Zur Innenpolitik insgesamt, und das ist für mich nicht nur die Ausstattung der Polizei, lässt sich sagen: Überschriften, Generalverdacht und Generalvollmacht. Generalvollmacht zeigt sich an einem äußerst plakativen Projekt, das der Senator in den letzten Monaten verfolgt hat, nämlich dem Einsatz von zwei sogenannten Body-Cams, die auf dem Kiez die Sicherheit der Einsatzkräfte verbessern sollen. Verbunden mit diesem plakativen Projekt ist aber etwas, das nicht minder plakativ ist, nämlich eine generelle Änderung des entsprechenden Paragrafen im Gesetz, der zu einer Generalvollmacht verändert wird. Die Einschränkung der Freiheitsrechte an dieser Stelle geht weit über das Maß der bekannten Modellversuche in unserer Republik hinaus, und denkbare zukünftige Überwachungstechnologien – also Bild- und Tonaufnahmen in jeder Situation – werden durch die Gesetzesänderung gleich ermöglicht. Das ist etwas, was wir nicht mittragen werden.
Ich greife noch das andere Stichwort auf, Generalverdacht. Die Ausweisung ganzer Stadtgebiete als Gefahrengebiete hat uns zwar keinen weltweiten Ruhm, aber zumindest bundesrepublikanischen Ruhm gebracht. Im letzten Winter konnten wir erleben, wie ganze Stadtteile unter Generalverdacht gestellt wurden. Es ist kreativ, friedlich und deutlich dagegen protestiert worden. Wenn man sich dann noch zu Gemüte führt, dass in diesem Bereich über 1 Million Euro ausgegeben worden sind, wo der Erfolg selbst jedoch in der internen Aufarbeitung als niederschmetternd bezeichnet worden ist, dann war das keine kluge Haushaltspolitik und insgesamt keine kluge politische Maßnahme.
Hamburg hinkt an vielen Stellen weiterhin hinterher. Deswegen werden Sie sich nicht wundern über unseren Antrag, denn in vielen Bundesländern gibt es längst einen Polizeibeauftragten, einen Bürgerbeauftragten, es gibt Wehrbeauftragte, Sie alle kennen das Modell. Während wir hier Lösungen suchen…
Während wir hier nach Lösungen suchen, Respekt gegenüber Einsatzkräften ohne ordnungspolitischem Ansatz zu begegnen und dem Anspruch auf transparente und verhältnismäßige Amtsausübung gleichermaßen Raum zu geben, bleiben Sie im alten Schema verhaftet. Ich bin gespannt auf das Abstimmungsverhalten zu diesem Thema. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nunmehr haben wir zum zweiten Mal den Einzelplan 8.1 nach SNH vorliegen und den dritten doppischen insgesamt. Wir finden, dass es an der Zeit ist, an dieser Stelle einmal den Mitarbeitern der Innenbehörde für die viele Arbeit der letzten Jahre zu danken, die die Rolle als Speerspitze und Versuchskaninchen bei der Einführung der Doppik in Hamburg mit sich brachte.
Viele Steuerungsfaktoren des Einzelplans werden sich aus der Natur der Sache heraus erst mit einer gewissen methodischen Kontinuität des Einzelplans in den kommenden Haushaltsperioden ergeben. Die zunehmend erhellenden Quartalsberichte zu diesem Einzelplan lassen aber zunehmend gute Möglichkeiten des Controllings erwarten. Nachdem der letzte Haushaltsplan-Entwurf des Vorgängersenats in vielerlei Hinsicht der Seriosität entbehrte, haben wir ein erkennbares Bemühen um valideres Planen in den Beratungen der letzten beiden HaushaltsplanEntwürfe bereits lobend erwähnt. Leider müssen wir jedoch bei diesem Entwurf feststellen, dass die Ambitionen des Senats hier offenbar deutlich nachgelassen haben. In einigen Bereichen bleibt der Einzelplan eine Blackbox, und etliche Baustellen wurden in den letzten Jahren weder inhaltlich noch bei der Haushaltsaufstellung ernsthaft ange
Im Bereich des Rettungsdienstes und vor allem der Einnahmen aus Rettungsdienstgebühren bleibt der Einzelplan intransparent bis unschlüssig. Wir haben dies bereits bei den letzten Haushaltsberatungen kritisiert. Dass der Senat jetzt hier etwas nachgebessert hat, haben wir erfreut festgestellt. Leider sind die mehr an der Realität orientierten Planansätze noch immer nicht ganz transparent, da im Rahmen der Bilanzverkürzung offenbar immer noch zweistellige Millionenbeträge am Haushalt und dem parlamentarischen Budgetrecht vorbeifließen sollen.
Erstaunlich erscheint es weiterhin, dass sich die SPD mit ihrer absoluten Mehrheit bisher allen Versuchen verweigert hat, die unbestrittenen grundsätzlichen, strukturellen Reformbedarfe im Bereich des Rettungsdienstes in Hamburg auch nur substanziell zu behandeln. Fehlende Bedarfsanalysen und krasse Qualitätsmängel im Vergleich zu anderen Ballungsräumen sind im Kontext mit intransparenten Haushaltsstrukturen zu kritisieren.
Kommen Sie hier endlich Ihrer Verantwortung nach und versuchen Sie nicht, als Regierungsfraktion strukturelle Handlungsbedarfe zu verschleiern.
Eine weitere Dauerbaustelle sind die Planzahlen für Hunderttausende Überstunden bei Schutz- und Wasserschutzpolizei sowie beim Landeskriminalamt, die zudem keinen nennenswerten Rückgang vorsehen. Wenn dauerhaft Mehrarbeit in solchem Umfang anfällt, weil offenbar ein grundsätzliches Missverhältnis zwischen Budget und Aufgabenzuweisung besteht, dann gibt es strukturell nur zwei verantwortungsvolle Handlungsmöglichkeiten. Entweder ist das Budget strukturell den Aufgaben anzupassen oder es muss ernsthafte und strukturelle Initiativen geben, um durch Aufgabenkritik die Aufgaben an das zugedachte Budget anzunähern. Offenbar scheinen sich Senat und SPD dies nicht zuzutrauen, wenn sie solche Planzahlen vorlegen. Die betroffenen Mitarbeiter müssen dies dann ausbaden.
Möglichkeiten gäbe es viele. Eine Novelle der veralteten Gesetze zu Schwertransporten wäre zum Beispiel ein kleiner Anfang. Es wäre schön, wenn die IMK bei solchen Themen ansatzweise so viel Engagement zeigen würde, wie sie es bei Initiativen zur Einschränkung von Bürgerrechten zu zeigen pflegt.
Ein strukturelles Problem zeigen auch die Änderungsanträge aus der SPD-Fraktion zur Finanzierung von Planungstätigkeiten für neue Polizei- und Feuerwehrgebäude und die Anschubfinanzierung bei den Löschbooten aus dem Sanierungsfonds.
Dieses Ansinnen ist an sich richtig und findet auch unsere Zustimmung. Aber seriöserweise hätten solche Ausgaben für bekannte Bedarfe in den Haushaltsplan-Entwurf gehört, da sie doch bei dessen Erstellung längst bekannt waren. Diese Ausgaben jetzt als Weihnachtsgeschenke nach zufälliger Kassenlage verbuchen zu wollen, hat nichts mit strategischer und weitsichtiger Haushaltsführung zu tun,
zumal die Finanzierung der viel teureren Baumaßnahmen und Beschaffungen auf die vage Zukunft verschoben wird, und das auch noch angesichts der zunehmend wirkenden Schuldenbremse. Hier scheint es einen echten Rückschritt nach 2010 zu geben. Gutes Regieren sieht anders aus.
Aber auch in anderen Bereichen scheint es uns an Weitsicht zu mangeln. Während die Sicherheitsbehörden in den letzten Jahren von der erschreckenden Zunahme von Kriminalität mit religiösem Hintergrund, insbesondere des Salafismus, weitgehend überrascht wurden – Herr van Vormizeele hat es bereits erwähnt –, lässt der Haushaltsplan-Entwurf hier nichts erkennen, was auf eine Einsicht in den Handlungsbedarf bei Senat und SPD schließen lässt. Die Zieldefinitionen der Produktgruppe Kriminalpolizei bleiben auf die alte Prämisse der Bekämpfung von Kriminalität mit links- und rechtsradikalem Hintergrund fixiert anstatt mit der Zeit zu gehen. Bekämpfung von Kriminalität ist aber nicht die Aufgabe des Verfassungsschutzes, sondern vor allem der Kriminalpolizei.
Bedrohlich ist im Bereich der Kriminalität auch das erkennbare Dunkelfeld der organisierten Kriminalität; das hat heute noch gar keine Rolle gespielt. Dass die betreffenden Deliktbereiche in der Statistik keine große Rolle spielen, liegt bei einer Betrachtung mit gesundem Menschenverstand nämlich nicht an der erfolgreichen Bekämpfung, sondern daran, dass die meisten Taten im Dunkelfeld bleiben, dass ernsthafte OK-Bekämpfung in Hamburg seit über einer Dekade keine Priorität mehr genießt. Hier besteht unserer Meinung nach hoher Handlungsbedarf. Auch und wenn gerade viele Bürger leider oft spät oder gar nicht bemerken, dass sie Opfer von organisierter Kriminalität werden, muss ein Rechtsstaat hier wirksame Schutzmaßnahmen betreiben.
Welche Probleme ein Wildwuchs in diesem Bereich nach sich zieht, wurde leider erst kürzlich wieder offenbar, als es um die Kriminalität von minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlingen ging, die vermutlich Schulden bei Schleppern hatten und später dann das Ziel von Selbstjustiz aus dem Milieu wurden. Solche Fälle sind nur die Spitze des Eisbergs.
Wir können also festhalten: Neben einigen erfreulichen Entwicklungen in Sachen Transparenz und Seriosität lässt es der letzte Haushalt unter der SPD-Alleinherrschaft leider an politischer Weitsicht mangeln und zeigt nur allzu deutlich auf, dass es Ihnen an Ambitionen für das notwendige Bohren dicker Bretter fehlt. – Herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren, Herr Präsident! Ich werde mich im Wesentlichen auf zwei Komplexe beschränken und vorweg nur Folgendes sagen: Was zur Flüchtlingspolitik zu sagen ist, hat Frau Möller meines Erachtens gesagt, deshalb werde ich mir das schenken.
Was den Verfassungsschutz angeht, Herr van Vormizeele, so haben Sie Ihre Rede aus den letzten Haushaltsberatungen wiederholt. Ich habe Ihnen darauf schon geantwortet, aber es ist vergebene Liebesmüh, wenn ich das jetzt noch einmal mache.
Ich wundere mich allerdings, dass die SPD klatscht, denn wir wären schon zufrieden, wenn Sie die V-Leute abschalten, so wie es Ihr Innenminister in Thüringen jetzt macht. Das wäre für uns schon ganz gut.
Ich will auf zwei Komplexe eingehen, erstens die Polizei. Da finde ich die Bilanz ebenfalls sehr schlecht, im Gegensatz zu Herrn Voet van Vormizeele allerdings aus entgegengesetzten Gründen und aus ganz anderen Gesichtspunkten heraus, nämlich aus grundrechtlichen Gesichtspunkten. Nach Ihren Vorgängern von Schill bis Ahlhaus, Herr Senator, hätten Sie die Chance und die Aufgabe gehabt, einen Kurswechsel einzuleiten und die Polizei zu einer wirklich modernen Großstadtpolizei zu entwickeln. Sie hätten eine Entwicklung einleiten können weg von einer Mentalität, in der die Bürgerinnen und Bürger weit im Vorfeld konkreter Gefahren vor allem als eines gesehen werden, nämlich als potenzielle Störer. Dieses generelle Misstrauen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern haben Sie von der CDU in Ihrer Regie
rungszeit enorm befördert. Sie haben beispielsweise damals der Polizei weitere nachrichtendienstliche Mittel zur Überwachung in die Hand gegeben und sie mit starken Befugnissen zur Überwachung und Kontrolle weit im Vorfeld der Gefahrenabwehr ausgestattet. Sie haben die gesetzliche Ermächtigung der Polizei geschaffen, Gefahrengebiete einzurichten, die dann natürlich häufig davon Gebrauch gemacht hat. Sie, Herr Neumann, hätten diesen Kurs ändern können – sicher nicht von heute auf morgen, sicher nicht um 180 Grad, aber Sie hätten damit anfangen können, zum Beispiel bei der Novellierung der Polizeigesetze. Das haben Sie nicht getan.
Dazu haben Sie nicht den Willen und auch nicht die Kraft gehabt. Sie haben nicht den Willen, weil Sie der Auffassung sind – das ist im letzten Jahr sehr deutlich geworden –, dass es in Hamburg keine politischen Konflikte gibt. Das konnten Sie vor knapp einem Jahr gar nicht oft genug betonen. Da es aber natürlich politische und soziale Konflikte gibt – wie denn auch nicht –, haben Sie damit nichts anderes zum Ausdruck gebracht als Ihren Kurs, Konflikte ordnungspolitisch lösen zu wollen, also zuallererst mit der Polizei.
In den letzten vier Jahren ist, zugegeben, die Anzahl eingerichteter Gefahrengebiete zurückgegangen. Aber während Ihrer Amtszeit hat die Polizei das bisher mit Abstand größte Gefahrengebiet errichtet als Demonstration polizeilicher Stärke und als Demonstration, dass Ihr erstes Mittel bei politischen und sozialen Konflikten eben die Polizei ist. Das ist verhängnisvoll.