Genauso blauäugig finde ich auch Ihre Aussage, Sie hätten mit den Unternehmerverbänden gesprochen und wollten darauf hinwirken, dass die Arbeitszeiten entzerrt würden, damit es zu den Hauptverkehrszeiten weniger Berufsverkehr gibt. Ich glaube, wenn Sie den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern anbieten würden, sechs Stunden weniger zu arbeiten, dann könnte das klappen.
Aber warum soll jemand Interesse daran haben, entweder morgens um fünf Uhr anzufangen oder aber vormittags um zehn Uhr, wenn er oder sie dann entsprechend länger arbeiten muss. Das klingt wunderbar, aber auch das ist irgendwie Tetje mit de Utsichten. Das wird niemand umsetzen können.
denn ich will nicht wie meine Vorredner und meine Vorrednerinnen alles noch einmal wiederholen. Sie können lesen. Das Konzept nennt sich Verkehrsleit- und Informationskonzept, abgekürzt VLIK. Ich finde, der Name ist symptomatisch. Sie haben einen Flickenteppich vorgelegt. Sie haben nicht dargelegt, wie der ÖPNV nun gestärkt werden kann. Sie haben nicht dargelegt, welche Alternativen Sie wirklich umsetzen und nicht nur aufs Papier schreiben wollen. Insofern sehe ich keine guten Zeiten auf Hamburgs Autobahnen zukommen.
Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von dem Bericht des Verkehrsausschusses aus der Drucksache 20/12389 Kenntnis genommen hat.
Um den Spannungsbogen aufrechtzuerhalten, möchte ich nun gern das Wahlergebnis der Wahl einer Deputierten der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation verkünden.
Auf Frau Rosemeier entfielen 99 Ja-Stimmen, drei Nein-Stimmen und elf Enthaltungen. Somit ist Frau Rosemeier gewählt.
Drucksache 20/12687, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Umweltgerechtigkeit: Strategien und Maßnahmen zur Minderung ungleich verteilter Umweltbelastungen in Hamburg.
[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Umweltgerechtigkeit: Strategien und Maßnahmen zur Minderung ungleich verteilter Umweltbelastungen in Hamburg! – Drs 20/12687 –]
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Seit 2011 führt das Umweltbundesamt ein Projekt "Umweltgerechtigkeit" durch. Dabei geht es um neue sozialräumliche Methodik und Herangehensweise. Der Zusammenhang zwischen Sozialstruktur und Umweltgüte soll untersucht werden, und es sollen Maßnahmen entwickelt werden. DIE LINKE hat nun einen Antrag zu diesem Thema eingebracht. Hierbei geht es uns um den Zusammenhang zwischen den Themenfeldern soziale Ungleichheit, Umwelt und Gesundheit. Mit unserem Antrag wollen wir Ursachen, Wirkungszusammenhänge, Folgeprobleme und Lösungsansätze einer in Hamburg und Deutschland noch vergleichsweise neuen Diskussion in die politische Debatte einbringen.
Das Hauptanliegen ist die Verbindung von Umweltfragen mit Aspekten sozialer Gerechtigkeit. Die Ungleichverteilung ökologischer Bedingungen wie zum Beispiel saubere Luft, Lärm, Energie oder intakte Grünflächen – das weiß jeder – verschärft bestehende Ungleichheiten in der Gesellschaft. Sozial bedingte Schieflagen bei der Umweltbelastung entstehen zum Beispiel durch das Wohnen an stark befahrenen Straßen, weil das Geld woanders nicht für die Miete reicht. Es geht auch um kaum vorhandene Naturflächen in Quartieren mit niedrigem Sozialindex. Auch das verschärft die Ungleichheit. Umweltbelastung trifft die Menschen unterschiedlich. Verkehrslärm, Autoabgase, Industrieemissionen, Geruchsbelästigung durch Industrie und Gewerbe beeinträchtigen die Qualität des Wohnorts. Wer es sich leisten kann, der zieht weg. Wer keine andere Möglichkeit hat, muss in diesen belasteten Gebieten wohnen bleiben. Arme Menschen leben daher häufiger an vielbefahrenen Straßen, obwohl sie seltener ein Auto besitzen. Untersuchungen haben ergeben, dass Kinder aus diesen Quartieren höhere Bleikonzentrationen im Blut haben als Altersgenossen aus anderen Gegenden, wo diese Belastung nicht besteht. Und in den ärmeren Stadtteilen gibt es viel weniger Grünflächen als in den reicheren Vierteln. Das alles entspricht der Lebenserfahrung und ist doch wissen
schaftlich erst in einigen Ansätzen untersucht. Mit unserem Antrag "Umweltgerechtigkeit: Strategien und Maßnahmen zur Minderung ungleich verteilter Umweltbelastungen in Hamburg!" wollen wir einen fachübergreifenden Dialog zum Thema Umweltgerechtigkeit anregen und gestalten.
Bisher findet die Debatte über die Verteilung von Umweltbelastungen eher in wissenschaftlichen Kreisen statt. Umweltgerechtigkeit findet in der Öffentlichkeit bisher kaum Beachtung.
Das Thema beziehungsweise das Problem ist eigentlich in der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung in den USA aufgekommen. In den USA ist Umweltgerechtigkeit seit Langem ein Thema, etwa in einem Regierungserlass von Präsident Clinton, der 1994 die Ministerien und Bundesbehörden anwies, in ihren Bereichen Umweltgerechtigkeit umzusetzen. In Deutschland gibt es nun ein anderes Niveau an Ungleichheiten als in den USA, doch auch bei uns ist es ein Thema, das auf die politische Tagesordnung gehört. Nicht zuletzt ist im Raumordnungsgesetz des Bundes im ersten Grundsatz Folgendes formuliert – ich zitiere –:
"Im Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und in seinen Teilräumen sind ausgeglichene soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben."
Dass dies in Hamburg nicht der Fall ist, brauche ich Ihnen nicht zu erzählen. Deswegen besteht Handlungsbedarf. DIE LINKE fordert, beim Kampf um soziale Chancengleichheit die Herstellung von Umweltgerechtigkeit im politischen Alltag der Stadt Hamburg umzusetzen.
Eine Vielzahl von Untersuchungen zeigt, dass gesundheitliche Belastungen als Folge von Umwelteinflüssen auch in Deutschland ungleich verteilt sind, denn viele Umweltbelastungen und somit auch Gesundheitsrisiken häufen sich in Gemeinden beziehungsweise Stadtteilen mit überwiegend sozial schlecht ausgestatteter Wohnbevölkerung. Dies gilt auch für Hamburg. Der soziale Status entscheidet mit darüber, ob und in welchem Umfang Kinder, Jugendliche und Erwachsene durch Umweltschadstoffe belastet werden. Der soziale Status entscheidet auch mit darüber, in welchem Umfang Kinder, Jugendliche und Erwachsene von den Dienstleistungen, die das öffentliche Grün erbringt, ausgeschlossen sind beziehungsweise teilhaben können. Bildung und Einkommen beeinflussen die
Im November 2011 erklärten fünf Naturschutzverbände und der Sozialverband Deutschland in einer gemeinsamen Resolution unter dem Titel – ich zitiere –:
"Mehr soziale und ökologische Chancengleichheit: Die soziale Dimension biologischer Vielfalt geht uns alle an!"
Sie formulierten, dass die soziale und ökologische Ungleichheit die gesellschaftliche Teilhabe und die Wahrnehmung von Verwirklichungschancen auf der individuellen Ebene erschwert und das Gemeinwesen mit zusätzlichen Kosten belastet. Bildungs- und Umweltungerechtigkeit führten zu hohen Sozial- und Gesundheitsausgaben. Immer deutlicher wird deshalb, dass soziale und ökologische Gerechtigkeit nur gemeinsam gedacht und auch nur gemeinsam erreicht werden kann.
Ich will Ihnen einmal einige der Forderungen dieser fünf Naturschutzverbände und des SoVD vorstellen. Eine Forderung ist zum Beispiel, dass sich verstärkt für die qualitative und quantitative Aufwertung von Grün- und Freiflächen in Städten und speziell in sozial benachteiligten Quartieren einzusetzen ist. Öffentliche Parks, Gärten, Stadtwälder und andere Naturerfahrungsräume müssen allen Menschen, unabhängig von ihrem sozialen Status, zur Verfügung stehen. Das ist eine wichtige Forderung.
Eine zweite Forderung ist, dass besonders für Kinder und Jugendliche Naturerfahrungsräume in ihrem alltäglichen Umfeld zu schaffen sind. In Tagesstätten und Schulen, auf Spielplätzen und öffentlichen Freiflächen – speziell in sozial benachteiligten Quartieren – muss ein ausreichendes Angebot zur Naturerfahrung zur Verfügung stehen, um Kinder in ihrer kognitiven und motorischen Entwicklung zu unterstützen. Insgesamt haben sie acht Forderungen aufgestellt. Diese beiden fand ich nun besonders wichtig.
Umweltgerechtigkeit muss in erster Linie soziale und ökologische Chancengleichheit im Blick haben und die Umweltsituation im direkten Lebensumfeld der Menschen, insbesondere in den sozial benachteiligten Stadtteilen, verbessern. Klar ist auch, dass sozial Schwächere von Umweltproblemen vielfach stärker betroffen sind, und das muss sich in Hamburg ändern. Nordrhein-Westfalen und Berlin haben mit Pilotprojekten einen Anfang gemacht, das sollten wir auch in Hamburg tun. Und wenn Frau Blankau vor einigen Tagen im Interview mit dem "Hamburger Abendblatt" als letzten Satz sagte, sie wolle die grüne, gerechte Stadt am Wasser, dann kann ich dazu nur sagen, das wollen wir auch. Und das heißt, wir wollen uns für Umweltgerechtigkeit einsetzen. Ich hoffe, Sie unterstützen unseren Antrag.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Umweltgerechtigkeit ist ein wichtiges Thema, deshalb wollen wir auch die sozial-ökologisch gerechte Stadt. Darum ist es auch unser Ziel, überall durch Stadtentwicklungs- und Umweltpolitik gleiche, gesunde Umwelt- und Lebensbedingungen zu schaffen. Natürlich gibt es in einer Großstadt wie Hamburg mit Industrie, Gewerbe, Logistikbetrieben, Hafen und Flughafen und täglich rund 400 000 Pendlern auch eine starke Belastung; eine Industriestadt ist nun einmal kein Kurbad.
Sicherlich gibt es auch Stadtteile, die durch Industrie- und großtechnische Anlagen und auch durch Hafen-, Straßen- und Flugverkehre stärker betroffen sind als andere. Ob die Umweltbelastungen auch sozial korreliert sind, lässt sich, Frau Heyenn, in einem halben Jahr kaum seriös ermitteln. Ich bezweifele auch, dass uns die allein wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema weiterbringt. Ich bezweifele auch, ob es richtig ist. Wir wissen doch, was es mit einem Stadtteil und mit Menschen macht, wenn man sie ständig herunterredet.
Unser Ziel ist es, Abhilfe zu schaffen, wo augenfällig Missstände feststellbar sind, und das geschieht auch. Schließlich sind Emissionen rechtlich und tatsächlich begrenzt. Es gibt nicht umsonst in Deutschland strenge Grenzwerte für Lärm- und Luftbelastung, deren Einhaltung auch überwacht wird; damit ist auch eine ganze Abteilung in der Umweltbehörde befasst. Wir haben ein Nachtflugverbot und den rechnerischen Lärmdeckel. Die geplante Verlagerung der Wilhelmsburger Reichsstraße wird zum Lärmschutz beitragen. Der künftige A7-Deckel schafft auch längs der Autobahnen Ruhe und saubere Luft. Dort wohnen übrigens nach meiner Wahrnehmung nicht nur arme Menschen.
Komischerweise sind doch gerade die Stadtteile, die besonders eng und wuselig sind und die besonders starken Verkehrsbelastungen ausgesetzt sind wie zum Beispiel Ottensen, St. Georg und St. Pauli besonders gefragt, insbesondere bei Leuten, die ein bisschen mehr Kleingeld im Portemonnaie haben als die anderen. Das passt nicht so richtig zu Ihrer These, Frau Heyenn, von der sozial-ökologischen Schieflage in unserer Stadt.
Trotzdem arbeiten wir an der Verbesserung der Luftqualität mit der Einführung emissionsarmer Busse, mit dem Ausbau der Elektromobilität, mit Landstrom für Kreuzfahrtschiffe und mit einer Radfahrstrategie, die auch schon diskutiert wurde.
Ich möchte auch daran erinnern, dass der "Sprung über die Elbe" nicht nur ein Sprung in eine Bauausstellung war. Mit dem "Sprung über die Elbe", der IBA und der igs wurden Millionen Euro in die Entwicklung des Wohnumfelds und die Umweltverbesserungen von Wilhelmsburg investiert, einem Stadtteil mit besonderem Förderungsbedarf. Nebeneffekte waren große Sanierungen bei Altlasten und Gewässern. Es wurden Umwelt- und Umfeldverbesserungen wie die Gebäudesanierung, die Schaffung von Bildungs- und zusätzlichen Erholungs- und Freizeiteinrichtungen in enger Abstimmung mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der Quartiere vorgenommen. Bei der Gestaltung des igs-Geländes – das wird oft vergessen – des jetzigen Inselparks waren die Wilhelmsburger Kinder und Jugendlichen mit einbezogen. Sie haben Ideen einbringen können, die sie auch umsetzen konnten, und sie haben jetzt einen zusätzlichen großen Park im Stadtteil. Partizipation, wie es hier passiert ist, schafft nicht nur Identifikation, sondern stärkt auch das Selbstbewusstsein und das Engagement.
Meine Damen und Herren! Der Bürgermeister hat kürzlich das neue Projekt Hamburger Osten vorgestellt. Auch das wird Umweltbelange mit einbeziehen, denn die Umwelt macht einen wesentlichen Teil der Lebensqualität in unserer Stadt aus. Das gilt natürlich auch für den neuen Stadtteil "Neue Mitte Altona". Stadtgrün, Parks und Bäume, grüne Wegeverbindungen und Wasserflächen sorgen für Lebensqualität überall in der Stadt. Auch bestehende Großsiedlungen wie der Osdorfer Born, die Lenzsiedlung, Steilshoop, Kirchdorf oder Mümmelmannsberg, aber auch Neuwiedenthal, selbst die Quartiere aus den Fünfzigerjahren sind in Grün eingebettet und keineswegs besonders dem Lärm und schlechter Luft ausgesetzt. Die Probleme, die wir dort haben, sind anderer Natur.
Meine Damen und Herren! Sozial-ökologisch orientierte Stadtentwicklung hat Tradition in Hamburg. Die Schöpfer der großen Hamburger Parks wie Linné und Tutenberg hatten schon vor 100 Jahren im Sinn, mit großzügig angelegten Grünanlagen benachteiligten Bevölkerungsschichten einen Ausgleich für beengte Wohnverhältnisse zu bieten. Heute gibt es neben den großen Parks in Hamburg-Nord, Altona, aber auch in Billstedt weitere über 100 kleinere Grünanlagen und zusätzlich viele Wegeverbindungen, an denen in den Bezirken immer noch gearbeitet wird. All diese Anlagen verbessern ebenso wie die Bäume in der Stadt das Kleinklima und die Luftqualität. Unser Stadtgrün ist auch Ausdruck einer umweltgerechten Stadt.