Protocol of the Session on August 27, 2014

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Ein wesentlicher Maßstab sollte sein, jeden vermeidbaren Todesfall in einem unserer Krankenhäuser auch wirklich zu vermeiden. Die von mir

eingangs geschilderten Erkenntnisse sind Mahnung genug, an diesem System endlich etwas zu verändern, und zwar grundlegend. Gesundheit darf keine Ware mehr sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt nun Frau Senatorin Prüfer-Storcks.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als ich angekündigt habe, wir wollten die gesetzliche Grundlage für die qualitätsorientierte Krankenhausplanung legen, bin ich tatsächlich von verschiedenen Seiten gefragt worden, ob wir denn in Hamburg ein besonderes Qualitätsproblem hätten mit den Krankenhäusern. Deshalb sage ich noch einmal ausdrücklich, dass das nicht der Fall ist, im Gegenteil. Hamburger Krankenhäuser sind gut, sie sind oftmals besser in der Qualitätssicherung als andere, und sie sind auch baulich gut aufgestellt; darauf können wir durchaus alle stolz sein.

(Beifall bei der SPD)

Dass die Weltgesundheitsorganisation in Hamburg angefragt hat, ob wir den ersten Ebola-Patienten aus Westafrika aufnehmen können – der übrigens heute sicher und wohlbehalten das UKE erreicht hat –, ist auch ein Ausdruck des Vertrauens der Weltgesundheitsorganisation in die Kompetenz der Krankenhäuser, in diesem Fall des UKE und des Bernhard-Nocht-Instituts.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin sicher, dass er gut versorgt wird, und ich wünsche ihm, dass er die Stadt und das Krankenhaus gesund wieder verlassen kann. Ich bedanke mich bei allen, die dafür gesorgt haben, dass das Ganze heute reibungslos und hochprofessionell geklappt hat.

(Beifall bei der SPD)

Aber der gute Ruf der Hamburger Krankenhäuser ist nichts, worauf man sich ausruhen dürfte, sondern er muss erhalten und auch fortentwickelt werden. So wie der medizinische Fortschritt nicht stillsteht, müssen wir auch unsere Versorgungslandschaft immer weiter modernisieren. Die Reform des Krankenhaussektors bestimmt doch heute wie kein anderes Thema die gesundheitspolitische Debatte auf Bundes- und Landesebene.

Es vergeht selten eine Woche, in der wir nicht etwas lesen über zu viele Betten, über zu viele Operationen, über mangelnde Hygiene oder über überlastetes Personal. Und es gibt auch einige Befunde, die durchaus bedenklich sind. Dass sich in Deutschland die Zahl der Wirbelsäulenoperationen in sechs Jahren verdreifacht hat, ist weder durch die Alterung der Gesellschaft noch durch medizinischen Fortschritt allein zu begründen. Und dass in

(Kersten Artus)

Deutschland eine Krankenpflegekraft im Durchschnitt zehn Patienten versorgt, während es in Holland oder Schweden halb so viele sind, ist auch für die Patientensicherheit relevant.

Wenn wir in Deutschland in Relation zur Einwohnerzahl dreimal so viele Krankenhausbetten haben wie Schweden, aber die Bevölkerung dadurch nicht dreimal gesünder wird, dann ist doch die Frage, ob wir eigentlich die richtigen Strukturen haben. Ist unser Leistungsangebot am Bedarf der Menschen ausgerichtet? Wird die Qualität erbracht, die man erwarten könnte nach dem Stand des medizinischen Wissens? Und haben wir die richtigen Steuerungsinstrumente, um beides herbeizuführen? Das sind die zentralen Fragen, die wir lösen wollen.

Der medizinische Fortschritt ist heute so rasant, dass wir nur bei starker Spezialisierung der Krankenhäuser gewährleisten können, dass wirklich immer auf dem neuesten Stand der Wissenschaft versorgt wird.

(Beifall bei der SPD)

Der Zusammenhang zwischen großer Erfahrung, hohen Fallzahlen und guten Behandlungsergebnissen ist so klar, dass auch die Konzentration von Behandlungen ein Gebot der Stunde ist. Nicht zuletzt können Krankenhäuser auch nur das für gute Behandlungen notwendige Personal und die technische Ausstattung vorhalten, wenn sie denn auch die Chance haben, damit viele Patienten zu versorgen. Gelegenheitsversorgung darf es in einem hochentwickelten Gesundheitssystem nicht geben.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb wollen wir mit dem Gesetz die Grundlage schaffen, um auch eine am medizinischen Fortschritt und am Bedarf der Patientinnen und Patienten orientierte Krankenhausplanung machen zu können. Ich möchte gern, dass alle Patientinnen und Patienten sicher sein können, im richtigen Krankenhaus zu landen und nicht nur die, die sich mit Insiderwissen mühsam das Richtige suchen können.

(Beifall bei der SPD)

Mit Qualitätsorientierung stärken wir auch den Gesundheitsstandort Hamburg, denn die Patientinnen und Patienten werden immer mündiger, sie suchen sich die besten Krankenhäuser sehr bewusst, und das ist auch gut so.

Bevor wir diese neue gesetzliche Grundlage geschaffen haben, hat es an Voraussetzungen gefehlt, auch rechtssicher qualitätsorientierte Krankenhausplanung vorzunehmen. In der Vergangenheit war die Krankenhausplanung hauptsächlich Kapazitätsplanung, und häufig musste die Behörde das nachvollziehen, was an Fakten schon geschaffen worden war, nämlich belegte Betten in den Plan aufzunehmen. Das ist nicht das, was ich mir

unter Daseinsvorsorge und aktiver Krankenhausplanung vorstelle, und im Sinne der Qualität für die Patientinnen und Patienten war es auch nicht immer.

Mit dem neuen Gesetz rücken wir die Qualität als zentrales Auswahlkriterium in den Mittelpunkt und können dann auch rechtssicher Vorgaben machen, was Krankenhäuser erfüllen müssen, wenn sie einen Versorgungsauftrag behalten wollen oder bekommen wollen. Und wenn wir Qualität einfordern, müssen wir auch die Kriterien definieren. Das soll geschehen für Leistungen, die qualitätssensibel sind, das heißt, bei denen es bekanntermaßen große Unterschiede in der Leistungserbringung gibt. Solche Standards können sein das Vorhalten von qualifiziertem Personal in ausreichendem Maß, es können aber auch technische Geräte sein, die vorhanden sein müssen, und es können Elemente von Ergebnisqualität sein, also beispielsweise niedrige Komplikationsraten. Da Qualitätsorientierung auch innerhalb der Häuser vorangetrieben werden muss, sind die Qualitätsbeauftragten in Zukunft ein Standard in Hamburg, denn sie müssen sich auch mit den Daten befassen und Probleme angehen. Viele Häuser haben das schon, aber nicht alle, und es soll Standard werden. Übrigens werden alle Krankenhäuser nach demselben System bezahlt, sie bekommen dasselbe Geld für dieselbe Behandlung. Ich glaube, das wird dann auch Qualitätsbeauftragte durchaus mit abdecken.

(Beifall bei der SPD)

Dass wir noch weitere Verbesserungen im Sinne der Patientinnen und Patienten vornehmen, wurde schon erwähnt. Es betrifft die Behandlung von Kindern im Krankenhaus, grundsätzlich in Kinderabteilungen oder in Kinderkrankenhäusern. Die Aufklärungs- und Informationspflicht der Krankenhäuser im Rahmen der frühen Hilfen soll gewährleisten, dass die Krankenhäuser wirklich das erste Glied einer Präventionskette für ein gesundes Aufwachsen sein können. Es betrifft auch die Berücksichtigung der Belange der Menschen mit Behinderung. Das, was schon für Kinder vorgesehen ist, nämlich die Aufnahme einer Begleitperson im Krankenhaus, soll auch für Menschen mit Behinderung gelten.

(Beifall bei der SPD)

Selbstverständlich haben wir einen breiten Diskurs geführt, und die Allererste, mit der wir gesprochen haben, schon bevor der Gesetzentwurf dann auch wirklich geschrieben wurde, war selbstverständlich die Hamburger Krankenhausgesellschaft. Deshalb sind da schon viele Anregungen eingeflossen, die gar nicht mehr im offiziellen Anhörungsverfahren zu Papier gebracht werden mussten. Wir haben viele Anregungen aufgenommen, zum Beispiel die Berücksichtigung von Menschen mit Behinderung. Andere haben wir nicht aufgenommen und haben dafür auch gute Gründe. Teilweise sind sie schon

(Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks)

an anderer Stelle geregelt, teilweise wäre es aus unserer Sicht nicht klug, sie zu verwirklichen. Aber darüber will ich gern mit Ihnen im Ausschuss diskutieren.

Meine Damen und Herren! Mit dem Gesetzentwurf modernisieren wir das Krankenhausgesetz und schlagen einen neuen Weg der Krankenhausplanung ein mit Qualität und Patientenorientierung als erstem Kriterium. Wir wollen damit den richtigen Wettbewerb fördern, nämlich den um die beste Versorgung, und wir wollen den Krankenhausstandort Hamburg stärken. Niemals 2. Liga, ich denke, das sollte auch im Gesundheitswesen gelten. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Mir liegen nun keine weiteren Wortmeldungen vor, deswegen kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 20/12600 und 20/12787 an den Gesundheitsausschuss zu? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig.

Damit kommen wir zum Tagesordnungspunkt 27, Drucksache 20/12459, Große Anfrage der CDUFraktion: Wie viel Platz bleibt Hamburgs Schülerinnen und Schülern?

[Große Anfrage der CDU-Fraktion: Wie viel Platz bleibt Hamburgs Schülerinnen und Schülern? – Drs 20/12459 –]

Wer wünscht das Wort dazu? – Frau Prien von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie viel Platz bleibt Hamburgs Schülerinnen und Schülern? Das ist eine spannende Frage.

(Glocke)

(unterbrechend) : Frau Prien, einen Moment bitte. Meine Damen und Herren! Wenn es die Aufmerksamkeit erhöht, können Sie gern den Saal verlassen. Ansonsten bitte ich um Konzentration auf die Rede von Frau Prien.

Es ist immer noch eine spannende Frage, wie viel Platz Hamburgs Schülerinnen und Schülern bleibt. Diese Frage beschäftigt viele Eltern und viele Menschen in unserer Stadt, und zwar nicht nur im Zusammenhang mit ganz konkreten Schulbau- und Wohnungsbauplänen und Maßnahmen, sondern auch abstrakt im Zusammenhang mit der Frage, wie wir eigentlich

mit der zunehmenden Verdichtung in unseren Stadtteilen umgehen wollen und mit der damit im Einzelfall einhergehenden Einschränkung von Lebensqualität. Und darf Wohnungsbau zulasten von Schulflächen und Schulen betrieben werden, insbesondere auch von Frei- und Sportflächen?

Leider ist es auch nach dieser Großen Anfrage so, dass der Senat, insbesondere die Schulbehörde, sowohl diese grundsätzliche Debatte als auch die konkrete Beantwortung von Fragen im Hinblick auf Planungen an konkreten Schulstandorten verweigert. Die Große Anfrage, die wir debattieren, bietet insoweit auch keinen neuen Erkenntnisstand, sondern es ist so, wie es seit nahezu drei Jahren in dieser Frage ist: Sie mauern, Herr Senator Rabe. Sie verweigern sowohl dem Parlament als auch der Öffentlichkeit die Möglichkeit, über konkrete Schulflächenreduzierungen frühzeitig und angemessen zu diskutieren. Eine Einbeziehung der Eltern und der Schulgremien in die Entscheidungen wird systematisch verhindert, und auch die Bezirke haben nicht die Möglichkeit, Entscheidungen über konkrete Schulbaumaßnahmen im Gesamtzusammenhang zu fällen. Sie betreiben eine Salamitaktik. Die Überlegungen der Schulbehörde – ich hoffe zumindest, dass es die gibt – werden nicht angemessen in der Öffentlichkeit dargelegt und können von den Gremien in den Bezirken nicht rechtzeitig berücksichtigt werden. Auch die Ergebnisse Ihrer wahnsinnig aufwendigen und teuren Vermessung der Hamburger Schulen liegen nach wie vor nicht auf dem Tisch. Sie haben sie mehrfach angekündigt, und mein Kollege Heinemann hat mehrfach nachgefragt. Sie waren schon für Anfang 1013 angekündigt, und jetzt haben wir sie immer noch nicht auf dem Tisch. Sie werten immer noch aus, Sie machen sich immer noch große Gedanken, vorlegen tun Sie nichts. Langsam aber sicher wird das Ganze zum Skandal.

(Beifall bei der CDU und bei Norbert Hack- busch DIE LINKE)

Mehr noch: Wenn einzelne Elternräte die Ergebnisse dieser Vermessungen gerne sehen wollen, wird ihnen dies verweigert. Da müssen Eltern den Weg über das Transparenzgesetz gehen und sollen dann Hunderte von Euro an Gebühren zahlen, damit sie über die Vermessungen an ihren eigenen Schulen unterrichtet werden. Das erreicht wirklich ein Maß an Lächerlichkeit und Intransparenz, das dieser wichtigen Frage nicht gerecht wird.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE und Norbert Hackbusch DIE LINKE)

In der Großen Anfrage erfahren wir zum Beispiel auch, dass die Außenflächen in Ihrem großen Vermessungsprogramm gar nicht vermessen worden sind – ein aus meiner Sicht nicht nachvollziehbares Versäumnis.

(Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks)

Wir wissen seit September 2012, dass die Schulbehörde sich zum Ziel gesetzt hat, 300 000 Quadratmeter Schulflächen zu reduzieren. Das immerhin haben Sie damals in die Drucksache hineingeschrieben, das haben Sie eingeräumt. Wie Sie das aber tun wollen, das erklären Sie uns nach wie vor nicht. Sie erklären auch nicht, nach welchen Kriterien und unter Beteiligung welcher Akteure Sie vorgehen wollen. Allenfalls nehmen Sie Bezug auf das sogenannte Musterflächenprogramm, das aber eigentlich nur eine behördeninterne Geschichte ist, die niemals in diesem Parlament und auch niemals in der Deputation beraten worden ist. Insofern ist es schon merkwürdig, wenn so wichtige Fragen auf Grundlage eines Programms behandelt und entschieden werden sollen, das in diesem Hause nicht ein einziges Mal zur Beratung angestanden hat.