- Natürlich, lesen Sie es. Im Rahmen des Programms "Lebenswerte Stadt" haben wir die Klassenfrequenz in sozial benachteiligten Stadtteilen in den ersten Klassen auf heute 19,3 Kinder pro Klasse abgesenkt. Zum Vergleich: 2001 lag die Klassenfrequenz noch bei 23,5 Kindern.
Die ersten Klassen im Allgemeinen liegen heute bei 22,5 Kindern, 2001 bei 24,1 Kindern. Von der Absenkung der Klassenfrequenzen auf 19,3 Kinder profitieren insgesamt 68 Grundschulen. Für die Fortführung dieser Maßnahmen stellen wir 200 zusätzliche Lehrkräfte bis 2011 bereit, davon sind 55 bereits eingestellt.
Darüber hinaus haben wir seit 2007 in den sechs ausgewählten Modellstadtteilen Wilhelmsburg, Lohbrügge-Ost, Altona-Altstadt, Billstedt, Steilshoop und Barmbek-Süd 94 Projekte angeschoben, von niedrig schwelligen kulturellen Angeboten über Spielplätze bis zu Begegnungsstätten, die auch wichtig sind sowie Hilfsangebote verschiedenster Art.
Frau Meyer-Kainer, es tut mir leid, dass ich das unterbreche, aber ich habe es mir jetzt eine Zeit lang angehört. Gegen ein lebendiges Parlament spricht ja nichts, aber das Gemurmel in diesem Saal ist entschieden zu laut. Ich würde vorschlagen, dass diejenigen, die der Debatte lauschen wollen, hier drinnen bleiben und die anderen gehen dann hinaus. Frau Meyer-Kainer, Sie haben das Wort.
Dabei geht es vor allem darum, Angebote für Familien zu schaffen und diese auch zu stärken. Das liegt dem Senat und unserer Fraktion sehr am Herzen. Ich verweise hier noch einmal auf die 22 Eltern-Kind-Zentren. 17 gibt es bereits - das haben wir von Herrn Lieven alles schon gehört -, fünf weitere werden in Kürze ihre Arbeit aufnehmen.
Kernstück dieser Eltern-Kind-Zentren sind als niedrig schwellige Angebote die Eltern-Kind-Clubs, wo Eltern und Kinder ein warmes Mittagessen einnehmen können.
Das pädagogische Personal steht bei Bedarf der Beratung zur Verfügung. Mit diesem Angebot erreichen wir die Kinder und auch die Eltern und das ist wichtig.
Am Standort der Kita "Regenbogen" waren zum Beispiel von Mai bis August allein über 800 Eltern und Kinder. Auch die Öffnungszeiten der 39 bezirklichen Spielhäuser wurden erweitert, sodass auch hier Familien, deren Kinder keine Kita besuchen, ein alternatives Angebot erhalten.
Besonders betonen möchte ich an dieser Stelle, dass in Wilhelmsburg, Billstedt und Lohbrügge-Ost quartiersnahe Zentren "Bilden-Beraten-Betreuen" entstehen, die eine Vernetzung, was ganz wichtig ist, von Schule und anderen Einrichtungen vor Ort beinhalten und Menschen an ihrem Wohnort Bildungs- und Beratungsangebote anbieten. Wenn Sie jetzt sagen, das sei alles noch nicht genug, dann kann ich nur sagen, dass diese Kritik nicht greift.
Wie wir alle wissen, wird es nicht bei diesen sechs Stadtteilen bleiben. Wir werden diese Initiative ausweiten. Weitere sechs bis zehn Stadtteile werden mit 10 Millionen Euro im Jahr, Frau Goetsch, und nicht für vier Jahre gefördert.
Es darf nicht sein, dass bestimmte Gebiete den Anschluss verlieren und so wird es, Herr Neumann, auch nicht kommen.
Hier setzen wir ganz bewusst auf eine gezielte Unterstützung. Die Zahlen sprechen für sich. Wir haben heute schon weniger Arbeitslose auch in den Gebieten, die Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, als benachteiligt bezeichnen. Hamburgweit verzeichnen wir einen Rückgang der Arbeitslosigkeit von 22,2 Prozent in den letzten zwei Jahren und in den sozial schwächeren Stadtteilen einen Rückgang von 17,2 Prozent. Da kann man nur sagen: Der Aufschwung kommt doch an. Das zeigt auch die Große Anfrage. In den 34 abgefragten Stadtteilen ging die Zahl der SGB-II-Empfänger gerade bei den jungen Menschen deutlich zurück. Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Barmbek-Nord: Bei den Männern unter 25 Jahren fast 3 Prozent, bei den Frauen auch. Überall verzeichnen wir erkennbare Rückgänge in den Stadtteilen und tendenziell sinken die Anteile der SGB-IIEmpfänger insgesamt in den 34 Stadtteilen.
Es wäre naiv zu glauben, in einer Großstadt wie Hamburg könne man soziale Probleme gänzlich ausschalten. Wenn Sie sagen, dass vor allem Kinder in Hamburg von Transferleistungen betroffen seien, kann ich nur sagen: Wir schaffen Perspektiven für diese Kinder durch eine bessere Bildungspolitik, durch mehr Sprachförderung, durch soziale Angebote in den Stadtteilen und eine Wirtschaftspolitik, die Arbeitsplätze schafft.
Die Abhängigkeit von den Transferleistungen ist kein Hamburger Problem. Ziel ist es zu erreichen, dass diese Familien ihr eigenes Einkommen erzielen. Im Vergleich zu den anderen Stadtstaaten haben wir weniger Kinder, die von Transferleistungen leben müssen. Unser Ziel ist es, Menschen Hilfe zur Selbsthilfe zu bieten. Wir wollen keine Hilfe nach dem Gießkannenprinzip. Wenn Sie, Herr
Lieven, in der Presse fordern, jährlich 100 Millionen Euro für soziale Stadtteilentwicklung auszugeben, 5.000 subventionierte Arbeitsplätze zu schaffen und ein Drittel der Stadt zum sozialen Brennpunkt erklären wollen, dann kann ich nur sagen, dass das Populismus pur ist und führt zu einer Versorgungsmentalität, die niemand von uns allen will.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Meyer-Kainer, mit Ihrer Leugnung der sozialen Schieflage in dieser Stadt haben Sie Ihre nachfolgende Rede ad absurdum geführt. Warum haben Sie denn das Projekt "Lebenswerte Stadt" erst aufgelegt, wenn wir die soziale Spaltung in Hamburg nicht haben?
Wenn Sie das nicht wahrnehmen, sollten Sie Ihr Abgeordnetenbüro in der Sierichstraße einmal verlassen und vielleicht ein bisschen weiter nach Osten, nach Barmbek gehen. Da hat Senator Gedaschko zumindest festgestellt, dass es Probleme gibt. Tun Sie das und folgen Sie ihm.
Wenn Sie uns hier erzählen, dass Sie die Klassenfrequenzen in den sozialen Brennpunkten gesenkt haben, dann vergessen Sie aber auch nicht zu erzählen, dass es doch Ihre Regierung war, die die Klassenfrequenzen erst hochgefahren hat.
Sie haben keine Bildungsoffensive gestartet, Sie haben keine Quartiersoffensive gestartet, Sie haben 2002 eine Vernachlässigungsoffensive gestartet. Das ist Ihre Verantwortung bei der sozialen Stadtentwicklung.
Wie billig klingt das, was uns Senator Gedaschko erzählt, wenn er seine Stadtentwicklungspolitik damit begründet, er hätte nichts gemacht, weil er Sorge hätte, die Stadtteile würden stigmatisiert.
Ich glaube, für diese betroffenen Stadtteile gibt es nichts Schlimmeres als nichts zu tun. Das ist das Problem, das wir haben.
Ihre soziale Stadtteilentwicklungspolitik ist eben nicht eingebettet in die Stadtentwicklungspolitik in Hamburg. Sie beschränken sich hauptsächlich auf eine Aneinanderreihung von Großprojekten.
Die soziale Stadtentwicklung ist doch ein ungeliebtes Anhängsel der Politik für die wachsende Stadt und das Leitbild "Wachsende Stadt" ist ein Leitbild für die Reichen, aber nicht für die Mehrheit der Hamburger.