Protocol of the Session on February 4, 2015

Login to download PDF

Bei diesen Projekten herrscht also schon ein Verkehrsfrieden, das war jedenfalls mein Eindruck, bis die CDU ihren Antrag vorlegte. Ein Stück weit kündigen Sie mit Ihrem Antrag den Verkehrsfrieden auf, den wir bislang hatten, Herr Hesse. Wenn Sie eine – ich zitiere – "ergebnisoffene Gegenüberstellung von U-Bahn-, S-Bahn und Stadtbahnplanungen" fordern, anstatt sich klar zu den Projekten S4 und S21 zu bekennen, wofür dieser Antrag durchaus Gelegenheit geboten hätte, dann stellen Sie diese Projekte ein Stück weit zur Disposition. Herr Hesse, so geht es nicht. Das können Sie doch nicht ernsthaft vertreten. Wenn man Ihren Antrag liest, muss man das jedoch annehmen. Stellen Sie klar, dass die CDU weiterhin zu den Projekten S4, S21 und zur Barrierefreiheit der U-Bahnhöfe steht.

(Beifall bei der SPD)

Bleiben Sie nicht hinter dem zurück, worauf wir uns schon längst gemeinsam verständigt haben. Und wenn Ihnen so viel an einem Verkehrsfrieden liegt, dann wundert mich sehr – das betrifft auch Ihre heutige Rede –, dass Sie ausschließlich die trennenden Themen benennen und nicht auch die, bei denen wir schon einer Meinung sind. Das gehört dazu, wenn man die Grundlage für einen Verkehrsfrieden legen will.

(Beifall bei der SPD)

Vielleicht sind Sie aber auch einfach nur sehr ehrlich, ohne es selbst zu merken. Wenn Sie die ergebnisoffene Gegenüberstellung von U-Bahn-, S-Bahn- und Stadtbahnplanungen fordern, dann sagen Sie damit, dass alles auf einmal nicht geht. Man muss Prioritäten setzen, so wie es auch unter Schwarz-Grün der Fall war. Priorität hatte damals die Stadtbahn, und die Projekte S4, S21 und leider auch die Barrierefreiheit – daran hat der Sozialsenator nichts ändern können – lagen praktisch auf Eis. Mit dem Regierungswechsel haben wir die Prioritäten geändert, hin zur S4, zur S21 und zur Barrierefreiheit. Bei der U4 ist es geblieben. Wir tun das, was dringend und was sinnvoll ist. Was uns am Ende trennt, ist dann nur die eine Frage: Wie halten wir es mit der Busoptimierung und dem U-Bahn-Ausbau einerseits und der Stadtbahn andererseits?

Die SPD und der Senat setzen darauf, mit der Busoptimierung kurzfristig Kapazitäten auf hochbe

lasteten Buslinien zu erhöhen und den Komfort für die Fahrgäste spürbar zu verbessern. Auch wenn das öffentliche Getöse etwas anderes vermuten lässt, sind die Differenzen in Wirklichkeit überschaubar. 80 Prozent der Maßnahmen konnten ohne laute Begleitmusik umgesetzt werden, und hinterher ist sowieso Ruhe, und alle freuen sich über einen attraktiveren Busverkehr und die zahlreichen Verbesserungen für die Autofahrer.

(Beifall bei der SPD)

In den übrigen Fällen streiten wir uns über einzelne Maßnahmen, während es in Bezug auf das Ziel, die Busse schneller und komfortabler zu machen, eigentlich keinen Dissens gibt. In Zukunft wird es allerdings darum gehen müssen, bei der Umsetzung konkreter Maßnahmen noch intensiver als bisher für eine breite Akzeptanz und Unterstützung zu werben und gemeinsam mit den Menschen vor Ort die beste Lösung zu finden.

Doch auch wir wissen, dass die Busoptimierung nicht für alle Zeiten ausreicht. Das haben wir auch nie behauptet. Deshalb planen wir schon jetzt den Ausbau des U-Bahn-Netzes, während die Opposition noch von der bereits zweimal gescheiterten Stadtbahn träumt.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Von der U-Bahn nach Lurup und Osdorf träumen Sie seit 40 Jahren!)

Vielleicht ist Ihr Antrag, lieber Herr Hesse, aber auch etwas völlig anderes. Er könnte ein klammheimliches Rückzugsmanöver der CDU in Sachen Stadtbahn sein. Anstatt die Stadtbahn weiterhin als Gegenentwurf zu unseren U-Bahn-Plänen zu präsentieren, hört sich das mit einem Mal völlig anders an. Dazu passt auch, dass Ihr werter Fraktionsvorsitzender – Herr Wersich, passen Sie auf – schon von der Stadtbahn abrückt. Die "Hamburger Morgenpost" zitiert ihn wie folgt:

"Wir haben Vorschläge gemacht und nie gesagt, dass das in Stein gemeißelt ist."

Nach wirklicher Überzeugung klingt das nicht.

(Beifall bei der SPD – André Trepoll CDU: Das klingt nicht nach Basta!)

Vielleicht, Herr Wersich, haben auch Ihre Wochenmarktbesuche zu diesem Läuterungsprozess geführt, zum Beispiel Ihr Wochenmarktbesuch in Rahlstedt. Ihr Vorschlag sieht vor, die Stadtbahn durch die Bahnhofstraße zu führen, also dort, wo zweimal in der Woche der beliebte Wochenmarkt stattfindet. Ich gehe davon aus, dass Sie bei Ihrem Besuch vor Ort auch Ihre Stadtbahnpläne präsentiert und den Leuten erklärt haben, dass der Wochenmarkt dort nicht wird bleiben können, wenn die CDU das Regierungsruder übernehmen sollte, denn nach Ihren Plänen soll die Stadtbahn durch die Fußgängerzone führen. Ich kann mir kaum vor

stellen, dass das vor Ort auf breite Zustimmung gestoßen ist.

(Beifall bei der SPD)

Oder haben Sie den Leuten etwa gar nicht gesagt, was Sie vorhaben?

Im Übrigen ist es nicht so, dass die SPD und der Senat nicht zu einem Dialog über die auf dem Tisch liegenden Vorschläge zum Ausbau des ÖPNV in Hamburg bereit wären. Wir haben den Prozess einer kontinuierlichen Verkehrsentwicklungsplanung begonnen, nachdem die CDU zu ihrer Zeit über Ankündigungen nicht hinausgekommen war. Dieser Prozess findet nicht im stillen Kämmerlein der Verkehrsbehörde statt, sondern wird vom Mobilitätsbeirat begleitet, in dem nicht nur alle Fraktionen und wichtigen Verbände vertreten sind, sondern eben auch – darauf legen Sie offenbar großen Wert – die Wissenschaft.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU! Im März 2014 haben Sie unseren Antrag zur ÖPNVStrategie 2030 noch abgelehnt, der unter anderem forderte, einen breiten gesellschaftlichen Konsens über die zukünftig zu realisierenden ÖPNV-Maßnahmen zu entwickeln. Dabei sollten ausdrücklich auch Alternativvorschläge zu den Senatsplänen geprüft werden. Sie sehen, so weit sind wir eigentlich gar nicht auseinander. Wir freuen uns, wenn nun auch Sie die Bereitschaft zu einem Konsens signalisieren, und deswegen sind wir gern bereit, Ihren Antrag an den Verkehrsausschuss zu überweisen. – Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt nun Herr Dr. Steffen von der GRÜNEN Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Klaus-Peter, auch mir hat es in diesen vier Jahren mit dir sehr viel Spaß gemacht. Es hat das Thema sehr belebt, wie du es traktiert hast. Ich finde es sehr schade, dass du dich aus der Verkehrspolitik verabschiedest, und empfinde es als eine gewisse Ironie, dass ausgerechnet du Raubein mit einer Debatte über den Frieden in der Verkehrspolitik abtrittst. Diese Ironie haben wir, glaube ich, alle bemerkt.

Es gibt hier aber einen wichtigen Kern. Verbände wie Handelskammer, ADAC und VDV haben einen Verkehrsfrieden gefordert, ähnlich dem Schulfrieden, und ich glaube, sie haben recht damit. Das kann man an mehreren Punkten festmachen. Es fehlt der Hamburger Verkehrspolitik an Stabilität, die für sinnvolle Planungsprozesse erforderlich ist und wichtig, um Dritten gegenüber verlässlich zu sein. Wir sind nicht allein auf der Welt, sondern haben es auch mit Verkehrsunternehmen anderer Bundesländer zu tun, die sich nicht nur um Ham

(Ole Thorben Buschhüter)

burg kümmern. Insofern brauchen wir Verlässlichkeit.

Es wäre erfreulich, wenn wir eine Planungsperspektive von zehn bis 15 Jahren hätten, die einigermaßen stabil überschaubar ist. Ich glaube, einen längeren Zeitraum für einen Verkehrsfrieden anzustreben, ist angesichts der Erfahrungen, die wir in der Vergangenheit gemacht haben, nicht realistisch, und es wäre vielleicht nicht einmal richtig, weil wir natürlich auch auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren müssen. Das ist wichtig. Für einen längeren Zeitraum sind die Prognosen, auf die wir aufbauen können, zu vage.

Was ist das Problem, warum kommen wir da nicht hin? Das zentrale Problem ist der Wankelmut der beiden großen Parteien in Hamburg bei der Verkehrspolitik. Wir brauchen bei großen Projekten viel Vorlaufzeit, und der häufige Wechsel der Positionen von SPD und CDU zu zentralen Fragen des ÖPNV machen es ausgesprochen schwer. Vor zwei Jahren sagte der Senat noch, es gäbe keinen Bedarf, das U-Bahn-Netz auszubauen, jetzt sagt er, man müsse dringend etwas tun. Bei der Stadtbahn sieht es ähnlich aus, die CDU sagt mal Ja, mal Nein, die SPD ebenso. Das ist sicherlich ein zentrales Problem. Es wäre eine große Hilfe, wenn die beiden Parteien – mir wurde gerade die Frage zugeflüstert, wer die beiden großen Parteien seien; ich meine die beiden bislang großen Parteien – ihre Meinung länger als eine Wahlperiode aufrecht erhalten würden. Und es wäre gut, wenn man sich von Wahlkampflosungen und dem Schielen auf einzelne Umfragen lösen würde. Vor einem Jahr gab es eine Umfrage der Handelskammer zu diesem Thema, die zu einem völlig anderen Ergebnis kam. Wenn wir uns nach Umfragen im Jahrestakt richten, dann können wir diese Perspektive nicht schaffen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der LINKEN)

Wie kommen wir zu einem Verkehrsfrieden? Ich glaube, das ist gar nicht sehr schwer, weil es viel Einigkeit gibt; Herr Buschhüter hat einiges angesprochen.

Wir sind uns auf breiter Linie einig, dass es gut wäre, wenn der Autoverkehr zurückginge. Wir sind uns nicht einig über die Wege, die wir beschreiten sollten, um dieses Ziel zu erreichen.

Wir sind uns einig, dass mehr Fahrradverkehr in der Stadt gut wäre. Wir sind uns nicht einig bei der Frage, ob dafür dem Autoverkehr Platz weggenommen werden soll oder nicht.

Wir sind uns in allen Szenarien einig, dass der Bus eine wichtige Rolle behalten wird. Wir sind uns nicht einig über die Wirksamkeit der jetzt ergriffenen Maßnahmen, aber niemand sagt, dass wir auf den Bus vollständig verzichten können.

Wir sind uns ohne Wenn und Aber einig über die S4, die S21 und den Abschluss des künftigen S-Bahn-Vertrags. Darüber gab es in dieser Wahlperiode eine große Einigkeit ohne Wenn und Aber

Was ungelöst ist, ist die Frage, wie wir mit den innerstädtischen Verkehren umgehen. Hier haben wir großen Handlungsbedarf, denn die U-Bahn, die in unserer Stadt sehr zuverlässig und sehr beliebt ist, stößt im innerstädtischen Bereich an ihre Grenzen. Das gilt auch für die S-Bahn, und es gilt für die Buslinien, das hat die Große Anfrage, auf die ich im Januar Antwort bekommen habe, noch einmal sehr stark verdeutlicht. Wir haben im Bereich Ring 2 plus Ottensen plus Bahrenfeld große Handlungsbedarfe. Dort sind die Kapazitäten überausgereizt, dort muss mehr Kapazität her. Das bestreitet niemand, also herrscht auch hier Einigkeit.

Was bedeutet das für einen möglichen Verkehrsfrieden? Die Uneinigkeit ist gar nicht so groß, wie man annehmen mag, denn innerhalb der realistischen Perspektive von zehn bis 15 Jahren will in diesem Bereich überhaupt niemand eine U-Bahn bauen. Hier gibt es keinen Dissens in der Sache. Niemand hat die Absicht, eine U-Bahn in den Bereichen zu bauen, wo wir dringend Handlungsbedarf haben, das hat uns der Senat in der Drucksache, die er Ende des vergangenen Jahres vorgelegt hat, noch einmal sehr deutlich gemacht. Insofern gibt es dort keinen großen Diskussionsbedarf.

Wir brauchen greifbare Lösungen für das kommende Jahrzehnt, denn die Probleme bestehen jetzt und müssen in absehbarer Zeit gelöst werden. Dafür müssen alle Varianten auf den Tisch, und die Stadtbahn gehört dazu. Die Stadtbahn ist eine Lösung, die genau auf diese Probleme passt. Für diesen Zeithorizont von zehn bis 15 Jahren liegen bisher keine Alternativen auf dem Tisch. Wir sind gern bereit, über Alternativen zu sprechen, aber es ist keine benannt. Deswegen glaube ich, dass es richtig wäre, die Diskussion in der Sache zu führen. Da müssen wir weiterkommen. Wir müssen eine Lösung für die Hamburgerinnen und Hamburger finden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die CDU hat den Vorschlag einer Enquete-Kommission gemacht und richtigerweise erkannt, dass wir das jetzt gar nicht beschließen können. Deswegen ist ein etwas verschwurbelter Antrag dabei herausgekommen. Ich will mich dem nicht grundsätzlich verwehren und nur darauf hinweisen, dass das nicht der typische Fall für eine Enquete-Kommission ist, weil wir kein Erkenntnis-, sondern ein Entscheidungsdefizit in dieser Frage haben. Lassen Sie uns gern in der nächsten Wahlperiode darüber sprechen, aber was wir tatsächlich brauchen, sind Entscheidungen, die uns in der Sache weiterbringen.

Was wir neben mehr Stetigkeit bei SPD und CDU in Verkehrsfragen außerdem brauchen, ist eine intensive Beteiligung der Hamburgerinnen und Hamburger. Wir sind der Überzeugung, dass es sinnvoll ist, am Ende eines breiten Planungs- und Diskussionsprozesses die Hamburgerinnen und Hamburger abstimmen zu lassen. Was bringt mehr Verkehrsfrieden als ein Volksentscheid über die Frage, ob wir ein zusätzliches Verkehrsmittel im innerstädtischen Bereich einführen wollen oder nicht? Denn es ist doch vollkommen klar: Wenn ein solcher Volksentscheid gewonnen wird, wird sich jede Mehrheit in diesem Parlament daran gebunden sehen und diesen Pfad weitergehen, und wenn er verloren wird, ist die Debatte erledigt. Wir haben keine Angst davor, mit einer sorgfältigen Planung vor die Hamburgerinnen und Hamburger zu treten. Unser Vorschlag, eine Abstimmung am Ende eines Beteiligungsprozesses stehen zu lassen, ist der richtige Schritt, um wirklichen Verkehrsfrieden in Hamburg zu schaffen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt nun Herr Dr. Schinnenburg von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Hesse, zunächst einmal ein paar persönliche Worte. Es tut mir sehr leid, dass Sie der Bürgerschaft in der nächsten Legislaturperiode freiwillig nicht mehr angehören werden. Es war nicht nur angenehm, es war, ich sage es ganz offen, auch notwendig, dass wir beide oft untergehakt vorgegangen sind. Wer daran Zweifel hatte, wurde durch den Beitrag von Herrn Buschhüter eines Besseren belehrt. Wenn Sie, Herr Buschhüter, ernsthafte, fundierte Proteste betroffener Bürger, die durchdachte Alternativen aufzeigen, als – Zitat – "öffentliches Getöse" bezeichnen, dann ist es notwendig, dass Abgeordnete der Opposition gemeinsam auftreten und diese unerhörten Anwürfe zurückweisen.

(Beifall bei der FDP – Wolfgang Rose SPD: Sie machen das Getöse!)

Das Busbeschleunigungsprogramm ist in vieler Hinsicht vom Ansatz her falsch. Es ist falsch, auf der Langen Reihe ein Bord einzubauen, sodass nicht einmal Fahrradfahrer an den Bussen vorbeikommen, die den Verkehr blockieren. Es ist falsch, reihenweise Bäume abzuholzen und Parkplätze zu beseitigen. Das als öffentliches Getöse zu bezeichnen, ist einfach schlecht, Herr Buschhüter, und daher war es gut, dass es Herrn Hesse gab – es gibt ihn immer noch – und dass es mich gibt. In der nächsten Legislaturperiode werde ich diese Schlacht leider alleine führen. Ich werde mich bemühen, Ihr Erbe gut zu verwalten, Herr Hesse. Daher vielen Dank, dass Sie mitgeholfen haben.

(Beifall bei der FDP und bei Klaus-Peter Hesse CDU)

Nun aber zu Ihrem Antrag. Ich hatte einen ähnlichen Gedanken wie Herr Buschhüter. Die CDU ist seit einem Jahr durch die Stadt gelaufen und hat die Stadtbahn gepredigt. Egal, was an Kritikpunkten kam, die CDU hat tapfer durchgehalten. Es ging sogar so weit – kein Witz; ich war nicht dabei, aber es wurde mir glaubhaft versichert –, dass Herr Wersich, unser sehr geschätzter Fraktionsvorsitzender

(Heike Sudmann DIE LINKE: Ihrer auch?)

und Spitzenkandidat der CDU, als er bei seinem Besuch bei den Zahnärzten die Stadtbahn beworben hat und diese nicht sofort überzeugt waren,