Protokoll der Sitzung vom 11.02.2009

Da würde man sich doch wünschen, dass die Regierungsparteien ihren Koalitionsvertrag auch in anderen Bereichen so strikt umsetzen. Im Bereich der verfassungswidrigen Privatisierung des Maßregelvollzugs wäre das deutlich dringender und sinnvoller,

(Beifall bei der SPD)

zumal auch der Grund für diesen Gleichklang der Informationsfreiheitsgesetze zwischen SchleswigHolstein und Hamburg das Bestreben der Koalitionspartner war, einen gemeinsamen Datenschutzbeauftragten mit Schleswig-Holstein einzurichten, der dann für beide Länder Informationsfreiheitsbeauftragter sein sollte. Dieses Bestreben war offensichtlich nicht erfolgreich, da Schleswig-Holstein kein Interesse an einem gemeinsamen Datenschutzbeauftragten hatte. Es hätte vielleicht einmal vorher jemand im Nachbarland anrufen können, ob die überhaupt ein Interesse an Ihren Plänen haben; dazu fällt mir wieder das Stichwort Weitsicht ein.

(Beifall bei der SPD)

Aber das erspart uns zumindest die Debatte über den Sinn eines gemeinsamen Datenschutzbeauftragten.

Ihre Weigerung, Veröffentlichungspflichten in den Gesetzesentwurf aufzunehmen, ist umso absurder vor dem Hintergrund – da verstehe ich Ihre Argumentation auch nicht mehr –, dass sowohl das derzeit noch geltende Gesetz der CDU Veröffentlichungspflichten vorsah als auch der GAL-Entwurf der letzten Legislaturperiode. Ihr Gesetzesentwurf bleibt also nicht nur hinter unserem Antrag zurück, sondern hinter der geltenden Gesetzeslage und hinter Ihren eigenen Ansprüchen.

(Wolfgang Beuß CDU: Frau Spethmann er- klärt Ihnen das!)

Frau Spethmann erklärt mir das, dann bin ich gespannt.

Mit Verlaub, die Ausführungen des Senats im Ausschuss, dass die Behörden in ihrer Entscheidung frei seien, weiterhin Organigramme, Aktenpläne

und Weiteres zu veröffentlichen, geht an der Realität vorbei. Wie die Anfrage von Herrn Schmidt erbracht hat, schaffen die Behörden das nicht einmal alle unter der derzeit geltenden Verpflichtung. Insofern frage ich mich, wie das auf freiwilliger Basis funktionieren soll.

Das alles macht deutlich, dass eine Evaluationsklausel hier mehr als sinnvoll erscheint. Gerade, wenn die Rechte der Bürger gestärkt werden, muss der Staat sicherstellen, dass das auch effektiv erfolgt, und zwar nicht nur theoretisch, sondern auf der Basis tatsächlicher und gesicherter Daten. Aber auch das werden die Behörden sicherlich wieder freiwillig erledigen, da können wir uns sicher sein.

(Farid Müller GAL: Warum nörgeln Sie ei- gentlich soviel?)

Bevor ich in den gleichen Jubelkanon verfalle wie Sie – das ist auch nicht meine Aufgabe –, möchte ich einmal sagen, was bei Ihnen nicht so optimal gelaufen ist.

(Beifall bei der SPD)

Die geringe Anzahl der bisherigen Anträge nach dem Informationsfreiheitsgesetz macht meines Erachtens zweierlei deutlich. Einerseits widerlegt dies die Kritiker des Informationsfreiheitsgesetzes, die damals eine Riesenwelle von Anträgen prognostiziert hatten, die die Verwaltung überrollen und quasi lahmlegen würde – es ist auch gut so, dass die endlich widerlegt sind –, andererseits macht sie aber auch deutlich, dass in diesem Bereich gerade in der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit noch einiges geleistet werden muss, damit die Bürger überhaupt über ihre Informationsrechte informiert werden. Insofern kann man nur hoffen, dass die Justizbehörde ihre Ankündigung einer verbesserten Öffentlichkeitsarbeit wahr macht und vielleicht im Rahmen dessen noch einmal ihre Gebührenstruktur hinsichtlich Transparenz und Angemessenheit überprüft.

Ein Abgeordneter der GAL hat das alte CDU-Informationsfreiheitsgesetz in der letzten Legislaturperiode einmal als zahnlosen Papiertiger bezeichnet. Ohne diese Anmerkung hier weiter kommentieren zu wollen, kann ich nur hoffen, dass wir durch diese Überarbeitung, der wir heute alle zustimmen werden, Ihr IFG so aufgepäppelt haben, dass es seiner Aufgabe wirklich sinnvoll nachkommen kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Schneider.

Meine Damen und Herren, Herr Präsident! Meine Fraktion teilt trotz einiger Kritik, auf die ich natürlich noch einge

hen werde, insgesamt die Auffassung, dass die vorgelegte Neufassung des Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes eine deutliche Verbesserung gegenüber der bisherigen Rechtslage bedeutet.

(Harald Krüger CDU: Dann haben wir etwas falsch gemacht!)

Das bisher geltende Gesetz verweist auf das Bundesinformationsfreiheitsgesetz und dieses kennt mehr Ausnahmen als Regelfälle, wenn es darum geht, Informationen zu erteilen oder zu verweigern.

Herr Müller hat schon angesprochen – das hatten Sie so nicht gesagt, aber ich sage es jetzt –, dass es angesichts der eklatanten Schwächen des Bundesgesetzes nicht verwundert, dass die Zahl der Anfragen auf Bundesebene, auch wenn sie 2008 leicht gestiegen ist, mit 1548 immer noch sehr niedrig ist, wie ich einer Pressemitteilung von Bündnis 90/Die Grünen entnahm. Noch bezeichnender ist, dass von diesen Anträgen mehr als ein Drittel, nämlich 536, abgelehnt wurden, deutlich mehr als im Jahr zuvor, und dass die Zahl der vollständig beantworteten Anfragen zurückging. Das ist kein guter Trend und verweist auf die Schwächen des Bundesgesetzes. Ich gehe aber davon aus, dass sich die Hamburger Bilanz nach Inkrafttreten des Gesetzes deutlich besser darstellt.

Da wir den Gesetzesentwurf insgesamt für einen Fortschritt halten, werde ich im Folgenden nicht im Einzelnen die Zustimmung begründen, da schon vieles gesagt worden ist, sondern einige Kriterien nennen, an denen wir den Gesetzesentwurf messen und die auch unsere Kritikpunkte beleuchten.

Erstens: Das Geheimhaltungsinteresse der Verwaltung muss in möglichst engen Grenzen gehalten werden. Auskunftsverweigerung sollte nur in wenigen strikt begründeten Fällen möglich sein. Generell gilt, dass Öffentlichkeit ein Lebenselixier jeder Demokratie, ein urdemokratisches Prinzip ist. Ich zitiere:

"Alle auf das Recht anderer Menschen bezogenen Handlungen, deren Maxime sich nicht mit der Publizität verträgt, sind unrecht."

Dies formulierte schon vor einigen Jahrhunderten Immanuel Kant.

(Wolfgang Beuß CDU: Königsberg!)

Dass viele Ausnahmeregelungen und Ausschlusstatbestände gefallen sind, begrüßen wir ausdrücklich. Manche Einschränkungen, die noch enthalten sind, halten wir für sachgerecht, andere nicht. Für sehr problematisch halten wir etwa, dass unter den Schutz öffentlicher Belange, bei denen der Antrag auf Information abzulehnen ist, in Paragraf 8 sehr

(Jana Schiedek)

allgemein und weit auslegungsfähig Informationen fallen sollen, deren Bekanntwerden – ich zitiere –:

"… die internationalen Beziehungen, die Beziehungen zum Bund oder zu einem Land, die Landesverteidigung oder die innere Sicherheit nicht unerheblich gefährden würde."

Das ist eine regelrechte Gummiklausel, die es zum Beispiel der Innenbehörde ermöglichen kann, jede Menge Informationen unter Verschluss zu halten und der Öffentlichkeit vorzuenthalten und so den öffentlichen Meinungskampf um Fragen der Inneren Sicherheit zu erschweren. Außerdem teile ich das Ansinnen der SPD, dass die Aufnahme eines allgemeinen Veröffentlichungsgebots sowie der Veröffentlichungspflichten sinnvoll wäre. Leider haben Sie den Antrag nicht eingereicht.

Ich will es trotzdem begründen, weil jahrhundertelang mit der Amtsverschwiegenheit des deutschen Beamten das Amtsgeheimnis ein eherner Grundsatz der Verwaltung war. Das sollte nun ausdrücklich beerdigt, der endgültige Wandel vom Amtsgeheimnis zur Informationsfreiheit deutlich dokumentiert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens: Alle Behörden müssen im Prinzip in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen und Ausnahmen gut begründet sein. Leider enthält der Gesetzesentwurf hier für unseren Geschmack recht viele Ausnahmen, was die Tendenz zur weiten Auslegung fördern mag. Einige dieser Ausnahmen sind wiederum einleuchtend, andere nicht. Für besonders problematisch halten wir, dass ein Anspruch nach dem neuen Gesetz nicht gegen ein Unternehmen in öffentlich-rechtlicher Rechtsform gerichtet werden kann, soweit es am Wettbewerb teilnimmt. Damit werden bestimmte, wie es in der Begründung heißt, Aktivitäten der Hamburg Port Authority, der Stadtreinigung, der Stadtentwässerung, des UKE und anderer Einrichtungen von der Informationspflicht ausgenommen.

Drittens: Private und Beliehene, die hoheitliche Aufgaben erfüllen – das hatten wir in der letzten Sitzung – sollten ebenfalls Auskunft geben müssen. Das ist in dem neuen Gesetz geregelt.

Viertens: Das Auskunftsverfahren sollte so wenig wie möglich formalisiert sein. Auch telefonische Anfragen oder Anfragen per E-Mail sollten Anerkennung finden; auch das finden wir geregelt.

Fünftens: Das Gesetz sollte ausführliche Regelungen über die Art und Weise der Erschließung und Ordnung des Materials enthalten. Hier unterstützen wir oder hätten wir unterstützt den Vorschlag der SPD zur Art und Weise der Veröffentlichung, insbesondere die Einrichtung eines zentralen Informationsregisters.

Sechstens: Der Zugang der Bürgerinnen und Bürger zum Recht darf nicht am Geldbeutel hängen. Das ist aber leider derzeit nicht ausgeschlossen. Der Senat hat sich mit der Frage der Änderung der Gebührenordnung bisher nicht befasst und sieht nach eigener Auskunft derzeit auch keinen Bedarf. Das ist schade, doch dieser Frage werden wir weiter nachgehen.

Auch wenn ich vor allem Kritikpunkte genannt habe, möchte ich abschließend noch einmal betonen, dass wir dem Gesetz zustimmen werden, weil seine Regelungen gegenüber dem jetzigen Zustand einen nicht unerheblichen Fortschritt bringen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort erhält der Justizsenator Dr. Steffen.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Neufassung des Informationsfreiheitsgesetzes vom 1. August 2006, das in der letzten Wahlperiode beschlossen wurde, ist ein wichtiges rechtspolitisches Vorhaben aus der Koalitionsvereinbarung von CDU und GAL. Statt wie bislang sich mit Verweisen auf das Bundesinformationsfreiheitsgesetz zu behelfen, wird ein vollständiges und aus sich selbst heraus verständliches Hamburger IFG erlassen. Wir erreichen dadurch eine Angleichung der Gesetzeslage in Hamburg und Schleswig-Holstein.

Die Erfahrungen, die wir mit dem Informationsfreiheitsgesetz seit dem 1. August 2006 machen durften, sprechen dafür, dass eine deutliche Ausweitung sehr sinnvoll wäre. Die Bürgerinnen und Bürger gehen mit ihren Informationsrechten sehr verantwortungsbewusst und maßvoll um und die Verwaltung ist in der Lage, die Anfragen zeitnah zu beantworten, ohne dass dadurch andere Aufgaben zurückgestellt werden müssten.

Mit dieser Neufassung des Informationsfreiheitsgesetzes werden die Rechte der Bürgerinnen und Bürger erweitert und gestärkt. Dies schafft eine neue Form der Transparenz in der Verwaltung und erhöht somit die Akzeptanz des Verwaltungshandelns. Die Neufassung ermöglicht es, den Bürgern einen grundsätzlich freien Zugang zu allen in der öffentlichen Verwaltung existierenden Informationen zu gewährleisten, ohne dass sie ein berechtigtes Interesse nachweisen müssen, warum sie die begehrte Information haben wollen. Stattdessen muss die Verwaltung erklären, warum sie gegebenenfalls Informationen zurückhält. Darin liegt ein Wandel des Selbstverständnisses der Verwaltung. Die moderne demokratische Verwaltung will sich nicht vom Bürger abschotten und viel zu viele Amtsgeheimnisse bewahren, sondern sie begreift die Offenheit und die Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit als ein eigenes Anliegen.

(Christiane Schneider)

Die Informationsrechte der Bürgerinnen und Bürger sind Teil ihrer demokratischen Rechte. Information ist die Grundlage für Kontrolle und für Mitbestimmung. Informierte Bürgerinnen und Bürger können sich auch engagieren und an der politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsfindung teilhaben.

(Beifall bei Farid Müller GAL)