Protokoll der Sitzung vom 04.03.2009

Uns steht im Herbst eine Richtungsentscheidung ins Haus und ich sage Ihnen: Die Gesundheit wird

weiterhin teurer werden. Der medizinische Fortschritt, der demografische Wandel werden bedeuten, dass wir mehr Geld für Gesundheit brauchen und das muss in Berlin entschieden werden. Der letzte Aspekt zu Berlin: Wir müssen diese Regelungswut zurückschneiden, die die Bundesgesundheitsminister zuletzt initiiert haben.

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GAL)

Wir müssen uns wieder auf die Rolle des Patienten im Wettbewerb konzentrieren und nicht über Vertragswesen, die keiner mehr überblickt, Monopole und Oligopole zwischen Krankenkassen und Leistungsanbietern erzeugen.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Christia- ne Schneider DIE LINKE: Das ist jetzt keine Ideologie, oder wie?)

Nein, das ist eine klare Absichtserklärung, die den Menschen in der Stadt und in Deutschland nützen würde.

Wir in Hamburg sind vornehmlich verantwortlich für die Krankenhäuser, für die Investitionsmittel. Ich bin stolz darauf – das ist in den Reden schon gesagt worden –, dass Hamburg seit Jahren an der Spitze aller Bundesländer liegt, dass wir erneut über 100 Millionen Euro jährlich für den Ausbau der Krankenhäuser zur Verfügung stellen und dass wir weitere 79 Millionen Euro im Rahmen des Konjunkturprogramms vorziehen, damit Krankenhäuser schneller und früher modernisiert werden können.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Es geht aber auch darum, was ich in den anderen Reden sagte, die Menschen zu aktivieren, ihnen zu helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Dies gilt auch im Gesundheitsbereich, das heißt, wir wollen Gesundheit ermöglichen, wir wollen das Thema Prävention an die Menschen bringen und jeden erreichen. Das ist bei den Alsterjoggern leichter als bei den Couch-Potatoes. Es gibt Aktive und es gibt diejenigen, die nichts tun, die einmal gerade sitzen könnten – Herr Rose, Sie sind immer so ein schönes Beispiel für mich –,

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GAL)

die nicht so viel Sport betreiben, und die wollen wir erreichen.

Das Thema Prävention ist auch etwas, bei dem sich ein Markt entwickelt. Hier investieren Unternehmen in Sportstudios und Ähnliches, auch in betriebliche Gesundheitsförderung. Prävention ist auch ein Gesundheits-Wirtschaftsfaktor. Deshalb wollen wir diesen Pakt für Prävention schließen in einer umfassenden und grundlegenden Gesundheitsstrategie aller Akteure in diesem Bereich bis hin zu Schule, Sport und Jugendarbeit.

(Senator Dietrich Wersich)

Das Stichwort MiMi ist angesprochen worden, wie wir Menschen helfen wollen, die besondere Schwierigkeiten haben, unser Gesundheitssystem in Anspruch zu nehmen. Über Mediatoren soll ihnen in ihrer jeweiligen Muttersprache geholfen werden. Wir haben vereinbart, das fortzuführen, zu sichern und zu stärken; genau das tun wir mit diesem Haushaltsplan.

Die Zahl der Familienhebammen verdoppeln wir. Ob das jetzt Projekte sind oder mittlerweile Regelversorgung ist, will ich einmal dahingestellt lassen. Mit den Familienhebammen haben wir als CDU damals eine gute Idee, die jahrelang vernachlässigt wurde, flächendeckend in der Stadt eingeführt. Wir werden jetzt zusammen mit den Grünen die Zahl noch einmal verdoppeln.

Wir müssen aber auch da hinsehen, wo gesundheitliche Probleme von morgen schon heute entstehen. Es kann keiner die Augen davor verschließen, dass der Rauschmittel- und Suchtmittelkonsum bei Kindern und Jugendlichen in den vergangenen Jahrzehnten dramatische Ausmaße angenommen hat. Deshalb ist und war es richtig, dass wir mit der Projektion der drogenfreien Kindheit und Jugend die Präventionsarbeit in Hamburg auf völlig neue Füße gestellt haben und das war erfolgreich. Wir haben nach den letzten Studien die Trendwende erreicht. Es wird weniger getrunken, es wird weniger gekifft und es wird später mit den Drogen angefangen; ein Erfolg für die Suchtprävention.

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GAL)

Auch das führen wir fort, ohne dass diese erfreuliche Entwicklung uns eine Entwarnung geben sollte, denn am Ende geht es auch darum, dass es eine gesamtgesellschaftliche Haltung gibt, die dieses Thema "Drogen und Alkohol gehören nicht in Kinderhände" auch wirklich mitträgt und unterstützt.

Zum Schluss will ich noch einmal kurz auf den Verbraucherschutz eingehen. Hamburg steht hier hervorragend da. Wir belegen in der Studie des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen von allen Bundesländern den ersten Platz. Über 300 Menschen sind täglich in der Stadt unterwegs – Angestellte der Stadt –, um Lebensmittel und Produkte für die Bürger sicher zu machen. Auch da wollen wir uns nicht ausruhen, diesen Platz wollen wir verteidigen. Besser werden ist da schwierig, aber wir haben uns neue Maßnahmen vorgenommen mit dem Ausbau des wirtschaftlichen Verbraucherschutzes und der Erhöhung der Zuwendung an die Verbraucherzentrale.

Mit all dem erfüllen wir nicht nur die im Koalitionsvertrag getroffenen Vereinbarungen, sondern wir erfüllen auch das neue Leitbild "Wachsen mit Weitsicht" mit Leben. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Frau Domres.

Jetzt wollen plötzlich alle nach vorne. Lassen Sie mich drei Anmerkungen machen.

Zum einen finde ich es erstaunlich, dass der SPDFraktion insbesondere vorgeworfen wird, sie hätte so wenig Anträge gestellt. Das mag sein, aber es ist ein Markenzeichen unserer Fraktion, lieber auf Qualität statt auf Quantität zu setzen.

(Beifall bei der SPD – Klaus-Peter Hesse CDU: Dass Sie keine Anträge stellen! – Hei- terkeit bei der CDU)

Insofern sind wir mit zwei guten Anträgen besser bedient als mit einer Menge alter, immer wieder gestellter Anträge, die wir alle gerne noch einmal hätten aufrufen können, worauf wir aber dieses Mal verzichtet haben.

(Harald Krüger CDU: Das sollte sich Herr Kienscherf hinter die Ohren schreiben!)

Zum Zweiten finde ich es ganz erstaunlich, dass Sie gerade im Bereich der Prävention, der Drogenund Suchthilfe jahrelange Einsparungen, die jetzt teilweise zurückgenommen wurden, als Erfolg verkaufen.

(Olaf Ohlsen CDU: Die Arbeit war immer er- folgreich! – Kai Voet van Vormizeele CDU: Er redet im Schlaf! – Ingo Egloff SPD: Die müssen doch erst morgen aufwachen, wenn der Hafen kommt!)

Das heißt, jahrelang wird eingespart, dann plötzlich wieder etwas darauf gelegt und das ist dann der große Erfolg, die große Förderung, die große Fortentwicklung in diesem Bereich.

Auch bei dem Thema Prävention im Rauschmittelund Suchtmittelbereich für Jugendliche muss man feststellen, dass es überhaupt keine Veränderung im Haushaltsplan-Entwurf gibt. Auch das wird als Erfolg verkauft, als neue Ausweitung der Prävention, aber es gibt überhaupt keine Veränderung.

Worauf Sie leider überhaupt nicht eingegangen sind in Ihren Beiträgen, ist die ambulante ärztliche Versorgung in dieser Stadt. Es mag richtig sein, dass der Staat nicht in der Finanzierung steht und kein Lückenbüßer für die Finanzierung sein kann. Er ist aber zuständig für die ärztliche Versorgung in Hamburg und die ist in manchen Stadtteilen nicht mehr gesichert.

(Farid Müller GAL: Dann muss man das mal ändern!)

Auf diese Problematik sind Sie nicht eingegangen. Diese Problematik hat nicht nur Hamburg, dass es sozial schwache Stadtteile gibt, wo die ärztliche Versorgung mit Kinder- und Hausärzten nicht mehr

(Senator Dietrich Wersich)

gegeben ist. Es gab in Berlin, ein vergleichbarer Stadtstaat, eine ähnliche Situation. Natürlich hat sich damals die Gesundheitssenatorin Berlins eingeschaltet, weil sie es als ihren Auftrag ansah, die ärztliche Versorgung in Berlin insgesamt sicherzustellen. Es wurde nicht darauf gepocht, dass man 110 Prozent habe und dies völlig ausreichend sei, ohne überhaupt darauf einzugehen, dass es Stadtteile gibt, wo überhaupt keine ärztliche Versorgung mehr stattfindet.

Im Fall Steilshoop ist es, abgesehen davon, dass die Eltern weiter fahren müssen, doch so, dass die Kinderärzte in den umliegenden Stadtteilen teilweise einen Aufnahmestopp haben, weil zurzeit alle Eltern aus Steilshoop da hinfahren und die Arztpraxen dieses Volumen nicht mehr bewältigen können.

(Harald Krüger CDU: Das müssen Sie Frau Schmidt mal sagen, dass sie die Arztpraxen finanziert!)

Kein Wort zu diesem Thema, kein Wort auch zu der Zunahme der medizinischen Versorgungszentren

(Zuruf von Harald Krüger CDU)

ganz ruhig, Herr Krüger –, kein Wort von der Zunahme der medizinischen Nachversorgungszentren. Die sind nicht grundsätzlich schlecht, aber dann schon, wenn sie nicht mehr von natürlichen Personen geführt werden, sondern von großen Klinikkonzernen

(Harald Krüger CDU: Das hat Frau Schmidt so eingeführt!)

und wenn sie dadurch finanziert werden, dass andere Kassenarztpraxen in der Stadt in rapiden und großen Mengen aufgekauft werden, die dann auch nicht mehr zurückverwandelt werden können, die einfach weg sind und als medizinische Versorgungszentren weiter existieren, und zwar nicht in sozial schwachen Stadtteilen, sondern in Stadtteilen wie Winterhude oder anderen wieder aufleben.

(Beifall bei der SPD und bei Kersten Artus DIE LINKE)

Ich möchte abschließend das Thema Bundespolitik ansprechen. Es ist äußerst interessant, dass beim Thema Gesundheit Frau Schmidt immer ins Gespräch gebracht wird. Dann ist es ja nicht mehr die Große Koalition in Berlin, sondern immer die SPDGesundheitspolitik. Die Bundeskanzlerin Deutschlands ist bei der CDU und sie hat immer noch eine Richtlinienkompetenz.

(Michael Neumann SPD: Die CDU-Fraktion war doch gerade da! Sie hat eine Wallfahrt gemacht!)

Wenn ihr bestimmte Sachen nicht zusagen würden, dann müsste sie die Zielrichtung verändern. Es ist immer sehr einfach, bei einigen Themen dar

auf zu verweisen, dass das eine Ministerin der SPD sei und keine der CDU. Das ist ein bisschen einfach, sich aus dem Staub zu machen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Frau Gienow.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Domres, eben habe ich gedacht, Sie nutzen die Gelegenheit und sagen jetzt noch einmal etwas zum Verbraucherschutz. Mit Erstaunen habe ich aber festgestellt, dass der Verbraucherschutz in der Opposition gar nicht existent ist.