Protokoll der Sitzung vom 06.11.2013

Für die Lehramtsstudenten haben wir eine Lösung gefunden, und der Senat hat in der Sitzung des Wissenschaftsausschusses gesagt, dass er an diesem Problem weiter arbeiten werde. Ich finde es

(Dora Heyenn)

aber auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir bei der großen Masse der Studiengänge in Hamburg genügend Masterplätze haben. Es werden gar nicht alle Masterplätze nachgefragt. Um noch einmal auf das Beispiel der Psychologiestudenten zu kommen: In der ersten Runde des Nachrückverfahrens haben bis auf elf Studierende doch noch alle einen Platz bekommen, und es ist sehr wahrscheinlich, dass in der zweiten Runde auch die übrigen noch befriedigt werden können. Es gehört zum normalen Verlauf der Studienplatzvergabe, dass wir mehrere Verfahren haben. Es ist eben auch entscheidend, ob die vergebenen Studienplätze angetreten werden oder nicht. Die Zahlen, die wir in Hamburg haben, sind auch ein Ausdruck dafür, dass Hamburg ein attraktiver Studienort ist. Und man kann grundsätzlich erst einmal positiv bewerten, dass wir als Hochschulstandort nachgefragter sind als andere Studienstädte in der Bundesrepublik.

Zum Nachrückverfahren habe ich eben schon einiges gesagt. Sie haben darauf hingewiesen, dass wir, wenn wir die Kapazitäten für die Bachelorstudierenden erhöhen, in den kommenden Jahren natürlich auch an die Frage der Masterplätze herangehen müssen. Das ist in der letzten Ausschusssitzung seitens des Senats bereits thematisiert worden. Natürlich hat meine Fraktion die Erwartung, dass es in den Koalitionsverhandlungen und wenn es um die Folgeverhandlung für weitere Hochschulpakte geht, Ziel sein muss, eine Lösung zu erzielen, mit der es in einer nächsten Hochschulpaktrunde künftig auch mehr Masterplätze geben wird. Ich glaube, da besteht kein Dissens, zumindest habe ich keinen wahrnehmen können. Aber das sind Verhandlungen, die in den kommenden Jahren laufen müssen. Dass wir diese Notwendigkeiten haben, ist allen Beteiligten vollkommen klar.

Ich möchte zum Schluss noch einen Hinweis geben, der mir auch angesichts der anstehenden Beratungen zum Hochschulgesetz wichtig ist. Als wir damals diese Bachelor-Master-Reform gemacht haben, waren wir in weiten Teilen der Überzeugung, dass ein Großteil der Bachelorstudierenden dem angelsächsischen Vorbild folgend zunächst einmal in den Beruf gehen und dann irgendwann später seinen Master machen würde. Diese Erwartung ist vollkommen widerlegt worden. Wir haben in der Bundesrepublik die Situation, dass fast 100 Prozent der Bachelorabsolventen direkt im Anschluss ihren Master machen wollen. Trotzdem finde ich, dass wir die grundlegende Idee, dass jemand mit seinem Bachelor ins Berufsleben startet und dann schaut, worauf er sich aufbauend aus den Erfahrungen des Berufslebens qualifizieren will, nicht aus den Augen verlieren sollten. Wir müssen aber versuchen, den Anreiz, diesen Gedanken aufzugreifen, attraktiver zu gestalten. Eine Möglichkeit wäre zu überlegen, wie wir die staatlichen Hochschulen besser in die Lage versetzen

können, auch berufsbegleitende Masterangebote anzubieten, denn natürlich will jemand, der seinen Bachelor gemacht hat, im Berufsleben war und Geld verdient hat, nicht noch einmal für zwei Jahre komplett aus dem Berufsleben aussteigen. Ich glaube, es ist eine wichtige Aufgabe zu überlegen, wie wir die staatlichen Hochschulen besser in die Situation versetzen können, auch diesen Studierenden ein Angebot machen zu können. Im Moment sind diese Studierenden komplett auf Angebote privater Anbieter beschränkt. Wir alle sind gefordert, den Hochschulen eine bessere Möglichkeit zu geben, entsprechende Angebote zu machen.

Zusammenfassend ist zu sagen: Sie haben ein Bild gezeichnet, das vollkommen überzogen ist. Wir haben in Hamburg nach wie vor die Situation, den meisten an einem Masterstudiengang Interessierten ein Angebot machen zu können; in vielen Studiengängen bieten wir sogar mehr Masterplätze an, als am Ende besetzt werden. Für die Lehramtsstudenten haben wir eine Lösung gefunden. Für die Psychologiestudenten gilt, dass ein Bachelor, anders als im Lehramt, sehr wohl berufsqualifizierend ist. Das hat der Berufsverband der Psychologen selber festgestellt, und insofern ist das schon ein großer Unterschied zu den Lehramtsstudenten. – In diesem Sinne herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Wieland Schinnenburg FDP)

Das Wort bekommt Herr Kleibauer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Antrag der LINKEN adressiert ein wichtiges Thema, wird aber, Frau Heyenn, dem Thema überhaupt nicht gerecht. Er ist erkennbar von einer Gruppierung geschrieben, die gerne populistische Maximalforderungen aufstellt, aber gewählt wird, um nicht in politische Verantwortung zu gehen.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Lieber Gott, was ist das denn?)

Ihre Argumentation ist relativ simpel. Wir haben 1800 Bewerbungen auf einen Masterstudienplatz, es gibt aber nur 170 Plätze in diesem Fach, also brauchen wir nach Ihrer Logik 1800 Plätze. Ich finde, das wird der Sache nicht gerecht. Es gibt Nachrückverfahren; Herr Kühn hat es ausgeführt. Wir alle wissen, dass es sowohl bei Bachelorstudiengängen als auch bei Masterstudiengängen sehr, sehr viele Doppelbewerbungen gibt – sicherlich kann man einiges im Verfahren verbessern, was mit dieser Stiftung auch einmal angedacht war –, was zu diesen hohen Zahlen führt. Wenn man dann im Nachrückverfahren ist, verflüchtigen sich diese Zahlen relativ schnell.

(Philipp-Sebastian Kühn)

Die Situation in den Studiengängen ist sehr unterschiedlich. Auch deshalb sind pauschale Lösungen, wie Sie sie einfordern, nicht der richtige Weg, zumal man auch sagen muss, dass wir in Hamburg viele Masterstudiengänge anbieten, für die wir weniger Bewerbungen als zur Verfügung stehende Plätze haben. Die Anzahl der Bewerber, die ihre Studienplätze dann auch annehmen, ist teilweise noch einmal geringer. Wir müssen uns sicherlich um diejenigen kümmern, die als Bachelorabsolventen in Hamburg keinen Masterstudienplatz bekommen, aber wir sollten genauso darauf schauen, wo wir freie Masterstudienplätze haben und warum es uns als Hochschulstandort Hamburg nicht gelingt, qualifizierte Bewerber für diese zu bekommen.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt eine Modellrechnung des CHE, die im April dieses Jahres aufgestellt worden ist und zu dem Schluss kommt, dass die Entwicklung der Nachfrage nach Masterstudienplätzen planerisch unterschätzt worden ist. Das hat mit den Bachelor-Master-Übergangsquoten zu tun, wo man am Anfang natürlich wenig Erfahrungswerte hatte. Da sehe ich auch einen gewissen Handlungsbedarf, zumal sich die Situation relativ schnell durch den Hochschulpakt verschärft, denn der Hochschulpakt hat dazu geführt, dass wir grundständige Studienangebote und Bachelorkapazitäten ausgebaut haben, nicht aber im gleichen Umfang Masterstudienplätze. Die CHE-Analyse sagt deshalb ganz klar, dass es Handlungsbedarf gibt, auch für die Politik. Diesen Handlungsbedarf, Frau Heyenn, sehen wir auch. Das heißt aber nicht, dass man nicht auch berücksichtigen sollte, dass es Menschen gibt, die sagen, der Bachelorabschluss reiche aus. Da gebe ich Herrn Kühn recht. Man sollte deshalb nicht gleich die ganze Bachelor-Master-Umstellung durch die Bank schlechtreden. Wir werden sicherlich – und das ist eine Aufgabe, die nicht in zwei, drei oder vier Jahren gelöst sein kann – im Auge behalten müssen, wie Bachelorabschlüsse wahrgenommen werden und welche Berufsbilder es für sie gibt.

Was wir auch im Auge behalten sollten, Frau Heyenn, ist die Qualität des Hochschulangebots. Ich bin sehr dafür, dass wir auch darüber diskutieren, wie viele Studienplätze wir als Stadt zur Verfügung stellen – wir stellen als Stadtstaat rechnerisch durchaus viele zur Verfügung – und in welchen Fächern. Leider verweigert sich der Senat dieser Diskussion. Am Anfang der Legislaturperiode hat er vollmundig angekündigt, er erstelle Leitlinien. Aber wie sehen diese Leitlinien aus? Vor anderthalb Jahren wurde den Hochschulen die Pistole auf die Brust gesetzt, ihr Studienplatzangebot sei so und so zu steuern, aber diese Leitlinien sind dem Parlament bis heute nicht vorgelegt worden. Nach der ursprünglichen Zeitplanung sollte das schon viel schneller geschehen sein. Ich finde es wichtig, dass wir das diskutieren. Dabei müssen wir natürlich auch berücksichtigen, welches Angebot an

Studienplätzen die einzelnen Hochschulen verkraften können, um ein gutes Angebot in der Lehre und Qualität abzudecken.

Ich möchte einen weiteren Punkt erwähnen – Frau Heyenn hat ihn angesprochen –, den man bei diesem Thema nicht unberücksichtigt lassen darf, die Pressemitteilung des Senats vom 21. Oktober 2011 anlässlich der Hochschulvereinbarung. In dieser Pressemitteilung steht ein Absatz, der überschrieben ist mit:

"Wesentliche Eckpunkte der Vereinbarung sind:"

Mitten in diesem Absatz steht der Satz:

"Darüber hinaus garantiert die Vereinbarung jedem Hamburger Bachelor-Absolventen einen Master-Studienplatz."

Bis heute hat der Senat diese Aussage nicht zurückgenommen. Es ist politisch fahrlässig, dass Sie, Frau Dr. Stapelfeldt, hier Erwartungen geweckt haben, von denen Sie wussten, dass sie nicht erfüllbar sind.

(Beifall bei der CDU)

Nachdem Sie dann gemerkt haben, dass es ganz so einfach nicht ist, haben Sie versucht, die Probleme auf die Hochschulen abzuwälzen und mit einer Härtefallquote für Masterstudiengänge nachgesteuert, die die Bürgerschaft vor einiger Zeit beschlossen hat. Wie sieht diese Härtefallquote in der Praxis aus? In den allermeisten Masterstudiengängen führt die Verteilung der Studienplätze zu keinen Problemen, aber wir haben drei Studiengänge, nämlich Lehramt, Psychologie und Betriebswirtschaft, in denen wir viel zu viele Härtefallanträge haben. In allen drei Studiengängen sind deutlich mehr Härtefallanträge gestellt worden, als Plätze zur Verfügung stehen. Das zeigt doch, dass Ihre Lösung der falsche Weg ist.

Deshalb, liebe Frau Senatorin, sind Sie bei diesem Thema gefordert. Wir fordern Sie auf, Ihre Vorstellung, was die Entwicklung der Studienplätze am Hochschulstandort Hamburg angeht, hier vorzulegen und mit uns zu diskutieren.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Dr. Gümbel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Frau Heyenn, erst einmal vielen Dank dafür, dass wir dieses Thema aufgrund der Anmeldung Ihres Antrags debattieren können. Sie haben sehr schön dargestellt, wo es hakt und wo die Schwierigkeiten bei der Umstellung besonders greifbar werden. Sie haben Zustände deutlich gemacht, die für Bildungsbiographien sorgen, die für junge Menschen sehr belastend sind, denn sie

(Thilo Kleibauer)

müssen, wenn sie den Übergang vom Bachelor zum Master nicht schaffen, Wartezeiten hinnehmen. Nach der Umstellung auf G8 durch das Bildungssystem galoppiert zu sein, den Bachelor erworben zu haben und dann in einer Warteschleife zu landen, kann sehr unangenehm sein und führt zu Unsicherheiten.

Ich will aber an dieser Stelle sehr deutlich sagen, dass wir Ihren Antrag für falsch halten, und zwar aus folgendem Grund: Wenn wir davon ausgehen, dass das, was Sie beschrieben haben, eine im Prinzip richtige Beschreibung der Wirklichkeit ist, dann muss man doch fragen, wie man dieses Problem – und wir haben es in der Tat – lösen kann und ob es möglich ist, dies von Hamburg aus zu tun. Da müssen wir ganz klar sagen, dass trotz des Bildungsföderalismus, wie wir ihn heute noch haben, dieses Problem nicht von Hamburg allein gelöst werden kann.

Sie wollen mit Ihrem Antrag im Prinzip eine Insellösung für Hamburg. Sie wollen die Bachelor-MasterUmstellung kippen und in einem Rutsch eine Garantie für Bachelor-Master einführen. Wozu würde das führen? Das würde dazu führen, dass die, die im Augenblick im System sind, das hätten, was Sie mit Ihrem Antrag erreichen wollen, nämlich die Garantie. Aber was passiert in der Folge? Wenn Hamburg das einzige Bundesland ist, das diese Garantie ausspricht, dann wollen natürlich alle Studierenden der gesamten Republik nach Hamburg kommen. Damit würde der NC bei null Komma irgendetwas liegen, vielleicht wären ein oder zwei Hamburger Abiturienten dabei – ich weiß nicht, wie viele Abiturienten in Hamburg so gut sind –, und das war es dann. Ich will damit sagen, dass ich die Sicht auf die Probleme teile, dass aber Ihr Antrag keine nachhaltige Lösung darstellt. Deshalb muss er leider abgelehnt werden. Wir haben uns mit diesem Problem aber in der letzten Ausschusssitzung bereits sehr auseinandergesetzt, und jetzt ist es Aufgabe des Senats, etwas zu tun.

Frau Senatorin, es ist in der Tat wichtig, jetzt die Voraussetzungen zu schaffen, dass nicht nur für die Lehramts-, Psychologie- und BWL-Studierenden, sondern für alle der Übergang machbar wird. Natürlich sagen die Hochschulen – deshalb ist das relativ knifflig –, dass es von Hamburg aus keine Hindernisse gebe; das ist der Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage von Herrn Dr. Schinnenburg zu entnehmen. Wenn man aber genau hinschaut, ist es genau so, wie Frau Heyenn es beschrieben hat. In einem Fach können nur so und so viele Credit Points erworben worden, aber an vielen anderen Universitäten sind mehr erforderlich oder ein anderswo benötigtes Modul wird nicht angeboten. Das heißt, es sind versteckte Hindernisse da, und die Hochschulen müssen sich auf einen schwierigen Prozess einlassen. Das muss aber von der politischen Seite, von der KMK her organi

siert werden, und natürlich muss der Anstoß aus Hamburg von Ihnen kommen.

Unsere Forderung an den Senat ist, die BachelorMaster-Studierbarkeit in dem Sinne zu gewährleisten, die wir alle – und ich glaube, da sind wir uns einig in diesem Hause – wollen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Dr. Schinnenburg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kühn, wir beide sollten den heutigen Tag genießen. Es kommt selten vor, dass ich Ihnen in allem zustimme, was Sie sagen; heute ist es so. Lassen Sie uns diesen Tag genießen.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Viel Spaß dabei!)

Herr Kühn hat mit dem, was er gesagt hat, recht. Lassen Sie es mich nur an einigen wenigen Punkten ergänzen, vielleicht auch ein wenig deutlicher sagen. Sie sind Regierungsfraktion, da muss man ein bisschen zurückhaltender sprechen. Als Oppositionsfraktion kann man das deutlicher sagen.

Sie sprachen von einem Rollback, das Frau Heyenn versuche einzuleiten. Ich nehme ein schärferes Wort: Was sie will und was sie vorgetragen hat, ist nichts anderes als reaktionär. Sie möchte alle richtungsweisenden Fortschritte der Wissenschaftspolitik der letzten zehn, fünfzehn Jahre schlicht und ergreifend zurückdrehen.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Hast du den An- trag nicht gelesen, oder was?)

Offenbar hat sie vergessen, wie viele Studierende es vor Einführung des Bachelorabschlusses gab, die die Hochschulen nach endlosen Semestern ohne Abschluss verließen und viel schlechtere Berufschancen hatten als die heutigen Bachelorabsolventen; das ist nur ein Beispiel. Es gibt viele gute Gründe für das Bachelor-Master-System, und es ist gar keine Frage, dass Reformbedarf besteht. Sie sagen Rollback, ich sage reaktionär.

Lassen Sie mich auf einige Punkte eingehen. Ich bin schon sehr erstaunt, dass Frau Heyenn die Abschaffung von speziellen Eignungstests fordert. Die Einführung spezieller Eignungstests ist eine sehr gute Entwicklung. Die FDP – und ich glaube, andere sehen das auch so – ist nicht der Meinung, dass man ausschließlich nach der Abschlussnote gehen sollte.

(Vizepräsidentin Kersten Artus übernimmt den Vorsitz.)

Ich bin in der Tat der Meinung, dass es in verschiedenen Fächern wie zum Beispiel Psychologie oder Medizin sinnvoll und richtig ist, auch spezielle Fähigkeiten, die für den betreffenden Studiengang er

(Dr. Eva Gümbel)

forderlich sind, gezielt abzuprüfen und nicht nur auf die Abschlussnote zu schauen. Wir sollten den Hochschulen für diesen Einsatz danken, denn mit diesen Eignungstests ist viel Arbeit verbunden; von der FDP-Fraktion geht ein großer Dank an die Hochschulen. Frau Heyenn, Sie sind ganz und gar auf dem falschen Dampfer, wenn Sie diese abschaffen wollen. Das ist der erste Punkt.

(Beifall bei der FDP)