Protocol of the Session on June 4, 2014

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Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Hesse?

Herr Hesse kann sich nachher noch einmal melden.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Wir haben nachher noch eine Verkehrsdebatte, da können Sie uns dann erzählen, was Sie alles abgeschrieben haben.

Zurück zur Sache. Mit keinem Wort, Herr Hesse, sagen Sie etwas zu Ihren Stadtbahnvisionen; das hätte ich eigentlich erwartet. Nehmen wir zum Beispiel die Strecke von Lurup nach Langenhorn, wo man ganze Brückenanlagen für S-Bahn, Güterverkehr und Fernverkehr abreißen müsste. Die Pendler aus Pinneberg, Steinburg und Dithmarschen müssten über die A 23 nach Hamburg, um zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen. Ganz ehrlich: Mit Ihren Stadtbahnplänen würden Sie den Hamburger Nordwesten lahmlegen. Wahrscheinlich würden Sie aber dann, wie schon zu Ihren Regierungszeiten, die Mittel für die Straßensanierung wieder auf null fahren nach dem Motto: keine Mittel, keine Baustellen.

(Beifall bei der SPD)

Dann hätten wir aber irgendwann den gleichen Zustand wie im Winter 2010/2011. Jeder erinnert sich: Schlaglöcher ohne Ende, spiegelglatte Fußund Radwege, Straßen, auf denen man Schlittschuh laufen konnte.

(Beifall bei der SPD)

Aber so ehrlich sind Sie nicht. Die Straßensanierungsoffensive des SPD-Senats wird teilweise sogar von Ihnen gelobt, aber im gleichen Atemzug kritisieren Sie die Koordinierung der Baustellen. Tatsache ist aber, dass in der für die Koordinierung zuständigen KOST mehr Personal beschäftigt ist als zu schwarz-grünen Regierungszeiten.

(Beifall bei der SPD – Dr. Andreas Dressel SPD: Hört, hört!)

Und wenn Sie dann sagen, Herr Hesse, dass die Koordinierung nicht funktioniere, dann greifen Sie nicht den SPD-Senat an, sondern die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der KOST, und das ist unterirdisch.

(Beifall bei der SPD)

Insgesamt lässt der parlamentarische Sprachgebrauch im Verkehrsbereich natürlich zu wünschen übrig. Immerhin, Herr Hesse, haben Sie es geschafft, heute keine verbalen Tiefschläge zu äußern.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Na ja!)

Na ja, er hat sich bemüht.

Nun mag die politische Bühne kein Ponyhof sein, aber es gibt moralische Grenzen, und diese Grenzen sind am Montag nach der Bezirkswahl von Kollege Hesse deutlich überschritten worden. Auf Twitter hat er Folgendes veröffentlicht:

"Kommentar auf der spontanen Eimsbüttler Wahlparty: die anderen hatten #Fukushima, wir hatten den #Siemersplatz."

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das war Herr Steffen!)

Dieser Kommentar ist einfach nur geschmacklos, Herr Steffen, Ihren anzuerkennenden Stimmenzugewinn in Eimsbüttel mit verstrahltem Grund, verstrahlten Lebensmitteln, verstrahltem Trinkwasser für 100 000 Menschen gleichzusetzen.

(Sören Schumacher SPD: Schlimm!)

Aber so ist es wohl mit der Moral und dem Augenmaß von ehemaligen Senatoren: Der eine twittert verstrahlte Kommentare, der andere zieht ins Big-Brother-Haus.

(Zurufe von den GRÜNEN – Jens Kerstan GRÜNE: Frau Koeppen, das war ja jetzt mit Sternchen! Immer mit gutem Beispiel voran- gehen!)

In diesem Zusammenhang, Herr Hesse: Ihre Verkehrspolitik kann auch nicht so erfolgreich gewesen sein, denn Ihre Ergebnisse bei der Bezirkswahl waren auch nicht wirklich gut. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt hat das Wort Herr Dr. Steffen.

(Sören Schumacher SPD: Fukushima-Stef- fen!)

Sehr geehrter Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss mich schon wundern, dass manches, was eindeutig als nicht vergleichbar dargestellt wird, als Vergleich interpretiert wird. Ich bin nicht der Meinung, dass wir in dieser Hinsicht eine vergleichbare Situation hatten, die Einfluss auf unser Wahlergebnis hatte.

Richtig an dem, was die CDU vorgetragen hat, sind fünf Punkte. Erstens ist richtig, dass wir in dieser Stadt in den letzten Wochen erhebliche Staus gehabt haben, auch mehr als in den Monaten und Jahren zuvor. Da hat es eine Veränderung gegeben.

(Hildegard Jürgens SPD: Ja, da ist ja auch nicht gebaut worden!)

Zweitens ist richtig, dass der Verkehr in diesem Wahlkampf das am stärksten erkennbare Thema war.

Drittens ist richtig, dass die Koordination der Baustellen in der Tat nicht optimal ist. Ich will an dieser Stelle ein konkretes Beispiel nennen. Wir hatten diese Sperrung im Elbtunnel, sodass statt acht Fahrspuren insgesamt nur vier befahren werden konnten – sicherlich eine sehr massive Einschränkung des Verkehrs auf der A 7. Es war deswegen absehbar, dass es Ausweichverkehre durch die Stadt geben würde, insbesondere ausgehend von der Abfahrt Stellingen, Kieler Straße, Fruchtallee, am Schlump vorbei. Und genau in diesem begrenzten Zeitraum, wo wir massivste Einschränkungen auf der A 7 haben, macht der Senat eine Baustelle auf der Bundesstraße, der Parallelstrecke, sodass es dann zu Stauungen an Stellen kam, wo sonst nie Stau ist. Hier ist in der Tat Kritik an der Koordination berechtigt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU)

Viertens ist richtig, dass die Maßnahmen der Busbeschleunigung in der Form nicht sinnvoll und als solche dann auch überflüssig sind und damit auch eine überflüssige Beeinträchtigung für den Verkehr.

Und fünftens ist richtig, dass die SPD nach diesem Wahlkampf, in dem Verkehr ein Thema war, massiv Stimmen verloren hat. Deswegen ist auch der Schluss richtig, dass dieses Wahlergebnis als Kritik an der Verkehrspolitik verstanden werden kann.

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU)

Man muss aber auch sagen, dass CDU und FDP, die das Thema immer wieder nach oben gebracht haben, bei dieser Wahl auch nicht wirklich Begeisterungsstürme auslösen konnten.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wohl wahr!)

Das lässt den Schluss zu, dass der Ansatz der CDU nicht wirklich überzeugt hat. Es hat Ihnen nicht geschadet, was Sie gemacht haben, aber es hat Ihnen auch nicht wirklich geholfen. Insoweit müssen wir noch einmal überlegen, was eigentlich an Ihrem Ansatz nicht stimmt. Ich glaube, das ist ganz einfach: Sie suggerieren, dass man mit ein bisschen besserer Koordination die Probleme im Straßenverkehr lösen könne, ohne dass sich das Verhalten der Hamburgerinnen und Hamburger ändert. Sie glauben, dass es mit ein paar Tricks möglich wäre, dass der Verkehr in dieser Stadt rollt, ohne dass wir alle weniger Auto fahren. Und das ist etwas, was Ihnen die Leute nicht abnehmen. Darum haben auch zwei Parteien zugelegt, die immer wieder darauf hinweisen, dass wir, wenn wir weniger Stau haben wollen, weniger Auto fahren müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Wenn wir uns das anschauen, dann müssen wir feststellen, dass wir nicht nur die gerade noch andauernden Bauarbeiten im Elbtunnel haben, son

dern die nächsten zehn Jahre auch Bauarbeiten auf der A 7 nördlich des Elbtunnels haben werden; vielleicht schließt sich auch etwas südlich an. Wir werden in den nächsten Jahren auch die Straßen an vielen Stellen weiterhin sanieren müssen. Deswegen haben wir schon in der letzten Wahlperiode die Mittel dafür nach oben gefahren. Wir werden uns also darauf einstellen müssen, dass diese verringerte Kapazität auf den Hamburger Straßen ein Dauerzustand ist, und deswegen muss man konzeptionell darauf reagieren. Man muss mit Maßnahmen reagieren, die dazu führen, dass insgesamt weniger Auto gefahren wird, damit die notwendigen Verkehre mit dem Auto abgewickelt werden können. Wir brauchen also mehr Benutzung von Bus, Bahn und Fahrrad, damit der Hamburger Hafen erreichbar bleibt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist im Endeffekt ganz einfach: Alles, was dazu führt, dass der Autoverkehr zurückgeht, jeder Verzicht aufs Auto würde helfen, die notwendigen Verkehre, die wirklich nur mit dem Auto abgewickelt werden können, auf den Hamburger Straßen abzuwickeln. Das "Hamburger Abendblatt" hat dieser Tage eine repräsentative Umfrage der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen veröffentlicht, bei der 1000 Hamburger gefragt wurden, was sie dazu bringen würde, das Auto stehenzulassen. Da kam an erster Stelle von 80 Prozent der Befragten, der ÖPNV müsse günstiger sein. Deswegen weisen wir immer wieder darauf hin, dass es kein sinnvoller Weg ist, den Zuschuss der Stadt für den HVV einzufrieren, sodass die Fahrpreise immer weiter steigen, auch über dem Inflationsniveau. Das ist ein falscher Weg. Insgesamt muss man da viel mehr machen. An zweiter Stelle kamen bessere und mehr Radwege und ein größeres Streckennetz. Das führt natürlich zu den Maßnahmen, über die wir hier immer diskutieren: Stadtbahn fördern, Fahrrad fördern. Das würde helfen gegen den Stau.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt hat Herr Dr. Schinnenburg für drei Minuten das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Koeppen, Sie haben das ganze Drama mit Senator Horch in einem Satz gebracht. Sie haben gesagt, Senator Horch repariere am Tor zur Welt herum. Das tut er seit vielen Jahren. Seit vielen Jahren werkelt Senator Horch am Tor zur Welt herum, und so, wie er es macht, wird er das auch noch lange Jahre machen. Kurz gesagt: Senator Horch ist selbst von der Reparatur eines einzelnen Tores überfordert, dann kann man den Mann doch nicht auf die Straßen loslassen, das geht doch nun wirklich nicht.

(Dr. Till Steffen)

(Beifall bei der FDP – Dirk Kienscherf SPD: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich!)

Stellen Sie sich einmal vor, Sie fahren mit Ihrem Auto auf der A 23 Richtung Süden, hören im Radio von einem Stau und sagen sich dann: Dem Stau muss ich ausweichen, ich fahre schon in Eidelstedt ab und weiche über die Holsteiner Chaussee und die Kieler Straße aus. Zu dumm, Senator Horch ist schon da. Er hat mit seinem Busbeschleunigungsprogramm den Eidelstedter Platz bereits blockiert – schiefgegangen.

(Dirk Kienscherf SPD: Das haben Sie letztes Mal schon erzählt!)