Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr, sodass wir zur Abstimmung kommen können. Hierzu haben mir die Abgeordneten Robert Heinemann und Dorothee Martin mitgeteilt, dass sie an der Abstimmung nicht teilnehmen werden.

Zunächst stelle ich fest, dass die in den Punkten a) und c) der Ausschussempfehlungen erbetenen Kenntnisnahmen erfolgt sind.

Wer sich Punkt b) der Ausschussempfehlung anschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit angenommen.

Wer schließlich die Punkte d), e), f) und g) beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig angenommen.

(Senatorin Jutta Blankau)

Dann kommen wir zu Punkt 31 der Tagesordnung, Drucksache 20/5257, Antrag der Fraktionen der SPD, der GRÜNEN, der FDP und der LINKEN: GEMA-Tarifstreit: Sinnvollen Interessenausgleich zwischen Wirtschaft, Vereinen sowie ehrenamtlich Tätigen und Kulturschaffenden ermöglichen.

[Antrag der Fraktionen der SPD, der GRÜNEN, der FDP und der LINKEN: GEMA-Tarifstreit: Sinnvollen Interessenausgleich zwischen Wirtschaft, Vereinen sowie ehrenamtlich Tätigen und Kulturschaffenden ermöglichen – Drs 20/5257 –]

Diese Drucksache möchte die CDU-Fraktion an den Kulturausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Schmidt.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit dem Bekanntwerden der Tarifreform der GEMA geht ein Aufschrei durch die Republik. In der Provinz befürchtet man, dass keine Schützenfeste mehr stattfinden können, und in den Großstädten spricht man vom Clubsterben. Fakt ist, dass die GEMA eine Tarifreform vorgestellt hat, die unter dem Motto der Tarifvereinfachung von vielen als Tariferhöhung betrachtet wird.

Hier wird von teilweise absurden Gebührenerhöhungen um bis zu 3500 Prozent geredet. Deswegen sind im September in ganz Deutschland in vielen Städten zahlreiche Menschen gegen die GEMA auf die Straße gegangen und haben eine Rücknahme der Tarifreform gefordert. In Hamburg – die Bilder haben Sie sicherlich gesehen – wurde der Kiez symbolisch zu Grabe getragen und am letzten Wochenende ein Dino über die Reeperbahn getrieben.

(Dirk Kienscherf SPD: Der HSV!)

Nicht der HSV.

Farid Müller und ich haben stellvertretend eine Petition der Hamburger Clubbetreiber entgegengenommen, und deswegen wird das Thema nun auch in der Bürgerschaft mit unserem Antrag debattiert.

Um was geht es? Die Tarifreform in Kürze: Die GEMA möchte die elf bestehenden Tarife ab 2013 gegen dann nur noch zwei Tarife austauschen. Berechnungsgrundlage sind dann bei den Diskotheken und Clubs nicht mehr wie bisher Pauschalverträge, sondern sie richten sich nach der Anzahl der Veranstaltungen. Statt wie bisher zählen die Größen des Veranstaltungsraums und die Höhe des Eintrittspreises. Hier sollen 10 Prozent der Eintrittsgelder abgeführt werden. Allerdings wird pauschal

von einem Besucher pro Quadratmeter ausgegangen und nicht von der Anzahl der verkauften Tickets. Hinzu kommen noch Aufschläge, zum Beispiel, wenn Veranstaltungen länger als fünf Stunden dauern. Ich denke, das wird auf der Reeperbahn die Regel sein.

Auch der Wochentag wird nicht mehr unterschieden. Für einen Tag unter der Woche wird derselbe Tarif berechnet wie für das Wochenende, und dann tragen natürlich die pauschalen Beiträge erst recht zu Kostensteigerungen bei.

Nicht nur die Höhe der Gebühren von 10 Prozent des Eintritts wird dabei heftig kritisiert, sondern vor allem die mangelnde Anwendbarkeit der Regelung auf die Realität der Clubkultur. Die GEMA verwechselt hier häufig Umsatz mit Gewinn, denn der Umsatz reicht in vielen Einrichtungen gerade dazu aus, die für die Veranstaltung notwendigen Kosten zu decken. Hinzu kommt, dass nur in 100-Quadratmeter-Sprüngen gerechnet wird. Die GEMA berechnet also bereits dann 200 Gäste, wenn ein Raum nur 110 Quadratmeter groß ist. Ob der Laden dann rappelvoll oder gähnend leer ist, spielt keine Rolle, die Abgaben sind immer die gleichen. Das ist nicht in Ordnung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Was bedeutet das konkret für Hamburg und unsere Musikszene? Entwarnung kann man für die zahlreichen kleineren Liveclubs geben. Diese machen nämlich einen Großteil des Charmes der Hamburger Musikszene aus, und es ist gut, dass hier seit dem 1. Januar 2012 bereits eine neue Berechnungsgrundlage gilt, die sich nach den tatsächlichen Bruttoeinnahmen der jeweiligen Veranstaltung richtet und dadurch die Gebühren teilweise sogar senkte. Der Senat unterstützt die Liveclubs in Hamburg darüber hinaus mit der anteiligen Erstattung der GEMA-Gebühren. Mit unserem gerade beschlossenen Antrag zur Musikwirtschaft hat die Bürgerschaft gezeigt, dass sie ebenfalls an der Seite der Hamburger Musikszene steht. Mit dem heutigen Antrag wollen wir dies nochmals unterstreichen, denn Hamburgs Musikszene liegt uns am Herzen.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Wir sorgen uns um die Vielfalt, denn durch die Tarifreform wird es teuer für Discos, Clubs und solche Kneipen, in denen Musik vom Band abläuft. Hier kommt es zum Teil zu drastischen Erhöhungen. Häufig ist es so, dass genau diese Veranstaltungen andere Konzerte querfinanzieren, und deswegen befürchten wir, dass diese Tarifreform Kollateralschäden verursacht, und fordern die GEMA mit unserem Antrag auf, auf die Clubbetreiber zuzuge

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

hen. Wir wollen die lebendige Clubkultur für Hamburg erhalten.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Natürlich braucht es ein System zur gerechten Entlohnung der Kreativen und der Kunstschaffenden. Aber auch den Clubbetreibern muss genug Luft zum Atmen bleiben. Diese sind ohnehin schon mit vielen Auflagen gebeutelt, und für viele ist der eigene Laden mehr Leidenschaft als ein Wirtschaftsunternehmen. Die Künstler brauchen die Clubs, und die GEMA sollte nicht den Ast absägen, auf dem sie sitzt.

(Beifall bei Farid Müller GRÜNE)

Was wir brauchen, sind transparente und gerechte Tarifregelungen für alle GEMA-Vertragspartner. Insbesondere rein kulturellen Veranstaltungen und ehrenamtlich organisierten Veranstaltungen sollten hier nicht zusätzliche Belastungen aufgebürdet werden.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Im Zuge dieser Tarifauseinandersetzungen entlädt sich viel Ärger, der sich in den letzten Jahren durch den gesamten GEMA-Komplex aufgestaut hat. Die Mitbestimmung über die Verwendung der Einnahmen beschränkt sich auf einen kleinen Kreis, die Organisationsstrukturen sind wenig transparent und das Kommunikationsverhalten ist, gelinde gesagt, museal. Es ist immer schwierig, sich vonseiten der Politik in Selbstverwaltungsorganisationen einzumischen.

Die GEMA, die von ihr vertretenen Künstler und die Veranstalter sind gefordert, diese Konflikte zu lösen. Dennoch erfüllt uns die Gesamtsituation mit Sorge. Die derzeitige Tarifauseinandersetzung wird von vielen genau beobachtet und auch gern instrumentalisiert. Jeder sollte wahrnehmen, dass durch die gesamtgesellschaftliche Debatte Handlungsbedarf besteht. Reformen sind in jedem Fall notwendig.

Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier sieht hier Handlungsbedarf und hat im Rahmen der Vorstellung des Kreativpakts angemerkt, dass wir eine runderneuerte GEMA brauchen. Viele bezweifeln aber, dass die GEMA zu ausreichenden Reformen in der Lage ist und meinen, mit Gänsen könne man schließlich schlecht über Weihnachten verhandeln.

Die GEMA wäre gut beraten, in dieser Situation auf die Clubbetreiber zuzugehen und zur Lösung des Konflikts beizutragen. Dies wäre in Anbetracht der Gesamtsituation auch in ihrem ureigensten Interesse und ein wichtiges Signal der Handlungsfähigkeit. Es sich mit allen zu verscherzen, ist nicht klug.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Die andere Seite ist auch gefordert, sie sollte einmal verbal abrüsten. Die extreme Schwarzmalerei ist übertrieben, und Etiketten wie "Content-Mafia" mögen auf Twitter ganz lustig sein, sorgen aber nicht für ein sinnvolles Verhandlungsklima, sondern verhärten die Fronten. Vielmehr sollte nun das Schiedsverfahren als Chance betrachtet werden, die verfahrene Situation zu lösen. Es liegt im Interesse der Musik, und die liegt uns am Herzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Das Wort bekommt Herr Wankum.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zwei Dinge möchte ich, lieber Herr Schmidt, gleich zu Anfang dieser Debatte aus meiner Sicht anmerken. Hier ist das Kind mit dem Bade ausgeschüttet worden und hier werden Dinge verwechselt, auch in Ihrem Beitrag eben. Es geht nicht um die Debatte, wie verkehrt vielleicht die GEMA strukturiert ist, ob sie einen zu großen Wasserkopf hat oder ob sie an die falschen Künstler ausschüttet. Hier geht es meiner Meinung nach um den Schutz der wirklich Schutzbedürftigen und nicht um den Schutz von – vornehm ausgedrückt – schwer zu kontrollierenden Freiräumen, nämlich im Bereich der Großdiskotheken-Betreiber und der Großclubs. Die kleinen Clubs und die Clubszene in Hamburg sind der CDU ein Anliegen. Dass das so ist, haben wir mit einer herausragenden Kulturpolitik in diesem Bereich in den letzten zehn Jahren bewiesen und die Clubszene in Hamburg wieder gestärkt.

(Beifall bei der CDU)

Wir stecken uns auch nicht so tief in die Auseinandersetzungen zwischen UFO, der Lufthansagewerkschaft, und der Lufthansa. Die GEMA ist zwar keine Gewerkschaft, aber sie ist die Interessenvertretung derer, für die gerade diese Seite des Parlaments sich immer so einsetzt, nämlich der geistigen Urheber.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Zuge der letzten Jahre, der Debatten um den Citycent und jetzt auch um die Kulturdebatte, fällt es uns und vielleicht auch Ihnen schwer, zum Interessenvertreter der DEHOGA zu werden. Und dass wir dann, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, durch die zu befürchtende Umwandlung der Kultursteuer in eine Eventsteuer, die auch schon ausgegeben worden ist, der DEHOGA auch noch Argumente liefern, ist, nebenbei bemerkt, auch in dieser Debatte schlimm genug.

(Hansjörg Schmidt)

(Beifall bei der CDU)

Ich habe immer wieder gesagt, dass wir nicht auf der einen Seite unsere jungen Menschen gut und teuer ausbilden können und sie dann um den Lohn dessen, was sie mit ihrem Geist schaffen, bringen. Und darum geht es hier. Ich weiß nicht, wer von Ihnen oder euch auf dem Reeperbahnfestival mit Künstlern gesprochen hat. Das Gespräch kam dadurch zustande, dass die GEMA auch Sponsor des Reeperbahnfestivals war und das Logo dort entsprechend präsent war, so kam man immer wieder auf das Thema. Alle Arten von Künstlern haben gesagt: Wir wollen für das, was wir schaffen, was wir schreiben, was wir produzieren und spielen, vernünftig entlohnt werden.

Meine Damen und Herren! Die "Süddeutsche Zeitung" steht nun nicht unbedingt im Verdacht, der Büttel der Musikindustrie zu sein. Aber wer von Ihnen den Artikel in der "Süddeutschen Zeitung" vom 6. Dezember gelesen hat,

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: 6. Dezem- ber?)

Entschuldigung, vom 6. September, wir sind noch nicht vor Weihnachten –, der hat dort auch sehr dezidiert und sehr differenziert lesen können, worum es geht, dass die Großclub- und Großdiskothekenbranche Branchen sind, bei denen die Inhaber gern nehmen und selten geben.

Meine Damen und Herren! Ich finde, uns steht es gut an, Abstand zu wahren und an die Vernunft beider Parteien zu appellieren, hier zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen, nicht zu übertreiben, aber auf der anderen Seite den Schutz des geistig Geschaffenen zu sichern. Es steht uns nicht an, einseitig die Position für die Großclubs und Großdiskotheken einzunehmen, auch wenn in der Vergangenheit vielleicht zu wenig bezahlt worden ist.

Dem Petitum Ihres Antrags werden wir zustimmen. Dem Geist des Antrags jedenfalls so, wie er sich uns bisher erschlossen hat, können wir leider nicht zustimmen. Ich hoffe, ich habe das vernünftig dargelegt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Müller.