Protocol of the Session on August 14, 2013

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(Beifall bei den GRÜNEN und bei Karin Pri- en und Birgit Stöver, beide CDU)

Das Wort bekommt Frau Heyenn.

Herr Senator, Sie haben Ihre Rede am Thema vorbei gehalten.

(Sören Schumacher SPD: Endlich kommt es! Das sind wir ja nicht anders gewohnt!)

Sie sind überhaupt nicht auf die wirkliche Problematik eingegangen; das hat Frau Prien eben noch einmal gesagt. Diesen Vorwurf, den Sie uns machen, wir wollten uns vom solidarischen Prinzip verabschieden, wenn wir darüber nachdenken, wie man den KESS-Faktor gerechter gestalten kann, weise ich mit aller Schärfe zurück.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Auf die Frage der LINKEN sind Sie überhaupt nicht eingegangen, was nämlich dagegen spricht, auf die Erhebung der Sozialindizes nach dem jetzigen Verfahren zu verzichten – diese Fragebögen kommen sehr lückenhaft zurück – und die amtlichen Sozialraumdaten als Grundlage für die Verteilung der KESS-Faktoren zu nehmen. Das wäre doch ein gangbarer Weg, aber dazu haben Sie leider gar nichts gesagt. Unsolidarisch sind wir überhaupt nicht, ganz im Gegenteil.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen, dann können wir zur Abstimmung kommen.

Wer einer Überweisung der Drucksachen 20/8503 und 20/8911 an den Schulausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Zunächst kommen wir zum Antrag der Fraktion DIE LINKE aus der Drucksache 20/8911. Die GRÜNE Fraktion möchte die Ziffer 3 des Antrags separat abstimmen lassen.

Wer nun zunächst die Ziffern 1 und 2 des Antrags annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit sind Ziffer 1 und 2 abgelehnt.

Wer sich sodann der Ziffer 3 anschließt, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch Ziffer 3 ist abgelehnt.

Wir kommen zum CDU-Antrag aus der Drucksache 20/8503.

Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch Drucksache 20/8503 ist abgelehnt.

(Karin Prien)

Wir kommen zum Punkt 23, Drucksache 20/8154, Senatsmitteilung: Hamburger Strategie zur Sicherung des Fachkräftebedarfs.

[Senatsmitteilung: Hamburger Strategie zur Sicherung des Fachkräftebedarfs – Drs 20/8154 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Schwieger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im November 2012 haben wir in diesem Hause schon einmal über die zukünftige Sicherung des Fachkräftebedarfs in Hamburg debattiert. Ich habe schon damals darauf hingewiesen, dass man entweder den drohenden Fachkräftemangel beklagen oder aber die Weichen für eine zukunftsorientierte Fachkräftesicherung in Hamburg stellen kann. Der SPD-Senat hat sich für den zweiten Weg entschieden und handelt.

(Beifall bei der SPD)

Mit einer allumfassenden Strategie zur Fachkräftesicherung reagiert der Senat frühzeitig auf die zu erwartenden strukturellen Veränderungen auf dem Hamburger Arbeitsmarkt. Die Fachkräftesicherung für Hamburg ist nur mithilfe eines breiten Bündnisses aus Politik, Wirtschaft und Verbänden zu realisieren. Daher haben Senat, Gewerkschaften, Kammern, Unternehmensverbände, die Arbeitsagentur und das Jobcenter sich zusammengesetzt, um gemeinsam die Kernpunkte einer erfolgreichen Strategie zu erarbeiten. Die SPD-Fraktion findet diese Herangehensweise mit einem breiten Bündnis genau richtig.

(Beifall bei der SPD)

Um auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren zu können, braucht es eine regelmäßige Bedarfsanalyse. Daher wird zukünftig alle zwei Jahre die Situation und Entwicklung des Fachkräftebedarfs in Hamburg in der kurz-, mittel- und langfristigen Perspektive untersucht werden. SPD-Senat und Fraktion schaffen schon heute die Strukturen dafür, die Hamburg zukunftsfähig machen, indem alle vorhandenen Erwerbspotenziale ausgeschöpft werden. Die vier tragenden Säulen unserer Fachkräftestrategie beinhalten Folgendes:

Erstens: Wir ergreifen Maßnahmen in der Ausbildungs-, Weiterbildungs-, Hochschul- sowie der Arbeitsmarkt- und Cluster-Politik. Diese werden wir weiter optimieren und auf die zukünftigen Bedarfe ausrichten.

Zweitens: Wir werden inländische Erwerbspersonenpotenziale stärker nutzen und die Erwerbsbe

teiligung von Frauen, von Menschen mit Migrationshintergrund, von Menschen mit Behinderung und von älteren Erwerbspersonen erhöhen. Auch jüngere Menschen müssen wir beim Übergang von der Schule beziehungsweise vom Studium in den Beruf noch stärker unterstützen. In vielen Punkten handelt der Senat hier bereits. Ich nenne nur drei Beispiele: die Jugendberufsagentur, die Anerkennung ausländischer Schul- und Berufsabschlüsse und eine umfassende Kinderbetreuung.

(Beifall bei der SPD)

Drittens: Zukünftig müssen wir zusätzliche Fachkräfte aus dem In- und Ausland gewinnen. Vieles weist darauf hin, dass auf lange Sicht der Rückgang der Erwerbsbevölkerung nicht allein durch die Einbindung vorhandener Erwerbspotenziale in den Arbeitsmarkt kompensiert werden kann.

Viertens: Wir müssen attraktive, familienfreundliche und faire Arbeitsbedingungen für die Menschen in unserer Stadt schaffen. Auch hier hat der Senat in den vergangenen Monaten vieles auf den Weg gebracht.

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Echt?)

Allein wird die Politik die erforderlichen Anpassungen für eine zukünftige Fachkräftesicherung nicht bewältigen können. Wir benötigen verschiedene fachpolitische Institutionen, und wir benötigen dazu die Hamburger Unternehmen. Daher wird unter der Federführung der BASFI und der Agentur für Arbeit Hamburg ein Fachkräftenetzwerk eingerichtet und permanent ausgebaut.

Darüber hinaus müssen wir weiter auf die Unternehmen in Hamburg einwirken. Heute nicht ausbilden, weiterbilden oder qualifizieren bedeutet für morgen ein Mangel an Fachkräften und an Wettbewerbsfähigkeit. Wir benötigen eine familienfreundlichere Personalpolitik in den Unternehmen, um mehr Frauen die Möglichkeit zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu geben.

(Tim Golke DIE LINKE: Männern auch!)

Wir benötigen in der Zukunft altersgerechtere Arbeitsplätze, damit mehr Menschen bis zum Renteneintritt an der Arbeitswelt teilhaben können. Und Unternehmen müssen mehr Menschen mit Behinderung in die Arbeitswelt einbinden.

Der SPD-Senat hat eine erfolgversprechende Strategie zur Sicherung des Fachkräftebedarfs in Hamburg vorgelegt. Wenn alle Beteiligten ihre Verantwortung tragen, ist Hamburg auf einem guten Weg in die Zukunft. Mehr denn je gilt nämlich, dass wir es uns nicht leisten können, Talente ungefördert zu lassen.

(Beifall bei der SPD)

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

Diese Senatsvorlage ist es wert, im Sozialausschuss behandelt zu werden. Wir beantragen daher die Überweisung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Dr. Föcking.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Wirtschaftsstandort Hamburg braucht Fachkräfte. Sie sichern wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand, sie sind für die Zukunft unserer Stadt unerlässlich. Weil Fachkräfte fehlen, bleiben schon jetzt Stellen unbesetzt. Dann können Aufträge nicht angenommen werden. Diejenigen, die Arbeit haben, müssen immer mehr arbeiten, und für Betriebsinhaber fehlen die Nachfolger. Dieser Trend wird durch den demografischen Wandel noch verstärkt, denn die Fachkräfte von morgen müssten eigentlich längst geboren sein. Sie wurden aber nicht geboren. Bis 2025 werden allein deswegen in Deutschland schätzungsweise 6 Millionen Arbeitskräfte weniger vorhanden sein.

Umso wichtiger ist es, für gute Bildung für die Kinder zu sorgen, die bereits geboren sind. Umso wichtiger ist es, mehr Menschen für den Arbeitsmarkt zu mobilisieren, die heute dort noch nicht beschäftigt sind. Herr Schwieger hat sie schon genannt, es sind viele Mütter, junge Männer ohne Berufsausbildung, Migranten, die ihre Berufsausbildung noch im Ausland gemacht haben, oder auch Menschen mit Behinderung, die oft besser qualifiziert sind als Menschen ohne Handicap. Außerdem gilt es, Arbeitskräfte aus dem Ausland zu gewinnen.

Mit diesem Ziel hat die Bundesregierung bereits vor zwei Jahren ihr Fachkräftekonzept vorgelegt. Sie hat seitdem viel getan, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch den Krippenausbau massiv zu fördern, die Bildungschancen von Anfang an für alle zu verbessern, Aus- und Weiterbildung zu stärken und die Zuwanderung von Fachkräften zu erleichtern.

(Beifall bei der CDU)

Damit hat die Bundesregierung unter Kanzlerin Merkel schon frühzeitig, vor zwei Jahren, wichtige Weichen gestellt, und davon profitiert auch Hamburg.

Nun, fast zwei Jahre später, ist auch der hiesige Senat so weit. Im Mai legte er sein eigenes Konzept zur Fachkräftesicherung vor. Die richtigen Ansätze dieser Strategie muss ich an dieser Stelle nicht noch einmal aufzählen, die haben Sie zum Teil schon erwähnt. Aber auch hier muss man sagen, dass vieles dieser Strategie eigentlich aus Bundesprogrammen stammt und natürlich auch in Hamburg durchgeführt wird.

Selbstverständlich begrüßen wir es, dass auch in Hamburg der drohende Fachkräftemangel angegangen werden soll, und wir werden entsprechende Maßnahmen gern nach Kräften unterstützen. Andere Bundesländer allerdings, wie etwa BadenWürttemberg, damals noch CDU-regiert, Sachsen oder auch Brandenburg haben schon längst eine solche Strategie aufgelegt. Sie aber, Herr Senator Scheele, erwecken den Eindruck, als hätten Sie und Hamburg alle Zeit der Welt. Nicht nur, dass Sie die Strategie gut fünf Monate später als versprochen fertiggestellt haben, nein, bei der öffentlichen Vorstellung dieser Strategie erklärten Sie laut Presseberichten, Sie hätten noch fünf bis sieben Jahre Zeit, die Strategie zum Leben zu erwecken. Nur weil unsere Stadt noch attraktiv für Studierende aus anderen Bundesländern ist, nur weil wir deshalb demografisch noch etwas besser dastehen als manches Flächenland, nur deshalb kann sich der Senat doch nicht noch ein paar Jahre Zeit lassen, ehe er richtig loslegt.

Schon heute fehlen in Hamburg für viele Ausbildungsplätze geeignete junge Menschen. Schon heute fehlen in Unternehmen Spezialisten für Maschinen- und Fahrzeugtechnik, Elektroingenieure und IT-Experten. Und wenn Sie einmal bei der Gesundheitssenatorin nachfragen, dann wird sie Ihnen sicher davon berichten, dass auch in der Pflege Fachkräfte fehlen. Der Senat muss ebenfalls schon heute die Weichen für morgen stellen. Das werden auch sicher die Partner im Netzwerk, die Kammern, die Arbeitsagentur und das Jobcenter, DGB und Unternehmensverband Nord, so sehen. Übrigens ist dieses Netzwerk nicht so einzigartig, wie vom Senat gern dargestellt. In anderen Bundesländern, etwa in Bayern, gibt es längst Vergleichbares.