Protocol of the Session on August 15, 2013

Login to download PDF

Meine Damen und Herren! Die Öffentlichkeit – gerade auch hier in seiner Wahlheimat Hamburg – kennt Michael Otto als Förderer. Dazu werden gleich etliche Beispiele zu nennen sein.

Ich will besonders zu dem Hamburger Hauptschulmodell etwas sagen. Dieses Projekt, diese Initiative, dieses Modell hat Dr. Michael Otto vor mehr als zehn Jahren sehr wesentlich mit angeschoben. Und ich habe es so verstanden, dass er für die Überzeugung einstehen wollte, dass Bildung nicht nur für alle als Angebot zur Verfügung stehen muss – diese Überzeugung ist längst mehrheitsfähig –, sondern dass alle jungen Leute tatsächlich in die Lage versetzt werden müssen, dieses Angebot wahrnehmen zu können, beziehungsweise es überhaupt erst einmal zu wollen. Man kann gute Bildungsabschlüsse schaffen, auch wenn man vom familiären Hintergrund, von den Bedingungen des Aufwachsens her nicht privilegiert ist, wenn man aus einem eher bildungsfernen Milieu kommt und auch, wenn man arm ist.

Aber es funktioniert nicht von selbst und es funktioniert auch noch nicht automatisch dadurch, dass man Schulsysteme ändert, umstrukturiert und wieder zurück reformiert. Manche brauchen eine besondere Art von persönlicher Ansprache, von Anschub, nötigenfalls auch nachdrücklich, so lange bis klar ist: Auch der hier oder die hier wird nicht

(Kersten Artus)

zurückbleiben, sondern die Möglichkeit haben, sich ein selbstständiges Leben, ein gutes Erwerbsleben aufzubauen. Und so muss es sein, denn auf dem Weg in die Zukunft unserer Stadt Hamburg darf niemand am Wegesrand zurückbleiben.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN und der FDP)

Das Hamburger Hauptschulmodell und die weiteren Entwicklungsschritte hin zur heutigen Jugendberufsagentur, die inzwischen europaweit Beachtung und Nachahmer findet – diese Entwicklung ist etwas Besonderes. Darauf können wir stolz sein.

Und darauf, einen solchen Citoyen in unseren – früher hätte man gesagt: Mauern – zu haben, aber Mauern hat und will Hamburg keine mehr um sich herum, einen solchen Citoyen in unserem offenen, polyglotten Gemeinwesen zu haben, dem es am Herzen liegt, älteren und jungen Leuten zu ermöglichen, sich in ihren Kompetenzen zu entfalten.

Übrigens, was die unterschiedlichen Kompetenzen betrifft, die bringt auch das großartige Projekt "The Young ClassX" zum Klingen. Kinder und Jugendliche werden für die klassische Musik begeistert und lernen dabei, wiederum mit der Unterstützung von Michael Otto, wie man gemeinsam erfolgreich sein und einen wunderbaren Sound erzeugen kann. Inzwischen sind sie schon Dauer-Gaststars bei unseren stimmungsvollen Einbürgerungsfeiern.

Meine Damen und Herren! Der Stifter Michael Otto hat etliche weitere Ausrufezeichen gesetzt: mit zahlreichen Projekten im Bereich Jugend und Bildung, mit weiteren Unterstützer-Aktivitäten im Bereich Kunst und Kultur, wobei das Stichwort "Elbphilharmonie" nicht das Unwichtigste ist, mit etlichen Ehrenämtern und Tätigkeiten in der Handelskammer, Initiativen und Vereinen und natürlich mit der bekannten Michael-Otto-Stiftung für Umweltschutz. Das alles fügt sich in die spezifisch hanseatische Kultur des Stiftens, des Bürgersinns, der in Hamburg älter ist als der heutige Begriff "Corporate Social Responsibility".

Als ein signifikantes Beispiel mag auch die Rettung des 800. Hafengeburtstags 1989 dienen. Ein Jahr vorher sah es um den Vorbereitungsstand nicht gut aus. Hohen Erwartungen standen ebenso hohe Kosten, aber kaum Spenden und Sponsoren gegenüber, ein unkalkulierbares Defizit drohte. Es war Michael Otto, der sich – das ist jetzt ein Vierteljahrhundert her – dem Senat zur Verfügung sowie an die Spitze einer Ehrenkommission stellte. Das war nicht eben frei von Risiken, doch er hat im Verein mit anderen die achthundertsten Jubiläumskastanien aus dem Feuer geholt – ein frühes Beispiel für seine stete Bereitschaft, sich für das Gemeinwesen in die Pflicht nehmen zu lassen.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN und der FDP)

Das, meine Damen und Herren, ist die eine Seite des Dr. Michael Otto. Die andere – und das Stichwort "Umwelt" ist schon gefallen – ist mindestens genauso wichtig. Michael Otto ist vor Jahren der Sustainability Leadership Award einer internationalen Investmentagentur verliehen worden, die sich dem Nachhaltigkeitsgedanken verpflichtet sieht. Nicht seine erste, nicht seine letzte, vielleicht auch nicht seine wichtigste Ehrung. Oder doch? Der Preis, hieß es seinerzeit, werde vergeben in der Überzeugung, dass Personen, die der Nachhaltigkeit am Arbeitsplatz hohe Aufmerksamkeit und Anstrengung widmeten, öffentliche Anerkennung zustehe.

Nachhaltigkeit am Arbeitsplatz ist ja sehr viel mehr als das, was einem zuerst in den Sinn kommt, etwa dass stromsparende Computer angeschafft, Baustellenabfälle sortenrein getrennt und die Thermostatventile an den Büroheizungen mit Überlegung benutzt werden. Damit fängt es an, und das ist in keiner Weise gering zu schätzen. Doch in Verbindung mit Leadership und befeuert von den Ideen eines innovativen Unternehmers, der sich dem Gemeinwohl verpflichtet sieht, kombiniert mit dem bürgerlichen Stifter-Sinn des Privatmanns, wird aus Sustainability oder Nachhaltigkeit viel mehr, etwas viel Umfassenderes: die verantwortungsbewusste Mitarbeit an der ökologischen, sozialen und demokratischen Sustainability des Gemeinwesens.

Die firmeneigene Definition des Begriffs "Produktqualität" will ich zitieren, übrigens auch, weil sie sehr ähnlich in der Umweltbehörde unserer Stadt angewendet wird:

"Ein Produkt ist nicht schon dann qualitativ hochwertig, wenn es besonders haltbar, gut verarbeitet und schön anzusehen ist, sondern erst dann, wenn auch die unsichtbare Qualität stimmt. Dies ist der Fall, wenn bei seiner Herstellung so wenig negative Auswirkungen wie nur möglich auf Mensch und Umwelt entstanden sind."

Zitatende.

Daraus folgt die Verpflichtung der eigenen Unternehmen nicht nur auf Mitarbeit an der Entwicklung zertifizierungsfähiger Sozialstandards der Branche, sondern auf eigene Verhaltenskodices, auch für Zulieferer, keine Kinderarbeit, ordentliche Arbeitszeit- und Lohnregelungen, gute Sicherheitsstandards und auf ein klares Diskriminierungsverbot.

OTTO hat seit 1997 als erstes Handelshaus weltweit die ISO-14001-Zertifizierung für sein Umweltmanagementsystem erhalten. Die Unternehmen arbeiten an der Verringerung transportbedingter Emissionen, verwenden Holz mit dem FSC-Siegel und vieles andere, was ich hier nur beispielhaft nennen kann. Nicht zuletzt geht es um nachhaltige, gesundheitsverträgliche Produkte, namentlich

(Erster Bürgermeister Olaf Scholz)

Textilien, aus schonendem Anbau – wichtig für die Produzenten und auch für uns hier; erinnern wir uns doch mit Schrecken an zum Beispiel hohe Dioxin-Rückstände in Waschmaschinen-Abwässern durch den Import pestizidbelasteter Baumwollkleidung.

Meine Damen und Herren! Ich fasse zusammen. Michael Otto hat sich um seine, um unsere Stadt verdient gemacht als Unternehmerpersönlichkeit, als Stifter, als Kulturfreund und engagierter Bürger. Sein langjähriger und vielfältiger Einsatz im Sinne der Stadt Hamburg und ihrer Bürgerinnen und Bürger macht ihn zu einer herausragenden Persönlichkeit. Hamburg würdigt die Leistungen von Dr. Michael Otto mit der höchsten Ehrbezeugung, die die Stadt verleihen kann: der Ehrenbürgerwürde. Dafür bitte ich um Ihre Zustimmung.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜNEN und der FDP)

Nun haben die Fraktionen nacheinander das Wort. Herr Dr. Dressel.

Frau Präsidentin, sehr verehrter Herr Dr. Otto, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verleihung der Ehrenbürgerwürde ist die höchste Auszeichnung, die die Freie und Hansestadt Hamburg vornehmen kann. Für diese seltene Auszeichnung gibt es keine schriftlich niedergelegten Regeln. Dem Senat steht das Recht der Verleihung des Ehrenbürgerrechts zu und es wurde ihm zunächst zuteil, das selbst auszuüben. Seit längerer Zeit hat es sich eingebürgert, dass auch die Bürgerschaft um Zustimmung gebeten wird. Das ist für mich als Abgeordneter natürlich ein wichtiger Punkt. Heute können wir sagen: Mit einer sehr breiten Mehrheit werden wir dem Vorschlag des Senats folgen, Dr. Michael Otto die Ehrenbürgerschaft auszusprechen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU, den GRÜNEN und der FDP)

Mit seinen zahlreichen Engagements für den Umwelt- und Klimaschutz, die Kultur, den Bildungsbereich und zahlreiche weitere Projekte stehen Sie, lieber Herr Otto, seit Jahrzehnten beispielhaft für eine Unternehmerpersönlichkeit, die wirtschaftlichen Erfolg immer auch als gesellschaftspolitische Verantwortung und Verpflichtung begreift. Ihr herausragender Einsatz ist dabei stets geprägt vom Gedanken der Nachhaltigkeit und von der Schaffung langfristiger Strukturen. Sie haben einmal gesagt:

"Wir dürfen nie vergessen, was wir in Deutschland im Grundgesetz verankert haben: Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. […] Mein Unternehmerbild ist immer noch das des Ehrbaren Kaufmanns, dem es

um Fairness, Offenheit und Zuverlässigkeit geht, Vertrauen eben. […] Dahinter steckt die Überzeugung, dass all unser Handeln sich letztlich am gesellschaftlichen Nutzen spiegeln sollte."

Zitatende.

So hat Michael Otto bereits 1986 den Umweltschutz als Unternehmensziel festgeschrieben. Damit hat er in visionärer Vorausschau viel früher als andere Unternehmen auf die wirtschafts- und umweltpolitischen Herausforderungen der späteren Jahre reagiert. Sein Credo war dabei stets:

"Die Wirtschaft muss dem Wohle des Menschen dienen, nicht umgekehrt."

Mit zahlreichen Initiativen kämpft er gegen Kinderarbeit bei seinen Zulieferern; das ist schon angesprochen worden. Vorbildlich ist zudem sein entschlossener Kampf gegen den Klimawandel, sein Eintreten für den Gewässerschutz und sein Engagement bei Entwicklungsprojekten in armen Ländern und überhaupt seine Stiftung. Michael Otto widmet sich vielfältigen Initiativen, Stiftungen und Projekten, die vom Klimaschutz über die Förderung von Bildung, Kunst und Musik bis hin zur Entwicklungshilfe und Völkerverständigung reichen. Besonders hervorheben möchte ich Ihre Stiftung, die Michael-Otto-Stiftung, die Sie vor 20 Jahren gegründet haben. Nicht nur die Millionen Versandhauskunden der Otto-Gruppe sagen "Otto…find' ich gut", sondern das meinen seit 1993 wahrscheinlich auch viele Flussfische und andere Tiere in europäischen und anderen Gewässern. Im Mittelpunkt der Arbeit der Stiftung stehen nämlich der Schutz und der Erhalt der Lebensgrundlage Wasser. Die Stiftung setzt sich im Rahmen von Großprojekten für den Erhalt von Flusslandschaften ein und fördert den Ausbau von Naturreservaten. Die Liste der Schutzprojekte reicht vom Niederrhein über den Alsterlauf bis hin zum Ag-Göl, einem ökologisch einmaligen Flachwassersee in Aserbaidschan.

Michael Otto handelt mit seiner Stiftung aber auch im Kleinen. Jedes Jahr werden sogenannte AquaProjekte, die ausschließlich von Kindern und Jugendlichen umgesetzt werden, in Deutschland mit rund 25 000 Euro unterstützt. Das Besondere dabei: Über die Förderwürdigkeit entscheidet ein extra dafür eingerichtetes Jugendkuratorium, wie ich finde, eine wirklich vorbildliche Initiative.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN, der FDP und bei Norbert Hackbusch DIE LINKE)

Unser Bundespräsident Joachim Gauck wandte sich anlässlich seines 70. Geburtstags vor wenigen Wochen in einer Festrede direkt an Michael Otto.

"Es ist aber nicht Ihr Erfolg, der uns hier zusammengeführt hat, so sehr wir ihn bewun

(Erster Bürgermeister Olaf Scholz)

dern. Es ist auch nicht nur Ihre Freigiebigkeit als Stifter. Es ist vor allem Ihre Bereitschaft zur Verantwortung. Wir ehren Sie also, weil Sie mit dem von Ihnen erwirtschafteten Geld Gutes tun – und mehr noch, weil Sie dieses Geld konsequent und auf möglichst gute – sprich verantwortungsvolle – Weise erwirtschaften."

Zitatende.

Meinen Damen und Herren! Dieser Ansprache unseres Bundespräsidenten können wir uns nur anschließen.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN und der FDP)

Mäzenatentum hat in Hamburg eine lange Tradition. Wir blicken mit Stolz auf die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt, die sich mit vorbildlichem Engagement für das Gemeinwohl eingesetzt haben und deren Namen heute noch jeder kennt – Leitz, Bucerius, Körber –, und in diese Tradition fügen Sie sich nahtlos ein. Mit Ihrem Netz an Stiftungen engagieren Sie sich in vielen gesellschaftlichen Bereichen, Sie verbinden Generationen und Kulturen. Sie haben erkannt, dass der Staat eben nicht die alleinige Verantwortung für alle Lebensbereiche übernehmen kann. Diese Einstellung ist zutiefst hanseatisch, und das verkörpern Sie hervorragend. Sie gehören zu den Menschen, die ihren Erfolg nicht als selbstverständlich ansehen, sondern ihn als Verpflichtung begreifen, sich für das Allgemeinwohl zu engagieren. Sie haben einmal gesagt:

"Nur großzügig Geld zu spenden, reicht einfach nicht, wenn man Dinge dauerhaft zum Besseren verändern will."

Sie haben immer wieder bewiesen, dass Sie durch aufrichtigen und persönlichen Einsatz Verantwortung für die Gesellschaft und die Umwelt übernehmen. Ich will zwei Beispiele aus der jüngeren Zeit nennen. Es gab Diskussionen, die in dieser Stadt viele Menschen bewegt haben; ich nenne die Themen Elbvertiefung und Schulreform. Sie haben sich nicht weggeduckt, sondern sich aktiv in die Diskussionen eingebracht. Sie waren geschätzter Moderator, Sie haben immer versucht, Brücken zu bauen, Menschen zusammenzubringen. Ich würde mich sehr freuen und bin sicher, auch die übergroße Mehrheit dieses Hauses, wenn Sie dieses Engagement, sich in solche Diskussionen einzubringen, als Ehrenbürger weiterführen, weil Sie es eben hervorragend schaffen, Brücken zu bauen und Menschen zusammenzubringen. Das würden wir uns, glaube ich, alle hier sehr wünschen.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN und der FDP)

Zum Schluss möchte ich betonen: Die heutige Verleihung der Ehrenbürgerwürde ist nicht nur für Sie

eine Ehre, lieber Herr Otto, sondern auch für die Freie und Hansestadt Hamburg. Sie haben neulich in einem Interview im "Hamburger Abendblatt" sehr eindrücklich Ihr Glücksgefühl beschrieben, Ehrenbürger zu werden: Es sei vergleichbar mit der Geburt eines Kindes. Lieber Herr Otto, genießen Sie dieses besondere Glücksgefühl. Sie haben es verdient, weil Sie sich um Hamburg verdient gemacht haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN und der FDP)

Nun hat Herr Wersich das Wort.