Protocol of the Session on February 6, 2008

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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Senator Gedaschko, Sie haben versucht dieses sehr politische Thema, über das wir heute reden, auf eine Fachdebatte zu reduzieren. Ich möchte noch

einmal auf den Kern der heutigen Debatte zurückkommen. Wir stehen drei Wochen vor der nächsten Bürgerschaftswahl. In einer Demokratie gehen wir davon aus, dass die Entscheidung über die politischen Weichenstellungen der Souverän, der Bürger, trifft. Wenn man sich jetzt die Entscheidung anschaut, die Sie gerade einmal drei Wochen vor der Wahl durch das Parlament winken, muss man feststellen, dass Sie - egal für wen die Bürger am 24. Februar stimmen werden, für die CDU, für die SPD, für die Grünen, egal wie die Mehrheitsverhältnisse sein werden - in bestimmten Punkten die Realität und die Fakten, die Sie jetzt schaffen, nicht mehr ändern können werden. Letztendlich wird es dann egal sein, was die Bürger wählen, wenn man die Energieversorgung anschaut, weil die Entscheidung, die Sie jetzt getroffen haben, nicht nur die Bürgerschaft der nächsten vier Jahre bindet, sondern auch die Mehrheiten in den nächsten zehn bis 20 oder 30 Jahren. Sie genehmigen ein Kraftwerk, das im Jahr 2040 immer noch 8 Millionen Tonnen CO2 ausstoßen wird, ganz unabhängig davon, was die politischen Mehrheiten in diesem Haus entscheiden müssen, wie viel man reduzieren muss. Und Sie verlängern die Debatte und den Zustand, dass Stromkonzerne und Energiekonzerne zulasten der Bürgerinnen und Bürger, die am 24. Februar vielleicht sagen, dass sie das beenden wollen, weiterhin ihre Gewinne verlängern können. Das sind willkürliche, unverschämte und undemokratische Entscheidungen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Wenn man sich diese ganzen Entscheidungen ansieht, dann muss man sich wirklich fragen, warum die CDU in Hamburg ganz anders entscheidet als die CDU in anderen Bundesländern. In Hessen redet ein jetzt hoffentlich bald abtretender Wirtschaftsminister der CDU davon, dass man den Strommonopolisten keine neuen Kraftwerke genehmigen soll. Dieser Senat entscheidet kurz vor der Wahl einmal eben einen vorgezogenen Baubeginn für ein Kohlekraftwerk. Es geht darum, dass andere Bundesländer sagen, dass es ein Fehler war, die Netze zu verkaufen. Dieser Senat verlängert das Monopol kurz vor einer Wahl für weitere sechs Jahre. Da stellt sich wirklich eine Frage und darum geht es heute.

(Glocke)

Auch familiär verbundene Abgeordnete sollten den Senat nicht stören.

Es geht heute darum, meine Damen und Herren und Herr von Beust, Diener wessen Herrn Sie eigentlich sind.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Wem dienen Sie? Dienen Sie dem Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher, indem Sie die Gewinnchance der Monopolisten verlängern?

(Beifall bei der CDU)

Da klatschen Sie, Sie sollten sich wirklich schämen. Jetzt schauen Sie sich doch das Geschäft, das Sie geschlossen haben, einmal an.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Sie bekommen eine Konzessionsabgabe von 3 Millionen im Jahr. Das ist wahr, das ist Ihr neuer Vertrag. E.on wird für die nächsten sechs Jahre jedes Jahr 60 Millionen

Gewinne einstreichen. Dann wollen Sie den Bürgerinnen und Bürgern erzählen, das wäre ein gutes Geschäft für Hamburg? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Darum stellt sich wirklich die Frage, wem der Bürgermeister dieser Stadt dient, den Interessen der Hamburgerinnen und Hamburger oder denen der Energiekonzerne?

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Dann wollen Sie auch die Verträge nicht vorlegen. Sie scheuen das Licht der Öffentlichkeit. Darum stellt sich die Frage, was die Gegenleistungen sind. Vorhin haben Sie beschlossen, dass sie eine Stiftung mit 5 Millionen durchdrücken wollen. Wo das Kapital herkommen soll, weiß keiner. Ich würde gerne wissen, ob Sie mit E.on vereinbart haben - bevor Sie diesen Deal abgeschlossen haben -, dass E.on sich verpflichtet, diese Stiftung mit Geld zu versorgen. Ich glaube, das ist eine wichtige Entscheidung. Sie müssten das dann auch …

(Frank-Thorsten Schira CDU: Nehmen Sie das doch einmal zur Kenntnis!) - Dann legen Sie doch die Verträge vor. Dann geben Sie uns doch Akteneinsicht. Das ist doch nicht die erste Entscheidung in diesem Sinne. (Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD) - Ich komme zum Schluss.

Oder wandeln Sie auf den Wegen von Herrn Clement, der, nachdem er aus dem Amt ausgeschieden ist, in die Dienste von Stromkonzernen eingetreten ist?

(Karen Koop CDU: Und Herr Schröder? - Frank- Thorsten Schira CDU: Da fragen Sie doch einmal die SPD!)

Haben Sie sich damit im Angesicht einer drohenden Wahlniederlage ein Aufsichtsratmandat eingehandelt, Herr von Beust? Das würde mich auch noch einmal interessieren.

(Glocke)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist bei Weitem überschritten.

Der letzte Satz.

(Glocke)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist bei Weitem überschritten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Kruse.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich auf Herrn Kerstan eingehe, möchte ich auf die Preisfindung nach sozialdemokratischem Muster eingehen. Das ist nämlich sehr lehrreich. Es ist schick, wenn man im Parlament etwas lernt. Von Frau Dr. Schaal habe ich gerade gelernt, wie ich in Hamburg oder auch in München an eine günstige Eigentumswohnung komme. Ich stelle mir dann meinethalben eine Wohnung von 80 Quadratmetern vor. Um

den Preis zu ermitteln, fahre ich nach Brandenburg, schaue mir dort eine Wohnung mit einer Größe von 160 Quadratmetern an, frage nach dem Preis und teile ihn durch zwei. Damit fahre ich zurück nach Hamburg und sage dem Verkäufer, dass das jetzt der Preis sei und ich diesen und nichts anderes bezahle.

(Beifall bei der CDU)

Das kann lustig werden mit Ihnen. Es würde mit Ihnen lustig werden, aber Politik ist nicht nur dazu da, dass die Comedys in Hamburg Hochkonjunktur haben. Aber jetzt haben wir eine gewisse Ahnung, wie Sie Ihr Regierungsprogramm finanzieren wollen.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben uns dann noch einen Handstreich vorgeworfen. Und Frau Goetsch hatte gesagt, wir seien Büttel des Kapitals oder irgendetwas in dieser Richtung. Herr Kerstan fragte mit großem Impetus, wem dieser Senat diene. Letzteres kann ich leicht beantworten. Er dient dieser Stadt.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie unbedingt einem Senat vorwerfen möchten, dass er den großen Energiekonzernen Geschenke gemacht hat, dann war es Ihr eigener. Denn der hat die Stadtwerke verkauft.

(Beifall bei der CDU)

Es ist auch gut und richtig, dass Sie das heute bereuen. Aber der Reflex kann nicht sein, dass Sie zwischen heute und Ostern sagen, dass Sie das ganze wieder zurückkaufen und den Fehler dann in der anderen Richtung noch einmal machen. Sie müssen sich einmal überlegen - und dann sprechen Sie einmal mit dem scheidenden Kollegen Maier -, wenn Sie denn Milliarden ausgeben, dass man auch Milliarden nur einmal ausgeben kann.

(Doris Mandel SPD: Ja, das hätten Sie sich einmal merken müssen, als Sie die 4,5 Milliarden ausge- geben haben!)

Von daher muss man auch sagen: Der Besitz der Netze alleine ist es nicht. Wenn es so wäre, könnte es niemand anderes geben, der mit Strom oder Gas Geld verdient. Das heißt, so ist es nicht. Natürlich können Sie morgen Stadtwerke gründen und diese dann sukzessive ausbauen. Von daher ist überhaupt nichts verschenkt. Ihre Vorstellung, den Vertrag 2008 auslaufen zu lassen und außer Frau Dr. Schaal, die schon weiß, wie man es macht, ansonsten keine Konzeption zu haben - nach einer Regierungsbildung in wenigen Wochen -, klingt nicht sehr gut. Deswegen ist es auch gut so, dass Sie diese Gelegenheit nicht bekommen werden.

(Beifall bei der CDU)

Es ist ein Zeichen von Torschlusspanik, dass Sie jetzt bei jeder Sache versuchen, "Skandal" zu rufen. Ich bin gespannt, welche miesen Machenschaften Sie dann beim Umweltzentrum Karlshöhe finden, was da für Tricks gelaufen sein sollen.

(Ingo Egloff SPD: Das ist schlicht und einfach kon- zeptlos!)

Das ist wie eine Inszenierung im Deutschen Schauspielhaus, wo dann auch immer jemand halbnackt über die Bühne läuft und "Skandal" brüllt. Das interessiert heute noch nicht einmal mehr die Theaterkritiker.