Protokoll der Sitzung vom 17.09.2008

(Glocke)

Herr Kienscherf, lassen Sie eine Zwischenfrage von Herrn Böttger zu?

Aber immer doch.

Was ist gestern verteilt worden?

Sehr gut, genau das ist der Punkt, Herr Böttger, darauf komme ich noch, ich bin erst beim 8. August, aber ich finde es richtig, dass Sie darauf eingehen. Am 8. August ist dieser Bericht vorgelegt worden. Sie können sich ruhig wieder hinsetzen, die Beantwortung dieser Frage dauert ein bisschen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und ver- einzelt bei der LINKEN)

Ich glaube, er möchte noch einmal fragen.

Lassen Sie die Frage zu, Herr Kienscherf?

Aber natürlich.

Man muss mir wenigstens die Chance geben, die Frage zu Ende zu stellen. Die Frage lautete ganz klar: Was ist gestern verteilt worden und was ist weiterhin Inhalt dieser Geschichte gewesen? Es ist zusätzlich eine Kommentierung zu dem Prüfbericht dargelegt worden.

(Glocke)

Herr Böttger, ich bitte Sie, die Frage als Frage zu

(Kersten Artus)

formulieren, damit der Abgeordnete Kienscherf darauf antworten kann.

Herr Kienscherf, geben Sie mir Recht, dass diese Kommentierung begründet ist? Ich bin in meiner Rede ganz deutlich darauf eingegangen, dass Forderungen und Verbindlichkeiten …

(Glocke)

Herr Böttger, ich rufe Sie auf, nur die Frage zu stellen.

Herr Böttger, wenn Sie mir gegenüber erklären, dass ich unsachlich sei, dass ich populistisch sei und so weiter, dann erwarte ich von Ihnen, dass Sie mich hinsichtlich der Sachlichkeit nicht auskontern. Aber was Sie hier abliefern, ist Populismus pur.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Es ging auch nicht um eine Kommentierung, die uns zugeleitet werden sollte, sondern es ging um den Bericht; so habe ich Herrn Krüger und den Ausschuss jedenfalls damals verstanden. Am 8. August ist dieser Bericht vorgelegt worden und darin stand, dass es keinen Anlass gebe, dass irgendwelche Gelder veruntreut worden seien, sondern dass der Träger im Gegenteil nicht überschuldet sei. Darin stand, dass es ein einzigartiges Angebot sei, was es so an anderer Stelle in Hamburg und wahrscheinlich bundesweit gar nicht gebe, dass man es geschafft habe, nicht nur diese schwierige Klientel aus der Anonymität und der Drogenabhängigkeit zu holen, sondern ihnen Wohnungen zu stellen – 60 Stück – und gleichzeitig noch Arbeit vermittelt habe. Das hat kein anderer Träger in Hamburg geschafft und wir sind stolz darauf, dass Subway es geschafft hat.

(Beifall bei der SPD)

Das war am 8. August. Die Behörde, überrascht von ihrem selbst in Auftrag gegebenen Gutachten, fragt nach, ob das denn alles so richtig sei. Die beiden Gutachter beantworten die Fragen entsprechend und sagen, das sei richtig, es gebe keine Überschuldung und sie möchten noch einmal darauf hinweisen, dass es notwendig sei, dass die BSG sofort ihre Förderung wieder aufnehme.

Dann gibt es ein leichtes Hin und Her und ein, zwei Wochen später reißt der Kontakt zu den Gutachtern ab. Dann fragt die Behörde anderthalb Wochen später nach, sie würde diesen Bericht gerne veröffentlichen und möchte eine Freigabe haben. Diese Freigabe wird der Behörde am 27. August schriftlich erteilt – um 16.17 oder 16.18 Uhr, da will ich mich nicht festlegen. Herr Böttger, am 27. Au

gust wird es veröffentlicht. Es gibt die Absprache mit Herrn Krüger, mit dem gesamten Ausschuss, dass dieser Bericht nach Freigabe durch den Träger dem Ausschuss zugeleitet wird.

Jetzt komme ich zu der Antwort auf Ihre Frage, was gestern eigentlich vorgelegt worden sei. Dieser Bericht ist nicht, nachdem wir vor zwei Wochen schon am Rande der Bürgerschaft darüber gesprochen hatten, dass wir das Thema gestern debattieren beziehungsweise beraten wollten, etwa vor zwei Wochen vorgelegt worden. Er ist auch nicht vor drei Tagen dem Ausschuss vorgelegt worden, sondern der Senator ist gestern in den Ausschuss gekommen – das haben Sie ja miterlebt – und hat freudestrahlend verkündet, es freue ihn, dass er diesen Bericht druckfrisch den Abgeordneten vorlegen könne. Darin sei jetzt alles enthalten, auch in seiner Kommentierung, und im Übrigen könne man das morgen in der Bürgerschaft weiter beraten.

Meine Damen und Herren! So kann man mit den Menschen in der Stadt und mit seiner politischen Verantwortung nicht umgehen, Herr Böttger.

(Beifall bei der SPD)

Wie ist das denn am 27. beziehungsweise 28. August in dieser Behörde gelaufen? Die Behördenverwaltung wollte diesen Bericht weiterleiten. Nur, aufgrund der Intervention des Senators, diesen Bericht nicht weiterzuleiten,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Er fühlt sich er- tappt!)

hat die Öffentlichkeit und auch die Bürgerschaft diesen Bericht nicht bekommen. Jetzt frage ich Sie, ob das einen nicht misstrauisch macht. Uns macht es sehr misstrauisch, Sie sollte es auch misstrauisch machen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Die GAL sollte es auch misstrauisch machen. Es kann doch nicht angehen, dass die Behörde gestern erst diesen Bericht vorlegt und heute noch einmal nachzieht. Gestern wird der Bericht vorgelegt, dann fragen wir nach und dann sitzt der Senator ziemlich steif da und sagt, was heißt hier nachfragen, wir behandeln das unter dem Tagesordnungspunkt Verschiedenes. Das heißt nicht, dass wir den Tagesordnungspunkt beraten, sondern ich habe das so verstanden, dass ich Sie vom Sachstand in Kenntnis setze und das habe ich hiermit getan. Es wird wahrscheinlich einen Träger geben, der dann vielleicht die Arbeit übernehmen soll; das war gestern. Da waren Sie sehr einsilbig, Herr Senator, und auf unsere Nachfragen wollten Sie nicht antworten.

Herr Böttger, bei aller Kritik – wobei meine Kritik Ihnen gegenüber bestehen bleibt – möchte ich mich trotzdem auch im Namen der SPD-Fraktion bei dem Rest Ihrer Abgeordneten im Ausschuss und

(Vizepräsidentin Nebahat Güclü)

insbesondere beim Ausschussvorsitzenden bedanken, der die Situation etwas unglücklich empfand und dann einer Selbstbefassung in der nächsten Woche zugestimmt hat. Das sind mutige Entscheidungen, Herr Böttger.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Der Senator wollte sich also gestern nicht äußern, dafür hat er sich umso mehr heute per Pressemitteilung geäußert. Herr Senator, Ihre Presseerklärung umfasst zwei Seiten und Ihre Kommentierung des Gutachtens fünf Seiten. Da haben Sie sieben Seiten verbraucht – die GAL wird wahrscheinlich schon wieder einen Herzinfarkt bekommen haben, weil soviel Papier produziert worden ist –

(Heiterkeit bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD – Klaus-Peter Hesse CDU: Er ist ja ein Clown!)

und ich frage mich, ob nicht noch eine Seite Ihres Gutachtens, das Sie selber in Auftrag gegeben haben, drin gewesen wäre mit dem Fazit der Gutachter. Es gibt nämlich ein Fazit, aber dieses Fazit verschicken Sie nicht mit, sondern Sie sind – ich muss es einmal so sagen, auch wenn mich vielleicht die Präsidentin rügen wird – einfach zu feige, sich hart mit den Fakten auseinanderzusetzen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Anders ist es nicht zu erklären, dass Sie der Presse Ihre Kommentierung geben, ohne dass die Gutachter überhaupt die Möglichkeiten haben, ihr Gutachten selbst darzustellen.

(Stephan Müller CDU: Selbstdarstellung, Herr Kienscherf!)

Jetzt zu Ihnen, Frau Heitmann. Es ist ja schön und gut, wenn Sie sagen, jetzt werde das Ganze von anderen Einrichtungen betreut. Das war nicht das Ziel, das wissen Sie auch, gerade vor dem Hintergrund der Einmaligkeit dieses Angebots und dieser schwierigen Klientel. Wenn Sie sich einmal mit den Experten unterhalten oder auch beraten lassen, dann sagen die, solche Personen brauchen Jahre, um ein vertrauensvolles Verhältnis entwickeln zu können. Wir wollten, dass dieses bei Subway oder einem anderen Träger bestehen bleibt. Sie wissen, dass es einen anderen Träger gab und gibt, der diese Arbeit mit Subway fortführen würde und auch da ist Ihre Pressemeldung nicht richtig, Herr Senator, denn der Träger KoALA hat signalisiert, es fortzuführen. Was Sie jetzt als Erfolg verzeichnen wollen, wollte die Behörde schon immer. Das ist eine Umverteilung, das ist eine Abwicklung wie bei der Treuhand in der DDR. Wir wollen das nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie die Pressemitteilung des Senators der BSG genau lesen, dann steht darin, dass das vorerst in den Räumen von Subway geschehen wird und danach wird der ganze Laden dicht gemacht. Wir wissen nicht, welche schlimmen Folgen das für die entsprechenden Menschen hat. Dass es anders geht, können wir innerhalb des Senats feststellen, denn die Behörde für Wirtschaft und Arbeit hat dem Träger Subway in Verbindung mit KoALA zugesagt, den Träger weiterhin zu fördern. 50 Arbeitsgelegenheiten wurden zugesagt und auch der Bezirk Hamburg-Mitte hat mit seiner rot-grünen Mehrheit und insbesondere auf Drängen der Grünen dem Träger 30 weitere Plätze zur Verfügung gestellt.

Meine Damen und Herren! Hier ist getrickst und getäuscht worden und das in einem Ausmaß, wie es die Stadt in den letzten Jahren nicht erlebt hat. Damit muss Schluss sein, wir müssen wieder zu einer Lösung im Sinne der Interessen der Klienten zurückfinden und das heißt auch im Sinne von Subway. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Der Abgeordnete Krüger hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Kienscherf, es ist schon bezeichnend, dass Sie sich mehr mit der Formalie, wann welcher Bericht wem vorgelegt worden ist, auseinandersetzen und weniger mit dem Inhalt des Berichts. Den finde ich eigentlich viel spannender, denn es geht in der Tat um die Zukunft von etwa 270 Menschen, die sich ohnehin in einer sehr schwierigen sozialen Situation befinden. Deshalb finde ich es viel wesentlicher, sich einmal damit auseinanderzusetzen, was es mit diesem Träger, seinem Angebot und natürlich auch dem Bericht inhaltlich auf sich hat.

Da ist es schon ein bisschen grotesk, wenn Sie es so darstellen, als sei bei Subway eigentlich alles in Ordnung, wenn nur behördliches Geld fließe, dann wäre die Welt wieder in Ordnung. Tatsache ist – mein Kollege Böttger hat es vorhin dargestellt –, dass auch für Sie, auch wenn Sie das in früheren Legislaturperioden vielleicht nicht so ganz verstanden haben, die Landeshaushaltsordnung gilt und damit gibt es zwingende haushaltsrechtliche Gründe. Und ein Träger, der von Insolvenz bedroht wird, kann in dieser Situation keine Zuwendung mehr bekommen.

(Dirk Kienscherf SPD: Weil Sie ihm die Gel- der gestrichen haben!)