburg die Menschen besonders entlasten und gleichzeitig ältere Kohlekraftwerke in Betrieb zu lassen, ist eine Milchmädchenrechnung. Wir werden insgesamt - das gilt auch für das CO2Argument - durch dieses effektive moderne Kraftwerk, das sowohl in Deutschland als auch in Europa vorbildhaft ist, zu einer erheblichen Ersparnis kommen, weil die dortige Energieeffizienz so hoch ist, dass andere Kraftwerke, die erheblich schädlicher sind, nicht mithalten können und dichtmachen werden.

Wir gehen also davon aus, dass es insgesamt - das gilt insbesondere für CO2, da gilt das Globalargument und nicht das ortsspezifische Argument - durch den Bau von Moorburg zu einer Minderung kommen wird. Sie müssen sich nun entscheiden zwischen Ihrer Argumentation, wollen Sie gleichzeitig Atomkraftwerkausstieg und Kohle haben; das Thema hatten Sie auch thematisiert. Sie kommen nicht überzeugend damit klar, alles durch Energiesparmaßnahmen oder regenerative Energien zu ersetzen.

(Antje Möller GAL: Sie wollen es einfach nicht, das ist der Punkt!)

Zusammengefasst: Die CO2-Problematik will ich nicht wiederholend erörtern; morgen werden wir im Ausschuss speziell das Thema Feinstaub haben. Auch beim Feinstaub liegt dieses Kraftwerk, was die Belastung betrifft, mit an der Spitze. Die Feinstaubbelastung direkt vor Ort ist natürlich höher, aber deutlich unterhalb der Grenzwerte. Aber da wohnen die Menschen auch nicht, denn bereits auf der anderen Elbseite beträgt die Belastung nur 4 Mikrogramm pro Tag; die maximale Belastung liegt bei 40 Mikrogramm Belastung. Mit anderen Worten: Wir haben einigermaßen beruhigende Zahlen. Ich gebe aber zu, dass dieses Thema nicht ganz einfach zu beantworten ist. Das gilt insbesondere wegen der Unklarheit, was die Krebsbelastung betrifft, aber wir können bei keinem Verfahren ein Restrisiko ausschließen; Sie können auch nicht den Autoverkehr mit einem Mal abschaffen.

(Christian Maaß GAL: Das Windenergie Krebs verursacht, habe ich noch nicht gehört!)

Wir halten dieses Restrisiko von 4 Mikrogramm bei einem Grenzwert, der 40 Mikrogramm pro Tag zulässt - im Übrigen auch von Ärzten befürwortet - für vertretbar und verantwortbar. Wir sind der Meinung, dass es für diese Stadt und auch für die soziale Lebensfähigkeit dieser Stadt notwendig ist, dieses Kraftwerk zu bauen. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält die Abgeordnete Dr. Schaal.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich fange auch mit einer kleinen Einleitung an. Ich habe nicht vor, den großen energiepolitischen Rundumschlag zu machen und die Debatte der letzten Woche über Herrn Clement zu kolportieren. Das ist nicht das Thema und es gibt auch Wichtigeres.

Mein Thema ist die Rolle des Senats bei dem Kraftwerksvorhaben in Moorburg und der Stand des Verfahrens. Vorwegschicken möchte ich allerdings, Herr Engels, dass es sicher niemandem darum geht, von heute auf morgen einen neuen Energiemix herzustellen. Wir haben nicht

umsonst in den Gesetzen lange Zielhorizonte. Herr Maaß hat die gleichen Zielhorizonte wie die SPD und auch in Hessen ist es so, dass man eine Umstellung haben wird. Aber es geht mir noch einmal darum, wie diese Volkspetition behandelt wurde. Herr Senator Gedaschko, ich fand es ziemlich arrogant, das vermeintliche Scheitern der Petition als Bestätigung für Ihre Energie- und Klimapolitik zu nehmen. Das hätten Sie zumindest relativieren müssen, als festgestellt wurde, dass die Petition doch gültig war.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und der GAL)

Dabei war es der Senator selber, der als erster in die Kritik an dem großen Kraftwerk eingestimmt hat. Ich erinnere daran, dass Sie zu Beginn Ihrer Amtszeit lieber mehrere kleine Blockheizkraftwerke als dieses große Kohlekraftwerk haben wollten, was Sie selbst als nicht klimaverträglich bezeichnet haben.

(Ingo Egloff SPD: Politisch nicht erwünscht!)

Noch in diesem Sommer haben Sie die Doppelblockanlage kritisiert und deren Genehmigungsfähigkeit generell bezweifelt und noch im Oktober waren aus der Behörde Bedenken zu hören. Die SPD hat vorgeschlagen, anstelle des großen Kohlekraftwerks, das in der Tat nicht klimafreundlich und auch nicht umweltfreundlich ist, ein kleineres Gaskraftwerk zu bauen, um die Kapazitäten von Wedel zu ersetzen, weil es sauberer ist. Das ist aus Klimaschutz- und Umweltgründen vernünftiger und wäre auch ein Geschäft für Vattenfall, denn die Investition in ein kleineres Gaskraftwerk ist wesentlich billiger als eine Investition von über 2 Milliarden Euro in ein 1.600Megawatt-Kohlekraftwerk. Es kann die ganze Stadt alleine mit Strom und Wärme versorgen und wir haben zurzeit daran kein Mangel.

Warum macht Vattenfall das? Das liegt mir auch am Herzen, denn die Klimadebatte haben wir rauf und runter geführt. Das Unternehmen Vattenfall will mit dieser großen Investition sein Angebotsmonopol festigen, damit es später die Preise diktieren kann. Wenn Sie immer davon reden, dass es preisgünstiger Strom sei, der aus dem Großkraftwerk komme, dann werden Sie sich noch ganz schön umgucken.

(Ingo Egloff SPD: Das stimmt!)

Statt dem Einhalt zu gebieten, die Monopol- oder Oligopolstellung von Vattenfall noch zu festigen, macht der Bürgermeister genau das Gegenteil. Mit einer sogenannten Umwelterklärung zum Kraftwerk wollte er den Kritikern Wind aus den Segeln nehmen und das ist gründlich schiefgegangen, aber es ist gleichzeitig der Anlass gewesen, um eine vorgezogene Baugenehmigung zu erteilen.

Vom Präses der Genehmigungsbehörde, von Ihnen, Herr Senator Gedaschko, war dann gar nichts mehr zu hören als der Satz, Vattenfall würde jetzt auf eigenes Risiko beginnen. Der Bürgermeister ist bei der ganzen Aktion seinem Grundsatz treu geblieben, dass Politik auch bedeutet, etwas gegen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger durchzusetzen, und es ist nicht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, die Angebotsstrukturen auf dem Hamburger Energiemarkt noch zu festigen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und der GAL)

Nebenbei gesagt: Der Bürgermeister hat sich über die fachlichen Bedenken seines Fachsenators schnöde hinweggesetzt; Sie tun mir richtig leid. Das Großkraftwerk ist

nicht nur eine Belastung für Umwelt und Klima, sondern bremst den Wettbewerb auf dem Strommarkt aus, weil andere Anbieter abgeblockt werden. Auf allen Ebenen diskutieren wir darüber, wie der Wettbewerb auf dem Strommarkt in Gang kommt. Da gerade von Hessen die Rede war: Der hessische Wirtschaftsminister Rhiel schlägt vor, den großen Konzernen die Kraftwerke abzukaufen. Man soll sie gar nicht erst die großen Kraftwerke bauen lassen, sondern von vornherein auf kleinere Strukturen setzen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und der GAL)

Meine Damen und Herren! Eine vorgezogene Baugenehmigung kann nur erteilt werden, wenn zu erwarten ist, dass die Pläne auch so umgesetzt werden, wie sie eingereicht wurden, und dies scheint mitnichten der Fall zu sein. Jetzt kommt langsam heraus, dass es noch eine Reihe von gravierenden Problemen gibt. Es sind Unterlagen nachgereicht worden und es stellt sich nun die Frage, ob das Planfeststellungsverfahren in Teilen möglicherweise noch einmal geöffnet werden muss, denn das Genehmigungsverfahren ist offensichtlich nicht so weit, dass noch vor der Wahl entschieden werden kann. Das ist gut so, das eröffnet Spielräume für konstruktive Gespräche zwischen dem künftigen Bürgermeister Michael Naumann

(Zurufe von der CDU: Ha, ha!)

und Vattenfall über eine stadtverträgliche Variante als Ersatz von Wedel.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Es wird in diesem Zusammenhang immer gerne darauf verwiesen, dass Vattenfall einen Rechtsanspruch auf die Realisierung dieses Projekts in Moorburg habe. Aber der Rechtsanspruch kann nur eingelöst werden, wenn die vorgeschriebenen umweltrechtlichen Pflichten und andere Vorschriften und Belange für den Betrieb der Anlage erfüllt werden und das sehe ich zurzeit noch nicht. Die Genehmigungsbehörde tut sich offensichtlich sehr schwer, das so zu sehen, sonst wäre die Genehmigung wahrscheinlich schon längst da.

Es geht zum einen um die wasserrechtliche Genehmigung - Herr Maaß ist darauf eingegangen - und zum anderen um die Feinstaubproblematik; auch darüber wurde in der letzten Woche berichtet. Die große Unbekannte ist nach wie vor die Laufwasserkühlung, die Vattenfall offensichtlich nachträglich in der sogenannten Umweltvereinbarung zur Lösung angeboten hat, damit die Elbe nicht überhitzt wird. Wie die funktioniert und ob sie überhaupt funktioniert, ist nicht klar. Herr Maaß, Ihre Anfrage ging schon über die Buschtrommeln und es stand drin, Vattenfall habe dafür noch nicht einmal einen Antrag gestellt; das finde ich schon sehr heiß.

(Lars Dietrich CDU: Heiß?) - Es ist heiß, dass Vattenfall für die Laufwasserkühlung offensichtlich noch keinen Antrag gestellt hat; dann kann es wohl so toll nicht sein.

Die andere Sache ist der Feinstaub. Als die Wilhelmsburger Ärzte auf die Gesundheitsgefährdungen durch Feinstaub hingewiesen haben, hat Senator Gedaschko ihnen Panikmache vorwerfen lassen und jetzt lässt er das Thema plötzlich genauer untersuchen. Das ist gut so, aber warum haben Sie denn die Ärzte vorher so herabgewürdigt? Es kommt doch nicht von ungefähr, dass die Wil

helmsburger Ärzteschaft sich fast geschlossen gegen dieses Kraftwerk ausspricht. Feinstaub führt zu Krebs, zu Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen, vor allen Dingen bei Kleinkindern und älteren Menschen. Wir haben uns aus Gründen des Gesundheitsschutzes durchgerungen, ein Nichtraucherschutzgesetz einzutüten, und wir können doch nicht das Rauchen einschränken und die Kraftwerke einfach qualmen lassen. Auch Feinstaub aus den Kraftwerken beeinträchtigt die Gesundheit; dem Feinstaub ist es letztlich egal, woher er kommt. Wenn wir den Gesundheitsschutz ernst nehmen, dann müssen wir auch an dieses Thema heran, zumal uns ohnehin schärfere Grenzwerte der EU erreichen werden.

Aber selbst wenn Vattenfall die Grenzwerte, die durch das BImSchG gegeben sind, einhält oder vielleicht auch weit unterschreitet, wie es immer heißt, dann muss man doch einräumen, dass die Belastung, die beim Menschen ankommt, durch die Vorbelastungen enorm verstärkt wird, und Wilhelmsburg und Veddel haben bereits eine Menge an Feinstaub auszuhalten. Bei einem kleineren Gaskraftwerk gibt es diese Belastungen nicht. Seine Feinstaubemissionen betragen ein Tausendstel eines Kohlekraftwerks und das ist auch für uns der Grund dafür, kein Kohlekraftwerk in Hamburg mitten in die Stadt zu stellen. Um es noch einmal klarzustellen: Es geht nicht um Kohle allgemein, sondern es geht darum, was für Hamburg verträglich ist, und wir haben uns entschlossen, das stadtverträgliche Gas zur Anwendung kommen zu lassen.

Es ist ausgesprochen ärgerlich, dass die Volkspetition jetzt im Galopp bearbeitet werden muss, weil der Termin für den Sonderausschuss so kurzfristig festgelegt und auf morgen vorgezogen wurde. Dabei war der Termin bereits für die nächste Woche unter den Obleuten vereinbart, aber die CDU hat ihn wieder einkassiert. Ich hoffe trotzdem, dass zur morgigen Anhörung um 17.00 Uhr in der Patriotischen Gesellschaft, Trostbrücke 6, möglichst viele Leute kommen und ihre Vorträge halten werden. Ich erwarte auch, dass der Senat uns dann über den Stand des Verfahrens informiert. Wir müssen endlich wissen, woran wir sind, damit wir uns darauf einstellen können. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Senator Gedaschko.

(Christian Maaß GAL: Sagen Sie mal, wann die Akten geliefert werden!)

Sehr verehrte Damen und Herren! Jedes Kraftwerk hat Auswirkungen, das kann man nicht wegdiskutieren. Jetzt kommt es darauf an, in welchem Maße; das zunächst zum Thema Feinstaub.