Protokoll der Sitzung vom 22.04.2009

Wenn ich höre, wie Sie sich hier gegenüber dem Bürger äußern – das war vorhin schon so bei der Barrierefreiheit, man dürfe nicht auf die hören, die am lautesten schreien – und jetzt sagen, man dürfe sich nicht vor den Karren der Bürger spannen lassen, Frau Gregersen, dann gewinnt man den Eindruck, der Bürger wird für Sie mehr und mehr zum Ärgernis; darüber sollten Sie sich einmal einige Gedanken machen.

(Beifall bei der SPD – Martina Gregersen GAL: Nein!)

Wie man innerhalb eines Jahres derartig den Blickwinkel wechseln kann, das ist zum Teil atemberaubend.

(Martina Gregersen GAL: Was ist denn Ihre Position?)

Jetzt sage ich Ihnen einmal etwas zur Position, Frau Gregersen. Ich kann mich noch an einen Wahlwerbespot der GAL erinnern, worin stand, dass die einzige Partei, die verhindere, dass die Hafenquerspange komme, die GAL sei und die

(Christiane Schneider)

müsse man wählen. Herzlichen Glückwunsch denen, die das getan haben.

(Beifall bei der SPD– Zuruf von Martina Gregersen GAL)

Sie sind in Ihrem Wahlwerbespot wahrscheinlich von einer GAL-Alleinregierung ausgegangen, das nehme ich stark an.

(Jens Kerstan GAL: Ja, mit Ihnen wär's nämlich auch nicht gegangen, Herr Grote!)

Ja, aber dann machen Sie nicht so eine Wahlwerbung. Jetzt will ich Ihnen einmal etwas zur Wählertäuschung sagen. Soviel erst einmal zur Position der GAL.

(Glocke)

Meine Damen und Herren! Das Wort hat Herr Grote und sonst niemand. Ich darf Sie bitten, dem Redner die Möglichkeit zu geben, hier entsprechend vorzutragen.

(Jens Kerstan GAL: Kommt die Nordtrasse?)

– Herr Kerstan, kommen Sie einmal ein bisschen herunter, ganz ruhig.

(Frank Schira CDU: Wieso, Sie sind doch drauf!)

Frau Gregersen, wenn Sie in der öffentlichen Anhörung, die wir in Wilhelmsburg gerade vor ein paar Tagen hatten, zugehört hätten – Sie haben auch gesagt, dass Sie in erster Linie diese Veranstaltung absitzen, stundenlang, man muss Ihnen Respekt zollen, wie Sie das aushalten, die körperliche Anstrengung war Ihnen geradezu anzumerken –, dann wüssten Sie, welche Position wir haben. Ich habe sie da schon dargelegt und wiederhole das hier gerne noch einmal.

(Glocke)

Herr Grote.

(Uwe Grund SPD: Aber nicht mitten im Satz, soweit sind wir noch nicht!)

Der Satz ist vorbei und wann ich den Redner frage, entscheide ich und nicht Sie.

Herr Grote, lassen Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kerstan zu?

Nein, Herr Kerstan kann sich gleich noch zu Wort melden und dann können wir das hier fortführen. Außerdem möchte ich Frau Gregersen nicht länger auf die Folter spannen, was die Position betrifft.

Auf der dürftigen Informationsgrundlage, die wir bisher haben, habe ich schon das an Positionen

genannt, was man haben kann. Natürlich steht die SPD zu der grundsätzlichen Notwendigkeit der Hafenquerspange.

(Zurufe von der CDU und der GAL: Ah!)

Frau Gregersen, Sie sind die Einzige – das ist keineswegs überraschend –, die die Position geändert hat. Natürlich ist die Südtrasse besser als die Nordtrasse, das sagten wir schon in Wilhelmsburg. Das ist überhaupt keine Frage, stadtentwicklungspolitisch und für den Stadtteil ist das besser. Wenn ich aber solche Infrastrukturprojekte dieser Größenordnung unter Belastung von Stadtteilen wie Wilhelmsburg plane und durchführe – und wir wissen alle, dass das in Wilhelmsburg bei weitem nicht das einzige Projekt ist, das diesen Stadtteil stark belastet –, dann muss ich natürlich alles tun, um Trassenführung und Lärmschutz so zu organisieren, dass es eben möglichst stadtteilverträglich ist und möglichst wenig Belastung mit sich bringt.

(Martina Gregersen GAL: Genau!)

Und dazu ist in dieser Planung oder den ersten Skizzen, die wir bisher vorliegen haben, eben noch nicht alles drin, da ist noch nicht alles geprüft. Es ist zum Beispiel nicht geprüft, ob man die Südtrasse so, wie Sie sie jetzt vorgeschlagen haben, im Bereich östlich der Querung der Wilhelmsburger Reichsstraße nicht weiter südlich verlaufen lassen kann und nicht an Wohngebieten vorbei. Das wäre zum Beispiel eine Prüfung, die noch aussteht; dazu können Sie gleich etwas sagen.

Andere Fragen, auch zur Wilhelmsburger Reichsstraße, sind natürlich noch offen. Da kann ich gerne bestätigen, dass es auch eine Chance sein kann, die Wilhelmsburger Reichsstraße in die Bahntrasse zu verlagern. Das geht natürlich nur, wenn am Ende dabei für den Stadtteil insgesamt eine Entlastung per saldo dabei herauskommt und auch für die Bewohner, die jetzt an der Bahntrasse leben, der Lärm nicht zunimmt, sondern abnimmt. Wie da Ihre Lärmschutzkonzepte aussehen, wie die Verträglichkeit aussieht, wie Querungen aussehen, ist auch noch offen.

Insofern kann man nur sagen, das kann eine Chance sein, das Weitere haben Sie in der Hand. Im Übrigen ist es natürlich für Wilhelmsburg erforderlich, diese Projekte nicht isoliert zu sehen, sondern es muss eine integrierte Gesamtverkehrsplanung, ein Verkehrskonzept für Wilhelmsburg geben, in das sich diese Projekte und Planungen einfügen müssen. Auch das sind Sie bisher schuldig geblieben.

Dann wurde der Punkt Kommunikation angesprochen. Sie haben gesagt, es werde alles getan, um eine ordentliche Kommunikation zu gewährleisten; auch Frau Hajduk hat das gesagt. Ich will nicht abstreiten, dass es da einiges an Bemühungen gibt. Aber bisher wurde bei all den Projekten, sowohl der Wilhelmsburger Reichsstraße als auch der Ha

fenquerspange, ein Vorschlag in der Behörde erarbeitet ohne jede Beteiligung. Der ist in den Medien vorgestellt worden und dann hat es eine Diskussionsveranstaltung vor Ort gegeben, von der Sie sich rühmen, sie auch mit abgesessen zu haben.

(Martina Gregersen GAL: Frechheit!)

Jetzt erst gibt es die Information in der Bürgerschaft und da wird die Bürgerschaft möglicherweise etwas zu spät informiert. GAL und CDU waren auch gegen die öffentliche Anhörung und nur, weil es ein Minderheitenrecht war und Sie es nicht verhindern konnten, war das eine einvernehmliche Entscheidung.

(Jörn Frommann CDU: Das war einstimmig beschlossen! Sie haben das Protokoll nicht gelesen!)

Sie haben sich in Ihren Wortbeiträgen ausdrücklich dagegen geäußert. Insofern gibt es dort noch viel zu tun und Sie sind nach wie vor den Beweis schuldig, dass Sie dort tatsächlich eine Planung und Durchführung dieser Projekte mit möglichst geringer Belastung und mit möglichst viel Beteiligung der Bürger auch gewährleisten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Hesse.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Grote, der Wortbeitrag war total daneben und ich möchte Ihnen auch gerne sagen, warum.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Er war zum einen total daneben, weil Sie eine Kollegin angegriffen haben und damit auch eine Politik eines schwarz-grünen Senats, die eine Transparenz und Bürgerbeteiligung vorsieht, wie es sie unter SPD-Zeiten nie gegeben hat.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Es ist dieser Senat, es sind diese Parteien, die diesen Senat auch stellen, die das erste Mal frühzeitig mit den Ergebnissen, die sie haben, an die Öffentlichkeit herantreten, an den Stadtentwicklungsausschuss herantreten, an die Wilhelmsburger herantreten und sie frühzeitig in den Diskussionsprozess mit einbeziehen; früher geht es gar nicht. Selbst die heutige Kritik von den LINKEN – Frau Schneider hat es gesagt –, ist sehr dezent ausgefallen, weil die Senatorin Hajduk zu Recht gelobt wurde für diesen Moderationsprozess, der hier gerade stattfindet. Genau so macht man Politik: mit den Bürgern vor Ort die Probleme ernst nehmen und anschließend diskutieren.

Die Senatorin hat in ihrem Wortbeitrag sehr deutlich gemacht, dass auch die Anmerkungen und An

regungen des Parlaments in diesen Planungsprozess einbezogen werden. Dies hier zu kritisieren, verstehe ich weiß Gott nicht.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Natürlich nehmen wir den Groll, der vor Ort ist, ernst, natürlich hören wir uns an, von wem er kommt. Natürlich versuchen wir, zu überlegen, was notwendig ist.

Herr Grote – das ist der zweite Punkt, den ich kritisiere –, Sie stellen sich hier hin und sagen, die Sozialdemokraten waren schon immer für die Hafenquerspange im Gegensatz zu den Grünen, und zeigen mit dem Finger auf die Grünen und erzählen anschließend gleich, wir wollen nicht, dass mit der Hafenquerspange irgendjemand mehr Lärm hat, wir wollen, dass alle Bedenken, die vor Ort gegen die Hafenquerspange vorgebracht werden, berücksichtigt werden. Sie verlangen die Eier legende Wollmilchsau, lieber Herr Grote, wollen sich nicht die Finger schmutzig machen und sagen, natürlich wollen wir die Hafenquerspange, aber keiner darf darunter leiden. Das ist naiv, das ist keine ernsthafte Politik in diesem Parlament.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir diesen Planungsprozess, wie ihn die Senatorin auch dargestellt hat, jetzt schnellstmöglich voranbringen, denn der Hafen war, ist und wird das Herz unserer Stadt sein. Er wird seine wirtschaftliche Bedeutung behalten. Der Kollege Frommann hat deutlich gemacht, wie notwendig und wie lange diese Hafenquerspange schon diskutiert wird. Wir haben jetzt die historische Chance, das hat Senatorin Hajduk deutlich gemacht, einen wirklich entscheidenden Schritt voranzukommen. Ich verstehe die Wirtschaftsunternehmen im Hafen, die sagen, uns ist es mittlerweile vollkommen egal, ob im Norden oder Süden, Hauptsache, es passiert etwas. Das ist etwas, was wir uns als Abgeordnete, als Politiker auch hinter die Ohren schreiben müssen. Wir müssen die Chancen, die durch dieses DEGES-Gutachten jetzt vorgelegt wurden, nutzen, um rechtzeitig – irgendwann wird die Konjunktur wieder anziehen, davon profitiert auch unser Hafen –