Protocol of the Session on September 10, 2014

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Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zuerst möchte ich mich dafür bedanken, dass der Haushaltsausschuss die Drucksache 20/12697, die wir heute debattieren, einstimmig beschlossen hat.

(Beifall bei der SPD)

Damit zeigen wir als Bürgerschaft, dass Hamburg Verantwortung übernimmt für Menschen, die zu uns kommen und die bei uns Schutz suchen. Und mit dem heutigen Beschluss werden wir dem Senat zusätzliche 148 Millionen Euro für Investitionen und die Versorgung von Flüchtlingen zur Verfügung stellen; das ist gut so.

(Beifall bei der SPD und bei Katharina Fege- bank GRÜNE)

Als die Drucksache erstellt wurde, mussten wir von einem Mehrbedarf in der öffentlichen Unterbringung von rund 4000 Plätzen ausgehen, inzwischen melden sich Monat für Monat 500 Menschen, die einen Unterbringungsbedarf haben. Ich denke, das macht die Dynamik in der Entwicklung sehr deutlich.

Für Hamburg bedeutet das vor allen Dingen eines: Wir müssen bauen, bauen und bauen. Vorgestern befanden sich 2300 Menschen in der zentralen Erstaufnahme und davon 317 in Zelten. Wenn man weiß, dass wir 2011 mit 270 Plätzen gestartet sind, dann sieht man da zweierlei: Erstens hat der Senat bereits Erhebliches geleistet, aber zweitens ist das immer noch nicht genug, weil der Zugang einfach so groß ist. Senat, Bezirke, wir Abgeordnete und die Zivilgesellschaft müssen die Ärmel hochkrempeln, um Zeltunterkünfte im Winter zu vermeiden.

(Beifall bei der SPD und bei Katharina Fege- bank GRÜNE)

In den kommenden Wochen müssen wir uns deshalb klarmachen, dass, wenn wir jetzt nicht schnell handeln und auch Lösungen wie Wohnschiffe und leerstehende Schulen nutzen, die Alternative dann lautet: Zeltunterbringung im Winter. Wenn wir die vermeiden wollen, dann müssen wir jetzt schnell und entschlossen handeln.

(Beifall bei der SPD)

Das ist die Lage, der wir uns stellen müssen. Wir sagen Ihnen zu, dass wir die Bezirksversammlun

gen und die Bürgerschaftsfraktionen über neue Entwicklungen informieren und Sie dabei auch einbinden werden. Es ist uns sehr wichtig, das an dieser Stelle noch einmal zu betonen.

(Beifall bei der SPD)

Mit der Schaffung von festen Unterkünften allein ist es aber nicht getan. Der Senat fordert deshalb noch für dieses Jahr, mehr für die Betreuung und die Versorgung von Flüchtlingen zu tun; dazu möchte ich Ihnen zwei Beispiele nennen. Das sind einmal 300 000 Euro mehr für die Kinderbetreuung und für mobile Angebote und zum anderen 250 000 Euro zusätzlich für Deutsch- und Integrationskurse. Das zeigt, dass es hier keineswegs nur um die Unterbringung geht. Es gehört mehr dazu, nämlich auch die Integration in unsere Stadt.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben den Senat vor einem Jahr ersucht, alle Optionen zu prüfen, wie Verfahren vereinfacht werden können. Es ist deshalb gut, dass der Senat daran arbeitet, über den Bundesrat darauf einzuwirken, für Flüchtlingsunterbringungen das Planungsrecht zu vereinfachen, und dass sich die Stadtstaaten gemeinsam um Unterstützung durch den Bund bemühen, damit dieser beispielsweise auch mit Flächen und Gebäuden aushilft.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Wir beschließen, 14 000 Plätze in der öffentlichen Unterbringung zu schaffen. Das ist eine Kraftanstrengung, und das kann die Stadt nur leisten, wenn wir wirklich alle zusammenstehen. Wir sind insbesondere auf die Mithilfe von Menschen vor Ort angewiesen, die sich auch jetzt schon auf beeindruckende Weise einsetzen. 370 Bürgerinnen und Bürger engagieren sich rund um Flüchtlingsunterkünfte, und ihnen möchte ich von hier aus einmal Danke sagen.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und bei Katharina Fegebank GRÜNE)

Ich begrüße es daher sehr, dass der Senat 200 000 Euro für die Unterstützung zur Verfügung stellt und auch zwei neue Koordinationsstellen für das Engagement bei "fördern und wohnen" schafft, denn frühzeitige Kontakte auf Augenhöhe sind der beste Weg, Barrieren zwischen denjenigen abzubauen, die zu uns kommen, und denjenigen, die schon hier sind.

(Beifall bei der SPD – Glocke)

(unterbrechend) : Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Stöver?

Bitte sehr.

(Vizepräsidentin Antje Möller)

Sie hatten am Anfang Ihres Vortrags die Zusage gemacht, dass die Bezirke mit eingebunden werden. Wie verträgt sich das mit der Tatsache, dass in Harburg sogar auf eine Stellungnahme nach Paragraf 28 jetzt verzichtet wird?

Wir müssen jetzt alle zusammenstehen. Wir werden bei den nächsten Entscheidungen, die getroffen werden, die Bezirke und die Bürgerschaftsfraktionen frühzeitig informieren, welche nächsten Standorte vorgesehen sind. Auch die habe ich eben genannt, Frau Stöver.

Unser Zusatzantrag stellt weitere 200 000 Euro für die Freiwilligen vor Ort zur Verfügung und unterstreicht, dass auch der Bund in die Pflicht genommen werden muss. Nach dem einstimmigen Votum des Haushaltsausschusses und dem damit verbundenen Bekenntnis aller Fraktionen, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen, bitte ich Sie, auch unseren Zusatzantrag zu unterstützen.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN und der FDP, Ihre Anträge müssen wir leider ablehnen. Eine Prüfliste aller Standorte ständig zu aktualisieren und diese zu veröffentlichen, würde aus unserer Sicht mehr Verwirrung stiften als Klarheit schaffen.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Bei wem jetzt?)

Der Antrag der FDP enthält viele Punkte, die wir im Sozialausschuss schon diskutiert haben, auch unter Anwesenheit der FDP, und dort dann auch zum großen Teil verworfen haben.

(Finn-Ole Ritter FDP: Und nicht umgesetzt werden!)

Eines möchte ich zum Schluss noch sagen. Flüchtlinge unterzubringen ist unsere Pflicht, sie zu unterstützen, unsere Verantwortung, nur so schaffen wir Akzeptanz. Lassen Sie uns das gemeinsam anpacken. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt nun Frau Dr. Föcking von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir die grauenhaften Berichte aus Syrien und dem Irak sehen, wenn wir erleben müssen, dass in Afghanistan die Taliban wieder die Oberhand gewinnen, wenn wir auch nach Somalia oder Eritrea schauen, dann denkt doch jeder von uns ganz spontan: Wer es schafft, dort wegzukommen und zu uns zu kommen, dem müssen und wollen wir helfen. So den

ken nicht nur viele Hamburgerinnen und Hamburger, so denkt auch die CDU-Fraktion. Wir wollen, dass in unserer Stadt Menschen, die wegen Gefahr für Leib und Leben ihre Heimat verlassen mussten, eine menschenwürdige Aufnahme finden.

(Beifall bei der CDU und bei Kazim Abaci und Ekkehard Wysocki, beide SPD)

Deshalb tragen wir auch die Nachbewilligung von 148 Millionen Euro in 2014 für die Unterbringung der Flüchtlinge und Wohnungslosen in unserer Stadt aus Überzeugung mit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und bei Katharina Fegebank GRÜNE)

Das bedeutet aber nicht, dass wir die Umsetzung durch den Senat im Einzelnen nicht weiter kritisch sehen. Vor allem werden nach wie vor viel zu große Einrichtungen geschaffen und die betroffenen Nachbarn viel zu spät und unzureichend informiert. Sie, Frau Bekeris, versprechen in Zukunft die frühe Beteiligung der Bezirksversammlungen. Das ist bisher völlig unzureichend geschehen; Frau Stöver hat es gerade gesagt. Selbst Ihr Fraktionsvorsitzender in Harburg, Herr Heimath, hat sich darüber empört. So schafft man kein Vertrauen, so tut man dem Anliegen keinen Gefallen, sondern einen Tort an, und das wollen wir nicht mittragen.

(Beifall bei der CDU und bei Katharina Fege- bank GRÜNE und Martina Kaesbach FDP)

Wir verstehen ebenfalls nicht, dass der Senat nach eigenem Bekunden sämtliche Vorschläge für freie Flächen aus den Bezirken geprüft hat und erklärt, man befände sich gut im Plan. Uns will nicht einleuchten, dass dann trotzdem laut Senat noch mindestens 600 Plätze völlig ungeklärt sind, und warum er dann doch wieder auf eine Massenunterbringung in der Berzeliusstraße oder Flüchtlingsschiffe zurückgreifen will.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Fragen Sie mal Ihren Chef vom BAMF!)

Der Antrag der GRÜNEN will die notwendige Aufklärung. Das ist echte Transparenz, von der nicht nur gesprochen wird, sondern die zu einer entsprechenden Lösung führt, und deshalb wollen wir diesem Antrag auch zustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Auch die FDP hat eine Reihe von vernünftigen Vorschlägen gemacht, und bis auf einen werden wir auch diesem zustimmen.

Nächste Frage. Warum ist es immer noch nicht gelungen, die Vorschriften über den Brandschutz so zu verändern, dass auch die Unterbringung etwa in leeren Schulen oder Bürogebäuden möglich ist? Sind Container auf Pontons und Zelte wirklich sicherer?

Eine noch viel grundsätzlichere Frage. In Hamburg stammen rund ein Viertel der Erstantragsteller aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina. Seit Einführung der Visafreiheit 2009 ist ihre Zahl bundesweit sprunghaft angestiegen. Diese Menschen sind zum großen Teil Roma, denn ihre wirtschaftliche und soziale Lage in ihren Heimatländern ist außerordentlich problematisch. Aber dies ist kein Thema für das Asylrecht, sondern es muss größere Anstrengungen in den Ländern vor Ort geben, damit die Situation der Roma dort endlich und dauerhaft besser wird.

(Kazim Abaci SPD: Das Bundesamt!)

Es müsste auch vonseiten der EU, von all unseren Abgeordneten dort einschließlich Herrn Schulz, dem Präsidenten und auch dem Kommissionspräsidenten auf die Regierungen in Rumänien, Bulgarien und so weiter mehr Druck ausgeübt werden. Die zeitweilige Aufnahme hier als Asylbewerber löst das Problem nicht.