Jetzt ist die Frage, was eigentlich die Vorschläge der LINKEN sind. Wir haben Etliches vorgelegt; einen Kernpunkt will ich nennen. Ich finde diese Ideologie, die hier vorherrscht, sich über Einnahmeverbesserungen noch nicht einmal Gedanken zu machen und diese Diskussion nicht zu führen, unmöglich.
Sie sorgen für eine Situation, dass wir zwar eine wachsende Stadt haben, aber ein schrumpfendes Gemeinwesen, so wie Sie das gegenwärtig organisieren. Das wird und kann nicht zusammenpassen, und das wird eine Schwierigkeit der nächsten Jahre sein.
Ein einziges Beispiel will ich Ihnen nennen, was wir machen können, um die Einnahmesituation der Stadt zu verbessern. Wir könnten einfach die Grunderwerbsteuer auf das gleiche Niveau anheben wie Schleswig-Holstein, also von 4,5 auf 6,5 Prozent.
Das ist noch lächerlich gering, weil jeder von uns weiß, dass er für eine Tomate oder Ähnliches viel mehr an Mehrwertsteuer bezahlen muss als für einen Grunderwerb. Demensprechend wäre es vernünftig, auch dort eine normale Mehrwertsteuer zu erheben. Wir schlagen nur vor, den Steuersatz so zu erhöhen, dass er dem in Schleswig-Holstein entspricht, nämlich 6,5 Prozent. Damit wären 150 Millionen Euro Mehreinnahmen jedes Jahr möglich.
Eine Situation wie in Schleswig-Holstein zu schaffen, ist nicht revolutionär. Das ist einfach zu machen. Wenn Sie sich damit noch nicht einmal auseinandersetzen, sondern nur schimpfen, dann hat man den Eindruck, dass Sie sich nur nicht mit der Immobilienwirtschaft in dieser Stadt zu streiten wagen.
Sie wagen es nicht, sich mit denen auseinanderzusetzen, sondern Sie haben das Gefühl, Sie müssten sie unterstützen.
Sie merken, wir haben einfache, praktische Vorschläge, die sogar Etliches an Geld bringen. In Schleswig-Holstein herrscht nicht der Sozialismus, soweit ich weiß. Ich muss Herrn Wersich noch einmal fragen, ob er mir da Nachhilfe geben kann, aber soweit wird es dort wohl noch nicht sein.
Ich will den Sozialdemokraten eines sagen. Es gibt eine sozialdemokratische Partei in Spanien, PSOE heißt diese Partei. Die hat im Jahr 2011 mit vielen
anderen gemeinsam die Schuldenbremse in die dortige Verfassung geschrieben und gesagt, das wäre der Weisheit letzter Schluss. Im November hat sie auf ihrem Kongress beschlossen, und zwar mit überwältigender Mehrheit, zu sagen: Das war ein Fehler.
Wir müssen die soziale Struktur in unserem Land erhalten. Die Schuldenbremse, wie wir sie eingeführt haben – das sind nicht meine Worte, sondern die der Sozialdemokraten in Spanien –,
führt dazu, dass wir die soziale Infrastruktur zerstören. Ich bitte die Sozialdemokratie: Lernt von den Sozialdemokraten in Spanien. – Danke.
Meine Damen und Herren! Bevor ich Herrn Senator Dr. Tschentscher das Wort erteile, möchte ich angesichts der vielen aufgeregten Zwischenrufe die Kollegen Kienscherf und Hamann daran erinnern, dass auch für Zwischenrufe der parlamentarische Sprachgebrauch gelten sollte. – Herr Senator Dr. Tschentscher, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Trotz vorgerückter Stunde würde ich gerne in der Generaldebatte noch einige Sätze zu den generellen Linien der Haushaltspolitik sagen, die in diesem Jahr zu der vermutlich besten Haushaltslage der Freien und Hansestadt Hamburg seit sehr langer Zeit geführt haben. Das kommt mir ein bisschen zu kurz, wenn hier so beiläufig gesagt wird, dass es dieses Jahr keine neuen Schulden gebe, sei ein Geschenk.
Schauen Sie sich einmal in Deutschland, in den westdeutschen Bundesländern um. Die Konjunktur ist überall gut, die Zinsen sind auch überall niedrig, aber Sie müssen schon bis nach Bayern gehen, um eine solche Haushaltslage wie in Hamburg festzustellen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Wir werden in diesem Jahr keine neuen Schulden machen, und nach den letzten Zahlen ist die Wahrscheinlichkeit sogar hoch, dass wir einen nennenswerten Haushaltsüberschuss haben werden.
Die Ursache hierfür, Herr Wersich, ist eindeutig nicht allein die wirtschaftliche Entwicklung. Konjunkturelle Wachstumsphasen haben wir in Ham
burg in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer gehabt, sie haben aber nie zu einem entsprechenden Haushaltsabschluss geführt.
Der wesentliche Grund hierfür war, dass man bei den ersten Anzeichen eines konjunkturellen Aufschwungs sofort damit begonnen hat, die sogenannten Mehreinnahmen in die Finanzplanung einzuarbeiten und in großzügige zusätzliche Ausgaben umzusetzen.
Die Folge war zum Beispiel der schwarz-grüne sogenannte Konjunkturstabilisierungsfonds mit fast 2 Milliarden Euro neuen Schulden und eine Finanzplanung für 2011 bis 2014, in der CDU und GAL knapp 3 Milliarden Euro neue Schulden sowie den vollständigen Verbrauch aller Rücklagen vorgesehen hatten. Ich glaube, wir sind uns einig, Herr Wersich, dass es eine gute Idee war, diese Planung nicht umzusetzen.
(Beifall bei der SPD – Dietrich Wersich CDU: Das war doch eine gemeinsame Planung mit der Bundesregierung!)
Stattdessen haben wir 2011 einen schrittweisen Prozess der Haushaltskonsolidierung begonnen, in dem wir eine an langfristigen Zielpunkten orientierte Ein-Prozent-Ausgabenlinie einhalten. Diese vom Rechnungshof bestätigte Ausgabendisziplin ist es, der wir die jährlich rückläufigen Nettokreditaufnahmen zu verdanken haben. Das ist ein wichtiger finanzpolitischer Erfolg der letzten Jahre. Es zeugt von einer großen Disziplin, dass wir bei keiner der positiven Steuerschätzungen die beschlossenen Gesamtausgaben erhöht haben. Nur so konnten wir die geplanten Neuverschuldungen senken und erhebliche Zinseinsparungen vornehmen, die uns in den kommenden Jahren sehr entlasten werden. Deshalb war es auch falsch, dass die CDU vor einigen Wochen angekündigt hat, die von ihr geforderten Mehrausgaben mit Rücklagen und sogenannten Steuermehreinnahmen bezahlen zu wollen,
(Dietrich Wersich CDU: Das stimmt doch gar nicht! – Jens Kerstan GRÜNE: Das ist ge- nau eure Finanzierung!)
In den vorliegenden Oppositionsanträgen ist die Gegenfinanzierung nicht solide. Die in Aussicht gestellten Mehrausgaben sollen überwiegend durch die Streichung sogenannter Reservepositionen bezahlt werden. Damit sind wir bei weiteren Grund
fehlern, die in früheren Jahren systematisch zu Haushaltsüberschreitungen geführt haben: erstens unrealistische Annahmen zur Entwicklung von Ausgaben, zum Beispiel eine von CDU und GRÜNEN allen Ernstes angenommene Steigerung der gesetzlichen Leistungen um null Prozent, und zweitens keine vernünftige Vorsorge für unvorhergesehene Entwicklungen. Ich habe mir Ihre Gegenfinanzierungsvorschläge einmal angesehen, Herr Heintze; Sie haben dankenswerterweise eine Excel-Tabelle dazu vorbereitet. Zu lesen ist dort von nicht näher spezifizierten Reserven der Finanzbehörde, von Wohngeld in den Bezirken und davon, den Verlustausgleich der HGV zu vermindern. Es ist schon angedeutet worden, welche Gebührenerhöhungen das verursachen würde. Außerdem sagen Sie, im Sondervermögen Stadt und Hafen könne es eine Kapitalmobilisierung geben – gerade in dem Sondervermögen, in das wir 300 bis 400 Millionen Euro nachträglich einzahlen mussten, damit es eben nicht weiterhin zu dieser verdeckten Überschuldung in einem Nebenhaushalt kommt. Diese sogenannten Gegenfinanzierungsvorschläge sind weder konkret noch solide, und ich kann nur dringend davon abraten, so zu beschließen.
Wir haben in den letzten Monaten gesehen, wie schnell wir zum Beispiel handlungsfähig sein müssen, um eine große Zahl von Flüchtlingen unterzubringen. Für solche unvorhergesehenen Entwicklungen müssen wir ausreichend Reserven einplanen, und deshalb kann ich nur davon abraten, diese finanziellen Mittel jetzt auszugeben; wir werden sie in den nächsten Jahren dringend benötigen. – Vielen Dank.
Herr Senator, da Sie unsere Vorschläge direkt angesprochen haben, zwei kurze Sätze dazu. Wie Sie der Excel-Tabelle entnehmen können, haben wir uns intensiv mit unseren Vorschlägen befasst, sonst hätten wir keine solche Tabelle geliefert.
Vorweg: Dass Sie das Märchen vom Konjunkturstabilisierungsfonds auftischen, obwohl es dringend notwendig war, dieses Zwei-Milliarden-EuroProgramm gemeinsam mit der Bundesregierung zu machen, finde ich schon ein starkes Stück. Dass Sie dann aber verschweigen, dass es Ihr Senat war, der als erste Amtshandlung die vorgesehene Rückzahlung von jährlich 100 Millionen Euro gestrichen hat, ist dreist. Bleiben Sie doch bitte komplett bei der Wahrheit und erzählen Sie keine Märchen.