Ein solcher Vorschlag galt bei Ihnen als Tabubruch. Das Ergebnis ist Kuddelmuddel statt Integration. Dafür wurde jedes Pflänzchen - das war die Gießkanne - begossen
und der Dünger, Herr Neumann, war immer der gleiche, egal wo. Das ist ein großer Fehler gewesen und das ist der große Vorteil, den wir jetzt bei unserem Projekt "Lebenswerte Stadt" haben. Dieser Vorteil ist die zielgenaue Herangehensweise, behördenübergreifend. Wenn Sie sich vielleicht die Zeit nehmen, könnten Sie heute und morgen die Ergebnisse eines Kongresses lesen. Dann werden Sie sehen, was wir zur lebenswerten Stadt machen und dass dieses Modell nicht nur in Hamburg, sondern bundesweit als Vorbild begriffen wird. Sie werden anhand der Teilnehmerzahlen sehen - wir haben über 200 Teilnehmer aus der gesamten Bundesrepublik -, dass dieses Modell bundesweit positiv Aufmerksamkeit erregt.
Herr Egloff, der Punkt ist, dass Sie sich jetzt wegducken wollen für die Dinge, die in der Vergangenheit verfehlt wurden. Wir reparieren Ihre Fehler der Vergangenheit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gibt es nun diese soziale Spaltung oder gibt es sie nicht? Da scheint es auch Uneinigkeit zwischen Ole von Beust und Axel Gedaschko zu geben. Der eine macht einen großen Kongress zur Bekämpfung der sozialen Spaltung und der andere sagt, soziale Spaltung kenne ich gar nicht, davon habe ich noch nichts gehört. Ich will Ihnen zunächst ein paar Fakten nennen, damit Sie sie kennen. Diese Fakten stammen aus unserer Großen Anfrage und wir haben uns die Mühe gemacht, sie auszuwerten.
Zu den Fakten: Es gibt 18 Stadtteile, in denen die soziale Lage so schlecht ist wie in den sechs Stadtteilen, die Sie ausgewählt haben. In den 18 Stadtteilen leben rund 25 Prozent der Hamburger Bevölkerung und rund ein Drittel der Hamburger Jugend, das heißt, es sind besonders junge Stadtteile mit einem besonders hohen Anteil junger Menschen. Die Hälfte aller Kinder in Hamburg, die von ALG II abhängig sind, lebt in diesen Stadtteilen. Der ALGII-Satz für ein Kind sind 209 Euro im Monat. Fakt ist auch, dass es allein in einem bevölkerungsreichen Stadtteil wie Billstedt 5.000 Kinder sind. Fakt ist auch, dass die Schulabbrecherquote in Hamburg immer noch die höchste unter allen deutschen Großstädten ist. Fakt ist auch, dass sie gerade in dem Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund von 2005 auf 2006 noch gestiegen ist. Die Zahlen von 2007 auf Stadtteilebene haben wir noch nicht. Vielleicht reichen Sie uns die kurzfristig nach. Das würde uns freuen.
Fakt ist auch, dass die Armut in den benachteiligten Stadtteilen zugenommen hat. Die Menschen, die von Transferleistungen abhängig sind, sind mehr geworden, auch im Boomjahr 2007, als die Arbeitslosigkeit insgesamt in Hamburg zurückgegangen ist, und zwar besonders bei Kindern, besonders bei Frauen, besonders bei Alleinerziehenden. Fast die Hälfte der Alleinerziehenden in Hamburg ist von Transferleistungen abhängig. Machen Sie sich das Elend einmal klar. Das sind meistens Mütter, die nicht arbeiten können, weil sie keine vernünftigen Kinderbetreuungsangebote vorfinden, extrem wenig Geld haben und extrem Schwierigkeiten haben, ihren Kindern ein gutes Leben zu ermöglichen.
Fakt ist auch, dass der Bildungserfolg in Hamburg zu einem großen Teil davon abhängig ist, in welchem sozialen Umfeld man lebt. In den reichen Stadtteilen erreichen rund 60 Prozent der Schulabgänger die Hochschulreife. Nur 3 Prozent verlassen die Schule ohne Abschluss. Das ist ein Verhältnis von 1 : 20. Das ist traumhaft. In den armen Stadtteilen erreichen 19 Prozent der Schüler die Hochschulreife und 17 Prozent verlassen die Schule ohne Abschluss. Das ist ein Verhältnis von nahezu 1 : 1.
Allein in sechs Stadtteilen mit mehr als 200.000 Einwohnern - das ist eine mittlere Großstadt - erreichen weniger Kinder die Hochschulreife, als Kinder die Schule ohne Abschluss verlassen. Was ist das für ein Bild von einem Land, das eine Wissensgesellschaft sein will, in dem es in einer mittleren Großstadt mehr Schulabbrecher gibt als Kinder mit Hochschulreife.
Das sind Fakten aus den Statistiken des Senats und des Statistischen Landesamtes. Selbstverständlich sind die überprüfbar. Wir haben sie auch alle öffentlich gemacht.
- Das gibt es nicht, sagt Herr von Beust, ganz genau. Als die CDU vor zwei Jahren aber doch mal gemerkt hat, dass die Situation brenzlig wird, hat sie eilig ein Feuerwehrprogramm namens "Lebenswerte Stadt" aufgelegt, zu dem wir schon einiges von Ihnen gehört haben. Aber dieses Feuerwehrprogramm ist ein Placebo, das ist nur weiße Salbe.
Ad 1: Die Verkleinerung der Klassen erreicht ein Drittel der Grundschulen und dort ein Viertel der Klassen, nämlich die ersten Klassen bis jetzt, also 8 Prozent aller Grundschulklassen oder 2,5 Prozent aller Klassen in Hamburg. Es hat bisher nicht im Entferntesten die Klassenfrequenzen von 2001 wieder erreicht. Die 30 neuen Erzieherstellen, von denen die Rede war, sind nur der Versuch, die Kürzungen um 80 Stellen in den Ganztagsschulen zu kompensieren. Der kostenlose Vorschulplatz für 1.600 Kinder mit Sprachförderbedarf soll nur die allgemeinen Vorschulgebühren abmildern und die 22 ElternKind-Zentren sind ein schwacher Trost für den Abbau von über 3.500 Ganztagsbetreuungsplätzen, davon allein 2.000 in den Stadtteilen mit KESS-Faktor 1 und KESSFaktor 2, wo Sie die Klassen verkleinert haben. Allein dort haben Sie 2.000 Ganztagsbetreuungsplätze in der Kita reduziert. Also erst kräftig herausschneiden und dann ein bisschen wieder hineintun, aber das mit hübscher Verpackung, und dann wollen Sie den Hamburgern erzählen, dass das ein tolles Geschenk sei. Das ist es aber nicht, meine Damen und Herren, das ist Volksverdummung.
Dann erzählen Sie immer das Märchen vom 100-Millionen-Euro-Programm für die benachteiligten Stadtteile. Fakt ist, dass zum 31. Dezember 2007 im Programm "Lebenswerte Stadt" mit allem, mit Lehrern, Eltern-KindZentren et cetera 7.535.850 Euro ausgegeben wurden, also nicht 100 Millionen, sondern 7,5 Millionen. Bis Ende 2008, bis Ende dieses Haushaltsplans sollen es 18 Millionen Euro sein. Also sprechen Sie in Zukunft nicht mehr von einem 100-Millionen-Euro-Programm, sondern von einem 18-Millionen-Euro-Programm. Das wäre wesentlich ehrlicher.
Fakt ist aber auch, dass Sie über 100 Millionen Euro aus diesem Bereich herausgeholt haben. Sie haben allein im Bereich der sozialen Stadtteilentwicklung 32,1 Millionen Euro für Ihr Sonderinvestitionsprogramm reduziert. Sie haben weiterhin im Bereich der Arbeitsmarktförderung in benachteiligten Stadtteilen 44 Millionen Euro reduziert.
Das ist auch der Grund, weswegen Herr von Beust jetzt gesagt hat, wir geben bald genauso viel aus wie Rotgrün, weil er das überhaupt nicht mehr auf der Pfanne hat und überhaupt nicht mehr weiß, dass damals rund 76 Millionen Euro und nicht 30 Millionen Euro in die benachteiligten Stadtteile gegangen sind. Das haben Sie im Jahre 2002 nämlich als Erstes gestrichen.
Sie erzählen uns in Wahrheit eine Reihe von Märchen über die soziale Stadtentwicklung. Ihr Programm ist nur weiße Salbe, Ihr Programm ist ein Placebo. Herr von Beust, damit Sie einmal etwas bekommen, was wirklich gegen die Kopfschmerzen wirkt, die Ihnen die soziale Spaltung noch bereiten wird, habe ich für Sie Anti-SpaltSpezial. Vorsicht, es brennt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Lieven, eines vorweg: Es gibt keine soziale Schieflage in dieser Stadt, wie Sie sie hier herbeireden wollen.
Wenn einzelne Stadtteile besonderer Förderung bedürfen, dann handeln wir. Das hat der Senat eindeutig bewiesen. Das ist oberste Priorität und dies wird und muss es auch bleiben.
Das zeigt übrigens auch die Große Anfrage. Hier noch einmal ganz deutlich zur Erinnerung: Wir haben die vorschulische Sprachförderung eingeführt, und zwar als zusätzliche Sprachförderung für diejenigen Kinder, die einen Förderbedarf aufweisen. Bei den betroffenen Kindern, die Sprachschwierigkeiten haben, hat sich das halbiert. Bei den Vorschülern mit Migrationshintergrund verzeichnen wir sogar einen Rückgang von über 66 Prozent. Über 1.600 Kinder profitieren von der Möglichkeit, kostenfrei eine Vorschule zu besuchen. Aber das nicht nur allein. Wir haben die Zahl der Ganztagsschulen zwischen 2001 und 2007 mit 83 Ganztagsschulen mehr als verdoppelt. In sozialen Brennpunkten sind zwölf Ganztagsgrundschulen dazugekommen. Der Senat stellt für diese Schulen jährlich 2,5 Millionen Euro zur Verfügung, davon das meiste Geld für pädagogische Unterrichtshilfen und zusätzliche Lehrkräfte.
2001 verließen 12,5 Prozent der Schüler die Schule ohne Abschluss. Heute sind es 10,3 Prozent. Wenn Sie jetzt sagen, es sei heute immer noch viel wahrscheinlicher in Blankenese die Schule mit dem Abitur zu verlassen als in Wilhelmsburg, dann kann ich Ihnen nur sagen, dass dieses Problem bekannt ist und wir daran arbeiten.
Ziel ist es, gerade im Rahmen der Stadtteilschule mehr Kinder zu höheren Bildungsabschlüssen zu führen. Darum haben wir uns auch ganz bewusst für das ZweiSäulen-Modell entschieden.