Protocol of the Session on January 22, 2015

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Ich rufe dann auf den Tagesordnungspunkt 82, Drucksache 20/14174, Antrag der CDU-Fraktion: Die Untätigkeit des SPD-Senats stinkt zum Himmel – Maßnahmen zur Luftreinhaltung kurzfristig umsetzen.

[Antrag der CDU-Fraktion: Die Untätigkeit des SPD-Senats stinkt zum Himmel – Maßnahmen zur Luftreinhaltung kurzfristig umsetzen – Drs 20/14174 –]

Die CDU-Fraktion möchte diese Drucksache an den Umweltausschuss überweisen.

Wird das Wort dazu gewünscht? – Frau Stöver von der CDU-Fraktion hat es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im November vorigen Jahres war es soweit: Die SPD erhielt die Quittung für ihre Ideenund Konzeptlosigkeit in der Umwelt- und Verkehrspolitik. In den vier Jahren ihrer Regierungszeit hat sie es nicht geschafft, effektive Maßnahmen auf den Weg zu bringen, um Hamburgerinnen und Hamburger vor den zu hohen Stickoxidwerten in unserer Luft zu schützen.

(Beifall bei Dr. Friederike Föcking und Ralf Niedmers, beide CDU)

Das ist auch der EU aufgefallen. Das Verwaltungsgericht hat den Senat dazu verpflichtet, in seinen Luftreinhalteplan Maßnahmen aufzunehmen, die zu einer möglichst schnellen Einhaltung der Grenzwerte für Stickoxide führen. Doch von einem schnellen Handeln des Senats kann nicht die Rede sein. Statt endlich die Untätigkeit und Ideenlosigkeit zu beenden, verweist die zuständige Umweltsenatorin lieber auf den Bund und die EU. Erst solle auf diesen Ebenen gehandelt werden, bevor man sich selbst die Finger schmutzig macht. Meine Damen und Herren, liebe Frau Senatorin, die Schuld bei anderen zu suchen, ist eindeutig der

falsche Weg. Mit dem Finger auf andere zu zeigen, zieht hier nicht.

(Beifall bei der CDU – Vizepräsidentin Kers- ten Artus übernimmt den Vorsitz.)

Das ist eine Herausforderung für alle Städte, der sich alle zugleich zu stellen haben, und zwar jetzt und nicht erst 2020, wenn dann vielleicht nur noch Busse mit emissionsarmem Antrieb fahren. Angesichts einer Einsatzdauer von bis zu 14 Jahren von weniger umweltfreundlichen Bussen reicht dies bei Weitem nicht aus. Wir brauchen kurzfristig umsetzbare Maßnahmen.

Potenzial hierzu ist in der Busflotte der Hamburger Hochbahn zu finden. 2014 Busse mit dem Abgasstandard Euro 3 sind derzeit ohne effektive Filterung für Stickoxide auf Hamburgs Straßen unterwegs, rund 28 Prozent der gesamten Flotte. Hier sollte der Senat ansetzen und seine alte Busflotte mit sogenannten SCR-Katalysatoren ausrüsten. Diese reduzieren die Emission von Stickoxiden erheblich und verlässlich. Die nachgerüsteten Busse erreichen dann sogar den strengen und zeitgemäßen Abgasstandard Euro 5 und tragen damit zu einer besseren Luftqualität in unserer Stadt bei.

Der große Vorteil hierbei ist, dass sich die Nachrüstung der alten Busflotte wesentlich schneller umsetzen lässt als eine komplette Neuanschaffung, und der nachträgliche Einbau ist zudem auch kostengünstiger. Die Nachrüstkosten betragen durchschnittlich nur 5 bis 6 Prozent des Neupreises. Die Alternative, nur noch emissionsarme Busse anzuschaffen, wäre deutlich teurer.

Andere Städte wie Wuppertal und Berlin sind derzeit dabei, ihre Busse nachzurüsten. Berlin hat die Nachrüstung mit Systemen zur Stickoxidminderung von Linienbussen mit dem Euro-Standard 3 bereits 2011 in einem Modellprojekt positiv getestet und setzt dieses um. Derzeit werden sogar Berliner Doppeldecker der Berliner Verkehrsbetriebe, die bereits den Abgasstandard Euro 4 erfüllen, trotzdem zusätzlich mit den SCR-Katalysatoren nachgerüstet. Das Ergebnis ist eine weitere Reduzierung der besonders gesundheitsschädlichen Stickoxidemissionen.

Hieran sollte der Senat sich ein Beispiel nehmen und jetzt handeln, anstatt die Lösungen der Probleme von heute auf übermorgen zu verschieben. Der Senat darf aber nicht bei der Nachrüstung einer alten Busflotte der HOCHBAHN aufhören, denn Handlungsbedarf besteht noch woanders, und zwar beim gesamten städtischen Fuhrpark, den der Senat jetzt auf Vordermann bringen muss. Dies betrifft zum Beispiel die Müllabfuhr, die Stadtreinigung, die Servicefahrzeuge und die Pkws der Ämter. Zusätzlich ist es auch möglich, Anreize zu schaffen, damit auch private Pkws auf die neuesten Standards gebracht werden. Die Stickoxide werden nämlich von Dieselfahrzeugen und den

(Dr. Andreas Dressel)

Schiffen verursacht. Bei den Schiffen ist der Senat bereits auf einem Wege, der weiterzuführen ist.

Zum Abschluss. Hamburg war einmal Umwelthauptstadt. Mein Wunsch für 2015 an den Senat: Knüpfen Sie endlich an die vergangenen Erfolge und Bestrebungen der Hamburger Bürger an. Arbeiten Sie endlich mit daran, dass Hamburg seinem Ruf, eine besonders schöne, lebenswerte und grüne Stadt zu sein, auch in Zukunft gerecht wird. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Buschhüter von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das war schon ein tolles Stück, Frau Stöver, was Sie da abgeliefert haben.

(Dr. Roland Heintze CDU: Das macht sie im- mer!)

Zunächst einmal zum Verwaltungsgericht. Eine Urteilsbegründung liegt weiterhin gar nicht vor, und solange das nicht vorliegt, ist es ohnehin nicht hilfreich, derart im Nebel herumzustochern. Es war der SPD-Senat, der nach dem Regierungswechsel entschied, ab 2020 nur noch emissionsfreie Busse anzuschaffen – ein ehrgeiziges Ziel, das die CDU damals massiv kritisierte. Mehr noch, Ihr Kollege Hesse – ich weiß gar nicht, ob er noch zuhört – hatte damals nämlich nicht richtig zugehört und meinte verstanden zu haben, dass alle Busse sofort, das heißt, bis 2020, umgerüstet werden sollten und nicht erst ab 2020. In einer Pressemitteilung rechnete er uns am 16. Juni 2011 vorwurfsvoll vor, die Pläne des Senats würden nach überschlägiger Berechnung der CDU zu Kosten von rund 1 Milliarde Euro in den kommenden zehn Jahren führen. Herr Hesse forderte Olaf Scholz damals auf, hier Klarheit über die Pläne und die Konsequenzen zu schaffen. Die Hamburger wollten wissen, wer diese teuren Investitionen bezahlen solle und zu welchen Preiserhöhungen das beim HVV führe. Heute, vier Jahre später, Frau Stöver, springt die CDU auf diesen Zug auf und erkennt, welchen Beitrag die Busse zu einer besseren Luftqualität leisten können. So wie die CDU Probleme bei der Luftreinhaltung allein auf den Busverkehr reduziert, ist es ziemlich falsch und kurzsichtig.

(Beifall bei Arno Münster SPD)

Aber was sollen wir von der CDU mehr erwarten, als sich einfach an Bussen abzuarbeiten? Das tun Sie bei anderer Gelegenheit auch immer wieder gern.

Zu Ihrem Antrag im Einzelnen. Bereits seit dem 1. Januar 2014 beschafft die HOCHBAHN ausschließlich Euro-6-Fahrzeuge mit der jeweils aktu

ellen und bestmöglichen Technik zur Reduzierung von Schadstoffen, vor allem den Stickoxiden. Ihr Antrag läuft somit ins Leere, dokumentiert aber Ihre Ahnungslosigkeit bei diesem Thema. Die HOCHBAHN hat vor Inkrafttreten der Euro-6-Norm 2012 und 2013 bereits Fahrzeuge der neuesten Euro-6-Technologie beschafft, obwohl es damals noch nicht verpflichtend war. Das nenne ich Vorbildfunktion, Frau Stöver.

(Beifall bei der SPD)

In Ihrem Antrag wollen Sie Busse frühzeitig aus dem Verkehr ziehen. Tatsache ist, dass bei Neubeschaffungen ohnehin jeweils die Busse mit derjenigen Abgasregelung, die aktuell noch den höchsten Emissionsausstoß erlaubt, ersetzt werden. Dabei liegt der Beschaffung eine Strategie zugrunde, die neben einer ausgeglichenen Budgetplanung auch betriebswirtschaftliche Kriterien, zum Beispiel eine gleichmäßige Auslastung der Werkstätten, berücksichtigt. Würden diese Grundsätze verlassen, wären aktuell erhebliche Kostennachteile und mittelfristig nichtperiodengerechte Haushaltsbelastungen zu erwarten. Ist das wirklich Ihre Empfehlung? Wo bleibt eigentlich Ihre Antwort darauf, woher dieses Geld kommen soll, Frau Stöver?

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Zu Ihrem dritten Punkt. Sie fordern eine Nachrüstung alter Busse mit SCR-Katalysatoren. Sie fordern es eigentlich nicht, sondern Sie fordern nur eine Prüfung; das ist schon etwas halbherziger.

(Dr. Roland Heintze CDU: Das sagt die rich- tige Fraktion! und Heiterkeit im Plenum)

Aber geprüft wurde es doch schon, wahrscheinlich wissen Sie das auch. Bereits im Jahre 2011 hat die HOCHBAHN einen Solo- und einen Gelenkbus versuchsweise mit SCR-Katalysatoren nachgerüstet. Mit dieser Nachrüstung wurden die Euro-3Fahrzeuge hinsichtlich ihrer Abgasstufe auf den Wert von Euro 5 angehoben.

(Dr. Monika Schaal SPD: Ha, ha, wer zuletzt lacht, lacht am besten, Herr Heintze!)

Abgasnachrüstungen sind unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten wegen der begrenzten technischen Umsetzbarkeit – auch da gibt es nämlich gewisse Beschränkungen – sowie der nicht aussagefähigen Zuverlässigkeit nicht sinnvoll.

Viel wichtiger ist aber folgender Aspekt, Frau Stöver. Ein nicht unerheblicher Teil der Euro-3-Fahrzeugflotte, die Sie auch selbst angesprochen haben und kritisieren, wird ohnehin in den nächsten 24 Monaten ersetzt und ausgemustert. Diese Fahrzeuge noch für kurze Zeit nachzurüsten, ist vor diesem Hintergrund ohnehin nicht sinnvoll.

Einer Überweisung Ihres Antrags stimmen wir, glaube ich, gar nicht zu. Ich verstehe nicht, wie Sie diesen Antrag stellen können und selbst dann eine

(Birgit Stöver)

Überweisung beantragen. Dass Sie einen Antrag in einem Ausschuss parken wollen, der nicht mehr tagt, spricht eigentlich nicht für Ihren Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Noch ein Wort zum Schluss, Frau Stöver. Sie sprachen heute viel von Vorbildfunktionen. Hamburg und der Senat müssen sich da aber überhaupt nicht verstecken. Mit dem politischen Ziel, ab 2020 nur noch emissionsfreie Busse anzuschaffen, hat Olaf Scholz die Marschrichtung für die Industrie vorgegeben. Schon heute berücksichtigen die Hamburger Verkehrsunternehmen, HOCHBAHN und VHH, in ihrer Neubeschaffungsstrategie Fahrzeuge mit bestmöglicher Abgastechnik. Alle Fahrzeuge der HOCHBAHN besitzen eine grüne Plakette, und mit der Innovationslinie 109 setzen wir Maßstäbe bei der Erprobung neuer Antriebstechnologien im täglichen Praxisbetrieb. Das nenne ich vorbildlich.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Kann das eigentlich auch die Hamburger CDU von sich behaupten? Wir debattieren über abgasarme Busse, und Ihr CDU-Spitzenkandidat hat nichts Besseres zu tun, als mit einem großen schwarzen Stinker durch die Stadt zu gurken. Den hätten Sie einmal früher ausmustern sollen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Bill von der GRÜNEN Fraktion hat jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Stöver hat es angesprochen, die letzte Debatte zur Luftreinhaltung hatten wir parallel zu den Verhandlungen des Verwaltungsgerichts. Es war noch nicht klar, wie das Verwaltungsgericht entscheidet. Mittlerweile ist das Urteil da. Es ist eine krachende Niederlage für den Senat, und die Reaktion des Senats ist schlicht trotzig. Anstatt das Urteil zu akzeptieren, hat er schon die Berufung angekündigt, obwohl die Urteilsgründe – das wurde eben sogar noch einmal bestätigt – bis heute nicht vorliegen. Ich hätte mir gewünscht, dass der Senat das Urteil akzeptiert und es schlicht heißt, ab jetzt in die Hände spucken und die Probleme anpacken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir müssen jetzt handeln. Die Gesundheitsgefahren und die damit verbundenen Gesundheitsprobleme sind nachgewiesen. Die Luftreinhaltung ist eine gesetzliche Pflicht, die Grenzwerte sind bei uns überschritten. Da hilft es auch nichts – die Debatte hatten wir letztes Mal –, dass andere Städte das gleiche Problem haben. Der Vergleich mit Stuttgart, der immer gern angeführt wurde, hinkt. Hamburg muss es als Hafenstadt, dicht am Was

ser mit viel Wind, schaffen, diese europäischen Grenzwerte einzuhalten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Birgit Stö- ver CDU)

Nun beschäftigt sich der Antrag der CDU ausgerechnet mit den Bussen. Sie haben dort recht gute Vorschläge unterbreitet, denen wir auch zustimmen können. Allerdings sind die Busse der einzige Bereich, bei dem die SPD beziehungsweise die HOCHBAHN für die SPD auch etwas tut.