sondern das ist längst das Ergebnis eines gemeinsamen Dialogs, der sich über viele Jahre entwickelt hat und der sicherlich seinen besten Ausdruck in den Verträgen gefunden hat, die wir schon lange mit der evangelischen Kirche, mit dem Heiligen Stuhl, mit der Jüdischen Gemeinde, aber eben auch mit den muslimischen und alevitischen Verbänden dieser Stadt geschlossen haben. Das ist der richtige Weg für das Miteinander.
Dass nun die Religionsgemeinschaften mit uns gemeinsam versuchen hinzubekommen, dass ein nicht konfessionsgebundener gemeinsamer Unterricht möglich wird, ist wahrscheinlich eine der größten politischen, kulturellen und religiösen Leistungen, die unsere Religionsgemeinschaften in dieser Stadt zustande gebracht haben werden. Ich glaube, auch das ist etwas, worauf wir stolz sein können, aber auch etwas, auf das wir bauen können. Und das ist gut für die Zukunft unserer kosmopolitischen Stadt.
Zum Zusammenhalt gehört, dass wir diejenigen, die zu uns gekommen sind und bei uns leben, bitten, die Staatsbürgerschaft dieses Landes zu erwerben. Etwas, das wir gemeinsam auf den Weg gebracht haben, das wir voranbringen, auch mit unserer Einbürgerungsinitiative. Jede Veranstaltung in diesem Rathaus, an der manchmal fast tausend Menschen teilnehmen und bei der jedes Mal Hunderte eingebürgert werden, ist ein Zeichen für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und ein Gegenpol zu dem, was einige, die uns auseinandertreiben wollen, so sagen.
Wie man mit den Herausforderungen umgehen kann, die sich zum Beispiel aus großen, furchtbaren Katastrophen, die wir überall in der Welt sehen, ergeben, hat sich auch gezeigt, als letzte Woche in diesem Rathaus 1200 Männer und Frauen zusammengekommen sind, die hauptamtlich und in sehr vielen Fällen ehrenamtlich mithelfen, die vielen Flüchtlinge, die wir in Hamburg unterbringen müssen, zu begleiten. Das ist ein sehr großer Ausdruck bürgerschaftlicher Solidarität gewesen.
Wir sind eine freie Stadt, eine Republik sind wir schon ziemlich lange, eine Demokratie sind wir nun mittlerweile auch schon sehr lange in Hamburg. Diese Demokratie und die Freiheit, die Pluralität und das Miteinander, das wir hier entwickelt
haben, werden wir auch in Zukunft sichern können und verteidigen, da bin ich ganz sicher. Wir sagen den Bürgerinnen und Bürgern Frankreichs noch einmal, wir werden gemeinsam für die Freiheit kämpfen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben alle festgestellt, dass wir eigentlich die gleiche Position vertreten, was sehr erfreulich ist. Wir müssen uns aber auch mit der Frage auseinandersetzen, welche Aufgaben die Politik nun übernehmen muss, um Schlimmeres in Zukunft zu verhindern. Dazu gehört es natürlich auch, dass man sich mit den Ursachen auseinandersetzt, warum Menschen abgleiten, ob in die eine oder andere Richtung. Dazu gehört aber auch, dass man zum Beispiel die Exklusionstendenzen in der Gesellschaft bekämpft. Ich möchte ein Beispiel nennen. Nach dem schrecklichen Anschlag in Frankreich gab es natürlich an den Schulen Gedenkminuten und es gab auch Schülerinnen und Schüler, die sich geweigert haben, an diesen Gedenkminuten teilzunehmen, die sich lustig darüber gemacht haben oder vielleicht auch diese Tat gerechtfertigt haben. Das zeigt deutlich, dass hier noch viel zu tun ist, weil es auch in Hamburg Jugendliche gibt, die sich einer Terrororganisation anschließen. Es ist eine wichtige Aufgabe der Politik, Maßnahmen zu ergreifen, die verhindern, dass Jugendliche, junge Menschen, die doch eigentlich Teil dieser Gesellschaft sind, in solche Strukturen abgleiten.
Viele von Ihnen stehen jetzt im Wahlkampf an Infoständen in vielen verschiedenen Stadtteilen. Es gibt Stadtteile in Hamburg, von denen man sagen kann, dass sie abgehängt sind. Zum Beispiel Steilshoop, dort habe ich mit Herrn Schwieger einen Infostand gemacht.
Wer von uns nichts annehmen wollte, ging zu Herrn Schwieger und umgekehrt, also ging keiner dort leer aus.
Was ich aber meine: Wir führen natürlich viele Gespräche, und dort kann man sehr deutlich sehen, dass gerade Bildungsungerechtigkeit, aber auch
Themen wie Diskriminierung oder soziale Ausgrenzung dazu führen, dass Menschen exkludiert werden, was eigentlich nicht der Gedanke in dieser Gesellschaft sein sollte. Ich sehe die Aufgabe der Politik, hier gegenzusteuern, ob mit bildungspolitischen oder sozialpolitischen Maßnahmen, denn viele Menschen, die sich der Pegida anschließen, haben soziale Ängste. Diese sozialen Ängste werden jetzt instrumentalisiert. Wer sich die Interviews mit den Pegida-Anhängern anschaut, der kann deutlich sehen, dass es dort ein großes Informationsdefizit und große Ängste vor dem Abstieg gibt. Diese Ängste kann man nur bekämpfen, indem man zum einen den interkulturellen Dialog sucht, was in Hamburg gut klappt, und zum anderen versucht zu verhindern, dass Menschen überhaupt den sozialen Abstieg erleben.
Es wurde hier auch von europäischen Werten gesprochen, sehr oft von unseren Werten. Ich bin der Meinung, dass es sich hier um Werte aller Menschen handelt, um Religionsfreiheit, Pressefreiheit, nicht nur um europäische Werte. Es kann natürlich sein, dass in verschiedenen Ländern wie zum Beispiel Saudi-Arabien diese Werte nicht geachtet werden, aber dennoch gibt es dort mutige Frauen und Menschen, die sich stark dafür einsetzen. Deshalb müssen wir als Politikerinnen und Politiker dieser Stadt den gemeinsamen Werten aller Menschen eine Stimme geben.
Man kann die Debatte noch weiter führen. Ich denke, in der nächsten Legislaturperiode wird es noch eine große Auseinandersetzung geben, weil die Konflikte wohl weiter zunehmen werden, aber unsere gemeinsame Linie muss sein, dass demokratische Rechte, und zwar weltweit betrachtet, für alle Menschen gelten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vor genau zwei Wochen hat es ein Attentat an 17 Menschen in Paris gegeben. Es sind Menschen getötet worden, weil sie etwas gezeichnet haben, was andere nicht sehen wollten. Es sind Menschen getötet worden, weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Es sind Menschen getötet worden, weil sie sich den Tätern in den Weg gestellt haben. Und es sind Menschen getötet worden, allein weil sie Juden waren. Die Folge war weltweite Trauer und weltweite Solidarität in Paris, London, Beirut und Hebron. Sie sind auf die Straßen gegangen, weil sie
die Notwendigkeit erkannt haben, dass Gemeinsame über das Trennende zu stellen. Am 12. Januar haben sich die Vertreter der Zivilgesellschaft und mehr als 4000 Hamburgerinnen und Hamburger bei Regen auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz eingefunden, um mit einer Kundgebung für Freiheit und Demokratie gegen Terror und Rassismus zu demonstrieren und um Solidarität mit den Opfern von Paris zu zeigen. Es war ein gutes, starkes Zeichen der Hansestadt Hamburg.
Vielen Dank auch an unsere Bürgerschaftspräsidentin, dass Sie ihre Unterstützung gezeigt und nochmals betont hat, dass es auch in Hamburg gelte, Demokratie und Freiheit zu verteidigen. Ich bedanke mich an dieser Stelle auch bei den Vertretern und Mitgliedern aller Fraktionen der Bürgerschaft, die zu dieser Kundgebung zahlreich gekommen sind. Gemeinsam mit Staatsministerin Frau Özoguz und dem Ersten Bürgermeister unserer Stadt, Olaf Scholz, haben die Bürgerinnen und Bürger der Öffentlichkeit gezeigt, dass unsere Stärke in der Vielfalt unserer Gesellschaft liegt.
Die Vielfalt der Kulturen und Religionen sind tragende Säulen, die unsere freien und demokratischen Gesellschaften auszeichnen. Diese Diversität zeichnet auch die Freie und Hansestadt Hamburg aus. Meine Damen und Herren! Derzeit kommen jeden Monat mehr als 700 Menschen als Flüchtlinge nach Hamburg. Diesen Menschen, die vor Krieg und Hunger fliehen und Schutz suchen, muss geholfen werden. Die zahlreichen Flüchtlingshelfer hat unser Bürgermeister mit einem Senatsempfang gewürdigt und dabei betont, dass Ressentiments und Vorurteile in der Politik und in der Gesellschaft keine guten Ratgeber seien. Recht hat er, in Hamburg ist kein Platz für rechte und rassistische Meinungen.
(Beifall bei der SPD und bei Wolfhard Ploog CDU, Jens Kerstan GRÜNE und Norbert Hackbusch DIE LINKE)
Bereits im Juni 2012 haben in Hamburg mehr als 10 000 Menschen friedlich auf dem Rathausmarkt demonstriert und gezeigt, dass Hamburg vielfältig ist und Vielfalt besser ist als Einfalt. Auch die Kundgebung am 12. Januar in Leipzig unter dem Motto "Weltoffene Stadt der Vielfalt" war ein Zeichen gegen die Ausgrenzung. Andernfalls besteht die Gefahr, dass unsere Gesellschaft zwischen die Mühlsteine der Nationalisten und religiösen Extremisten gerät und dort zerrieben wird.
Meine Damen und Herren! Die Attentäter von Paris waren Islamisten, aber auch Muslime. Sie beriefen sich auf den Koran. Wir dürfen den islamistischen
Terror nicht mit dem Islam gleichsetzen, es reicht aber auch nicht zu sagen, dass Gewalt nichts mit dem Islam zu tun hat. In dem Moment, in dem sich ein Attentäter auf den Koran und den Islam beruft, haben seine Taten mit dem Islam zu tun. Muslime weltweit, auch in Europa, müssen die Auseinandersetzung mit der Lehre suchen, in deren Namen weltweit Morde an Andersgläubigen, aber auch an Muslimen begangen werden. Ich freue mich sehr darüber, dass muslimische Gemeinden in Hamburg diese Auseinandersetzung intern geführt haben und weiter führen. Vielen Dank dafür an dieser Stelle.
Hamburg hat seine Beziehung zu den Religionsgemeinschaften in Verträgen geregelt. Sie sind eine gute Grundlage für ein friedvolles Zusammenleben. Diese Verträge und ihre praktische Bedeutung für die Stadt können gar nicht hoch genug geschätzt werden. Sie machen deutlich, wie wichtig es ist, das Verhältnis des Staats zu denjenigen Religionsgemeinschaften zu regeln, die sich den freiheitlich-demokratischen Grundwerten verpflichtet fühlen.
Meine Damen und Herren! Unsere Stadt hat in der Zusammenarbeit mit den Muslimen und Aleviten ein Präventionsnetzwerk gegen Salafisten auf den Weg gebracht. Prävention, Kooperation und Repression sind erforderlich, um gegen rechts und den Salafismus gemeinsam zu kämpfen. Meine Rede möchte ich mit einem Zitat von Kermani beenden:
"Terroristen wollen einen Keil zwischen uns treiben, sie wollen uns in eine Entscheidung zwingen, ob wir Europäer oder Araber sind, Westler oder Orientalen, Gläubige oder Ungläubige. […] Heute muss die Antwort […] eine andere, eine im besten Sinne aufklärerische sein: Nicht weniger, sondern mehr Freiheit!"
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Manche Dinge sind redundant, und trotzdem sollte man sie immer wieder sagen. Es gibt keine Alternative zum Zusammenleben in dieser Gesellschaft. Wir wollen die Unterschiede aushalten. Sie fordern uns heraus, aber sie stärken uns auch. Nur so kann sich eine Gesellschaft weiterentwickeln. Unabhängig davon braucht es Lösungen für die individuellen Probleme, müssen
Ungerechtigkeiten, Benachteiligungen aufgedeckt werden, ernstgenommen werden und vor allem von uns als Politikerinnen und Politiker auch angefasst werden, denn wir sitzen nun einmal nicht alle in einem Boot. Es gibt Kreuzfahrtschiffe und es gibt Paddelboote, die Menschen verteilen sich auf diese und manche fallen dann auch leider ins Wasser und kommen nur schwer wieder heraus. Die demokratischen Parteien müssen deshalb noch lange nicht mit einer Stimme sprechen, und niemand sollte die einzig richtige Antwort für sich beanspruchen. Ein bisschen klang das hier auch schon an. Was hilft gegen den Terror? Das ist die große Frage, aber es gibt nicht nur eine Lösung. Wie hält die Gesellschaft zusammen? Das ist die andere Frage. Klar, wir bleiben in der Diskussion, und wir müssen in der Diskussion klar bleiben. Die Faszination von Jugendlichen am gewalttätigen Islamismus, an IS-Videos oder Reden von al-Quaida und Bildern der Boko-Haram-Terrororganisation, wo Muslime im Namen der Religion Muslime überfallen, versklaven und töten, kann so viel Angst und Unsicherheit verbreiten, dass wir massive Probleme bei uns vor der Haustür, in der Nachbarschaft bekommen. Die muslimischen Nachbarn werden geächtet oder bekommen Angst, ebenso wie jüdische Nachbarinnen und Nachbarn. Genau hier müssen wir unsere Aufgabe sehen, erkennen und auch Lösungen finden.
Es ist schon zweimal erwähnt worden, ich sage es ein drittes Mal. Die Reaktion in Norwegen war noch mehr Demokratie, noch mehr Humanität ohne naiv zu sein. Unsere Demokratie ist stark, wir müssen unsere Rechte schützen und stärken. Deshalb heißt aber Ruhe noch lange nicht die erste Bürgerpflicht. Unruhe und Störungen sind destruktiv, machen wütend, nerven, helfen überhaupt nicht weiter, auch die Diskussion zu verweigern, hilft überhaupt nicht weiter, aber das darf man hier. Und wir wollen, dass man das auch weiterhin darf. Wenn heute Abend 100 000 Menschen öffentlich erklären, dass sie der Politik nicht mehr trauen, dann liegt hier die große Aufgabe, und die gilt wiederum uns allen zusammen. Wenn wir diese Menschen verlieren, dann können wir mit unseren demokratischen Regeln, mit unseren politischen Vorstellungen, Zielen und Projekten tatsächlich nicht die erreichen, die wir eigentlich brauchen. Dann halten wir die Gesellschaft nicht zusammen. Im Rechtspopulismus, der scheinbar hohe Konjunktur hat, liegt die zweite große Herausforderung. Wir müssen zu konkreten Entscheidungen, die die Menschen erreichen, kommen. Das ist leicht gesagt, doch neben der großen Aufgabe, uns nicht einschüchtern zu lassen, nicht einzuknicken vor dem Terror, bleibt das die schwerste Aufgabe für uns.