Protokoll der Sitzung vom 03.03.2009

den Euro. Das würde für Hamburg 400 Millionen Euro jährlich bedeuten, und das, wenn man sich wirklich nur auf die reichsten 5 Prozent konzentriert.

(Zuruf von Barbara Ahrons CDU)

Es geht dabei, Frau Ahrons, um eine gerechte Verteilung der Lasten nach der Leistungsfähigkeit. Wenn hinter der vermeintlichen Kapitalismuskritik des Bürgermeisters wirklich mehr stecken sollte als billige Rhetorik, dann, meine sehr geehrten Damen und Herren der CDU, stimmen Sie heute unserem Antrag zu.

(Beifall bei der SPD)

Wir planen diese Mehreinnahmen aus der Vermögenssteuer ausdrücklich nicht als Deckung unserer Anträge ein; das wäre zu einfach. Wir wollen, dass sich durch die Einnahmen der finanzielle Spielraum unserer Stadt, insbesondere in Krisenzeiten wie dieser, endlich vergrößert. Wir sollten aus meiner Sicht die Einnahmen dazu nutzen, Schulden zu vermeiden und vor allem endlich einmal in die Situation zu kommen, Schulden zu tilgen, Schulden nämlich aus der Stützung der HSH Nordbank, Schulden zur Sanierung unserer Schulen und Schulden aus dem falschen schwarz-grünen Modell zur Studienfinanzierung.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Nun liegen insgesamt vier Jahre des Aufschwungs leider hinter uns, ein Aufschwung, der so stark war, dass fast alle Länder und sogar der Bund eine wirkliche realistische Perspektive hatten, einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Auch in Hamburg war die Ausgangslage dafür 2006 nicht schlecht. Ein Defizit von knapp 200 Millionen Euro war das Ergebnis von 12 Jahren Konsolidierung. Und dann folgten zwei weitere Boomjahre, aber es folgte eben auch auf Herrn Peiner der Finanzsenator Freytag. Nun kann man Herrn Freytag einiges vorwerfen,

(Ingo Egloff SPD: Der schwarze Freitag!)

auch Herrn Peiner kann man vieles vorwerfen, was ich gerne und ausgiebig getan habe, aber Wolfgang Peiner hat am Konsolidierungskurs seiner Vorgänger festgehalten. Sein Nachfolger hingegen redet zwar viel über Konsolidierung, hat aber selbst bis heute noch nicht einen einzigen Cent dazu beigetragen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Freytag, Sie haben immer davon gesprochen, dass Hamburg um seine Lage beneidet werde. Sie haben sogar entgegen aller Fakten immer wieder von einem ausgeglichenen Haushalt gesprochen, zugleich haben Sie aber ohne Not 2007 den Geldhahn richtig aufgedreht und die Rücklagen ausgegeben, die eigentlich für schlechte Zeiten wie diese gedacht waren. Die Ausgaben jedenfalls sind wirk

lich explodiert und der Rechnungshofpräsident sagte – Zitat –:

"Es fehlt die Ausgabendisziplin."

Ich sage: Es fehlt an verantwortungsvollem Handeln. Ihnen war der Wahlkampf wichtiger als die Finanzen und damit das Wohl unserer Stadt. Dass Hamburg in der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise so schlecht dasteht, hat sehr viel mit der Amtsführung von Ihnen, Herr Freytag, und von Ihnen, Herr von Beust, zu tun.

(Beifall bei der SPD und bei Dora Heyenn DIE LINKE)

Hätten Sie den Konsolidierungskurs Ihrer Vorgänger fortgesetzt, wäre Hamburg heute gut gerüstet, um in der Wirtschaftskrise kräftig gegenzusteuern und die Landesbank zu stützen,

(Olaf Ohlsen CDU: Sie Schlaumeier!)

gut gerüstet für die Schuldenbremse, die uns die Föderalismusreform bringen wird, und auch gut gerüstet, um echte Verbesserungen in Kita, Bildung, Schule und Hochschule zu erreichen. Aber das haben Sie nie gewollt. Wir starten jetzt mit einem Defizit von 1 Milliarde Euro in eine der schwersten Wirtschaftskrisen und die Mai-Steuerschätzung wird ein Loch von 1,5 Milliarden Euro reißen. Wir werden wieder etliche Jahre brauchen, um auf das Einnahmenniveau von 2008 zu kommen.

Verantwortungsvolle Politik in der Krise erwarten die Menschen aber nicht nur von Senat oder Regierungsfraktionen, sondern sie erwarten sie auch zu Recht von der Opposition. Deshalb legt meine Fraktion ausschließlich gedeckte Haushaltsanträge vor,

(Frank Schira CDU: Na ja!)

die restlos gegenfinanziert und gedeckt sind. Wir beweisen damit, dass ein Politikwechsel zu besserer und gebührenfreier Bildung, zu Wachstum und Arbeit und zu bezahlbaren Wohnungen möglich und vor allem finanzierbar ist.

(Beifall bei der SPD)

Eine verantwortungsvolle Politik hätte uns auch die Dimension der HSH-Nordbank-Krise und die Ausmaße bei den Mehrkosten der Elbphilharmonie ersparen können. Am 6. Oktober sagte Herr Freytag in "Der Welt" – ich zitiere –:

"Die HSH Nordbank ist im Kern gesund."

Selbst noch am 3. Dezember, just genau vor drei Monaten, sagte Herr Freytag im Haushaltsausschuss, ich zitiere wieder:

"Die HSH Nordbank verfügt über ein sehr erfolgreiches Geschäftsmodell und ist gut gerüstet."

Immer dieselben stereotypen Floskeln, immer nur das eingestehen, was bereits in der Zeitung steht,

das hat mit verantwortungsvoller Politik nichts zu tun.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das sind just die Politikerfloskeln, auf die Sie sich auch häufig beziehen, Herr von Beust, die schönreden, die beruhigen sollen, die die Menschen aber bis obenhin satt haben; sie können es nicht mehr hören.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben es auf internationaler Ebene mit einer Finanzkrise zu tun, die dieser Senat nicht verantwortet. Wir haben es aber parallel auf Landesebene auch mit einer Krise einer Landesbank zu tun, für die dieser Senat ebenso Verantwortung trägt wie die Landesregierung in Kiel. Und schließlich haben wir es mit einer speziellen Vertrauenskrise zu tun, die für uns in Hamburg unauflösbar und aus den geschilderten Gründen insbesondere mit den Namen Wolfgang Peiner, Michael Freytag und Ole von Beust verbunden ist, denn sie haben alle drei jedes Vertrauen in dieser Frage verspielt.

(Beifall bei der SPD – Klaus-Peter Hesse CDU: Sie haben Herrn Stegner vergessen!)

Es gilt, was Jens Kerstan gesagt hat, ich darf ihn zitieren:

"Wir müssen zuerst die Bank wieder handlungsfähig machen und wir müssen uns dann darum kümmern, wer für die Krise die Verantwortung trägt."

Lieber Jens, es tut gut, die GAL bei der Frage der Aufklärung der Verantwortlichkeit an unserer Seite zu wissen.

(Beifall bei der SPD – Wolfgang Beuß CDU: Schleim, Schleim, Schleim!)

Wir Sozialdemokraten sind dabei offen für die wirtschaftlichste Lösung, eine Lösung, die die Bank mit ihrer Bedeutung für die regionale Wirtschaft wirklich stützt, eine Lösung, die vor allen Dingen auch anständig mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bank umgeht und möglichst viele Arbeitsplätze rettet, eine Lösung, die die Risiken wirklich minimiert und nicht nur schönredet, eine Lösung, die die Bank so aufstellt, dass sie für die Zukunft eben nicht von hohen und höchsten Renditen träumt, sondern endlich ihrem regionalen Zweck dient.

Um aber eine solche Entscheidung verantwortlich treffen zu können, braucht dieses Parlament wirklich alle Informationen und auch alle Gutachten. Dafür reicht die vorgelegte Drucksache bei Weitem nicht aus. Es müssen alle Fakten auf den Tisch, damit wir in diesem Parlament eine so weitreichende finanzpolitische Entscheidung guten Gewissens treffen können.

(Beifall bei der SPD und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Man kann nüchtern darüber diskutieren, ob eine Stützung der Bank durch die Länder wirtschaftlicher und vernünftiger ist als eine Stützung durch den Finanzmarktstabilisierungsfonds. Bisher sieht es so aus: Der SoFFin verlangt ohnehin eine Absicherung der Altlasten durch die Länder, der SoFFin verlangt auch eine Eigenkapitalspritze durch die Eigentümer und der SoFFin lässt sich das auch sehr gut vergüten. Die Landesregierungen in Kiel und Hamburg haben sich nun gegen die SoFFin-Lösung entschieden. Stattdessen sollen jetzt Hamburg und Schleswig-Holstein 3 Milliarden Euro frisches Kapital in die Bank einbringen und dazu eine Garantie über 10 Milliarden Euro geben, die anders als bisherige Garantien und Bürgschaften eine hohe Auslösewahrscheinlichkeit hat.

(Olaf Ohlsen CDU: Da können Sie mal den Stegner fragen, was er all die Jahre ge- macht hat!)

Herr Nonnenmacher spricht selbst von fast 50 Prozent. Das ist die Lösung, die Sie und die HSH-Nordbank-Führung uns vorschlagen, eine Lösung, die, wenn ich es heute richtig gelesen habe, dazu geführt hat, dass der Aufsichtsrat dieser Lösung nicht zustimmt,

(Hans-Detlef Roock CDU: Sie müssen nicht alles glauben, was in der Zeitung steht!)

dass der Sparkassen- und Giroverband alle Anteile der HSH Nordbank so schnell wie möglich verkaufen möchte und Herr Flowers gerade die Flucht ergreift und sein Büro in Hamburg schließt. Es kann nicht ernsthaft Ihr Ansinnen sein, auf dieser Basis 13 Milliarden Euro von uns zu verlangen.

(Beifall bei der SPD)

Aber es sind nicht nur die Fakten, es ist auch das mehr als begründete Unbehagen bei einer solchen Lösung, weil meiner Fraktion schlichtweg das Vertrauen in die Akteure fehlt, in den Vorstand der Bank, in den Aufsichtsratsvorsitzenden, in den Finanzsenator und letztlich auch, Herr von Beust, in Sie ganz persönlich. Wir haben dieses Vertrauen nicht.

Ich weiß, dass Zahlenreihen Sie langweilen, ich kann es Ihnen aber nicht ersparen. Ich will Ihnen einmal die Eigenkapitalrendite der HSH Nordbank vor Augen halten. 2002 hatten die beiden Landesbanken eine Rendite von 11 Prozent, 2003 von 12,8 Prozent, 2004 waren es 14,1 Prozent, 2005 15 Prozent und 2006 28,4 Prozent. Herr Kerstan, Sie haben mit Recht gesagt, hier wurde ein zu großes Rad gedreht und gedreht haben auf Hamburger Seite Ihre Koalitionspartner, Herr Freytag und Herr von Beust.

(Beifall bei der SPD)

In der Sitzung des Haushaltsausschusses, in der die 3-plus-10-Milliarden-Euro-Lösung erstmals vorgestellt wurde, sprachen die Abgeordneten auch die bekannt gewordenen Sonderausschüttungen in Höhe von 64 Millionen Euro an. Da wurde nicht selbstständig davon gesprochen, dass es weitere 200 Millionen Euro Ausschüttung gab. Nein, am nächsten Tag mussten wir aus der Zeitung erfahren, dass die Bank eben just weitere 200 Millionen Euro Ausschüttung auf ein Verlustjahr mit 2,8 Milliarden Euro plant, dies in einer Situation, in der der Bankenvorstand ernsthaft vorschlägt, Hamburg und Schleswig-Holstein sollten 3 Milliarden Euro zusätzliches Kapital zuschießen und weitere 10 Milliarden Euro Risiken absichern. Das ist nicht nur Vertrauensverlust, sondern das ist der wirklich größte Vertrauens-GAU, den man sich vorstellen kann.

(Beifall bei der SPD und bei Norbert Hack- busch und Dora Heyenn, beide DIE LINKE)