ein. Als ich diesen Antrag gelesen habe, habe ich mich gefragt, was Sie mit ihm überhaupt erreichen wollen. Dieser Antrag führt zu nichts.
Sie wollen mit diesem Antrag nur Zeit gewinnen, um die Prüfung und Erhöhung des Mindestlohns zu verschieben.
In den letzten vier Jahren hat die SPD die Arbeitsgelegenheiten massiv reduziert, ohne eine Alternative anzubieten. Sie, Herr Scheele, haben die AGHs verteufelt. Und was hören wir jetzt von Ihnen? Sie wollen sich beim Bund für die Neuregelung der Zusätzlichkeit bei den Arbeitsgelegenheiten einsetzen. Was ist der Grund dieses Sinneswandels, Herr Scheele? Die Antwort liegt bei Frau Nahles. Frau Nahles macht dort weiter, wo die anderen Ministerinnen aufgehört haben. Das von Frau Nahles vorgestellte Programm beinhaltet ein minimales Angebot für Langzeitarbeitslose. Es sollen bundesweit nur 10 000 Stellen für den sozialen Arbeitsmarkt angeboten werden; wenn wir Glück haben, bekommen wir in Hamburg vielleicht 200 oder 300 Stellen. Das ist nichts Neues, und es ist auch keine Lösung für die 24 000 Langzeitarbeitslosen in Hamburg.
Meine Damen und Herren! Es steht schon lange fest, dass wir eine andere Lösung für die Tausenden von Langzeitarbeitslosen brauchen, um sie in gute Arbeit zu integrieren, die auch finanzierbar ist. Das heißt: Beschäftigung inklusive Qualifizierung und Betreuung.
Es ist an der Zeit, dass alle Träger der Arbeitsmarktpolitik ihre Konzepte verbinden und sich für ihre Finanzierung auch auf Bundesebene einsetzen. Dass es möglich ist, haben wir in NordrheinWestfalen und Baden-Württemberg gesehen. Auch die großen Wohlfahrtsverbände und der DGB fordern die Einrichtung eines echten, voll sozialversicherungspflichtigen Arbeitsmarkts. Wir GRÜNE wollen Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren und fordern seit mindestens drei Jahren in diesem Parlament einen sozialen Arbeitsmarkt, der unter anderem auch durch Passiv-Aktiv-Transfer finanziert werden soll. Aber die Aktivierung von passiven Leistungen allein wird nicht ausreichen, um einen sozialen Arbeitsmarkt in Hamburg einzurichten. Daher muss Hamburg einen Anteil selbst finanzie
ren. Auch die SPD wollte sich auf Bundesebene für den Passiv-Aktiv-Transfer einsetzen und ein Modellprojekt in Hamburg implementieren. Jetzt behauptet Herr Scheele, dass das ohne eine Gesetzesänderung im Bund nicht möglich sei und die Modellprojekte in Baden-Württemberg und NRW kein Passiv-Aktiv-Transfer seien. Dabei steht in Ihrem eigenen Antrag, liebe SPD, dass Sie nach dem erfolgreichen Umsetzen des Passiv-AktivTransfers in Baden-Württemberg dieses Modellprojekt auch in Hamburg realisieren wollen. So steht es in Ihrem Antrag, der hier verabschiedet wurde. Davon will Herr Senator Scheele jetzt nichts hören und beharrt auf der Gesetzesänderung. Das Schlimme daran ist, dass er genau weiß, dass das Finanzministerium diesen Vorschlag ablehnen wird. Das Ganze wird hier wieder auf die lange Bank geschoben, und das ist falsch.
Wir wollen nicht lange warten, wir wollen jetzt handeln. Daher ist es wichtig, den Passiv-Aktiv-Transfer als Modellprojekt nach Hamburg zu holen und Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Das wollen wir mit unserem Antrag. – Vielen herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sind dazu bestimmt, mehr Menschen in reguläre Beschäftigung zu bringen. Natürlich wollen wir gut bezahlte, unbefristete und sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in Vollzeit oder Teilzeit nach Wahl des Arbeitnehmers, aber die FDP bekennt sich auch zu einer Flexibilisierung des Arbeitsmarkts und ist offen für Maßnahmen, die noch mehr Menschen einen Job verschaffen.
Uns sind im Zweifel befristete Arbeitsplätze lieber als Arbeitslosigkeit, uns sind Minijobs lieber als Transferleistungen, und uns ist es lieber, wenn ein Unternehmer bei Kapazitätsspitzen durch Zeitarbeit zusätzliche sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze schafft, statt die Stammbelegschaft zu Überstunden zu verpflichten. Seit der Agenda 2010 hat Deutschland trotz Wirtschaftskrise einen enormen Aufschwung am Arbeitsmarkt, einen kontinuierlichen Beschäftigungsanstieg und einen Arbeitslosenrückgang erlebt. Das ist erfreulich. Es fehlt nicht viel zur Vollbeschäftigung, doch anstatt sich zu überlegen, wie nun Langzeitarbeitslosigkeit erfolgreich bekämpft werden kann, setzt die Große Koalition dies aufs Spiel und gefährdet mit der Ein
Für Hamburg wird ein Beschäftigungsverlust von rund 1,5 Prozent prognostiziert, denn Mindestlohn vernichtet Arbeitsplätze. Und damit nicht genug: Er verhindert auch, dass geringqualifizierte Arbeitslose den Einstieg in den Arbeitsmarkt überhaupt schaffen,
denn Niedriglöhne sind vor allem Einstiegslöhne. Eine Studie der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft belegt, dass bisher jährlich 25 Prozent der Geringverdienenden in den Normalverdienerstatus aufstiegen, also über einen niedrig bezahlten Einstiegsjob in den regulären Arbeitsmarkt aufsteigen und auskömmlich verdienen. Arbeit ist nicht nur existenzsichernd, es geht um weitaus mehr. Es geht um eine sinnvolle Beschäftigung für den Menschen und um die Würde des Einzelnen, für seinen Lebensunterhalt selbst aufkommen zu können.
Lassen Sie mich auf ein weiteres Thema zu sprechen kommen. Fachkräftesicherung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie beginnt bei der Ausbildungsfähigkeit und Motivation von Jugendlichen und der Verringerung von Abbrecherquoten in der Berufsausbildung. Fachkräftesicherung bedeutet, Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stärken, wo immer es geht. Das reicht von 24Stunden-Kitas über die Förderung von Teilzeitstellen im Rahmen arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen bis hin zur Anrechnung auf Meistergründungsdarlehen, wie wir sie hier auf Antrag der FDP-Fraktion beschlossen haben.
Fachkräftesicherung bedeutet auch, die Kompetenz und Erfahrung von Senioren einzubinden und sie zu fördern, auch im Alter noch zu arbeiten. Dafür brauchen wir ein flexibles Renteneintrittsalter, denn jeder soll selbst entscheiden, ob er mit 65, 67 oder 70 Jahren noch arbeiten oder bereits in Rente gehen will.
Das bedeutet auch, dass derjenige, der länger arbeitet, eine höhere Rente erhält als derjenige, der eher in Rente geht. Für Arbeit im Alter braucht es Anreize wie etwa flexible Arbeitszeitmodelle durch Jobsharing und Teilzeit.
Fachkräftesicherung bedeutet auch, Menschen mit Migrationshintergrund einen schnellen Berufseinstieg zu ermöglichen. Das beginnt bereits bei Asylbewerbern und geduldeten Ausländern. Es kommt nicht darauf an, woher jemand kommt, sondern wohin er mit uns will. Das dreimonatige grundsätzliche Arbeitsverbot und die Vorrangprüfung gehö
ren dringend auf den Prüfstand. Ein frühestmöglicher Arbeitsmarktzugang bietet die Chancen einer schnellen Integration und verkürzt die Bezugsdauer von staatlichen Leistungen.
Kriegsflüchtlinge könnten dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und den Bedarf an Fachkräften verringern. Gründungswillige Migranten sind ein Potenzial, das erschlossen werden kann, denn Tausende deutscher Unternehmen suchen nach einem Nachfolger. Existenzgründung durch Betriebsübernahme kann Menschen erfolgreich in die Selbstständigkeit führen. Fachkräftesicherung geht weiter hin zu einem modernen Einwanderungsrecht, das die gezielte Anwerbung qualifizierter ausländischer Arbeitskräfte vereinfacht.
Arbeitsmarktpolitik kann mehr. Der Schlüssel für Arbeit ist Qualifikation durch Bildung, Weiterbildung und lebenslanges Lernen. Bestimmte Gruppen von Menschen brauchen mehr Unterstützung. Mitbürgern mit besonderen Vermittlungshemmnissen muss zum Erreichen der Vermittlungsfähigkeit in reguläre Arbeit wirksamer geholfen werden. Chronisch Kranke müssen umgeschult werden, in einigen Fällen müssen Lese- und Schreibkenntnisse erworben werden oder bestimmte Alltagsfertigkeiten wieder eingeübt werden. Hierzu brauchen wir sehr individuelle Instrumente und Maßnahmen. Geringqualifizierte und Langzeitarbeitslose sollen verstärkt die Möglichkeit erhalten, einen qualifizierten Berufsabschluss nachzuholen, anstatt von einer Maßnahme in die nächste übergehen zu müssen. Wir wollen einen Modellversuch in Hamburg starten, der es auch Geringqualifizierten sowie Langzeitarbeitslosen ermöglicht, einen Facharbeiterabschluss in Etappen zu erreichen. In der Beschäftigungsförderung von Langzeitarbeitslosen muss konsequent umgesteuert werden. Die Maßnahmen müssen stärker unternehmensnah organisiert werden und weniger über Beschäftigungsträger, denn bei Förderung über Träger endet im Regelfall mit der Beendigung der Förderung auch die Beschäftigung.
Gerade bei mittelständischen Unternehmen ist dagegen die Quote derjenigen Menschen höher, die von einem geförderten Beschäftigungsverhältnis in eine reguläre Beschäftigung wechseln. Das ist nicht nur eine Frage des Arbeitskräftebedarfs, sondern auch der persönlichen Bindung und der sozialen Verantwortung, wie sie in mittelständischen Unternehmen gelebt wird. Da wird eher geschaut, ob man einen Menschen nach Abschluss der Förderung nicht doch im Betrieb halten kann, gegebenenfalls mit einer anderen Tätigkeit, in einem anderen Umfang oder zu anderen Bedingungen, aber jedenfalls in Arbeit.
Die Zeitarbeitsbranche hat erheblich zum Beschäftigungsboom in Hamburg beigetragen. Das ist insbesondere für Geringqualifizierte und Arbeitslose eine Einstiegschance in feste und dauerhafte Arbeitsverhältnisse. Daher wird sich die FDP auch weiterhin für Arbeitsplätze in der Zeitarbeit stark machen. Die FDP wird sich weiterhin für mehr Bildung und Qualifikation, für einen flexiblen und familienfreundlichen Arbeitsmarkt und für mehr Menschen in Beschäftigung einsetzen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist immer etwas schwierig als fünfter Redner nach der FDP. Es ist so verlockend, und man möchte gern eine Gegenrede halten zu den Positionen der FDP.
Frau Föcking hat schon das Wort Mutlosigkeit genannt, und komischerweise kam mir dieser Begriff bei der Vorbereitung dieser Rede auch in den Sinn – möglicherweise aus anderen Beweggründen, aber das sei hier einmal festgehalten.
Vorab möchte ich gern sagen, dass der soziale Arbeitsmarkt, wie er von der SPD hier eingeführt wurde, sich zumindest als nutzlos erwiesen hat, wenn man sich die Zahlen anschaut. Arbeitslose im Dezember 2011: 67 410, Arbeitslose im Dezember 2012: 67 406, Arbeitslose im Dezember 2013: 71 125, Arbeitslose im November 2014, die letzten vorliegenden Zahlen: 70 365 in Hamburg. Bewegung: gar keine. Und dann kommt Ihr sozialer Arbeitsmarkt dazu. Hat er etwas gebracht? Nein, hat er nicht. Das mag möglicherweise am fehlenden Willen liegen, hier tatsächlich etwas zu tun, denn Sie selbst haben uns immer gesagt, dass der hohe Verwaltungskostenanteil, wie ihn Frau Demirel schon nannte, von Ihnen politisch gewollt ist. Sie haben uns immer gesagt, dass Sie die Arbeitsmarktpolitik nicht als Kernbereich Ihrer Politik begreifen und dass vom Land finanzierte arbeitsmarktpolitische Maßnahmen die Ausnahme bleiben müssen, dass ESF-Finanzierung und der Eingliederungstitel über den Bund Ihr Ziel sind und die Stärkung der Arbeitsmarktpolitik auch über den Bund geschehen müsste. Wir haben da eine ganz andere Auffassung.
Und es ist in Teilen vielleicht auch die fehlende Courage. Es ist richtig, dass in den Kommunen und im Land NRW und auch in Baden-Württemberg nicht der hier schon diskutierte richtige Pas