Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit der Neustrukturierung des Hamburger Strafvollzugs beschäftigen wir uns in diesem Haus schon seit sehr vielen Jahren. Und das tun wir nicht, zumindest nicht in den letzten Jahren, aus purem Reformeifer, sondern aufgrund der Rahmenbedingungen
2002 hatte der damalige Senat beschlossen, die ursprünglich als offene Anstalt geplante Justizvollzugsanstalt Billwerder in eine geschlossene Anstalt umzuwidmen und sie auf über 800 Plätze zu erweitern. Zeitgleich sanken jedoch ab dem Jahr 2003 die Gefangenenzahlen rapide. Von 2003 bis heute hat sich die Zahl der Gefangenen von damals rund 3100 auf heute rund 1750 fast halbiert. Dies hat trotz einer über die vergangenen Jahre erfolgten Reduzierung der Plätze zu einer nach wie vor bestehenden Überkapazität im geschlossenen Strafvollzug geführt, die den Haushalt nachhaltig belastet. Gleichzeitig ist der offene Vollzug von Unterkapazitäten und von Wartelisten geprägt.
Bereits der Vorgängersenat hat sich dieser Problematik angenommen. Allerdings hätte die von Schwarz-Grün geplante Lösung neben fachlichen Bedenken jeglichen finanziellen Rahmen gesprengt. Die JVA Glasmoor zu schließen und den offenen Vollzug auf das Gelände der JVA Fuhlsbüttel zu verlagern, hätte statt der eingeplanten 30 Millionen Euro rund 51 Millionen Euro gekostet.
Und auch die übrigen, von uns geplanten Alternativen waren finanziell nicht darstellbar. Diese Rahmenbedingungen und, nicht zu vergessen, die Konsolidierungsverpflichtung von 6 Millionen Euro jährlich, die dem Vollzug aufgrund der gesunkenen Gefangenenzahlen schon ab dem Jahr 2010 auferlegt wurden, machen deutlich, dass die Neustrukturierung des Vollzugs kein Selbstzweck ist, sondern dass diese Rahmenbedingungen uns zum Handeln zwingen.
Das tun wir, indem wir einen Teil des Geländes der JVA Fuhlsbüttel endgültig stilllegen und dem Wohnungsbau zur Verfügung stellen, indem wir den Frauenvollzug in Billwerder konzentrieren und indem wir den offenen Vollzug in der JVA Glasmoor erhalten, modernisieren und ausbauen.
Aber nun zum Frauenvollzug, der hier mehrfach angesprochen wurde. Natürlich sind wir uns der Herausforderung bewusst, die die Integration der Teilanstalt für Frauen und der Untersuchungshaft für Frauen in die JVA Billwerder bedeutet. Wir haben uns bei den Planungen intensiv mit den Sorgen und Bedenken auseinandergesetzt und uns intensiv mit den Erfahrungen beschäftigt, die in Hamburg – hier haben wir nämlich auch solche Erfahrungen – und in vergleichbaren Anstalten in anderen Bundesländern mit einem Vollzug von Frauen und Männern auf einem Anstaltsgelände gemacht wurden.
Aufgrund dieser Erwägungen haben wir uns auch klar bei der Ausgestaltung dafür entschieden, eine deutlich striktere Trennung vorzusehen, als sie in
anderen Anstalten praktiziert wird. Wir haben uns klar dafür entschieden, dass der Frauenvollzug auch künftig organisatorisch, räumlich, konzeptionell und personell auf eigenen Beinen steht. Das heißt, dass die Teilanstalt für Frauen auch am neuen Standort als eigenständige Teilanstalt fortgeführt wird, mit eigenständiger Teilanstaltsleitung und personeller Kontinuität.
Das heißt auch, dass es hinreichend Rückzugsräume für die Frauen geben wird, nicht nur bei der natürlich strikt von den Männern getrennten Unterbringung in einem eigenen Haus, sondern auch bei der strikt getrennten Freizeitgestaltung durch einen eigenen, abgegrenzten und nicht einsehbaren Freistundenhof. Das heißt auch, dass es einen eigenen Schulungsbereich nur für die Frauen geben wird.
Natürlich werden wir die fachlich bewährten und in der Praxis über viele Jahre erprobten Beratungs-, Behandlungs- und Betreuungsangebote der TAF ebenso in Billwerder fortführen und fortentwickeln wie die bewährte Binnendifferenzierung. Gleichzeitig bietet uns aber Billwerder auch die Chance, nicht nur das bewährte Konzept für Ausbildung und Qualifizierung von weiblichen Gefangenen der TAF fortzuführen, sondern die Ausbildungs-, Qualifizierungs- und Arbeitsangebote für die Frauen auszuweiten.
Billwerder bietet uns zudem die Chance, die bestehende Infrastruktur der JVA auch für die Frauen zu nutzen und aufgrund der deutlich besseren Erreichbarkeit der Anstalt Lockerungsmaßnahmen für die Frauen zu erleichtern und Außenkontakte insbesondere für die Besucher – und damit meine ich nicht in erster Linie die Anwälte, sondern insbesondere die familiären Kontakte, die es immer wieder zu fördern gilt – deutlich zu verbessern.
Nicht zu vergessen ist – und das wird an dieser Stelle immer gern unterschlagen –, dass wir die Situation der Frauen in Untersuchungshaft durch diese Konzentration deutlich verbessern.
Meine Damen und Herren! Im Rahmen der Expertenanhörung ist deutlich geworden, dass die bauliche und insbesondere die konzeptionelle Ausgestaltung entscheidend sind, um den Belangen des Frauenvollzugs hinreichend Rechnung zu tragen und einen erfolgreichen Frauenvollzug auch auf einem Anstaltsgelände mit Männern zu ermöglichen. Und wir sind der festen Überzeugung, dass wir dies mit unserem Konzept tun. – Vielen Dank.
Frau Senatorin, das war das, was wir schon die ganze Zeit bei den Beratungen zu diesem Thema erleben. Es war nämlich wieder kein Eingehen auf die vorgebrachten Argumente, das war wieder ein "Weiter so"
Die Frage Billwerder wurde angesprochen, und offensichtlich ist es so – das hat man auch bei den Veranstaltungen bei Herrn Dr. Kleindiek, bei Herrn Tabbert und auch bei Ihnen gemerkt –, dass dieses Trauma Billwerder so schwer auf Ihrer Seele lastet.
Herr Dr. Dressel, darauf habe ich gewartet. Man muss nur den Namen Dr. Kusch sagen und dann passiert Folgendes: Es ist, als wenn man an einer Haustür klingelt, hinter der ein Schäferhund sitzt, denn Sie fangen dann an, loszukläffen.
Sie beschäftigen sich lieber mit der Vergangenheit als mit den richtigen Entscheidungen für die Zukunft.
Die Wahrheit, Herr Dr. Dressel, ist doch, dass die Haftplätze in unserer Zeit gerade einmal um 150 Plätze gestiegen sind, trotz des Neubaus von 800 Plätzen in Billwerder. Das war gerade einmal eine dauerhafte Steigerung von 5 Prozent der Haftplätze; das wissen Sie ganz genau. Wir haben in unserer Zeit die Saalbelegung abgeschafft, wir haben die JVA Vierlande geschlossen und wir haben die Qualität des Strafvollzugs gesteigert.
Zur Wahrheit gehört auch, dass Ihnen kein Experte sagen kann, warum in Hamburg die Gefangenenzahlen deutlich über dem Bundesdurchschnitt gesunken sind. Darauf gibt es keine vernünftige Antwort.
Aber das befreit uns doch nicht von der Tatsache, dass wir uns Gedanken darüber machen müssen, wie es weitergeht, auch bezüglich der Kostengesichtspunkte. Deshalb finde ich es bedauerlich, wenn unser Angebot ergebnisoffener Gespräche nicht angenommen wird mit dem Hinweis, dass Sie nicht vorher sagen, was für Sie nicht verhandelbar ist. So kann es doch nicht funktionieren. Wenn wir sagen, wir wollen miteinander sprechen, dann kann man sich doch nicht hinstellen, Herr Tabbert, und sagen, dass erst einmal dies oder jenes für Sie passieren müsse. Dann würden Sie doch gleich sagen, wir führen die Gespräche nicht.
(Dr. Andreas Dressel SPD: Zumindest ein Vorschlag, miteinander sprechen! – Urs Tabbert SPD: Worüber?)
Herr Kollege Müller sagte es: Gehen Sie einmal mit Frauen durch eine Männer-JVA. Ich habe das einige Male gemacht, mit Fraktionsmitarbeiterinnen oder mit Frau Spethmann. Machen Sie das einmal, Herr Tabbert. Was Sie dort erleben, spottet jeder Beschreibung. Was dort hinterhergerufen wird aus den Zellen, was dort gemacht und gezeigt wird, welche obszönen Gesten und so weiter, ist unbeschreiblich. Wenn Sie das Frauen zumuten, weiblichen Gefangenen, die sich dagegen nicht wehren können und die Anstalt nicht nach einigen Stunden wieder verlassen können, dann bedeutet das eine besonders hohe Verantwortung für Sie.
Deshalb auch mein Appell, Frau Senatorin, das sage ich Ihnen ganz deutlich: Mit dieser Entscheidung tragen Sie die persönliche Verantwortung für die Sicherheit der weiblichen Gefangenen.
Ich kann Sie nur noch einmal davor warnen, diese Entscheidung so zu treffen, auch in dem Verfahren, wie Sie es bisher vorhaben. Die Sache ist noch nicht durch, Herr Tabbert, damit müssen Sie sich auseinandersetzen. Kommen Sie deshalb noch einmal auf unser Gesprächsangebot zurück. – Herzlichen Dank.