Protokoll der Sitzung vom 17.09.2008

Das Wort bekommt Herr Tschentscher.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Schade, ich habe vorhin bei dem spontanen Applaus von Herrn Kerstan bei Frau Heyenn gedacht, dass die Abstimmung heute vielleicht doch anders ausgeht als beim letzten Mal. Aber das war wohl ein Irrtum.

Ich bin trotzdem nicht traurig, dass wir noch einmal neu debattieren. Die CDU-Fraktion hat die Debatte ein zweites Mal angemeldet. Ich glaube, die Regierungskoalition braucht mindestens drei Debatten, um ihren eigenen Gesetzesentwurf wirklich zu verstehen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Frau Stapelfeldt hat es gesagt:

(Wolfgang Beuß CDU: Die hat aber keine Ahnung!)

Über ein Drittel der jetzt Studierenden wird sofort Studiengebühren zahlen müssen. Das steht in Ihrem Gesetz. Wir haben über die sozialen Ausgrenzungseffekte beim letzten Mal gesprochen.

(Wolfgang Beuß CDU: Kommen Sie doch einmal mit neuen Argumenten!)

Das haben wir uns nicht ausgedacht. Das hat das Deutsche Studentenwerk Ihnen vorgerechnet. Ich will das alles nicht wiederholen. Ich will nur auf einen neuen Gesichtspunkt kommen, der von der GAL-Fraktion auf einmal eingebracht wurde – wir sollten das alles nicht kritisieren, es gebe doch immerhin jetzt einen neuen schwarz-grünen Schwerpunkt in der Bildung mit 165 Millionen Euro zusätzlich im neuen Haushaltsplan. Das ist in der Tat neu, wir kennen den Haushaltsplan noch nicht so genau wie Sie.

(Wolfgang Beuß CDU: Warten Sie es einmal ab!)

Aber wir sind auch die Letzten, Herr Beuß, die ein Schwerpunktsetzen in der Bildung kritisieren würden. Aber erstens sind Ihre Schwerpunkte angesichts eines 1,2-Milliarden-Defizits, das Sie in den nächsten zwei Jahren anrichten, alle ungedeckte Schecks und zweitens besteht gerade in der Bildungspolitik die große Gefahr, dass wir viel Geld ausgeben, ohne dass am Ende irgendjemand etwas davon hat.

(Wolfgang Beuß CDU: Das ist Ihr Erbe!)

Da passt es in der Tat in diese Debatte: Ihre finanzielle Konstruktion ist ein gutes Beispiel dafür, Herr Beuß. Sie wollen 38 Millionen nicht für eine Verbesserung von Studium und Lehre und für die Abschaffung der Studiengebühren ausgeben. Sie geben lieber 24 Millionen Euro Steuergelder dafür aus, dass Bürokratie, Zinsen und faule Kompromisse bezahlt werden.

(Wolfgang Beuß CDU: Das haben Sie uns alles schon beim letzten Mal erzählt!)

Und das ist das, was uns nicht gefällt.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Wenn an dieser gesamten Haushaltsausschussberatung und dem Bericht, der heute vorliegt – auch der wird in zwei Lesungen heute beschlossen –, irgendetwas Positives ist, dann höchstens das, dass die Auszubildenden im Bankgewerbe im ersten Lehrjahr ein gutes Beispiel für ein Finanzierungsmodell haben, das man seinen Kunden am besten nicht anbietet.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Kühn.

(Jens Kerstan)

Herr Präsident! Herr Kerstan, man muss schon sagen: Als Fraktionsvorsitzender leisten Sie sich wirklich dolle Dinge. Ich glaube, Sie haben bis heute nicht ein einziges Mal in dieses Gesetz geschaut, denn Sie argumentieren mit Zahlen und Werten, die überhaupt nicht stimmen. Deswegen – damit Sie es auch überprüfen können – noch einmal: Aus der Drucksache 19/659 ergibt sich ganz klar, dass genau 11 855 Studierende – 35,1 Prozent – eben von der Stundung nicht Gebrauch machen können. Das sollten Sie als Fraktionsvorsitzender einer der Regierungsfraktionen endlich auch verstehen und verinnerlichen und es nicht immer wieder in Abrede stellen.

(Beifall bei der SPD und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Insofern ist es auch vollkommen legitim, dass meine Fraktion das auch in dieser Deutlichkeit ausspricht, damit Sie nämlich eben nicht mit dem Versuch durchkommen so zu tun, als sei das ein Gesetz, dass sozial vollkommen ausgewogen ist. Die Frechheit ist nämlich eigentlich bei diesem ganzen Gesetz,

(Wolfgang Beuß CDU: He, halten Sie sich einmal zurück, junger Mann!)

dass Sie selbst von denjenigen, die von der Stundung Gebrauch machen und am Ende nach ihrem Studium sogar diese 30 000 Euro verdienen, jeden gleich behandeln, sodass die Mutter mit dem Kind, die Kita-Gebühren bezahlen muss und eine größere Wohnung braucht, genauso gefordert und belastet wird, wie der Single, der alleinstehend ist. Sie sagen, da gebe es überhaupt keine sozialen Differenzen und da müssten wir auch nicht in irgendeiner Form steuern. Dass Sie als Grüne, gerade auch mit Ihrer Geschichte,

(Jens Kerstan GAL: Das ist doch albern!)

sich aus diesem Konsens verabschieden, den es in der Bundesrepublik gegeben hat, nämlich dass man Leute nur so belastet, wie es ihrer realen Lebenssituation entspricht, und das aufkündigen – das tun Sie mit diesem Gesetz nämlich ganz klar und deutlich –, ist ein Punkt, den Sie verantworten müssen. Dafür werden Sie sicherlich noch genügend Gelegenheit bekommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Wort erhält jetzt Frau Dr. Gümbel.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe SPD, es wird nicht besser dadurch, dass man lauter argumentiert.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Es wird auch nicht besser dadurch, dass man die falschen Sachen wiederholt. Es ist nicht so, dass 35 Prozent – oder wie viel Sie sich da ausgerechnet haben – tatsächlich Gebühren bezahlen. Lesen Sie es doch einmal. Ich habe vorhin gesagt, wie oft wir darüber geredet haben. Es war lange Zeit es zu lesen. Die einzigen – und da hat Frau Stapelfeldt einen richtigen Punkt genannt –, die tatsächlich nach der Gesetzesvorlage zahlen müssen, sind die Studierenden, die nicht aus der EU kommen.

(Dirk Kienscherf SPD: Ach, Herr Kerstan hat aber eben etwas anderes gesagt!)

Jetzt hören Sie mir einmal zu Ende zu. Das ist nämlich Ihr Problem, Sie quatschen immer so viel, Sie sollten zuhören.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Zuruf von Michael Neumann SPD)

Ganz ruhig, Herr Neumann. Sie kennen das: Disziplin.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Zurufe von der SPD)

Seien Sie so freundlich, wir kommen gleich zur Abstimmung. Ich sage nur, es ist ein Problem, wenn man weder liest noch zuhört.

(Zurufe von der SPD: Oh, oh! – Dr. Dorothee Stapelfeldt SPD: Das ist leider bei Ihnen der Fall!)

Ich will nur kurz zum Ende kommen. Es ist keineswegs so, dass uns dieses Problem nicht aufgefallen ist. Deshalb haben wir mit allen Universitäten gesprochen, dass eben dieses Stundungsrecht für ausländische Studierende in der Satzung vorgesehen sein sollte. Bei den meisten Hochschulen in Hamburg ist das sowieso schon so. Also denken wir, dass auch dort kein Problem auf uns zukommt.

Dann möchte ich noch ein Wort zum Haushalt sagen. Lieber Herr Tschentscher, es kann nicht wahr sein, dass auf der einen Seite argumentiert wird, das Geld sei verkehrt ausgegeben, und Sie uns auf der anderen Seite vorwerfen, wir würden zu viel ausgeben und ein großes Defizit produzieren. Wir haben entschieden, dass das Geld in Bildung investiert wird. Die Bildung ist die Zukunft und ich glaube, diese Einschätzung teilen wir. Dann anzukommen und zu sagen, dass unsere Reform der Studiengebühren zu teuer würde, ist doch Käse. Ich weiß, dass Sie das auch wissen. Von daher lassen Sie es doch einfach. Lassen Sie uns jetzt abstimmen und lesen Sie dann das Gesetz, wenn es Gültigkeit hat. Die Studierenden in dieser Stadt werden es uns danken.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort hat Herr Beuß.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will es auch ganz kurz machen. Für meine Fraktion – das wird Sie nicht verwundern – erkläre ich, dass wir diesem Gesetz heute endgültig zustimmen werden und sehr froh sind, dass dieses Gesetz schon zum kommenden Semester greifen wird. Mit Ihrer Trickserei haben Sie es vor 14 Tagen geschafft,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Das war keine Trickserei!)

dass wir heute noch einmal die Möglichkeit hatten, hier zu sprechen. Sie hatten auch gesagt, Sie würden hoffen, dass wir in uns gingen und so weiter und so fort. Wissen Sie, wenn ich mir diese Debatte von heute anhöre, dann unterscheidet sie sich in Null Komma Null von dem, was Sie vor 14 Tagen schon an unrichtigen Sachen angeführt haben.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Dr. An- dreas Dressel SPD: Wer hat die denn ange- meldet?)

Meine Damen und Herren, gibt es weitere Wortmeldungen? – Weitere Wortmeldungen gibt es nicht. Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung.

Das Neunte Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Hochschulgesetzes aus der Drucksache 19/552 war bereits am 3. September 2008 mit der vom Haushaltsausschuss in seinem Bericht aus Drucksache 19/939 empfohlenen Änderung in erster Lesung angenommen worden. Der Senat hatte einer sofortigen zweiten Lesung zugestimmt. Mindestens ein Fünftel der anwesenden Mitglieder dieses Hauses hatte dann dagegen Widerspruch erhoben.

Wer möchte nun das am 3. September 2008 in erster Lesung beschlossene Gesetz in zweiter Lesung beschließen? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist damit auch in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen worden.

Wer möchte darüber hinaus den Empfehlungen des Haushaltausschusses aus Drucksache 19/939 folgen? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist mit Mehrheit angenommen.