Protocol of the Session on September 12, 2013

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(Klaus-Peter Hesse)

Hesse, Ihre Rede von einer unzureichenden Beteiligung der Öffentlichkeit entbehrt jeder Grundlage.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich zum Schluss aus einer Senatsantwort zitieren, die die Vorteile der Busbeschleunigung ziemlich genau auf den Punkt bringt; hören Sie gut zu:

"Die Busbeschleunigung führt auf den betroffenen Linien zu mehr Pünktlichkeit, verbesserter Einhaltung der Anschlüsse und kürzeren Fahrzeiten. Die Maßnahmen sind damit für den ÖPNV und dessen Attraktivität auch unter Klimaschutzaspekten als Erfolg zu bewerten."

Das hätte der SPD-Senat nicht besser formulieren können. Das hat er aber nicht, denn diese Senatsantwort stammt aus der letzten Legislaturperiode vom damaligen CDU/GAL-Senat, und auch damals gab es schon Busbeschleunigung. Da hatte der damalige Senat ausnahmsweise einmal recht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Dr. Steffen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Buschhüter, Sie haben noch einmal Bezug genommen auf die Ausschussberatungen, die sehr intensiv waren. Ich habe bei allen Beratungen, die ich zu den verschiedensten Gegenständen unserer parlamentarischen Arbeit erlebt habe, kaum eine Beratung erlebt, in der bei kritischen Nachfragen so viele Dinge offen geblieben sind und so viel Kritik seitens der Opposition bestätigt wurde. Wir haben uns doch wirklich sehr kundig gemacht mithilfe von Expertinnen und Experten aus anderen Städten, die uns deutlich gemacht haben, dass die Busbeschleunigung sinnvoll sein kann, es aber sehr darauf ankommt, wie man es konkret angeht. Wir haben gelernt, dass es Städte gibt, die mehr Geld für Busbeschleunigung ausgeben und Städte, die weniger Geld dafür ausgeben. Es ist also ein riesiger Unterschied im Hinblick auf die Kosten. Wir haben gelernt, dass sich diese Maßnahme im Wesentlichen für Buslinien eignet, die nicht zu stark frequentiert sind, die nicht häufiger als alle zehn Minuten fahren. Das sind bei uns die Linien, die nicht mitten ins Zentrum fahren, sondern mehr am Stadtrand unterwegs sind, wo es zwar auch schon ein hohes Verkehrsaufkommen gibt, wo aber tatsächlich nicht die allerhöchste Belastung ist.

In den Beratungen haben wir lange nachgefragt, ob wir auch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung bekommen würden. Die haben wir dann auch erhalten, aber sie war so absurd, dass man sie binnen

fünf Minuten auseinandernehmen konnte. Sie hatte die Besonderheit, dass gleichzeitig Einsparungen erzielt werden sollten, weil man die gleiche Anzahl von Fahrgästen mit weniger Bussen transportieren wollte, und außerdem zusätzliche Einnahmen dadurch zu erzielen sein sollten, dass man mehr Fahrgäste bewegen könnte; und diese Effekte wurden dann addiert. Diese Wirtschaftlichkeitsberechnung war wirklich alles andere als eine sinnvolle Antwort auf die Frage, ob sich diese Investition lohnt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Robert Heinemann CDU)

Wir sind also sehr kritisch aus dieser Ausschussberatung hinausgegangen. Wenn man als Opposition kritisch nachfragt, dann kann es manchmal sein, dass die Realität einen widerlegt. Das ist dann als Opposition ungünstig, aber für die Stadt ist es gut; hier ist es jedoch nicht so. Überall, wohin man in der Stadt auch ging, ist man auf Unverständnis und Widerstand gestoßen. Die Leute haben nicht verstanden, was diese Maßnahmen bringen sollen. Sie haben nicht verstanden, was diese Belastungen bringen sollen, und sie haben an vielen Stellen gesagt, sie wollten eine solche Planung nicht haben. Das hat sich sowohl im Bereich Grindelallee als auch im Bereich Siemersplatz beim Verlauf der Linie 5 gezeigt. Da gab es großes Unverständnis für diese Maßnahme.

Und was in den ganzen Berechnungen überhaupt noch nicht enthalten ist, ist der zeitliche Mehraufwand bei den Busfahrten, der während der Bauzeit entstanden ist, da nämlich zwei wichtige Metrobuslinien, die Linien 4 und 15, erhebliche Umwege fahren mussten, die weit über den erhofften Fahrzeitgewinnen lagen. Das heißt, Sie müssen überhaupt erst einmal diese Verluste, die für die Fahrgäste entstanden sind, wieder hereinbekommen. Und das ist natürlich besonders fragwürdig, wenn die Maßnahme nur auf wenige Jahre angelegt ist; das hat Herr Hesse schon deutlich gemacht. Mit wem man sich auch unterhält, jeder sagt, dass man eine Stadtbahn brauche, und dies auch ganz klar auf der Linie 5.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Klaus-Pe- ter Hesse CDU)

Wenn Sie von Beteiligung sprechen, dann meinen Sie Handzettel verteilen und ein paar Ausschüsse informieren,

(Dirk Kienscherf SPD: Ja, ein paar Aus- schüsse – davon lebt die Demokratie!)

Ausschüsse, in denen in aller Regel natürlich die Öffentlichkeit nicht dabei ist, außer sie wird vorher informiert, was aber nicht unbedingt der Fall ist. Das ist natürlich bei einer Beteiligung nicht sinnvoll.

Weil Sie so dazwischenblöken, Herr Kienscherf:

(Ole Thorben Buschhüter)

(Dirk Kienscherf SPD: Ja, weil es Blödsinn ist, was Sie erzählen!)

Wenn wir uns anschauen, was in der letzten Legislaturperiode vorging und was die Schwierigkeiten bei der Stadtbahn waren, dann haben wir zwar beteiligt, aber nicht früh genug und nicht ausreichend. Und Sie sagen, weil die Beteiligung zu Widerstand führte und weil die Menschen vielleicht dazu Ideen hatten, beteiligen Sie sie lieber gar nicht. Ich halte das für eine völlig falsche Konsequenz.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Klaus-Pe- ter Hesse CDU)

Sie merken es doch auch, wenn es konkret wird. Da, wo es konkret wurde, wo die Bürgerinnen und Bürger wirklich einmal nachfragen, zum Teil erst nach Umsetzung der Maßnahme wie etwa bei der Verlegung der Haltestelle Gerichtstraße, wurde gesagt, dass man zwar noch nicht wisse, wie die Maßnahme für die Busbeschleunigung insgesamt aussehen solle, aber den ersten Schritt schon einmal umsetze. Dann informieren sich die Leute, nachdem die Maßnahme vollzogen wurde, und sammeln auch Unterschriften. Wir haben mittlerweile 1000 Unterschriften. Wir haben den Widerstand vom Gymnasium Allee, viele Beschäftigte und Besucher des Amtsgerichts haben sich dagegen gewandt. Wenn die Maßnahme konkret wird, dann sind die Leute eben nicht überzeugt, weil sie nicht vorher beteiligt waren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Klaus-Pe- ter Hesse CDU – Glocke)

Herr Dr. Steffen, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kienscherf?

Ja.

Vielen Dank.

Kollege Steffen, diese 20 000 Euro für die Maßnahme Gerichtstraße sind nicht die richtige Busbeschleunigungsmaßnahme. Haben Sie beim Umbau des Knotens an der Grindelallee oder bei der Staatsbibliothek Bürgerbeschwerden erlebt? Haben Sie erlebt, dass die Studentinnen und Studenten, die jetzt schneller vorankommen, sich beschwert haben, dass diese Knotenbereiche umgestaltet worden sind?

Ich habe im Hinblick auf die Maßnahme Grindelallee viele Beschwerden bekommen. Viele Bürgerinnen und Bürger haben mir gegenüber Unverständnis geäußert und gesagt, dass die Busbeschleunigung wirklich der Treppenwitz dieser Wahlperiode sei.

(Dirk Kienscherf SPD: Aha!)

Man muss nur noch das Wort in den Mund nehmen und alle fangen schon an zu lachen. Bei all den Diskussionen, die in der ganzen Republik über Beteiligung geführt werden – und gerade bei großen Projekten intensiv geführt werden –, fragt man sich, und da hat Frau Sudmann mit ihrem Hinweis recht, warum Sie eigentlich so eine Maßnahme ohne Not durch Ihre wirklich kurzsichtige Art, nicht zu beteiligen, gegen die Wand fahren? Warum reden Sie nicht vorher mit den Leuten, wenn Sie solche Maßnahmen umsetzen. Sie merken doch, dass es in den Bezirksversammlungen, auch unter SPD-Beteiligung, erhebliche Bedenken und Widerstände gibt. Auf diese Weise fahren Sie tatsächlich die Maßnahme an die Wand. Das ist die Sache aber einfach nicht wert.

Die Erfahrungen aus anderen Städten zeigen, wenn man auf ausgesprochen aufwendige Kreuzungsumbauten verzichtet, wenn man darauf verzichtet, parallel noch den Autoverkehr beschleunigen zu wollen und die Maßnahme erheblich abspeckt, dass dann etwas Sinnvolles dabei herauskommen kann.

(Dirk Kienscherf SPD: Das wäre ja bei der Stadtbahn was ganz anderes gewesen!)

Deswegen lohnt es sich, noch einmal über die Maßnahmen nachzudenken. Deshalb ist der Antrag der CDU bis auf einen Punkt auch richtig. Er ist an einer Stelle nicht richtig, weil die CDU sich nämlich selbst widerspricht. Das ist der Punkt 5, in dem die CDU möchte, dass noch einmal gründlich nachgedacht wird und man genau überlegt, was eigentlich sinnvoll ist bei der Busbeschleunigung. Sie weiß aber jetzt schon, dass auf keinen Fall dabei herauskommen darf, dass Parkplätze wegfallen. Das Ziel der Maßnahme soll natürlich nicht sein, möglichst viele Parkplätze zu vernichten, aber es muss eine sinnvolle Abwägung der unterschiedlichen Belange geben. Dann kann es bei einer konkreten Maßnahme auch sinnvoll sein, einzelne Parkplätze entfallen zu lassen. Das muss die Maßnahme als solches rechtfertigen.

Deswegen ist Ihr Antrag an der Stelle widersprüchlich, und deshalb werden wir diesem Punkt auch nicht zustimmen. Aber ansonsten ist es richtig, über diese Maßnahme noch einmal nachzudenken und tatsächlich dem dahinterstehenden Anliegen noch einmal eine Chance zu geben. Deswegen kommt der CDU-Antrag auch zur rechten Zeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Dr. Schinnenburg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Buschhüter, ein bisschen tun Sie mir schon leid. In

(Dr. Till Steffen)

der letzten Sitzung mussten Sie den Mann fürs Grobe geben und heute die Sandmannrolle übernehmen. Sie wollen uns ernsthaft Sand in die Augen streuen, aber die Realität ist ganz anders, als Sie es uns gerade dargestellt haben.

(Beifall bei der FDP)

In der letzten Schriftlichen Kleinen Anfrage von mir wurde gefragt, was Sie denn bisher ausgegeben haben für das Busbeschleunigungsprogramm. Die Antwort lautete, dass es 10,7 Millionen Euro waren. Ich fragte, wie viel Busbeschleunigung erreicht wurde, und die Antwort lautete: keine. Sie haben bisher keine einzige Sekunde Busbeschleunigung erreicht, aber 10 Millionen Euro ausgegeben. Das ist die Realität und nicht das, was Sie uns erzählen wollten, Herr Buschhüter.

(Beifall bei der FDP)

Ich möchte mich jedoch ein wenig mit dem Begriff der Busbeschleunigung auseinandersetzen. Busbeschleunigung klingt für den unbefangenen Beobachter erst einmal so, als ginge da nun irgendetwas schneller; bei dem Wort Beschleunigung sollte man das auch denken. Tatsächlich führt die Busbeschleunigung jedoch zu einer flächendeckenden Entschleunigung in dieser Stadt, und zwar an sehr vielen Stellen. Lassen Sie mich das einmal der Reihe nach durchgehen.

Zunächst ist es eine Entschleunigung des gesamten Verkehrs während der Bauzeit. Dazu muss ich nicht mehr sagen, denn das kann man täglich in der Zeitung nachlesen.

Zweiter Punkt: Es führt zu einer Entschleunigung der Arbeit in den Geschäften an den Baustellen. Am Siemersplatz musste ein Geschäft schließen und viele andere leiden unter Umsatzeinbußen. Das ist eine Entschleunigung in den Geschäften.

Dritter Punkt: Entschleunigung der Straßensanierung. Das Geld, das Sie für die Busbeschleunigung verballern, und das Personal, das Sie dafür einsetzen, wären viel besser eingesetzt für eine schnellere und koordiniertere Sanierung unserer Straßen. Das ist eine Entschleunigung der Straßen und eine negative Folge der Maßnahmen.

Vierter Punkt: Entschleunigung sinnvoller Maßnahmen wie Telematik. All das Geld und all die Energie, die Sie für das Busbeschleunigungsprogramm einsetzen, wäre viel besser angelegt für eine vernünftige Telematik, aber davon wollen Sie nichts hören.

Fünfter Punkt: Entschleunigung des Querverkehrs. Sie wollen durch die Busbeschleunigung eine generelle Priorisierung der Busse einrichten. Ergebnis: Beim Querverkehr stehen die Autos und, Herr Buschhüter, auch die Busse. Das ist eine Entschleunigung des Querverkehrs und dadurch gibt es neue Staus.