Vor allen Dingen haben Sie den Redetext genauso wie den Vorspann Ihrer Anfrage auch schon geschrieben, bevor Sie die Antworten gelesen haben.
Ja, das haben Sie heute geschrieben, aber Sie haben sich doch sehr an dem Redebeitrag der Linkspartei im brandenburgischen Landtag im November 2007 orientiert.
Wenn es vergleichbare Debatten in Deutschland zu solch einem Thema gibt, dann muss man diese nicht eins zu eins abschreiben. Gerade als Lehrerin achten Sie vielleicht bei Ihren Schülern auch ein bisschen darauf.
Ich meine, dass das, was Sie im Vorspann der Anfrage selbst behaupten, durch die umfangreichen Antworten und Zahlen nicht belegt ist und Sie ein Zerrbild zeichnen. Der Anteil befristeter Beschäftigungsverhältnisse oder auch die Anzahl der studentischen Hilfskräfte hat sich in den letzten Jahren nicht wesentlich strukturell verändert. Sie müssen sich die Daten und Antworten, die sehr ausführlich vorliegen, auch anschauen und zur Kenntnis nehmen, wenn Sie sie abfragen. Aus diesen geht, wie gesagt, hervor, dass sich das über einen längeren Zeitraum strukturell nicht wesentlich geändert hat.
Es gehört doch zum Hochschulbetrieb traditionell dazu, dass es befristete Beschäftigungsverhältnisse gibt: junge Wissenschaftler, die sich qualifizieren wollen, Absolventen, die zwei, drei Jahre an der Universität bleiben und promovieren wollen, häufig sind Drittmittel zeitlich begrenzt auf einen gewissen Zeitraum. Dadurch entstehen diese Befristungen und die Universität profitiert doch auch davon, dass es immer wieder neue Impulse und personelle Veränderungen gibt.
Insofern, finde ich, können Sie die starke Tendenz zur Prekarisierung aus den Daten, die Sie abfragen, nicht ableiten.
Wir haben uns im Ausschuss und in Anträgen im Plenum in den letzten Jahren, auch in der letzten Legislaturperiode, häufig fraktionsübergreifend mit den wissenschaftspolitischen Sprechern, mit den Wissenschaftspolitikern mit der Situation der Nachwuchswissenschaftler befasst. Es ist, denke ich, auch ein gemeinsames Anliegen, die Situation der Nachwuchswissenschaftler im Auge zu behalten, gerade auch im internationalen Vergleich, wo Deutschland sicherlich noch etwas tun kann.
auch zwei oder drei Dinge anmerken. Natürlich sticht ins Auge, dass der Vergütungssatz bei den studentischen Hilfskräften seit Jahren kaum verändert ist. Er folgt, wie wir wissen, den Vorgaben der Tarifgemeinschaft der Länder, das macht die Situation nicht einfacher und die Situation ist sicherlich nicht ganz zufriedenstellend. Aber wir müssen doch auch berücksichtigen, dass man studentische Hilfskräfte, die neben ihrer Ausbildung im Schnitt vier bis zehn Stunden die Woche tätig sind, nicht in allen Punkten mit Tarifangestellten vergleichen kann.
Für viele Studenten ist die Stelle als studentische Hilfskraft eine willkommene Beschäftigungsmöglichkeit mit direktem Bezug zum Studium, sowohl inhaltlich als auch räumlich, man hat sozusagen kaum Anfahrtswege zum Arbeitsplatz, und nicht zuletzt können die Hochschulen oder die einzelnen Lehrstühle sehr flexibel und projektbezogen mit studentischen Hilfskräften planen, deshalb wäre das, was Sie angesprochen haben, eine Mindestvertragslaufzeit von vier Semestern, auch etwas, was zu einer großen Überregulierung dieses Bereichs der studentischen Hilfskräfte führen würde.
Dann zu den Lehrbeauftragten. Das sehe ich schon etwas anders als Sie. Wir sollten nicht davon ablenken, dass Lehrbeauftragte das Angebot einer Hochschule bereichern. Lehraufträge werden zur Ergänzung des Lehrangebots erteilt, so steht es im Hochschulgesetz, den Paragrafen hatten Sie zitiert.
Aber, wenn im Durchschnitt 15 Prozent des gesamten Lehrangebots über Lehraufträge oder Lehrbeauftragte abgedeckt werden, dann spricht das wirklich für eine Ergänzung und nicht für einen Ersatz oder Ähnliches. Dadurch werden auch Studieninhalte angeboten, die vom fest angestellten Lehrkörper nicht immer kurzfristig übernommen werden können, und ich freue mich, dass es viele Lehrbeauftragte gibt, die mit ihrem beruflichen Hintergrund wesentlich dazu beitragen, dass ein Studium Praxisbezug bekommt.
Natürlich kann ein Lehrbeauftragter vom Lehrauftrag alleine nicht leben, wenn er vielleicht ein oder zwei Veranstaltungen in der Woche übernimmt, aber das erfolgreiche Modell der Lehrbeauftragten funktioniert doch gerade dadurch, dass ein Lehrbeauftragter seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt außerhalb der Hochschule hat
Ich denke, das ist das Wesentliche, was sich aus Ihrer Großen Anfrage für uns ergibt. Man kann diese Große Anfrage stellen, das sind interessante Antworten, man kann sie auch debattieren, aber ich glaube, im Wesentlichen ist es damit getan. – Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Arbeit in der Wissenschaft ist vielfach prekäre Arbeit und ich möchte Herrn Kleibauer mitgeben, dass dies unter anderem die studentischen Hilfskräfte, die wissenschaftlichen Mitarbeiter und die Lehrbeauftragten betrifft. Aber, ist dies ein neues Phänomen? Die Ergebnisse der Großen Anfrage sind ein Indiz dafür, dass Beschäftigung an den Hochschulen ein neues Maß an Prekarität erreicht hat. Deshalb ist es gut und wichtig, dass wir uns mit diesem Thema beschäftigen.
Dieses Thema ist hochaktuell, denn wir sehen anhand der Großen Anfrage, dass es gerade auch die Beschäftigungen der Hochschulen sind, die die Mangelfinanzierung der Hochschulen ausbaden. Lieber Senat, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU- und GAL-Fraktion, während Sie sich monatelang mit einem finanziell hochriskanten Neubauprojekt im Niemandsland beschäftigen, setzen Sie die Qualität von Wissenschaft und Lehre tagtäglich durch schlechte Arbeitsbedingungen aufs Spiel.
Denn nur unter exzellenten Arbeitsbedingungen sind exzellente Leistungen in Lehre und Forschung möglich und attraktive Arbeitsbedingungen sind neben anderen Faktoren ein wichtiges Argument für Spitzenforscherinnen und Spitzenforscher, sich für oder eben gegen die Hochschulen in Hamburg zu entscheiden.
Einige Ergebnisse der Großen Anfrage wurden bereits genannt. Ich möchte noch einmal die vier, in meinen Augen besonders eklatanten, Fehlentwicklungen aufzeigen. Die Lehrbeauftragten sind schon angesprochen worden und im Gegensatz zu dem, was Sie gesagt haben, Herr Kleibauer, ist eindeutig festzustellen, dass in zunehmendem Maße Geld für Lehrbeauftragte ausgegeben wird. Das können Sie in der Antwort auf die Große Anfrage wunderbar nachlesen.
Die Einbindung von Lehrbeauftragten macht durchaus Sinn, wenn diese an der Hochschule nebenberuflich ihr Praxiswissen weitergeben, aber das ist eben nicht die Praxis. In der Realität ist es für die Lehrbeauftragten oft der Haupterwerb und diese Tätigkeit ist nicht anders als prekär zu nennen. Denn mit der Stundenpauschale werden Vorund Nachbereitungszeit, Beratung der Studierenden, Korrekturen und andere anfallende Tätigkeiten vergütet. Aber gerade eine gute Beratung, gründliche Korrekturen und die Nachbesprechung von Hausarbeiten sind doch die Dinge, aus denen Studierende wirklich lernen können und Motivation schöpfen. Dabei sind sie auf den guten Willen und die Freizeit der Lehrbeauftragten angewiesen; eine Praxis, die es zu überdenken gilt und wo uns Schleswig-Holstein wohl ein gutes Stück voraus ist.
Beiträge zur Sozialversicherung sind Fehlanzeige und für Lehrbeauftragte ist der Krankheitsfall gleichbedeutend mit einem Einkommensausfall. Dazu kommt, dass Lehraufträge in der Regel nur für ein Semester erteilt werden. Jedes neue Semester bringt damit neue Unsicherheit. Ihren Lebensunterhalt können hochqualifizierte Wissenschaftler oft nur durch Nebenjobs bestreiten. Tatsächlich gibt es nicht nur eine kleine Anzahl von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die vollständig unentgeltlich in der Lehre tätig sind. Der wissenschaftliche Nachwuchs muss für seinen Werdegang Lehrveranstaltungen nachweisen können und Privatdozenten und außerplanmäßige Professorinnen und Professoren sind gezwungen zu lehren, um ihren Status an der Uni und ihre Lehrberechtigung nicht zu verlieren. Nur durch die Selbstausbeutung zahlreicher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist der derzeitige Lehrbetrieb an den Hamburger Hochschulen möglich; das ist ein nicht hinnehmbarer Zustand.
Das Ziel muss eindeutig sein, reguläre Beschäftigungsverhältnisse an den Hochschulen zu schaffen. Wie eingangs erwähnt, kostet das Geld, meiner Überzeugung nach wäre es für die Qualität der Hamburger Hochschulen an dieser Stelle aber richtig investiert.
Der zweite Punkt ist die Drittmittelstrategie des Senats. Der Senat verordnet insbesondere der Universität eine deutliche Zunahme der Drittmittel. Drittmittel werden in der Regel projektbezogen für einen bestimmten Zeitraum vergeben. Die daraus entstehenden Beschäftigungsverhältnisse sind damit immer befristet. Befristete Arbeitsverhältnisse stehen sicheren und planbaren Berufsverläufen im Weg. Die Große Anfrage ist ein guter Anlass, die Drittmittelstrategie des Senats kritisch zu beäugen,
denn, so wichtig Drittmittel für die Forschung sind und so wichtig ihre Einwerbung für die Hamburger Universitäten sind, in der Strategie des Senats sind sie vor allem ein Feigenblatt für die chronische Unterfinanzierung der Hochschulen.
Der dritte Punkt ist die Situation der studentischen Hilfskräfte. Für 7,72 Euro pro Stunde leisten sie unverzichtbare Arbeit im Wissenschaftsbetrieb. Von Planbarkeit ihrer Beschäftigungen ist dabei keine Spur. Verträge werden in der Regel nicht länger als für ein halbes Jahr abgeschlossen, ein Anspruch auf Urlaub und andere Arbeitnehmerinnenrechte geht damit nicht einher. Von der Großen Anfrage leider nicht erfasst werden die zahlreichen Studierenden, die in Form von Werkverträgen an den Hochschulen beschäftigt werden. Hier erfolgt die Bezahlung erst nach Abgabe des Werks; eine noch unsicherere Beschäftigung für die Studierenden. Der Einsatz von Werkverträgen ist ein Punkt, der dringend diskutiert werden muss.
Viertens: Die GAL spricht nach dem Abgang von Monika Auweter-Kurtz von einer Redemokratisierung der Universität. Ich würde mir wünschen, dass es nicht nur bei hohlen Worten bleibt. Einen Ansatz zur Redemokratisierung kann die heutige Debatte liefern, denn obwohl studentische Hilfskräfte und Lehrbeauftragte an der Hochschule tätig und ohne Zweifel für den täglichen Betrieb immens wichtig sind, haben sie als Beschäftigte keinen Einfluss auf die akademische Selbstverwaltung. Wenn sie also tatsächlich eine Redemokratisierung der Universität anstreben, dann weiten Sie die akademische Selbstverwaltung wieder aus, damit an der Universität wieder ein demokratischer Geist gelebt werden kann, und beziehen Sie dabei alle Beschäftigten wieder mit ein.
Exzellente Lehre und Forschung brauchen auch exzellente Arbeitsbedingungen, wir müssen uns deshalb überlegen, wie wir hochqualifizierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Universität halten können, und müssen einer weiteren Prekarisierung entschieden entgegentreten.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Wolf- gang Beuß CDU: Gibt es da auch ein deut- sches Wort für?)