Protocol of the Session on November 26, 2014

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In Hamburg scheint man keine Fragen mehr zu haben. Zur Drucksache, die heute zur Debatte steht, hat Frau Möller schon einiges Kritische gesagt. Die Aufarbeitung, das spiegelt die Drucksache vor, scheint abgeschlossen. Alles ist aufgeklärt, Hamburg steht vergleichsweise gut da. Fehler werden allgemein zugestanden – auch in Ihrer Rede, Herr Abaci. Konkret weiß man aber keine Fehler zu nennen außer der Tatsache, dass eben die Mörder nicht ermittelt worden sind. Skandalöses Totalversagen gab es – aber nur anderswo. Der NSU hat mit Hamburg und Hamburg mit dem NSU an sich

(Carl-Edgar Jarchow)

nichts zu tun. Für Verbindungen von Hamburger Neonazis zum NSU gibt es keine Hinweise. Diese Einschätzung verwundert nicht, wenn man den NSU wider besseres Wissen auf einen ganz kleinen Kreis von Personen reduziert, man unter Verbindungen ausschließlich Verbindungen von strafrechtlicher Bedeutung versteht und man also die real existierenden ideologischen, politischen, organisatorischen und persönlichen Verflechtungen und Verbindungen völlig außer Acht lässt.

(André Trepoll CDU: Was haben Sie denn für Hinweise?)

Nicht einmal zwei Spalten widmet die 85 Seiten starke Drucksache der Ungeheuerlichkeit einer jahrelang andauernden und jahrelang unaufgeklärten rassistischen Mordserie, keine Zeile ihren gesellschaftlichen Hintergründen, kein Wort einer konkreten Selbstkritik. Über 80 Prozent der Drucksache befassen sich mit der bürokratischen Auflistung beschlossener Maßnahmen, wie sie sich aus der Bund-Länder-Zusammenarbeit und den verschiedenen Abschlussberichten ergeben, vor allem dem Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestags. Das wird penibel abgearbeitet – penibel, aber blutleer. Niemand bestreitet, dass viele dieser Maßnahmen sinnvoll sind, und viele sind überfällig. Aber was ist eigentlich bisher in welchem Umfang umgesetzt? Was hat sich denn schon konkret geändert? Gibt es wenigstens in Ansätzen so etwas wie eine permanente, also eine ständige Fehlerkultur? Selbst diese Fragen bleiben weitestgehend unbeantwortet. Herr Abaci hat auch schon darauf hingewiesen: Bei fast allen direkt Betroffenen des NSU-Desasters und bei vielen Angehörigen migrantischer Communitys hat das Totalversagen bei der Aufklärung der Terrorserie das Vertrauen in den demokratischen Rechtsstaat tief erschüttert. Diese Drucksache ist nicht im Entferntesten geeignet, Vertrauen neu zu bilden. Um die Arbeit der Aufklärung und der Vertrauensbildung zu leisten, braucht auch Hamburg einen Untersuchungsausschuss.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt viel aufzuklären. Hamburg war mit den Führungsfiguren Worch, Wulff und Rieger über lange Zeit in den Neunzigerjahren des 20. und im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts eines der Zentren der militanten Neonaziszene in Deutschland, eines der Zentren der bundesweiten Vernetzung der militanten, ausdrücklich nationalsozialistischen Szene. In seinem Bericht für das Jahr 1992 bescheinigte das Landesamt für Verfassungsschutz den genannten Personen, dass sie ihren bundesweiten Führungsanspruch durchsetzen und dass ihr strategisches Ziel – ich zitiere – "die Schaffung einer Art rechtsextremistischen Netzwerks" sei.

Das Problem ist, das ist ihnen gelungen. Wir haben zusammen mit vielen anderen viele Fakten zusammengetragen, die das beweisen. Hier will ich

nur ein junges Faktum nennen. Ein wichtiger Zeuge, der V-Mann Kai Dalek, hat jetzt vor dem Münchener Gericht ausgesagt, dass der damalige Hamburger Christian Worch eine große Rolle für den Thüringer Heimatschutz und insbesondere für Tino Brandt, einen zentralen V-Mann im Thüringer Heimatschutz und im engen Kreis des NSU, gespielt hat. Das hatte Tino Brandt bisher bestritten, und das hat das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz bisher bestritten, aber das ist jetzt gerichtskundig. Nehmen Sie das als eines von vielen Indizien für die Rolle, die Hamburger Neonazis im Netzwerk der militanten Naziszene über einen längeren Zeitraum gespielt haben, im Netzwerk der militanten Naziszene, das den Terror des NSU zumindest politisch und ideologisch, in Teilen jedoch auch praktisch mitgetragen hat. Wenn das zutrifft – und das muss auch von Hamburger Seite und mit Hamburg aufgeklärt werden –, dann stellt sich natürlich die Frage, was die Hamburger Sicherheitsbehörden, insbesondere das Landesamt für Verfassungsschutz, gewusst haben. Was haben sie getan, was unterlassen? Warum zum Beispiel hat man das Verbot des militanten norddeutschen Netzwerks sogenannter freier Kameradschaften im Jahr 2000 zwar vorbereitet, dann aber unterlassen? Ich könnte Ihnen hier eine Antwort geben, aber das würde ein bisschen ausführlich werden, deshalb lasse ich das. Ich könnte unzählige solcher Fragen stellen, und ich werde sie stellen. Frau Özoguz hat recht, es gibt mehr Fragen als Antworten. Wir wollen Antworten. Die Öffentlichkeit, die migrantischen Communitys und die Angehörigen der Opfer haben ein Recht auf Antworten.

(Beifall bei der LINKEN und bei Antje Möller GRÜNE)

Zu Beginn der nächsten Legislaturperiode wird DIE LINKE deshalb den Antrag auf einen Untersuchungsausschuss in Hamburg einbringen. Ich begrüße ausdrücklich, dass Kollege Schäfer gestern bei der gut besuchten Veranstaltung von ver.di erklärt hat, dass sich die SPD einem solchen Antrag, sollte er gestellt werden, nicht entgegenstellen werde.

(Beifall bei der LINKEN und bei Antje Möller GRÜNE)

Ich setze voraus und ich fordere hiermit, dass einschlägige Akten bis zur Entscheidung nicht vernichtet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Schneider. – Das Wort hat Herr Senator Neumann.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Innenausschuss und auch hier in der Ham

(Christiane Schneider)

burgischen Bürgerschaft haben wir uns sehr intensiv mit dem Komplex NSU und den Bezügen zu Hamburg auseinandergesetzt. Dennoch möchte ich eingangs dieser Debatte und meines Beitrags noch einmal wiederholen, dass diese Geschichte in unserem Land, eine beispiellose Mordserie an Mitbürgern mit ausländischen Wurzeln, aber auch an einer Polizistin, eine Mahnung und eine Aufforderung an uns alle bleibt. Politik und Behörden, aber auch die Zivilgesellschaft bleiben aufgefordert, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um Derartiges künftig zu verhindern und die anerkannten und erkannten Missstände zu beheben, die diese erschütternde Tatserie ermöglicht oder auch begünstigt haben. Es bleibt, gerade auch hier in Hamburg, die Schmach, die Ermordung eines Hamburger Bürgers nicht aufgeklärt zu haben.

Im Sommer haben die vorerst letzten Untersuchungsausschüsse in Sachsen und Thüringen ihre Berichte vorgelegt und in Bezug auf Hamburg keinerlei neue Erkenntnisse gebracht. Bereits im Frühjahr hat der Senat seine eigene umfangreiche Aufarbeitung des NSU-Komplexes und des Mordes in Hamburg vorgelegt. Der Bericht des Senats geht ein auf die Erkenntnisse zu der Tat in Hamburg, den gesamten NSU-Komplex und seine Aufarbeitung im Bund, aber auch in den Ländern, und dies vor allem mit Blick auf die Hamburger Bezüge und die Hamburger Folgerungen aus diesen Erkenntnissen. Wir haben uns dabei auch eingehend mit den verschiedenen Untersuchungsberichten und ihren Empfehlungen befasst. Diese Empfehlungen umfassen und betreffen unsere Polizei, den Verfassungsschutz, aber auch die Justiz, die bemerkenswerterweise von keinem Redner an dieser Stelle angesprochen worden ist, deren Zusammenarbeit und Informationsaustausch sowie zahlreiche andere Themen in unterschiedlichen Aspekten.

Wir haben abgeschlossene, laufende und künftig geplante Maßnahmen in Hamburg und in der Bund-Länder-Zusammenarbeit mit Hamburger Beteiligung im Ausschuss vorgestellt. Außerdem sind wir auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Anti-Terror-Datei eingegangen, das im Zusammenhang mit dem Informationsaustausch der Sicherheitsbehörden und damit auch für Reformmaßnahmen in diesem Bereich außerordentlich wichtig ist, denn wir hatten mit einer Diskussion begonnen, wo man den Eindruck hatte, man wolle am besten gleich Polizei und Verfassungsschutz unter einem Dach organisieren. Das war die erste und, wie ich fand, überzogene, zum Teil hektisch wirkende Reaktion in der Politik, insbesondere in Berlin. Jetzt ist mit dem entsprechenden Gesetz beziehungsweise dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts da jedenfalls eine klare Grenze und eine klare Linie gezogen worden. Dabei ging es auch immer wieder um die Bezüge des NSU-Komplexes zu Hamburg und um mögliche Kritik an dem

Vorgehen, dem Agieren oder auch Nichtagieren der Hamburger Behörden.

In diesem Zusammenhang bin ich immer wieder auch nach der Gesamtbewertung des Senats zu diesem Komplex gefragt worden, und das will ich heute nicht schuldig bleiben, wie ich es auch im Ausschuss nicht schuldig geblieben bin. Hamburg und die Hamburger Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden waren nach sämtlichen bisher bekannten Untersuchungen im Kreis der Tatortländer beziehungsweise der Ermittlungsbeteiligten im NSU-Komplex kein Schwerpunkt der Ermittlungsund Aufklärungstätigkeit insgesamt, kein Schwerpunkt der Zusammenarbeit mit anderen Sicherheitsbehörden und kein Schwerpunkt oder gar Ursprung zentraler Fehler, kritikwürdiger Praxis, insbesondere bei Einsetzen und Führung von V-Leuten, zentraler Versäumnisse oder des Versagens in der Zusammenarbeit mit anderen Sicherheitsbehörden. Dabei geht es mir nicht darum zu sagen, Hamburg sei gut weggekommen – das ist eine irreführende Betrachtung und Beurteilung –, sondern es geht darum festzustellen, welche Mängel es in Hamburg gegeben hat und wie wir dagegen vorgehen können. Mir geht es darum, Klarheit zu schaffen, wo es Fehler gab, wo diese Fehler gemacht worden sind und welche Ursachen sie hatten. Deshalb ist das Thema, ob man gut wegkommt oder nicht gut wegkommt, für mich von keinerlei Bedeutung.

(Beifall bei der SPD)

Den deutschen Sicherheitsbehörden ist es über mehr als zehn Jahre lang nicht gelungen, den NSU und seine Unterstützer zu entdecken und die Tatserie aufzuklären. Das ist und bleibt für unser Land, für jede Polizistin, für jeden Polizisten, für jeden Staatsanwalt und für jeden Verfassungsschützer, aber auch für diejenigen, die politisch Verantwortung tragen wie ich, beschämend, aber das lag mit Sicherheit nicht an mangelndem Willen oder fehlendem Engagement. Solche Vorwürfe waren zu hören und wurden immer wieder wiederholt. Aber was Hamburg angeht, sind sie nicht zutreffend, und das gilt ausdrücklich für unsere Polizei, unseren Verfassungsschutz und die Staatsanwaltschaft in Hamburg.

(Beifall bei der SPD)

Dennoch muss festgehalten werden, dass die Aufklärung nicht gelungen ist. Das muss Ursachen haben und daran muss gearbeitet werden und ist auch gearbeitet worden. Der jetzt vorgelegte Bericht geht auch auf die Vorwürfe gegen Hamburger Behörden ein, und da ist festzustellen, dass es in Hamburg kein großes zentrales Versagen gegeben hat, keine eine Ursache oder zentrale Fehlentscheidungen, aber es hat Mängel, Schwächen und eine konzentrierte Sicht auf die OK-Ermittlungshypothese gegeben und auch hier nicht immer die gebotene Sensibilität im Umgang mit den Angehö

(Senator Michael Neumann)

rigen der Opfer, die darunter massiv gelitten haben. Wir haben im Ausschuss über jeden einzelnen Vorwurf berichtet, wir haben ihn für uns nachgearbeitet und haben uns auch entsprechend so im Ausschuss auf Nachfrage und auch auf eigenen Wunsch geäußert.

Zu dem schwerwiegendsten Vorwurf möchte ich an dieser Stelle jedoch ausdrücklich etwas sagen, weil er auch heute hier wiederholt worden ist. Es ist der Vorwurf eines institutionellen Rassismus in den Sicherheitsbehörden. Die Mehrheitsvoten des Bundestagsuntersuchungsausschusses machen sich diesen Vorwurf ausdrücklich nicht zu eigen, aber er steht im Raum und wird auch immer wieder von einer Minderheit vorgetragen. Auch die hier angesprochene einzelne Äußerung eines Hamburger Kriminalbeamten wird immer wieder als Beleg herangezogen. Aber ich sage Ihnen sehr deutlich und unmissverständlich, es gibt weder den typischen männlichen Migranten noch den typischen Hamburger Kriminalbeamten oder, wenn Sie sich umschauen, den typischen Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten. Deswegen sollte man aus einer einzelnen, sicherlich dummen Äußerung nicht auf den Berufsstand schließen. Den Vorwurf des Rassismus weise ich hier jedenfalls im Namen meiner Mitarbeiter ausdrücklich zurück.

(Beifall bei der SPD, der CDU und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Auch der Vorwurf, die Sicherheitsbehörden seien – Zitat – "auf dem rechten Auge blind gewesen", lässt sich nicht halten, auch wenn die Aufdeckung des NSU nicht gelungen ist. Der Untersuchungsausschuss im Bundestag macht sich diesen immer wieder gehörten Vorwurf ebenfalls nicht zu eigen, gleichwohl die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden bei der Extremismusbekämpfung verbessert werden musste. Sie wird auch in Zukunft verbessert werden müssen, und zwar in engen, rechtsstaatlichen Grenzen und unter Beachtung des Trennungsgebots. Hier stehen noch weitere Reformen und Verbesserungsvorschläge im Raum, und Herr Abaci hat auch darauf Bezug genommen, dass wir uns verständigt haben, über die Ergebnisse der nächsten Frühjahrsinnenministerkonferenz dann wiederum im Innenausschuss zu berichten. Einiges ist bereits umgesetzt worden, insbesondere im Bereich des Daten- und Informationsaustausches ist aber noch einiges zu prüfen und auch entsprechend gesetzlich zu regeln. Dabei wiederum sind die Vorgaben des Verfassungsgerichts für den Informationsaustausch zwischen den Polizeien und den Nachrichtendiensten zu beachten, die den Zielkonflikt zwischen Aufklärungsinteresse einerseits und rechtsstaatlichen Normen andererseits deutlich machen.

Abgesehen von solchen – aus meiner Sicht unberechtigten – pauschalen Vorwürfen, hat es ohne jeden Zweifel zahlreiche einzelne und strukturelle

Defizite bei der Aufklärung des NSU-Komplexes und der Tatserie gegeben. Die Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus der Innenministerkonferenz und der Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags haben diese Defizite klar benannt und fast 70 Empfehlungen für Reformmaßnahmen ausgesprochen. Vieles davon ist bereits umgesetzt, anderes ist in Arbeit, und Weiteres wird noch geprüft und umgesetzt. So hat die Bundesregierung im Frühsommer einen Bericht zur Umsetzung von Maßnahmen des Bundes unter Führung des Bundes vorgelegt, und auch die Länder haben seit 2011 bereits umfangreiche Maßnahmen zur Aufarbeitung des NSU-Komplexes ergriffen. Hamburg hat sich und wird sich auch in Zukunft aktiv daran beteiligen; ich will einige Beispiele nennen.

Wir beteiligen uns am neuen gemeinsamen Extremismusund Terrorismusabwehrzentrum sowie der Rechtsextremismusdatei, und die ersten Erfahrungen mit dieser neuen Form der Zusammenarbeit sind sehr gut. Auch bei der bundesweiten Überprüfung ungeklärter Straftaten und offener Haftbefehle gegen rechtsmotivierte Straftäter ist Hamburg mehr als aktiv dabei. Die Überprüfung ungeklärter Tötungsdelikte ist in Hamburg gegenwärtig abgeschlossen. Weitere ungeklärte Gewaltdelikte, zum Beispiel Sprengstoffdelikte, werden jetzt weiter überprüft. Hamburg war federführend bei der Arbeitsgemeinschaft zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen, zum Beispiel in der Zusammenarbeit des Bundesamtes mit den Landesämtern, im Informationsaustausch und in der Aus- und Fortbildung, die den Verfassungsschutz in Deutschland neu aufgestellt hat. Bund und Länder haben ihre Regelungen für die Anwerbung und zum Einsatz von V-Leuten überarbeitet und eine gemeinsame Strategie und einen gemeinsamen Standard entwickelt. Gerade in diesem Bereich hat der NSUKomplex deutliche Defizite aufgezeigt, wenn auch, und das betone ich, nicht in Hamburg. Mehrere einschlägige Dienstvorschriften des Verfassungsschutzes hier in Hamburg wurden überarbeitet und mit den zuständigen parlamentarischen Gremien nach einer ausführlichen Erörterung abgestimmt. Zuletzt hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorgelegt, der unter anderem eine Änderung des Strafgesetzbuches vorsieht. Dieser hat das Ziel, rassistische, fremdenfeindliche und sonstige menschenverachtende Tatmotive bei der Strafzumessung ausdrücklich zu berücksichtigen. Damit greift die Bundesregierung eine Initiative aus Hamburg konkret auf.

Zu den Schwerpunkten der laufenden beziehungsweise anstehenden Arbeit auf Bundes- und Landesebene gehören die Harmonisierung der rechtlichen Regelungen zur Informationsübermittlung zwischen Sicherheitsbehörden, die übereinstimmend gefordert wurde, die Überprüfung der Regelungen und die Entwicklung von Standards für die

(Senator Michael Neumann)

Anwerbung und zum Einsatz von V-Leuten, wo entsprechend Mängel aufgetreten sind, sowie die Fortsetzung der Überprüfung ungeklärter schwerer Straftaten auf mögliche rechtsmotivierte Hintergründe, rechtliche Änderungen in den Verfassungsschutzgesetzen oder auch in den Regelungen zur Zusammenarbeit von Polizeien, Staatsanwaltschaften und Verfassungsschutzbehörden in Strafverfahren sowie die Verstärkung beziehungsweise Verstetigung von Präventionsprogrammen und eine weitere Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements gegen den Rechtsextremismus sowie Demokratieförderung. Hamburg wird sich an den genannten und weiteren Initiativen mehr als aktiv beteiligen. Mit zwei weiteren Initiativen zur Beratung von jungen Einsteigern in Rechtsextremismus beziehungsweise von älteren, bereits fester in der Szene verankerten Rechten hat die Sozialbehörde, hat der Senat hier zuletzt wichtige Initiativen ergriffen, bei denen auch eng mit der Innenbehörde zusammengearbeitet wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Staat – wir – haben es nicht geschafft, zehn Menschenleben zu schützen. Es ist nicht gelungen, die Täter zu ermitteln und zur Rechenschaft zu ziehen. Der Hintergrund dieser Tat hat uns, da bin ich sicher, alle erschüttert und hat in diesem Land etwas verändert. Aber auch die gescheiterten Ermittlungen über viele Jahre haben uns betroffen gemacht. Diese Erkenntnis und auch die Erschütterung über diese Taten und die Unfähigkeit, sie aufzudecken und zu ermitteln, bleiben. Dies hat bei Bürgerinnen und Bürgern mit und ohne Migrationshintergrund das Vertrauen in die Sicherheits- und die Strafverfolgungsbehörden stark erschüttert. Es ist an uns, sich dieses Vertrauen zurückzuerarbeiten durch die Reform des Verfassungsschutzes und der Zusammenarbeit der Polizeien und Staatsanwaltschaften. Aber auch die Beseitigung erkannter Mängel ist der richtige Ansatz.

Dialog ist aber der zweite Ansatz. Der Senat hat bei vielen Gelegenheiten – und wird dies fortsetzen – mit Vertreterinnen und Vertretern der Migrantenverbände oder auch dem Integrationsbeirat gesprochen und berichtet, und wir werden diesen Dialog weiterhin konstruktiv fortsetzen. Aus meiner Sicht bleibt der vorgelegte Bericht jedenfalls eine solide Grundlage, sich dieses Vertrauen zurückzuerarbeiten, aber eben auch deutlich zu erkennen – ich finde, es ist wirklich ein sehr kluges Wort gewesen, das Herr van Vormizeele hier aufgegriffen hat und das Herr Abaci geprägt hat –, dass der Rechtsstaat nicht fehlerfrei ist. Aber er hat die Kraft, sich zu seinen Fehlern zu bekennen und all das Notwendige zu tun, damit dies nie wieder geschehen mag.

(Beifall bei der SPD und der CDU und bei Carl-Edgar Jarchow FDP und Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Vielen Dank, Herr Senator. – Mir liegen nun keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen damit zur Abstimmung über den Bericht des Innenausschusses über die Drucksache 20/13616.

Ich stelle zunächst fest, dass die Bürgerschaft von Ziffer 1 der Ausschussempfehlung Kenntnis genommen hat.

Wer möchte sich dann noch Ziffer 2 der Empfehlung anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig beschlossen worden.

Wir kommen damit zum Tagesordnungspunkt 35, Drucksache 20/13607, Antrag der CDU: Elbfähre Landungsbrücken-Blankenese-Cranz jetzt einrichten – Wassertourismuskonzept Elbe für die Zukunft entwickeln.

[Antrag der CDU-Fraktion: Elbfähre Landungsbrücken-Blankenese-Cranz jetzt einrichten – Wassertourismuskonzept Elbe für die Zukunft entwickeln – Drs 20/13607 –]

Diese Drucksache möchten die Fraktionen der SPD und der CDU an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Frau Prien von der CDU-Fraktion, bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist natürlich eine etwas schwierige Aufgabe, nach einem so ernsten Thema, das uns alle in den letzten Jahren sehr bewegt hat, zu einem vielleicht doch etwas profaneren Thema zu sprechen. Aber ich will es trotzdem so versuchen, dass es Sie nicht allzu sehr langweilt.

Es geht hier um ein Thema, das nicht nur alle Parteien in der Bezirksversammlung in Altona bewegt, sondern bei dem sich auch alle Parteien in Altona einig sind. Es ist ein Thema, bei dem sich auch die Bürgerschaftsabgeordneten von CDU und SPD im Hamburger Westen und vor allem die Bevölkerung in Blankenese und Umgebung sehr einig sind. Es gibt eine Interessengemeinschaft mit immerhin 25 Vereinen und Verbänden, die sich für die ElbeEste-Fähre engagiert, und es gibt einen sehr engagierten Bürgerverein, der sich dafür stark macht. Daher würde es uns gut anstehen, dass wir uns mit diesem Thema befassen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)