Protokoll der Sitzung vom 26.10.2011

(Beifall bei der SPD)

Mit dem Zukunftspakt zwischen Universität und der Wissenschaftsbehörde ist ein weiterer Meilenstein erreicht und dem Wissenschaftsstandort Hamburg eine wichtige Perspektive gegeben. Die Universität kann nun verlässlich planen, sie kann über das Geld stärker als bisher selbst entscheiden und sie erringt neue Spielräume für Investitionen. Ohne Frage wird beispielsweise auch die Hoheit über Personalfragen dazu führen, dass Verwaltungsprozesse verschlankt werden.

Ich hoffe ganz persönlich, dass wir es auch in den kommenden Wochen und Monaten schaffen werden, zusammen mit den anderen Hamburger Hochschulen vergleichbare Verträge zu schließen. Dies ist die Basis dafür, dass wir auch die umfassende Novellierung des Hamburger Hochschulgesetzes zügig angehen können, demokratische Mitbestimmung stärken und falsche Strukturentscheidungen der vergangenen Jahre korrigieren können.

(Beifall bei der SPD)

Auch im Hochschulbau geht es Gott sei Dank voran, und die Forschungsförderung werden wir in den kommenden Wochen neu aufstellen.

Haushaltssanierung und Schuldenbremse – unter diesen beiden Paradigmenwechseln einen solchen gewaltigen finanzpolitischen Schritt zu gehen, ist eine große Kraftanstrengung, und ich kann mich nur noch einmal beim SPD-Senat dafür bedanken, dass er diesen Kraftakt stemmt.

(Beifall bei der SPD)

Somit wird es uns gelingen, Schritt für Schritt die Weichen für eine vernünftige Entwicklung des Hochschulstandorts Hamburg zu stellen.

Ich möchte mich vor allem noch an DIE LINKE wenden, die heute auch mit einem Antrag aufwartet. Es wird Sie nicht überraschen, dass ohne eine verlässliche Erklärung, woher das Geld kommen soll, im aktuellen Haushalt eine Abschaffung der Studiengebühren nicht möglich ist. Insofern ist es ganz klar, dass wir Ihren Antrag ablehnen werden.

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

Was nun die GAL dazu bewogen hat, eine Überweisung dieses Antrags zu beantragen, das wird uns sicherlich meine Kollegin Frau Dr. Gümbel gleich erklären. Aber auch dieses Überweisungsbegehren lehnen wir ab.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Leisten Sie heute einen großen Schritt zu mehr Bildungsgerechtigkeit in dieser Stadt. Wie ich eingangs betonte, nicht nur in dieser Stadt, sondern über Hamburgs Grenzen hinaus, damit auch noch in den letzten beiden Bundesländern, Bayern und Bremen, allgemeine Studiengebühren nur noch eine Frage der Zeit sind. – In diesem Sinne vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Kleibauer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe in den letzten Jahren an dieser Stelle und auch außerhalb dieses Hauses einige Diskussionen und Debatten zum Thema Studiengebühren mitgemacht. Man kann daraus eines ganz klar ableiten, nämlich dass sich die sehr große Aufregung gelegt hat. Insbesondere das Modell der nachgelagerten Studiengebühren, Herr Kühn, wird breit akzeptiert.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Wo denn? – Dr. Andreas Dressel SPD: Das möchte ich auch mal wissen!)

Die damals von Ihnen befürchtete Entwicklung ist nicht eingetreten, im Gegenteil, die Anzahl der Studierenden in Hamburg ist kontinuierlich gestiegen. Und auch Ihr Senat hat darauf hingewiesen, dass er keine Erkenntnisse hat über abschreckende Effekte von Studiengebühren.

(Beifall bei der CDU)

Seit 2007 sind den Hochschulen durch Studiengebühren zusätzliche Einnahmen von über 180 Millionen Euro zugeflossen. Diese Mittel haben die Studienbedingungen konkret und wirksam verbessert. Das belegen auch die zahlreichen positiven Rückmeldungen von Studierenden, die Sie erhalten haben.

Uns waren im Übrigen dabei immer zwei Punkte besonders wichtig. Das eine ist eine transparente Berichterstattung über die Verwendung der Studiengebühren. Das andere ist die Beteiligung der Studierenden an der Mittelverwendung. Beides will der Senat jetzt abschaffen; das ist kurzsichtig.

(Beifall bei der CDU)

Beim Thema Studiengebühren steht naturgemäß die Frage der sozialen Gerechtigkeit im Mittelpunkt. Herr Kühn hat das heute nur sehr oberflächlich tangiert, aber gerade wenn Ihre Logik stimmt,

dass wir anteilig zu viele Kinder aus Akademikerhaushalten bei den Studierenden haben, dann ist doch die Frage, wen Sie jetzt entlasten, wenn Sie die Studiengebühren abschaffen? Das ist doch genau dieser Personenkreis. Es ist kein Beitrag zu mehr sozialer Gerechtigkeit und keine direkte Förderung, sozial Schwächere zu einem Studium zu bewegen. Direkte Förderung sieht anders aus, Herr Kühn.

(Beifall bei der CDU)

Mit ist durchaus bewusst, dass es nicht ganz einfach ist in diesen Tagen, jährlich 39 Millionen Euro zusätzlich aus dem Haushalt zu mobilisieren. Dies hat Frau Dr. Stapelfeldt zu Recht als großen Kraftakt bezeichnet. Aber gerade vor diesem Hintergrund müssen wir sehr kritisch und intensiv diskutieren und darüber streiten, wie man dann dieses Geld richtig anlegt. Unser Universitätspräsident sagte kürzlich noch einmal, wenn die Universität 30 oder 40 Millionen Euro mehr im Jahr zur Verfügung hätte, dann könne sie nochmals einen gewaltigen Schritt nach vorn machen. Daran scheinen Sie kein Interesse zu haben. Das wäre doch wirklich wirksam für diesen Hochschulstandort. Sie wollen es aber nicht, stattdessen präsentieren Sie eine Lösung, die für die Universität noch nicht einmal ein Nullsummenspiel ist, die den Steuerzahler aber fast 40 Millionen Euro im Jahr kostet. Das ist der falsche Weg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Stattdessen ist Ihnen als Fraktion und Senat eingefallen, zusätzliche Bundesmittel zu fordern. Das ist merkwürdig und hilflos. Der Bund hat in den letzten Jahren die Förderung im Wissenschaftsbereich massiv ausgeweitet. Hier muss auch auf Länderebene eine Prioritätensetzung erfolgen.

Für die überwiegend vom Bund finanzierten außeruniversitären Forschungseinrichtungen wurde bis 2015 ein jährlicher Anstieg der Mittel um 5 Prozent vereinbart. Sie selbst wollen den Universitätsetat noch nicht einmal um 1 Prozent jedes Jahr steigern. Das ist kurzsichtig und auch vor diesem Hintergrund lehnen wir die Drucksache, die zur Beratung angemeldet wurde, ab.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Dr. Gümbel.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Zunächst einmal möchte ich die Drucksache durchaus loben. Es ist auch nicht das erste Mal, das ich dies hier tue.

(Beifall bei Arno Münster SPD)

Allerdings, als ich mir die Tagesordnung für die Bürgerschaftssitzung angeschaut habe, habe ich mich ein wenig gewundert, dass das Thema jetzt

(Philipp-Sebastian Kühn)

zur Debatte angemeldet wurde. Es handelt sich doch schließlich um eine Vorwegüberweisung. Ich dachte mir dann, dass es anscheinend notwendig ist, sich hierdurch einen guten Tagesordnungspunkt nach der Zitterpartie von eben zu besorgen. Vor diesem Hintergrund finde ich es etwas kleinlich, den Zusatzantrag, den DIE LINKE eingebracht hat, vonseiten der SPD-Fraktion nicht zu überweisen. Ich hätte es richtig gefunden, dies im Ausschuss gemeinsam zu beraten.

Herr Kühn, zu Ihnen. Wir finden es gut, dass Sie die Studiengebühren abschaffen. Das ist eine prima Sache für die Studierenden und es ist eine gute Sozialleistung, die die SPD-Fraktion auf den Weg bringt. Mit demselben Argument allerdings, mit dem Sie den Antrag der LINKEN für nicht zustimmungsfähig erklären, könnten Sie jedoch Ihr gesamtes Gesetz in die Tonne treten,

(Beifall bei der LINKEN)

denn in dieser Drucksache, die wir jetzt vorweg überweisen, steht überhaupt nichts zu dem Grundsatz, den der Bürgermeister, der gar nicht anwesend ist,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Wo ist der denn?)

nicht müde ist, vor sich herzutragen, nämlich "pay as you go". Er erklärt uns dann auch immer sehr ordentlich, dass "pay as you go" heiße, dass in jedem Gesetz stehe, dass klar sein müsse, woher das Geld kommen solle, wenn eine Erhöhung eine Folge für den Haushalt habe. In Ihrer Drucksache steht davon nichts.

(Beifall bei Dora Heyenn DIE LINKE)

Unsere zweite Kritik, die wir sehr deutlich anbringen wollen, ist, dass die Studierenden in keiner Weise mit in die Verantwortung genommen werden. Sie wissen, dass bei den Studiengebühren die Studierenden mit entscheiden konnten, wofür die Gelder verwendet werden. Auch das ist in Ihrem Gesetzentwurf nicht vorgesehen. Das halten wir für einen sehr groben Fehler und einen Rückschritt in der Sache.

(Beifall bei der GAL)

Herr Kühn, wir haben gehört, wie Sie dies als guten Schritt immer wieder anpreisen. Es ist eine gute Sache für die Studierenden. Für die Hochschulen ist es kein guter Schritt, denn sie bekommen nicht 1 Euro mehr, im Gegenteil. Durch diese getroffene Vereinbarung von Senat und Universität ist für die Universität festgeschrieben worden, dass sie bis ins Jahr 2020 Jahr für Jahr weniger Geld bekommt. Das finden wir dramatisch und Sie wissen genauso gut wie ich, dass für eine Stadt, die sich in der Zukunft gut positionieren will, die Finanzierung der Hochschulen wesentlich ist. Dass das auch in Hamburg gelingen kann und es keineswegs so ist, dass wir hier die dümmeren Forscher hätten, beweisen doch die MINT-Fächer, bei de

nen wir mit einer auskömmlichen und guten Finanzierung auch gute Leistungen beim KlimaCampus und Ähnlichem erreichen können.

Es ist so, wie der Kollege von der CDU es ansprach: Wenn Sie bereit wären, sich nicht nur durch die Bundesmittel die Säcke füllen zu lassen, sondern wenn Sie eigenes Geld in die Hand nehmen würden, um das Geld weiter für die Hochschulen zur Verfügung zu stellen, dann würden wir einen guten Schritt machen. Herr Lenzen sagte, dass die Universität allein 30 bis 50 Millionen Euro bräuchte, um anschlussfähig zu sein an das gute Mittelfeld. Hier reden wir nicht von München oder den anderen Exzellenzuniversitäten, sondern wir reden von einer ordentlichen Platzierung. Hamburg ist auf dem letzten Platz bezüglich der Ausgaben für den Hochschulbereich, bezogen auf das BIP. Das ist eine sehr magere Bilanz. Der Bund stopft zwar dieses Loch, aber ein mutiger Schritt wäre hier wichtig gewesen.

Dass es auch anders geht, zeigen Länder wie Niedersachsen oder Rheinland-Pfalz. Sie haben in den letzten fünf Jahren ihren Wissenschaftshaushalt um 30 Prozent besser ausgestattet. Daran hätte sich die SPD ein Beispiel nehmen können.

(Beifall bei der GAL)

Sie haben recht, es ist eine gute Nachricht, dass die Studiengebühren abgeschafft werden, aber es ist überhaupt keine gute Nachricht, dass die Hochschulen keinen Euro mehr bekommen, im Gegenteil, wir wissen, dass sie Jahr für Jahr weniger bekommen.

(Dirk Kienscherf SPD: Rechtssicherheit!)

Es ist erst recht keine gute Nachricht, dass noch nicht einmal der Antrag der LINKEN überwiesen wird und dass wir bei Ihrem Gesetz nicht wissen, woher Sie das Geld nehmen wollen.