Protocol of the Session on January 23, 2008

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Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Ahrons, es scheint heute eine Sitte bei der CDU-Fraktion zu geben, möglichst nicht über die vorliegende Drucksache zu sprechen, sondern allgemein im weiteren Umfeld des Themas. Sie haben uns ungefähr die letzte Broschüre der Hamburg Tourismus GmbH referiert und es hat mich gewundert, dass Sie nicht an passender Stelle auch noch die passenden Grafiken hochgehalten haben. Das hätte Ihrem Vortrag ein wenig Farbe gegeben.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL - Wolfhard Ploog CDU: Das hat Herr Maier vorhin gemacht!)

Nun möchte ich, weil wir darüber heute entscheiden sollen, über eine Sache reden, die Sie den Hamburger Hotels mit dieser Drucksache aufdrücken wollen, nämlich den Citycent

(Barbara Ahrons CDU: Es ist alles freiwillig!)

- dazu komme ich gleich, Frau Ahrons -, eine Maßnahme, die bereits in der Drucksache mit falschen Angaben begründet wird, unter anderem mit dem Projekt in Zürich; auch dazu sage ich gleich etwas. Bei der Anhörung ist klar geworden, wie groß zum einen die Differenzen in der Darstellung zwischen DEHOGA und Stadt sind, wie groß auch die Differenzen innerhalb der DEHOGA bei diesem Projekt sind und wie fragwürdig die Konstruktion des ganzen Vorgangs ist. Ich komme noch zu dem Titel, aus dem das in Hamburg finanziert werden soll.

Erstens Zürich: In der Drucksache ist zu lesen, dass dieses Modell seit 20 Jahren in Zürich erfolgreich praktiziert worden ist; in der Anhörung war das komplett anders zu hören. Es gibt seit 20 Jahren - Herr Senator, Sie schütteln den Kopf, aber ich habe ein wenig die Befürchtung, dass auch Sie falsch informiert worden sind - in Zürich die Finanzierung der dortigen Tourismusgesellschaft über Beiträge der Hotels. Diese Beiträge zahlen die Hotels aus ihren Erträgen, die je Übernachtung und Gast berechnet und auf dieser Basis an die Zürich Tourismus überwiesen werden.

Seit 2006, also seit rund anderthalb Jahren, haben die Hotels in Zürich gesagt, man könne diese Kosten nicht mehr aus den allgemeinen Erträgen tragen und möchte das auf die Gäste umwälzen. Dann hat man 2006 - Herr Ulmer hat uns das in der Anhörung bestätigt - dieses Modell eingeführt, nicht als eine Möglichkeit, zusätzliche Einnahmen zu generieren, sondern als eine Möglichkeit, die bisher von den Hotels getragenen Umlagen für den Tourismus auf die Gäste umzuwälzen. Das ist das tolle Züricher Modell, das in Ihrer Drucksache besprochen wird.

Der Erfolg des Ganzen ist der, dass inzwischen auf den Rechnungen der Gäste dieser Betrag erscheint und nicht mehr als normaler Aufwandsposten in den Gewinn- und Verlustrechnungen der Hotels. Also von wegen der Citycent, oder wie immer man das Kind nennen will, sei ein seit 20 Jahren erfolgreiches Modell. Erstens ist er es nicht seit 20 Jahren, sondern seit knapp zwei Jahren, denn eingeführt worden ist er erst mit einiger Verzögerung und zweitens mit einer ganz anderen Zielrichtung als hier, nämlich nicht mit einer zusätzlichen Finanzierung des Tourismus. Wenn Sie Herrn Ulmer zugehört hätten, dann wüssten Sie auch, dass diejenigen Hotels, die sich dem verweigert haben - das zum Thema freiwillig -, in Zürich irgendwann diesem Tourismusverband nicht mehr angehört haben und auch nicht mehr von ihm unterstützt wurden. Das ist also eine grundsätzlich andere Geschichte und die Aussage, es gebe das Modell seit 20 Jahren, stimmt schlicht nicht.

(Barbara Ahrons CDU: Das ist eine Freiwilligkeit! Ich weiß gar nicht, warum Sie sich so aufregen!)

Zweitens Freiwilligkeit: Auch hier gab es einige Differenzen in der Anhörung zwischen dem Senat und dem, was die DEHOGA gesagt hat. Herr Maihöfer von der DEHOGA sagte, es sei eine doppelte Freiwilligkeit. Die Hotels könnten jedes Mal frei entscheiden, ob sie ihren Gästen dieses Geld abknöpfen wollen, und die Gäste könnten jedes Mal frei entscheiden, ob sie dieses Geld auch bezahlen wollen. Vor allen Dingen Letzteres hat uns doch ein bisschen verwirrt, denn die Vorstellung, ein Hotelgast bekommt eine Rechnung, auf der dann unten steht, pro Tag sind 60 Cent mehr zu zahlen, und wenn er fragt, was das denn sei, dann sagt der Hotelier, das sei eine Idee von der Stadt, aber wenn er nicht wolle, dann müsse er das nicht bezahlen. Ich glaube, die Überzeugungskraft gegenüber den Gästen wäre gering. Die Hoffnung der DEHOGA ist, dass die Hotelgäste nicht fragen.

(Barbara Ahrons CDU: Sie ärgern sich doch nur, weil wir so eine gute Idee dahin bringen!) - Frau Ahrons, diese Idee, die viele Hotels wirklich in Sorge versetzt, ist eben keine gute Idee. (Beifall bei der SPD und der GAL)

Das zum Thema doppelte Freiwilligkeit, die natürlich nicht gegeben ist, weil kein Gast sagen kann, einen Posten auf dieser Rechnung bezahle ich oder bezahle ich nicht.

Die DEHOGA sagt, die Hotels machen das freiwillig und wenn ein Gast nicht wolle, dann verzichte eben das Hotel freiwillig auf diese Leistung, das sei doch gar kein Problem. Zürich hat ein ganz anderes Modell, da gibt es nämlich diese Freiwilligkeit nicht. Und das, was in der Drucksache als freiwillige Abgabe bezeichnet ist, hat in Zürich dazu geführt, dass bestimmte Hotels nicht mehr von den Maßnahmen der dortigen Tourismuszentrale profitieren; das hat Herr Ulmer in der Anhörung sehr eindeutig dargestellt.

Drittens: Die zweite Differenz, die sehr deutlich wurde, ist die innerhalb der DEHOGA; Herr Kerstan hat das in der Anhörung nachgefragt. Wenn ein Verband mit der Stadt zusammen ein Projekt macht, ist es wohl die normalste Sache der Welt, die Verbandsgremien damit zu befassen und Beschlüsse dazu herbeizuführen; passiert ist aber etwas anderes. Offenbar hat man in vielen Ausschüssen gefragt, wie man das denn fände, hat mehr oder weniger Zustimmung bekommen und das dann als einen Beschluss oder was auch immer ausgelegt. Formale Beschlüsse der DEHOGA über dieses ganze Verfahren gibt es meines Wissens bis heute nicht. Nun kann man sagen, sollen die doch sehen, wie sie ihr Geld bekommen, wir machen ein PPP, das kann uns egal sein. Wenn die Stadt drei Jahre lang jährlich 2 Millionen Euro zahlt, wenn sie ein solches Projekt mit einem Partner vereinbart, dann möchte ich, dass auch auf der Seite des Partners eine seriöse Beschlussfindung darüber stattgefunden hat. Das ist hier nicht gewährleistet und das finde ich keine gute Grundlage.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Viertens: Um die Projekte zu realisieren, vielleicht sogar neue Strukturen, mit denen das gemacht werden soll, wird von der DEHOGA eine neue Gesellschaft gegründet, die einen Verwaltungsbeirat bekommt. Dieser Verwaltungsbeirat soll gemeinsam mit der Stadt darüber entscheiden, welche der schönen Projektbeispiele aus dieser Drucksache - einen höheren verbindlichen Grad hat das Ganze nicht - von der Hamburg Tourismus GmbH

durchgeführt werden. Nun sagt der Senat, das sei gar kein Problem, wir bestimmen, was gemacht wird. Die DEHOGA sagt gegenüber ihren Mitgliedern, super Sache, wir haben Geld zur Verfügung, wir bestimmen, was gemacht wird. Vor etwa einem Jahr haben wir über eine Bürgerschaftsdrucksache debattiert, mit der versucht werden sollte, das Kompetenzwirrwarr im Bereich Marketing und Tourismus abzubauen. Ich weiß nicht, was aus diesem Versuch geworden ist. Die jetzt vorliegende Drucksache baut aber ein neues Kompetenzwirrwarr auf und wird dazu führen, dass wir wieder einen Koch mehr am Tisch haben und, wie Sie wissen, viele Köche verderben den Brei.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Es ist blauäugig vom Senat zu behaupten, das sei gar kein Problem, die würden sowieso immer das machen, was man ihnen vorschreibe. Es gibt den schönen Satz, wer zahlt bestimmt. Hier sind zwei Zahler und zwei Bestimmer. Sie werden sich also einigen müssen und im Rahmen der großen Marketingstrategie, die Sie uns versprochen haben, dürfte das zu dem einen oder anderen Problem führen.

Kommen wir zum fünften und letzten Punkt. Das ist der Titel, aus dem die Stadt für 2008 die 2 Millionen Euro zahlen möchte. Dieser Titel ist uns durchaus nicht unbekannt, es ist der Titel 7400.636.02 "Zuweisung an team.arbeit.hamburg für die Förderung der Integration von Arbeitslosengeld II-Beziehenden in den Arbeitsmarkt".

(Ingo Egloff SPD: Das ist der Plünderungstitel! Der wird immer geplündert, wenn etwas zu bezahlen ist!)

Nun könnte man meinen, dass es in dieser Stadt auch für Langzeitarbeitslose noch das eine oder andere zu bewegen gäbe. Hier wird nun gesagt, in diesem Titel sei deswegen Luft, weil die Kosten der Unterkunft nicht so hoch ausgefallen seien, wie sie damals angesprochen wurden.

Ich möchte Ihnen eine Geschichte aus dem Schulausschuss erzählen. Bei der letzten Sitzung des Schulausschusses hat die SPD ein Konzept zum besseren Übergang von Schule und Beruf vorgestellt. Dort haben wir unter anderem gefordert, aus genau diesem Titel Gelder zu entnehmen, um diese Maßnahmen zu finanzieren. Übrigens hat Herr Heinemann damals gesagt, das seien alles gute Maßnahmen, aber bei der Finanzierung sei man sich nicht sicher, ob das eine gute Idee sei. Heute beschließen wir, aus eben diesem Titel, in dem plötzlich unendlich viel Luft ist, 2 Millionen Euro zu entnehmen, um - ich sage es einmal ganz kurz - einen höchst umstrittenen, zweifelhaften, schlecht begründeten Unsinn zu bezahlen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Der Abgeordnete Kerstan bekommt das Wort.

(Ingo Egloff SPD: Jetzt wieder Schulterschluss!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind vonseiten der CDU oft mit Drucksachen konfrontiert worden, die unausgegoren, sehr nebulös und handwerklich schlecht waren. Aber ich habe bisher, obwohl wir viele solcher Vorlagen von Ihnen bekommen haben, noch nie eine so miserable Vorlage für einen

Antrag gesehen wie diesen, den wir heute beschließen sollen.

Frau Ahrons, der Titel dieser Drucksache ist "Stärkung des Tourismusstandortes Hamburg". Dazu haben Sie bezeichnenderweise so gut wie nichts gesagt, am Schluss nur zwei Sätze. Ansonsten haben Sie den Analyseteil, den Statistikteil, von dem Maßnahmen abgeleitet werden sollten, dargestellt. Aber die Maßnahmen waren Ihnen anscheinend schon so peinlich, dass Sie nichts dazu gesagt haben, Frau Ahrons, und das ist bezeichnend.

Kommen wir jetzt zu einer wesentlichen Aussage der Analyse. Der Tourismusstandort Hamburg boomt, er hat allerdings eine ganz starke Schwäche, es kommen sehr wenig Touristen aus Übersee oder überhaupt aus dem Ausland. Jetzt schauen wir uns einmal eines dieser Felder an, die Sie nach dieser Analyse ausgewählt haben, um diese Schwäche auszugleichen. Sie wollen nämlich mit diesem Public Private Partnership, wie Sie es so schön nennen, in Hamburg einen zentralen Tourismuspunkt aufbauen, wo sich Touristen, die in Hamburg angekommen sind, über Hamburg informieren können.

(Ingo Egloff SPD: Die müssen da hin!)

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, dass ich mit meinen beschränkten intellektuellen Möglichkeiten Probleme habe zu verstehen,

(Beifall bei der CDU)

wie man Touristen nach Hamburg locken will, denn diese Maßnahme bewirkt, dass die Touristen, die bereits in Hamburg sind, besser über Hamburg informiert werden. Sie müssen mir einmal erklären, welchem Zweck das eigentlich dienen soll.

(Beifall bei der GAL)

Wenn das nur so ein bisschen nebulöse und undurchdachte Vorschläge wären, wäre das gar nicht so schlimm, weil wir viele solcher Vorschläge von Ihnen kennen. Bei den anderen drei Punkten kann ich gar nicht so genau sagen, was Sie eigentlich machen wollen, da haben Sie ein Feld benannt, wo irgendetwas passieren soll. Sie wussten anscheinend selbst nicht genau was, haben aber schon einmal 12 Millionen Euro dafür eingeplant. Da müssten Sie sich erst einmal überlegen, was das sein soll.

Das Entscheidende ist, dass Sie sich eine Finanzierungsart mit einem öffentlichen Partner ausgesucht haben, die nur dann funktionieren kann, wenn es gelingt, Gäste aus dem Ausland oder aus Deutschland, die nach Hamburg gekommen sind, zu täuschen. Sie haben ein Finanzierungskonzept - tut mir leid, dass ich das so sagen muss -, das schon hart an der Grenze zum Betrug ist, wenn man das einmal aus Verbrauchersicht sieht. Lassen Sie mich einmal schildern, was es ist.

Ein Kunde kommt nach Hamburg und bekommt eine Rechnung. Auf der stehen dann die und die Leistungen, dann gibt es eine Mehrwertsteuer und dann noch einen Citycent. Am Schluss steht eine Summe aus all diesen Positionen, die er bezahlen soll, so ähnlich wie das an der Ostsee auch der Fall ist. Sie bekommen eine Rechnung für das Hotel, dann steht da die Kurtaxe und dann müssen Sie beides zusammen zahlen. Der Unterschied zwischen Kurtaxe und diesem Citycent ist aber, dass der Kunde den Citycent gar nicht zahlen muss, das ist eine

freiwillige Spende. In der Anhörung haben wir nachgefragt, ob denn aus der Rechnung hervorgeht, dass das eine freiwillige Spende ist. Die Antwort des DEHOGAVertreters war, nein, das können wir nicht draufschreiben, dann zahlt das doch keiner.

(Heiterkeit bei der GAL und der SPD und Beifall bei Doris Mandel SPD)

Das kennt man von irgendwelchen Abzockunternehmen in der freien Wirtschaft, aber für Public Private Partnership mit Beteiligung der Freien und Hansestadt Hamburg ist das nicht zulässig, das ist unlauter

(Christian Maaß GAL: Das ist kriminell!)

und diesen Punkt sollten Sie nicht weiterverfolgen.

(Beifall bei der GAL und der SPD - Glocke)